Recht: Reform des Bauvertragsrechts

Was lange währt, wird endlich gut?

Lange forderte das Handwerk eine Reform des Gewährleistungsrechts - jetzt ist sie endlich erfolgt, zum 1. Januar 2018 trat die Gesetzesnovelle in Kraft. Gleichzeitig mit dem Gewährleistungsrecht wurde unter anderem auch das Bauvertragsrecht angepasst. Welche Konsequenzen ergeben sich daraus für das Handwerk? Die Juristin Marion Kenklies erläutert die Auswirkungen für Parkett Magazin.

Nach der Reform des Kauf- und Werkvertragsrechts im Jahr 2002 blieben die Handwerksbetriebe im Gewährleistungsfall häufig auf den Aus- und Einbaukosten sitzen, wenn das eingebaute Material mangelhaft war. Damit hafteten sie für einen Umstand, den sie nicht verschuldeten. Jahrelang wies das Handwerk auf diesen Missstand hin und drängte auf eine Gesetzgebungsreform. Diese Reform ist nun endlich erfolgt, die gewünschten Änderungen sind seit März 2017 "unter Dach und Fach" und zum 1. Januar 2018 in Kraft getreten. Auf Verträge, die vor diesem Datum geschlossen werden, bleibt das derzeit gültige Recht anwendbar.

Gleichzeitig mit dem Gewährleistungsrecht wurde unter anderem auch das Bauvertragsrecht reformiert und das Gerichtsverfassungsgesetz geändert. Ein Kurzüberblick auf die Auswirkungen für das Handwerk:

Änderungen im kaufvertraglichen Gewährleistungsrecht:
Die bisherige Rechtslage im Kaufvertragsrecht war stark durch die Rechtsprechung beeinflusst. Die Kosten der Gewährleistung waren erweitert auf die Aus- und Einbaukosten. Der Verkäufer musste diese aber nur tragen, wenn der Kunde ein Verbraucher war.

Nach neuem Recht haftet der Verkäufer auch gegenüber einem Unternehmer für die Aus- und Wiedereinbaukosten, wenn die gekaufte Sache ein- oder angebaut wurde. Ist der Unternehmer ein Handwerksbetrieb, der beispielsweise Parkett kauft und verlegt, kann er bei einem Mangel am Parkett nicht nur Ersatz des Parketts verlangen, sondern die entstehenden Aus- und Einbaukosten an seinen Verkäufer bzw. Lieferanten weiter reichen. Das kann sowohl ein Großhändler sein, als auch ein Hersteller. Der Verkäufer wiederum kann diese Kosten an seinen Verkäufer weiterreichen. Diese Rückgriffsmöglichkeit bezieht sich auf die gesamte Lieferkette bis zum Hersteller, so dass schließlich derjenige haftet, der den Mangel verschuldet.

Leider hat der Gesetzgeber dem Verkäufer die Möglichkeit gegeben, diese Haftung durch AGB auszuschließen.

Die Verjährung dieser Rückgriffsansprüche beträgt zwei Jahre ab Ablieferung der Sache. Da der Verkäufer die Sache selten am gleichen Tag an seinen Kunden weitergibt und eine Mängelbeseitigung auch ihre Zeit dauert und damit die Zwei-Jahres-Frist überschritten werden kann, hat der Gesetzgeber eine Sicherung (Ablaufhemmung) eingebaut. Hat der Verkäufer die Ansprüche des Käufers erfüllt, hat er zwei Monate Zeit, seine Rückgriffsansprüche gegenüber seinem Lieferanten geltend zu machen.

Änderung des Begriffs Verbrauchsgüterkauf:
Ein Verbrauchsgüterkauf ist ein Kaufvertrag, bei dem ein Verbraucher eine bewegliche Sache von einem Unternehmer kauft. Künftig werden hier auch Fälle erfasst werden, in denen der Unternehmer neben dem Kaufvertrag auch eine Dienstleistung erbringt. Gemeint sind die Fälle, in denen die Dienstleistung, selbst wenn ein Erfolg geschuldet wird, so nebensächlich ist, dass Kaufvertragsrecht angewandt wird.

Ein Beispiel aus dem Handwerk: Ein Kunde kauft in einem Elektrogeschäft eine teure Lampe und lässt diese montieren. Der Begriff "Nebensächlichkeit" lässt einen Interpretationsspielraum zu und wird damit in Zukunft mit hoher Wahrscheinlichkeit Anlass zu gerichtlichen Auseinandersetzungen sein.

Änderungen im Werkvertrag:
Abschlagszahlungen können künftig in der Höhe des Wertes der erbrachten und vertraglich geschuldeten Leistung gefordert werden. Der Besteller bzw. Auftraggeber kann die Zahlung eines angemessenen Teils verweigern, wenn die Leistung nicht vertragsgemäß ist. Die Beweislast für die vertragsgemäße Leistung trifft bis zur Abnahme den Unternehmer, bzw. Auftragnehmer.

Zugunsten des Auftragnehmers ist die Fiktion der Abnahme genauer geregelt. Der Auftragnehmer hat dem Auftraggeber eine angemessene Frist zur Abnahme zu setzen. Innerhalb dieser Frist muss der Auftraggeber die Abnahme verweigern unter Angabe mindestens eines Mangels. Ist der Auftraggeber ein Verbraucher, so gilt diese Abnahmefiktion nur dann, wenn der Verbraucher zusammen mit der Aufforderung zur Abnahme daraufhin gewiesen wurde. Wichtig: Der Hinweis muss in Textform erfolgen, also per Brief, Fax oder Mail.

Zusätzlich zum bereits bestehenden Kündigungsrecht des Auftraggebers gibt es nun auch ein Recht zur fristlosen Kündigung aus wichtigem Grund für beide Vertragsparteien. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur Fertigstellung des Werkes nicht zugemutet werden kann. Dabei ist eine Teilkündigung möglich, sofern sie sich auf einen abgrenzbaren Teil des geschuldeten Werkes bezieht.

Nach der Kündigung sind beide Vertragsparteien verpflichtet, gemeinsam den Leistungsstand festzustellen. Wirkt eine der Parteien nicht mit, trifft sie die Beweislast für den Leistungsstand, es sei denn, sie war unverschuldet daran gehindert und hat dies der anderen Vertragspartei unverzüglich mitgeteilt. Dem Auftragnehmer steht die Vergütung nur für den erbrachten Teil des Werkes zu. Das Recht, ggf. Schadenersatz zu fordern, wird durch die Kündigung nicht ausgeschlossen.

Ganz neu ins Gesetz aufgenommen wurden der Bauvertrag und der Verbraucherbauvertrag, die beide Auswirkungen auf das Handwerk haben. Die neuen Regelungen sind hochkomplex und werden hier nur in Grundzügen dargestellt.

Der Bauvertrag ist definiert als Vertrag über die Herstellung, die Wiederherstellung, die Beseitigung oder den Umbau eines Bauwerks, einer Außenanlage oder eines Teils davon. Auch ein Vertrag über die Instandhaltung eines Bauwerks ist ein Bauvertrag, wenn das Werk für die Konstruktion, den Bestand oder den bestimmungsgemäßen Gebrauch eines Bauwerks von wesentlicher Bedeutung ist. Diese Definition ist auslegungsfähig. Bislang hat die Rechtsprechung im Rahmen des § 634a BGB entschieden, dass ein verklebter Teppichboden Teil eines Bauwerks ist, nicht aber ein lose verlegter. Auch der Begriff der Außenanlage ist noch nicht eindeutig abgrenzbar. Die Errichtung einer Terrasse oder eines Hauseingangs von gewisser Größe dürften jedoch darunter fallen.

Auswirkungen auf das Handwerk hat insbesondere das Recht des Auftraggebers, den vereinbarten Werkerfolg zu ändern oder die Ausführung, wenn dies zur Erreichung des vereinbarten Werkerfolges notwendig ist. Über die Änderungen streben der Auftraggeber und der Auftragnehmer Einvernehmen an, ebenso über die zu leistende Mehr- oder Mindervergütung.

Kommt keine Einigung zustande, hat der Auftraggeber ein Anordnungsrecht. Der Auftragnehmer ist verpflichtet, dieser Anordnung nachzukommen. Der Auftraggeber kann dies mittels einstweiliger Verfügung erzwingen. Der Auftragnehmer kann die Leistung nur verweigern, wenn die Änderung für ihn nicht zumutbar ist - wofür er die Beweislast trägt. Die Vergütung wird dann nach den tatsächlich erforderlichen Kosten ermittelt, wobei vermutet wird, dass die in der Urkalkulation hinterlegte Vergütung richtig ist.

Im Weiteren sind die Sicherung des Unternehmers, die Zustandsfeststellung bei Verweigerung der Abnahme und die Schlussrechnung im Rahmen des Bauvertrages geregelt.

Eine besondere Form des Bauvertrages stellt der Verbraucherbauvertrag dar. Hier wird ein Unternehmer verpflichtet, für einen Verbraucher ein neues Gebäude zu errichten oder ein bestehendes erheblich umzubauen. Zum Schutz des Verbrauchers hat der Gesetzgeber erhebliche Hinweis- und Informationspflichten normiert und hierfür die Schriftform vorgeschrieben. Abschlagszahlungen dürfen nur in bestimmten Grenzen verlangt werden. Die Absicherung der Ansprüche des Verbrauchers ist geregelt und die Pflicht des Unternehmers zur Erstellung und Herausgabe von Unterlagen. Die Hinweis- und Informationspflichten sowie die Pflicht zur Erstellung und Herausgabe von Unterlagen kann nach unten auf die Handwerksbetriebe "durchschlagen", wenn sie als Subunternehmer tätig werden.

Ab 1. Januar 2018 ist für Streitigkeiten aus Bau- und Architektenverträgen sowie aus Ingenieurverträgen, soweit sie im Zusammenhang mit Bauleistungen stehen, eine spezielle Baukammer an den Landgerichten zuständig. Damit soll die Kompetenz der entscheidenden Richter gehoben werden.
aus Parkett Magazin 01/18 (Recht)