Alte & Antike Teppiche

Wahrhaft vintage

| von Louise Broadhurst, Christie’s London

In Auktionshäusern wie Christie’s werden antike Teppiche versteigert - oftmals Vorlagen für moderne Kopien -, die aus Persien, Anatolien oder dem Nahen Osten stammen und die Essenz der Kunst handgewebter Teppiche einfangen. Die subtilen Nuancen von natürlich gefärbter Wolle von Schafherden, die die Hochweiden des Kaukasus bis in die Gebirge des Iran genießen konnten, übertreffen die modernen synthetischen Farben bei Weitem. Der Abrasch, der in natürlich gefärbten Teppichen auftritt, ist fast unmöglich nachzuahmen. Ebenso unmöglich ist es, die Patina alter, an Lanolin reicher Wolle zu imitieren, die vor über hundert Jahren gesponnen wurde. Die Tage, Monate und Jahre an Arbeit, die in die Fertigstellung eines solchen Kunstwerks einfließen, werden in unserer schnelllebigen Welt kaum mehr wahrgenommen, aber man darf nie vergessen, dass diese Kunstform eine der ältesten der Erde ist. Mit diesen Teppichen reisen wir zurück in das Persien der Safawiden, in das von Mogulen regierte Indien oder das osmanische Ägypten: Hier gewinnen wir einen kleinen Einblick, wie die Innenräume, die diese gewebten Kunstwerke einst schmückten, wohl ausgesehen haben müssen. Dieser raumfüllende Mogulteppich mit Strauchmuster etwa schmückte wahrscheinlich im 17. Jahrhundert einen der riesigen, marmorverkleideten Räume im Roten Fort des Kaisers Shah Jahan.

Jeder Teppich erzählt eine Geschichte, er wurde von Raum zu Raum gebracht, über Generationen weitergegeben, er lüftet Geheimnisse und beantwortet Fragen zu seiner Herkunft. Die bildreichen Teppiche von Keschan und Kirman veranschaulichen die Kleidung, das Leben und die Bräuche im Iran des 19. Jahrhunderts. Die elegant stilisierten Interpretationen von Drachen, Fledermäusen und Lotusblumen in chinesischen Knüpfarbeiten sind reich an positivem Symbolismus. Die Geometrie und das Farbspiel antiker kaukasischer Teppiche weisen viele Parallelen zur modernen Malerei und der Innenraumdekoration unserer Tage auf.

Versteigerungsspezialisten suchen nach den besten Exemplaren ihrer Art, sammeln Teppiche in verschiedenen Größen und Herstellungsarten, mit seltenen und ungewöhnlichen Designs und unterschiedlichen Alters, vom frühen 16. Jahrhundert bis in die ersten Jahre des 20. Jahrhunderts. Diese Kunstwerke wurden gefertigt, um benutzt zu werden, viele sind in einem fantastischen Erhaltungszustand, manche wirken geradezu, als wären sie gestern erst vom Webstuhl genommen. Diese Teppiche sind Vorboten des modernen Teppich-Designs und finden zu Recht heute ebenso ihren Platz in der Innenraumgestaltung wie zu der Zeit, als sie geknüpft wurden.

Alle hier gezeigten Beispiele werden in den kommenden Teppichauktionen bei Christie’s in London versteigert.•
aus Carpet Magazin 04/16 (Teppiche)