MosBuild Moskau

Auf der Suche nach neuen Absatzmärkten

Wie reagieren Holzfußbodenhersteller auf die wirtschaftliche Lage? Die größte russische Baumesse MosBuild zeigte dazu ein gemischtes Bild. Einige hatten ihre Teilnahme kurzfristig zurückgezogen, andere wiederum waren erst recht erschienen, um weitere Handelspartner für noch unerschlossene Winkel in diesem Riesenreich zu finden.

Auf der MosBuild Anfang April 2009 waren Bodenbeläge aus Holz, Laminatböden, elastische und textile Beläge in zwei Hallen konzentriert. Sehr überschaubar war die Anzahl der Aussteller, deutlich weniger als im Vorjahr. Auffallend war die Zurückhaltung bzw. Abwesenheit großer Hersteller. Karelia beispielsweise, immerhin mit eigener Produktion in Russland, war lediglich mit dem Upofloor-Logo am Stand eines russischen Händlers vertreten. Kährs hatte sich nicht angemeldet und Hamberger sowie Terhürne hatten ihre ursprüngliche Zusage zurückgezogen. Auch Tarkett war nur über russische Partner vertreten. Selbst der polnische Mehrschichthersteller Barlinek, der für westliche Holzfußbodenexporteure in Russland, in der Ukraine, in der Türkei und anderen östlich gelegenen Märkten einer der stärksten Wettbewerber ist, besetzte lediglich eine Parzelle am Stand des russischen Großhändlers Terminal.

Österreicher bleiben am Ball

Ganz anders einige kleinere Hersteller, allen voran die Österreicher. Sie scheuten die hohen Messekosten von 360 EUR/qm nicht. "Wir wollen ausloten, wo sich noch Absätze realisieren lassen", sagt Karl Scheucher von Steirer Parkett. Seit 10 Jahren liefert sein Unternehmen Parkett für gehobene Käuferkreise in die Hauptregionen Moskau und St. Petersburg.

Allerdings zeigte auch dieser Markt im 4. Quartal 2008 eine deutliche Delle.

Deshalb suchen Scheucher und andere Hersteller nach zusätzlichen Partnern und Verkaufsgebieten. Tilo, seit 10 Jahren mit Wandpaneele und seit 3 Jahren mit Fußböden im Ostmarkt aktiv, gehört auch dazu. "Zukunftsweisende Produkte sind gefragt, wie unser Industrieparkett Inline aus Thermoeiche mit Natwood-Behandlung oder auch unser Furnierparkett mit besonders harter Nano-Versiegelung", erklärt Exportleiter Ferdinand Friedmann. Überrascht habe ihn auch die Nachfrage nach Terrassendielen mit hochwertigem Montagesystem. Zwei Container konnten in den Iran verkauft werden.

Die Zugkraft guter Produkte im Ostmarkt bestätigt der österreichische Leistenproduzent Neuhofer. Extra kostengünstige "Krisen-Produkte" für den Baumarkt habe man aufgelegt, dazu ummantelte Sockelleisten mit PVC, Vinyl, Tapeten und Teppich-Look - alles Neuentwicklungen des laufenden Jahres. Noch gibt es bei furnierten Leisten im russischen Markt nicht die gleiche Wettbewerbsdichte wie bei Kunststoffprodukten. "Aber reichen unsere Entwicklungen, dem Markt neue Impulse zu geben?", stellt sich Neuhofer die bange Frage. Der Grund liegt auf der Hand: Rubelabwertung und Importzölle sind die größten Krisenverstärker!

Wechselkurs und Importzoll als Probleme

Für alle nach Russland exportierenden Firmen ist die Abwertung des Rubels um über 20% im ersten Quartal 2009 ein Riesendilemma. Fast wöchentlich wird die westliche Ware für russische Konsumenten teurer. Hinzu kommen hohe Importzölle. "Ich will in Zukunft keine Importware mehr im Markt haben, weil sie inzwischen unerschwinglich ist", wird die Einkaufs-Chefin von Obi Russland zitiert. Für Lieferanten wie Neuhofer drängt sich als nahe liegende Lösung auf, in Russland selbst eine Produktion aufzubauen.

Auch Parketthersteller spielen mit solchen Gedanken. Die Umsetzung allerdings könnte an menschlichen Faktoren scheitern: Welcher westliche Fachmann und Maschinentechniker will sein Leben in der Einsamkeit russischer Wälder verbringen? Ein wichtiger Markt bleibt Russland dennoch - für Vito schon seit 2001. Maßgeschneiderte Böden gehören zu seinem Konzept. Und den teuersten Boden seiner Laufbahn hat Geschäftsführer Josef Schwaiger ebenfalls nach Russland verkauft: Ein Parkett, gefertigt aus uralten Holzbohlen aus dem Unterbau von Venedig.

Wer aber derzeit behauptet, seine Umsätze im Osten und anderswo problemlos halten zu können, muss sich kritisch beäugen lassen. Laut Bericht der Kleinen Zeitung, Steiermark, räumt Geschäftsführer Wilfried Weitzer von Österreichs Marktführer Weitzer Parkett unumwunden ein: "Der Markt in Spanien und im Osten, vor allem in Russland, Litauen und Kasachstan, ist eingebrochen. Das sind Märkte, wo sich die Umsätze in den letzten Jahren zum Teil verdreifacht hatten."

So schätzt die Branche die Lage ein

Vor Ort sein, wenn die Konkurrenz sich rar macht und Positionen für den Neuaufschwung besetzen, lautet jetzt die Devise. Dazu bedarf es Durchhaltevermögen und gesunder Firmenfinanzierung. Die Lage der Branche war ein viel diskutiertes Thema unter den Messeausstellern in Moskau. Finanzprobleme werden beispielsweise dem größten russischen Händler Parket Hall nachgesagt, seit Mitinhaber Anteile verkauft haben. Allgemein wird erwartet, dass im Laufe des Jahres mancher Hersteller und Händler die Segel streichen wird. Die Talsohle ist nicht erreicht. Noch wird Auftragsvolumen aus 2008 abgearbeitet. In Russland erwartet man erst im Herbst 2009 die volle Last der Wirtschaftsflaute.

"Die Krise betrifft mehr das Billigsegment", behauptet Dmitry A. Drobotov, Vertriebsleiter des Händlers Eko-Dom, der sowohl Parador wie Witex vertritt. Unter anderem an 36 Metro-Märkte und 12 Obi-Märkte in Russland liefert sein Unternehmen Produkte. Die ersten zwei Monate des Jahres hat er den Vorjahresumsatz gehalten. "Noch können wir das Ausmaß der Krise in der Fußbodenbranche nicht bewerten", meint Drobotov. "Der Winter ist ohnehin nicht unsere Hauptsaison."

Marcel Kies, Verkaufs- und Marketingdirektor von Amorim, hat klarere Zahlen. "Um 20% ist unser Absatz in Osteuropa und Russland gesunken." Aber auch er glaubt an die Kraft zukunftsorientierter Produkte. Die vielen Einsatzgebiete von Kork vom Wandbelag über Schall- und Wärmedämmung bis hin zum modernen Designbelag sind für ihn der Weg, neue Kundschaft zu gewinnen. Insgesamt bleibt Marcel Kies realistisch: "In absoluten Zahlen wird der Markt nicht steigen. Bei Billigprodukten sinkt der Preis immer mehr. Viele Hersteller versuchen sich daher im Qualitätsmarkt. Dort kann der Konsument immer wählerischer werden." Als hoffnungsfrohes Zeichen sieht Kies den Trend, dass Verbraucher verschiedene Bodenbeläge im Haus kombinieren. Mit seinen Komfort-Bereichen Kork, Vinyl, Lino und Holz sieht sich Amorim hier in vorteilhafter Lieferposition.

In Russland findet ein Wandel der absatzstarken Regionen statt, glaubt Heiko Hass vom Massivleistenhersteller Sörnsen. Über die IHK hatte das norddeutsche Unternehmen Ende Februar an einer Baumesse in Novosibirsk teilgenommen. Objekteure, Architekten und Parketthersteller kamen als Interessenten. "Dort boomt das Geschäft", sagt Heiko Hass und nennt als weitere Hoffnungs-Region Sotschi am Schwarzen Meer, wo 2014 die Olympischen Winterspiele stattfinden werden. Noch macht Sörnsen kein Geschäft in Russland, die Suche nach verlässlichen Vertriebspartnern hat Vorrang.

Welches Holz, welches Dekor wollen die Russen?

"Im Winter bevorzugen die Verbraucher dunkle Farben, im Sommer tendieren sie zu hellen Hölzern", lautet die einfache Formel nach Ansicht von Tamara Khachatrian, Produktmanagerin beim Berthold-Vertreter City Forest. Das Unternehmen bietet die Berthold-Massivböden mit Woca-Öl Oberfläche an, aber "Öl ist noch nicht so populär. Die Leute wollen einen Boden haben, den sie zehn Jahre nicht pflegen müssen." Vito-Händler Evropoly sieht das anders: "Wir verkaufen zu 60% Böden mit geölten Oberflächen. Bei Einstab-Produkten wird Öl bevorzugt und selbst beim Dreistab-Design geht der Trend zum matten Lack."

Tatsächlich lassen sich keine eindeutigen Trends im russischen Markt ablesen. Furnierboden verteidigt seine Stellung, auch weil Tarkett hier Aufbauarbeit geleistet hat. Unstrittig ist, dass Russen einen eher pompösen, edlen Stil lieben. Große Dielen, eine vierseitige Fase, mitunter mit kitschigem Design - darin sind sie den Amerikanern ähnlich, weshalb Laminatbodenhersteller Unilin Flooring (Quick Step) bewusst seine amerikanische Kollektion im östlichen Markt anbietet. Als Neuheit brachte Unilin Flooring dazu sein Mehrschichtparkett Wood Collection aus Malaysia mit 4 mm dicker Nutzschicht mit zur MosBuild.

Natürliche Sortierungen sind, anders als bei Amerikanern, nicht der Geschmack reicher Russen. Sie wollen makelloses Holz. Das ist teuer und soll auch genau diesen Eindruck vermitteln. Ein leicht gealterter Vintage-Stil wird durchaus akzeptiert, hat er sich doch vorher schon in der Kleidermode verwirklicht. Hersteller wie Classen versuchen in diesem Zusammenhang sogar, den Stil abgewetzter Farbe im Markt zu platzieren. Holzböden mit metallisierter Oberfläche finden auch ihre Liebhaber. Aber, ein bisschen Gold oder Silber reicht solchen Kunden nicht. Adamant-Händler Oleg Galysaryan beispielsweise hält den goldenen Solidfloor-Boden von Fetim für schön, aber mit viel zu wenig Gold belegt.

Dunkle Oberflächen und Exotenholz sind ein weiterer Aspekt russischen Geschmacks. Da könnte es für westlichen Hersteller schwer werden, alles aus einer Hand zu liefern - haben doch einige Tropenholz aus ihren Kollektionen verbannt. "Wenge, Zebrano, auch Bambus wird gefragt", sagt Händler Dmitry Drobotov und klagt im Nachsatz, "aber von Parador bekommen wir 2009 nur noch Merbau und Doussie." Dafür kann das deutsche Unternehmen mit Trendtime-Böden, etwa wie kerngeräucherte Eiche mit Alu-Ader, Boden gut machen.

Zum edlen Look gehört für begüterte Russen immer noch Hochglanz. Den können sie in Parkett haben - beispielsweise von De Pino - aber natürlich auch im Laminatbereich. Elesgo-Hersteller HDM ist für diese Böden bekannt und Kronotex schwört ebenfalls auf elektronenstrahlgehärtete Oberflächen. "Glamour" heißt dieser Boden bei der Krono-Firmengruppe, die über Kronostar Russia auch eine Fabrik in Sibirien betreibt und dort preiswertere Laminatvarianten in 6 und 7 mm Dicke herstellt.

Mehr Distributeure, bessere Vertretung im Markt

Die MeisterWerke sehen einen Produktmix als Voraussetzung, um als Komplettlieferant akzeptiert zu werden. Denn nur, wer wahrgenommen wird, kann seine Böden verkaufen. Deshalb und weil man zusätzliche Importeure sucht, war Meister auf der MosBuild erstmals mit eigenem Stand angetreten. Das Unternehmen hat in Osteuropa Zielmärkte fixiert. Diese werden durch eigene Leute betreut. Auch in Moskau ist jetzt statt der bisherigen Handelsvertretung nun mit Dmitry Chistyakov ein Verkaufsleiter aus eigenem Hause verantwortlich. "Ich besuche Partner, treffe potentielle Kunden, verteile Muster und Pressematerial", sagt er. "Mein Job ist es, Verkaufspersonal zu unterweisen und mich um ein ständiges Feedback zu kümmern." Das wird in anderen Ländern ähnlich praktiziert. Jüngst organisierte Meister umfangreiche Schulungen mit 100 Teilnehmern in Tschechien.

Belo Parkett gibt sich eher bescheiden. Ein einziger guter Handelspartner würde dem deutschen Hersteller reichen. "Wir versprechen uns viel vom russischen Markt", sagt Vertriebsleiter Heinz-Peter Bröckskes. Zwar glaubt Belo nicht, mit seinem Hauptprodukt, der Zweischicht-Ware, große Absätze tätigen zu können, aber mit den qualitativ hochwertigen Massivstäben sieht man sich sogar asiatischen Produkten gegenüber konkurrenzfähig. Da Belo sein Rohholz in der Ukraine einkauft, fühlt man eine gewisse Nähe zur russischen Seele.

Ehemalige Sowjetrepubliken außerhalb Russlands hat der französische Hersteller Panaget zusätzlich im Blick. Das Unternehmen will nicht nur im russischen Markt seine Handelsstrukturen ausbauen, sondern neue Gebiete erobern. Panaget nennt die Gründe, beschönigt nichts: "Die Märkte in Spanien, England, Irland und den USA sind so gut wie verschwunden. In Russland verkaufen wir als Westeuropäer nur an die Reichen. Um wirklich bedeutsame Mengen abzusetzen, müsste sich hier erst eine kaufkräftige Mittelsschicht bilden."
aus Parkett Magazin 03/09 (Wirtschaft)