"Vorhangstange und Stoff bilden eine Einheit"


Jordi Evelyn Augenstein plädiert für Vorhangsysteme und Schienentechniken, die neben einem schönen Design auch Bedienkomfort mitbringen und montagefreundlich sind. Bei Motorgarnituren sieht die Raumausstatter-Meisterin noch Optimierungsbedarf.

BTH Heimtex: Frau Augenstein, was sind im Moment die hervorstechenden Trends bei Aufhängelösungen?

Jordi Evelyn Augenstein: Innenlaufsysteme aus Edelstahl und Aluminium dominieren nach wie vor die Nachfrage. Davon sind etwa zwei Drittel geradlinig, der Rest hat ein etwas verspielteres Design. Vorhanggarnituren aus Chrom haben sich bei uns dagegen nie durchgesetzt. Eher selten gekauft werden auch Modelle in Metall/Holz-Kombination. Die klassische Barockstange ist ziemlich weg oder wird nur noch regional eingesetzt.

BTH Heimtex: Werden Messingoberflächen nachgefragt?

Augenstein: Im Moment wenig. Es muss auch zur Einrichtung passen. Das ist sicher ein Trend, den man befeuern möchte, der aber noch nicht wirklich bei den Endkunden angekommen ist.

BTH Heimtex: Orientieren sich Verbraucher eher an Trends oder dominieren eigene Geschmacksvorlieben?

Augenstein: Die Kunden haben selten Mut. Etwa 85 % orientieren sich ganz stark an gängigen Trends. Eigene Ideen sind leider die Ausnahme. Es sind vor allem willensstarke Leute, die sich mit ihren Vorstellungen einbringen.

BTH Heimtex: Stichwort Smart Home: Welche Erfahrungen machen Sie mit automatisierten Vorhangsystemen?

Augenstein: Ich hatte bereits Nachfragen. Aber wenn bauseitig kein Stromanschluss am Fenster berücksichtigt wurde, ist die Installation von Motorgarnituren aufwändig. Von Akku-Antrieben halte ich nichts. Hier ist die Technik oft nicht durchdacht und bei mehreren Anlangen wird es sehr teuer. Vor allem sind die Akku-Ladezeiten noch zu lang.

Als Raumausstatter kommen wir erst ins Spiel, wenn in der Wohnung bereits eine Smart-Home-Lösung installiert ist. Wir können nicht plötzlich mit unserem eigenen System kommen und der Kunde soll sich anpassen. Grundsätzlich sollte ein Konzept vorliegen, bei dem man zentral die gesamte Haustechnik mit einer Fernbedienung steuern kann.

Gardinen werden häufig gar nicht bewegt. Deshalb haben sie nicht die oberste Priorität bei der Automatisierung.

BTH Heimtex: Wie läuft bei Ihnen aktuell die Nachfrage nach Dekorationstechnik?

Augenstein: Die Vorhangstange oder Schiene in Verbindung mit dem Stoff bildet eine Einheit. Doch die Gardine ist inzwischen zum Nischenprodukt geworden - leider. Obwohl der Kunde ein ausreichend großes Angebot vorfindet.

Das Grundübel ist, dass die Wohnmagazine und Einrichtungskataloge keine Vorhangdekorationen mehr abbilden. Gerade in der Trendgebung ist auch Ikea ganz vorne dran. Und generell gibt es bei der Fenstergestaltung nach wie vor eine Verschiebung hin zum Sonnenschutz.

Wenn man die Stoffdekoration beflügeln möchte, dann sollte der Fokus stärker auf dem Wellenvorhang liegen, in Verbindung mit Faltrollos. Ich verkaufe dazu meist eine Edelstahlstange mit Innenlauf.

BTH Heimtex: Und welchen Stellenwert haben klassische Schienen?

Augenstein: Innenarchitekten setzen ganz häufig minimalistische weiße Deckenschienen aus Aluminium ein. Bei diesen Planungen ist die Aufhängetechnik rein funktional. Sie soll möglichst unauffällig und unsichtbar sein. Oft widerspricht sich hier der Designgedanke mit der handwerklichen Durchführbarkeit. Man kann nicht mit einer Mini-Schraube eine Schiene an der Decke befestigen...

BTH Heimtex: Was wünschen Sie sich demnach von den Herstellern?

Augenstein: Ich würde mehr an der Funktionalität arbeiten, um die Montagefreundlichkeit zu erhöhen. Bei den Stangen sind die dekorativen Details mit verdeckten Befestigungsmöglichkeiten total durchdacht. Aber die schlichten Deckenschienen werden stiefmütterlich behandelt. Hier sollte man vor allem die Modelle mit Schnurzugtechnik modifizieren und verbessern.

BTH Heimtex: Neben Ihrem Engagement im eigenen Betrieb sind Sie Fachlehrerin für Dekoration an der Meisterschule für das Raumausstatterhandwerk. Wie steht es hier mit der Gardinentechnik?

Augenstein: Aufhängelösungen werden im Rahmen des Unterrichts ausführlich behandelt. Die Kojen der Meisterprüfung statten die Schüler ihrem Thema entsprechend aus. Darauf wird auch die Dekorationstechnik abgestimmt. Es handelt sich immer um ein Gesamtkunstwerk das nicht unbedingt alltagstauglich sein muss. Die angehenden Meister sind im Rahmen der vorgeschriebenen Prüfungsleistungen frei in ihrer Kreativität.
Das Gespräch führte Petra Lepp-Arnold.
aus BTH Heimtex 10/19 (Deko, Gardinen, Sonnenschutz)