Fachanwalt Andreas Becker informiert

Dokumentation schützt vor Haftung

Der Volksmund sagt: "Wer schreibt, der bleibt." Für Handwerker gilt gleichermaßen die Empfehlung einer schriftlichen Dokumentation. FussbodenTechnik-Autor Andreas Becker schildert einen Schadensfall, bei dem ein Bodenleger anhand seiner Dokumentation bewies, dass er die Mängel im Untergrund nicht erkennen konnte und deshalb auch nicht haftet.

Der Betreiber eines Möbelgeschäfts beauftragte einen Bodenleger, in seinem Ladenlokal PVC-Designbodenbelagsplanken und Teppichboden zu verlegen. Der vorhandene Boden war bereits durch einen Vorunternehmer teilweise gespachtelt worden. Die Spachtelarbeiten waren allerdings nicht ausreichend. Aus diesem Grund wurde der Bodenleger beauftragt, den Boden abzuschleifen, mit Haftgrund vorzustreichen und ganzflächig mit Nivelliermasse auszugleichen.

Ein paar Monate nach der Fertigstellung der Arbeiten traten am PVC-Designboden Aufwölbungen und Beulen auf. Am Teppichboden zeigten sich flächige Aufwölbungen, Knack- und Knistergeräusche waren zu hören. Da der Bodenleger einer Aufforderung zur Mangelbeseitigung nicht nachkam, wurde ein gerichtliches selbstständiges Beweisverfahren durchgeführt.

Der Sachverständige in diesem Verfahren stellte fest, dass der Untergrund ungeeignet war. Auf dem erdreichangrenzenden Beton war eine ungefähr 10 mm dicke Walzasphaltestrichschicht, ähnlich einer Straßen-Fahrbahndecke vorhanden. Um eine ordnungsgemäße Bodenbelagsfläche herzustellen, wäre es erforderlich gewesen, einen geeigneten Untergrund zu schaffen. Dazu hätte der Walzasphaltestrich inklusive der Bodenbeläge ausgebaut und ein geeigneter Gussasphaltestrich eingebaut werden müssen. Der Sachverständige bezifferte die Kosten der Mängelbeseitigung auf rund 24.000EUR. Das Möbelgeschäft machte den Betrag im Klageweg geltend.

Handwerker
muss Prüfpflichten erfüllen

Das Gericht stellte fest, dass der Bodenbelag in dem Ladenlokal mangelhaft war, weil er sich einige Monate nach der Verlegung aufwölbte und beim Begehen Knackgeräusche von sich gab. Das Gericht war auch der Ansicht, dass ein Mangel vorliegt, wenn die Mangelerscheinung darauf beruht, dass der Bodenbelag auf einem vorgespachtelten Walzasphalt aufgebracht wurde, der für eine vollflächige Spachtelung ungeeignet ist. Selbst wenn der Bodenleger nur noch ergänzende Spachtelarbeiten sowie die Bodenverlegung durchführte, blieb das Gewerk dennoch mangelhaft. Der Bodenleger wird aber von der Haftung frei, falls er alle Prüfpflichten erfüllt hatte.

Das Gericht stellte fest, dass der Bodenleger für die Mängel nicht haftet. Voraussetzung für die Haftungsbefreiung ist, dass er bei der Prüfung des Untergrundes die Fehlerhaftigkeit und Ungeeignetheit der Vorleistung nicht erkennen konnte. Das Gericht bestätigte, dass der vorhandene Untergrund im Verantwortungsbereich des Möbelhauses als Auftraggeber stand.

Der Bodenleger als Auftragnehmer muss die Behauptung, dass er seiner Prüfpflicht nachgekommen ist, beweisen. Jeder Handwerksunternehmer muss den Untergrund genau prüfen, wenn er seine Arbeit auf einem vorhandenen Untergrund aufgrund von fremden Vorgaben, Planungen oder Vorleistungen erbringen muss. Eine Prüfpflicht ist aus der Fachregel der VOB/C Abschnitt 3 zu entnehmen. Es müssen gegebenenfalls auch geeignete Erkundigungen eingeholt werden, ob diese Vorgaben, Vorarbeiten, Stoffe oder Bauteile eine geeignete Grundlage für die zu erbringende Leistung sind. Wenn der Werkunternehmer dieser Verpflichtung der Prüfung nicht nachkommt, und das Gesamtwerk dadurch beeinträchtigt wird, ist er gewährleistungspflichtig.

Der Bodenleger trug in dem Gerichtsverfahren vor, dass sich aus den Regelbeispielen der DIN18365 VOB/C keine weitergehenden Prüfpflichten ergeben würden. Zwar ist die DIN nicht abschließend, aber um weitere Prüfungen auszuführen, hätte es Hinweise auf einen nicht geeigneten Untergrund oder Feuchtigkeit geben müssen. Diese Hinweise gab es nicht. Der Bodenleger konnte erfolgreich argumentieren, dass er seiner Prüfpflicht nachgekommen ist. Er hielt die vorhandene Spachtelung für geeignet. Er konnte den Walzasphalt nicht von einem Gussasphaltestrich unterscheiden. Der Handwerker gab auch an, dass es ungewöhnlich wäre, wenn in einem Gewerbeobjekt ein solcher Walzasphalt eingebracht wurde.

Durch Zeugenbeweis konnte der Bodenleger nachweisen, dass keinerlei Anzeichen von Feuchtigkeit bemerkbar waren und dass bei der bereits vorhandenen Spachtelmasse Kratzproben getätigt wurden. Diese Kratzproben zeigten, dass der vorhandene Spachtel für die weitere Bearbeitung geeignet war. Das Gericht führte aus, dass bei der Nichterkennbarkeit eines ungeeigneten Untergrundes auch keine weiteren Erkundigungen eingeholt werden müssen. Vor allem muss der Bodenleger in einem Ladenlokal nicht damit rechnen, dass dort ein Walzasphaltestrich verbaut ist. Eine Bohrkernentnahme sowie eine technische Untersuchung eines Bohrkerns mit der allein der Unterschied zwischen dem Walzasphalt und dem Gussasphalt erkennbar gewesen wäre, bedarf es zur Erfüllung der Prüfpflicht nicht.

Praxistipp:
Alles schriftlich dokumentieren

Dies ist ein Ausnahmefall, in dem ein Bodenleger von der Haftung für Mängel freigekommen ist. Der Fall zeigt aber deutlich, dass bei einer fachgerechten Prüfung des Untergrundes sowie einer hier anzuratenden schriftlichen Dokumentation, beziehungsweise einer Dokumentation mit Zeugen, nachgewiesen werden kann, dass Mängel im Untergrund nicht erkennbar sind. Entscheidend für die Entlastung und Nichthaftung des Bodenlegers war hier, dass er den ungeeigneten Untergrund nicht erkennen konnte.


Der Autor

Andreas Becker ist Rechtsanwalt und Fachanwalt
für Bau- und Architektenrecht

Becker-Baurecht Nienburger Str. 14a 30167 Hannover
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aus FussbodenTechnik 02/22 (Recht)