Carpet XL on the road in Belgium | Carpet XL unterwegs in Belgien: Kreativ und service-orientiert


Maschinenwebteppiche aus Belgien: von flauschig-wohnlich bis outdoor-geeignet, aus Naturmaterialien, recyclingfähig, flachgewebt oder mit Hoch-Tief-Struktur. Die großen und kleineren Anbieter zeigen sich entwicklungsfreudig, kreativ und service-orientiert, auch um sich von dem produktionsstarken Wettbewerb aus der Türkei abzuheben. Einen Anbieter handgeknüpfter Designerteppiche hat Carpet XL ebenfalls auf der diesjährigen Belgien-Tour besucht.


Belgien: hochprozentige Abtei-Biere. Reichhaltige Pralinen. Miesmuscheln mit Pommes frites. Und natürlich Teppiche, Teppiche und noch mal Teppiche. Das Land zwischen Frankreich, Deutschland und den Niederlanden verfügt über eine alteingesessene Maschinenweb-Tradition und trotz starken Wettbewerbs aus der Türkei immer noch über eine große Anzahl an Anbietern. Die Carpet-XL-Redaktion hat im Juli einige von ihnen besucht; zu diesem Zeitpunkt steht bei den meisten Maschinenwebern der Hauptkollektionswechsel an. Kurz danach beginnt in Belgien die große Sommerpause, und alle Webstühle stehen mehrere Wochen lang still.

Die Alteingesessenen:
Balta, Ragolle und Lano

Der bei weitem größte Anbieter im Maschinenwebbereich ist mit einem Jahresumsatz von 680 Mio. EUR eindeutig Balta (siehe Titelgeschichte ab Seite 56). "Rund 60.000 Teppiche verlassen jeden Werktag unsere Produktion", berichtet Tom Debusschere, CEO des börsennotierten Unternehmens. Neben abgepassten Teppichen stellt der Volumenproduzent auch textile Bodenbeläge vor allem für den Objektbereich her. Im Wohnbereich spielt der Teppichboden eine immer geringere Rolle, er wurde hauptsächlich von LVT, Parkett und Laminat abgelöst: harte und glatte Beläge, die nach einem weichen, textilen abgepassten Teppich verlangen. Entsprechend stark investiert Balta hier in eine kreative Design- und Entwicklungsabteilung. Insbesondere die In-und-Outdoorteppiche stellen ein wachsendes Segment dar.

Den Marktbereich oberhalb von Balta besetzt der mittelständische Anbieter Ragolle: Die Maschinenweber verkaufen grundsätzlich nicht an Baumärkte oder Discounter, sondern nutzen nur auf den Teppich spezialisierte Vertriebskanäle. Dabei bieten sie ein breites Spektrum sehr unterschiedlicher Kollektionen an und stellen ein sicheres Gespür bei Garnauswahl, Webeinstellung und Design unter Beweis. Auch seinen Service hat Ragolle in den letzten Jahren erheblich ausgebaut: Das Unternehmen liefert einerseits Teppiche in großen Mengen, andererseits aber auch einzelne Exemplare sehr schnell, flexibel und zuverlässig. In- und Outdoorqualitäten spielen hier ebenfalls eine immer größere Rolle. Erst letztes Jahr hat der mittelständische Weber am Standort in Waregem neu gebaut; jetzt setzt man die klassisch-modernen Teppiche aus Polyester, Polypropylen, Viskose und Baumwolle vor einem Beton-Hintergrund im "Industrial style" in Szene. Nicht zuletzt soll sich personell in naher Zukunft einiges tun: Interim-Vertriebsleiter und Berater Philippe van Hecke unterstützt die Geschäftsleiterin Miriam Ragolle tatkräftig dabei, eine junge, dynamische Vertriebsmannschaft für die deutschsprachigen Länder aufzustellen.

Lano wiederum ist vor allem im Bereich Teppichboden stark: Der Traditionsanbieter verfügt über eine ultramoderne Axminster-Weberei, die Bahnenware fürs Objekt produziert. Bei den getufteten Wohnqualitäten liegt ein Hauptaugenmerk auf dem neuen Smartstrand-Garn mit sehr hohem Anteil an (nachwachsenden) Maisfasern. Darüber hinaus bietet Lano eine enorm breite Kunstrasen-Vielfalt. In Sachen abgepasste Teppiche hat man sich zunächst auf hochwertige Maschinenwebware aus Schurwolle mit klassischem Design konzentriert - ein echtes Nischenprodukt. Hier wurde allerdings lange nicht in die Produktentwicklung investiert. Dafür geht man jetzt in einer anderen Sparte den nächsten Schritt: mit maßgeschneiderten Teppichen aus der Lano-Bahnenware, vor allem aus den Smartstrand-Qualitäten: Die Kanten werden umgenäht, und der Teppich wird mit einem Filzrücken ausgestattet.

Louis de Poortere und Verbatex: Chenille und Naturmaterialien

Baumwoll-Chenillegarne steht im Mittelpunkt der modernen Teppiche von Louis de Poortere. Ursprünglich sind die Maschinenweber als Anbieter für hochwertige textile Bodenbeläge gestartet. Im neuen Jahrtausend musste das Unternehmen allerdings ein wirtschaftliches Tal der Tränen durchschreiten ... um dann mit kreativen abgepassten Teppichen wieder ganz neu durchzustarten und dabei sogar einen neuen Bodentrend zu setzen: den der Chenille-Webteppiche. Auf dem deutschen Markt ist man bisher über einen großen Einzelhändler vertreten; jetzt will man die dortige Präsenz verstärken und hat aus diesem Grund speziell ein Deutschlandteam aufgestellt (siehe Artikel auf Seite 78). Auch Lizenzen sind für das nächste Jahr angedacht.

Der kleinere inhabergeführte Nischenanbieter Verbatex peilt einen Look zwischen maschinengewebt und handgefertigt an und verarbeiten dabei Materialien wie ungefärbte Schurwolle, Viskose oder sogar Seide. "Über die Hälfte unserer Kunden verkaufen auch Handknüpfteppiche", berichten die Geschäftsführer Isabelle und Frank Verbauwhede. Darüber hinaus produziert Verbatex Bezugsstoffe aus Samt, die sich wunderbar mit den Maschinenwebteppichen kombinieren lassen. In Zukunft will man das Coordinate-Angebot mit textilen Accessoires wie Kissen weiter ausbauen - ein Thema, das sich auch der Handel zunutze machen kann. Verbatex ist in verschiedenen Märkten weltweit gut vertreten - in Deutschland steht man allerdings noch am Anfang. Das soll sich jetzt ändern, auch dank des neuen Produktspektrums.

Handknüpf-Design aus Nepal: HOC

Aber Belgien bietet nicht nur Maschinengewebtes, sondern auch Handknüpf-Qualitäten: Der Designer Peter Hens verkauft unter dem Label HOC-Design edle, moderne Nepalteppiche aus verschiedenen Naturmaterialien: aus Wolle und aus Seide, mit eingeknüpften Hanfbüscheln, echten Metallfäden oder Fasern der Agavenart Sunpat. Ein breites Spektrum also, mit sehr unterschiedlichen Kollektionen, von rosa, glänzend und flachflorig bis hin zu naturfarben und voluminös. Entsprechend unterschiedlich sind auch die Märkte, die Hens erreicht. Seine Kreationen werden sowohl in den USA verkauft als auch im gehobenen russischen Einrichtungshandel. "Die Qualitätskontrolle ist dabei das A & O", erklärt Hens. Das wiederum erfordert immer wieder seine Anwesenheit vor Ort; etwa fünf Monate im Jahr ist Der Designer in Nepal.

Den US-Markt im Visier

Den größten Markt für abgepasste Teppiche sehen viele Anbieter in Europa, insbesondere in Deutschland. Viel Potenzial erkennen die Belgier aber auch in den USA: Dort werden Hartböden und LVT immer beliebter, und die verlangen nach textilen Akzenten. Balta spricht von geplanten Unternehmenszukäufen in Nordamerika; Handknüpf-Spezialist HOC will hier den Weg über die Innenarchitekten gehen, die in Amerika eine sehr viel größere Rolle spielen als etwa in Europa.

Klar, der Wettbewerb aus der Türkei ist groß. "Aber wir haben hier unsere speziellen Stärken", erklärt Philippe van Hecke von Ragolle. Abheben wollen sich die belgischen Anbieter vor allem durch besonderen Service und hohe Designkompetenz, auch durch die größere räumliche und geschmackliche Nähe zu den europäischen Ländern.•
aus Carpet Magazin 04/17 (Teppiche)