Die Farbenindustrie zwischen Zuwächsen und möglichem Umsatzeinbruch

Die Stimmung in der Lack- und Farbenindustrie ist in der Corona-Krise besser als erwartet. Das ergab die Umfrage von BTH Heimtex, nach der manche Hersteller sogar Zuwächse verzeichnen. Doch für die kommenden Monate überwiegt Pessimismus.

Die Corona-Krise schränkt Wirtschaft und Gesellschaft bereits seit März dieses Jahres ein und wird dies in abgemildeter Form sicherlich noch lange tun. Viele Menschen bleiben wegen Kurzarbeit und Homeoffice zu Hause - auch in der Farbenbranche. Da Reisen und Freizeitaktivitäten fast unmöglich sind, nehmen Renovierungen in Privathaushalten sowie im Gastgewerbe zu. Davon profitieren die Farbenhersteller, zeigte sich in einer Umfrage von BTH Heimtex im April.

Renovieren
statt Reisen

"Die vom Verband der deutschen Lack- und Farbenindustrie (VDL) vor zwei Jahren in Auftrag gegebene Studie zur Marktentwicklung bestätigt sich: Wenn die Verbraucher Zeit haben, ihr Heim zu renovieren oder renovieren zu lassen, steigt auch der Absatz von Farben und Lacken", betont Peter Jansen, VDL-Präsident und Geschäftsführer des Farbenherstellers P.A. Jansen in Ahrweiler. Viele Maler seien daher gut beschäftigt. Davon profitiere auch die Firma Jansen.

Da die derzeitigen Renovierarbeiten aber nicht geplant gewesen und nur eine Folge von Corona seien, geht der VDL-Präsident allerdings nicht von zusätzlichen Umsatzsteigerungen zum Herbst aus: "Die weitere Nachfrage hängt davon ab, in wieweit die Kontaktverbote gelockert werden und die Wirtschaft wieder Fahrt aufnimmt."

Wie die übrigen Farbenhersteller hat auch P.A. Jansen frühzeitig Maßnahmen wie die Einsetzung eines Krisenrats beschlossen, um die gesundheitlichen und wirtschaftlichen Auswirkungen des grassierenden Coronavirus einzudämmen, hebt der Geschäftsführer hervor. Als VDL-Präsident verweist er auch auf das neue Kapitel "Kommunikation in der Pandemie: Die Corona-Krise" im Krisenhandbuch des Verbandes. Es gibt den Mitgliedsunternehmen Tipps zur Verbesserung ihrer Kommunikation.

Hersteller
haben schnell reagiert

Mit einem Krisenstab, der weltweit agiert, hat die DAW in Ober-Ramstadt auf den Ausbruch des Virus reagiert. Laut Caparol-Geschäftsführer Stefan Weyer werden die Mitarbeiter regelmäßig mit Informationen der Geschäftsleitung und des Krisenstabs versorgt. Allgemeine Hygienevorschriften wurden verteilt, alle Kundenveranstaltungen verschoben und Besucher auf digitale Kommunikationswege verwiesen. Zudem wendet sich DAW-CEO Dr. Ralf Murjahn regelmäßig mit Videobotschaften an die Mitarbeiter.

Nach Angaben Weyers lief das Geschäft von Caparol im April stabil: "Das liegt natürlich auch daran, dass auf den Baustellen in Deutschland mit den erforderlichen Sicherheitsvorkehrungen gearbeitet werden kann." Die Situation sei jedoch fragil und erlaube derzeit keine Spekulationen, wie sich die Corona-Pandemie in den kommenden Monaten auswirken werde. Die DAW unternehme weiterhin alles, um ihre Arbeits- und Lieferfähigkeit auf hohem Niveau zu halten.

Für CD-Color in Herdecke lief das erste Quartal "sehr erfreulich", wie die beiden Geschäftsführer Bernd von Pachelbel und Dr. Martin Welp mitteilen. Außer der steigenden Zahl an Renovierungen habe aber auch der Aufbau von Sicherheitsbeständen zur guten Entwicklung beigetragen. Für die Zukunft gelte: "Wir fahren auf Sicht."

Zukunft ungewiss

Klaus Meffert, Vorstandsvorsitzender der Meffert Farbwerke in Bad Kreuznach, hat nach eigenen Angaben für die restlichen Monate des Jahres einen Umsatzrückgang eingeplant. Doch was die Zukunft tatsächlich bringe, könne er derzeit nicht einschätzen. Bisher hat sich die Krise seiner Meinung nach noch nicht negativ auf die Branche ausgewirkt. "Wir können sogar von steigenden Umsätzen berichten, obwohl etliche Abnehmer im Fach- und Baumarktbereich ihre Läden schließen mussten, insbesondere in Bayern und Sachsen."

Sorgen bereitet dem Vorstandsvorsitzenden das Exportgeschäft, das hart von der Krise getroffen sei. "In allen europäischen Ländern sind wir mit zum Teil eigenen Produktions- und Distributionsstätten vertreten und erwarten insbesondere in Italien einen schwierigen Neuanfang nach Krisenende."

Die Meffert Farbenwerke haben pragmatisch alle Maßnahmen ergriffen, um die Produktion weiterhin aufrecht erhalten zu können. Auch sie haben einen Krisenstab gebildet. Dieser erarbeitete Richtlinien, die den Umgang miteinander regeln. So wurden Abstandswahrung und Hygienemaßnahmen angeordnet, die regelmäßig kontrolliert werden. In der Verwaltung ist jeweils die Hälfte des Personals im Wechsel im Homeoffice tätig.

Für den Hamburger Farbenhersteller Maleco lief der Verkauf im März "extrem gut", wie Geschäftsführer Herbert Leonhart sagt, und im April noch sehr gut. Abzuwarten bleibe, ob Aufträge sowohl privat als auch gewerblich lediglich vorweggenommen wurden. Wie es weiter gehe, sei ungewiss. "Wir rechnen von jetzt bis zu den kommenden Sommermonaten mit Mehrbedarf. Die Zeit danach ist erst zu betrachten, wenn man den gesamten Umfang der wirtschaftlichen Schäden beurteilen kann", meint Leonhart.

Rohstoffversorgung stabil

"Ob das Gesamtjahr 2020 für Südwest letztlich eine echte Herausforderung oder sogar noch ein recht vernünftiges wird, werden wir erst am Ende des zweiten Halbjahres beantworten können", sagt der Geschäftsführer von Südwest Lacke + Farben in Böhl-Iggelheim, Hans-Joerg von Rhade. Aufgrund der guten Auftragslage der Handwerksbetriebe und der stabilen Rohstoffversorgung liefen die Geschäfte weiter. Um auf plötzliche Nachfrageeinbrüche schnell reagieren zu können, "wäre Kurzarbeit dann eine Option", wie von Rahde betont.

Nach Ansicht von Christoph Maier, Abteilungsleiter Wirtschaft und Finanzen beim VDL, dürfte sich der Konjunktureinbruch "mit einer gewissen Verzögerung" auf die Bautenfarben auswirken. "Es könnte im Zuge der Besinnung auf das eigene Zuhause teilweise sogar zu vermehrten Renovierungstätigkeiten kommen - dennoch wird es auch in diesem Bereich insgesamt zu einem deutlichen Markteinbruch kommen", ist Maier überzeugt. Es sei insgesamt aber schwierig, eine seriöse Prognose für den Lack- und Farbenmarkt abzugeben.

VDL-Hauptgeschäftsführer Dr. Martin Kanert macht klar: "Jetzt müssen wir erstmal durch die Coronakrise kommen. Aber dann: Die Zeichen in der EU sind auf Green Deal gestellt." Das biete Risiken, aber auch Chancen.
| cornelia.kuesel@snfachpresse.de
aus BTH Heimtex 06/20 (Farben, Lacke)