Haustextilien

Auf Euphorie folgt Rückkehr zur Realität

Frankfurt - Im vergangenen Jahr wurde die Heimtextil in Frankfurt von einer großen Euphorie seitens der Aussteller und der Besucher getragen. Auf der diesjährigen Messe herrschte jedoch eher "business as usual", denn leider hielt das Jahr 2007 im Haustextil-Handel und in der Industrie nicht das, was man sich vor einem Jahr allseits erhofft hatte. Allgemein wurde das abgelaufene Jahr daher als eher schwierig angesehen, abgesehen von einigen Firmenkonjunkturen. Aber gerade die zeigen, dass man auch in schwierigen Zeiten durchaus Zuwächse erzielen kann. Insofern gehen die Industrieunternehmen der Branche mit vorsichtigen, aber nicht pessimistischen Erwartungen in das neue Jahr. Auf einem ganz anderen Blatt steht die Diskussion über den Zustand der Haustextil-Hallen 8 und 9 in Frankfurt.

Was den Spaßfaktor anging, war die letztjährige Heimtextil im Vergleich zu diesem Jahr der eindeutige Gewinner. Sah man im vergangenen Jahr auf Grund der guten Geschäfte zum Jahresende überwiegend strahlende Gesichter und hörte von positiven Absatzprognosen für die kommenden Monate, so war diesmal in Frankfurt Nüchternheit angesagt. Leider hatten die Hoffnungen mehrheitlich getrogen. Die Konsumnachfrage hatte nicht angezogen, im Gegenteil, sie ging leicht zurück und bescherte den Herstellern und Einzelhändlern wieder ein schwieriges Jahr. Umsatzzuwächse im unteren einstelligen Prozentbereich wurden darum als kleiner Erfolg gefeiert. Entsprechend vorsichtig gehen die Unternehmen in das neue Jahr.

Den Ton setzte gleich zum Auftakt die Frankfurter Messegesellschaft auf ihrer Wirtschaftspressekonferenz. Zu Beginn der Heimtextil 2008 gaben Geschäftsführer Detlef Braun und Bereichsleiter Textilmessen Olaf Schmitt Einblicke auf die aktuellen Rahmenbedingungen der Branche. Die Heimtextil in Frankfurt sei die größte Veranstaltung aller Textilmesse-Brands, erklärte Braun und weltweit die Leitmesse für Wohn- und Objekttextilien. Sie fand statt vor dem Hintergrund struktureller Herausforderungen durch Produktionsverlagerungen innerhalb der EU-Staaten. Auf der anderen Seite konstatiert die Messegesellschaft eine erstarkende Nachfrage nach Premium- und Luxusprodukten, vor allem in Russland und in China. Der Export nach Russland sei im vergangenen Jahr um rund 40 Prozent gestiegen. Auch in den osteuropäischen Ländern und den Vereinigten Arabischen Emiraten sowie dem Mittleren Osten sei die Nachfrage gestiegen. Allerdings hat die deutsche Heimtextilindustrie von diesen Exportgewinnen nicht im gewünschten Umfang profitieren können. Dadurch gelang es erstmals nicht, die weiterhin rückläufige Binnennachfrage auszugleichen. Ein wesentlicher Faktor ist sicherlich der starke Euro, der für das Ausland die Ware zusätzlich verteuerte.

Wie in den vergangenen Jahren entwickelten sich die Handelsumsätze auf dem deutschen Markt bei der textilen Heim- und Hausaustattung leicht rückläufig. Per Ende 2007, so die Verbände der Heim- und Haustextilienbranche, sind die Inlandsumsätze um 1,2 Prozent zurückgegangen, auf knapp 10,8 Mrd. Euro. Was die Haustextilien betrifft, konnten Haus-, Tisch- und Bettwäsche mit 2,1 Mrd. Euro ein Pari gegenüber 2006 erzielen. Die Bettwaren hingegen, einschließlich Federn, Daunen und Matratzen, mussten Umsatzverluste von etwa vier Prozent auf 2,3 Mrd. Euro hinnehmen. Einbußen mussten auch die Bereiche Tapeten/Wandbekleidungen und Teppiche/Teppichböden registrieren. Auf der Sonnenseite der Konjunktur befanden sich im wahrsten Sinne des Wortes die Hersteller von Sonnenschutzanlagen. Sie konnten ein Plus von fünf Prozent einfahren. Insgesamt sank auf Grund dieser Entwicklung die Zahl der heimischen Industriebetriebe um 2,4 Prozent auf 205, davon 167 für Heimtextilien und 38 für Haustextilien. Analog dazu entwickelte sich auch die Zahl der Beschäftigten, sie sank um 2,3 Prozent auf etwa 20.800.

Der Verband der Deutschen Heimtextilien-Industrie konkretisierte für seine Verbandsunternehmen die Zahlen. Er stellt fest, dass der private Konsum beim heimischen Wirtschaftsaufschwung des letzten Jahres keine Rolle gespielt habe. Im Gegenteil, er sank sogar leicht um 0,2 Prozent. Man führt das auf die Mehrwertsteuererhöhung zurück und die steigenden Preise für Energie und Nahrungsmittel. Insgesamt, so der Verband, sei 2007 ein Jahr ohne Höhen und Tiefen für die deutsche Heimtextilien-Industrie gewesen. Eine Trendwende sei nicht eingetreten, vielmehr endete das erste Halbjahr mit einem Umsatzrückgang von 5,1 Prozent. Mit Beginn des zweiten Halbjahres habe sich die Situation dann verbessert. Per Ende November lagen die Mitgliedsunternehmen noch bei einem Minus von 1,9 Prozent, und der Verband erwartet nicht, dass im Dezember noch ein Pari erreicht werden konnte. Auch der Heimtextil-Verband musste feststellen, dass entgegen früherer Jahre der Export die Umsatzrückgänge im Inland nicht ausgleichen konnte. Er sank vielmehr um 1,5 Prozent. Die Inlandsnachfrage entwickelte sich mit minus 2,1 Prozent noch negativer.

Der Bereich Bettwaren (Naturhaar- und Faserfülllungen) zeigte 2007 eine wie gewohnt unstete Entwicklung. Auf absatzstarke seien absatzschwache Monate gefolgt, abhängig von der Kurzfristigkeit der Aufträge und der Ausrichtung des Abnehmers im Absatzkanal, erklärt der Verband. Bis November konnte diese Sparte immerhin ein Plus von 1,3 Prozent verbuchen. Dabei entwickelte sich der Inlandsumsatz um 3,3 Prozent rückläufig. Dafür konnte das Auslandsgeschäft aber um 17,1 Prozent zulegen. Der Exportanteil beträgt jetzt gut 26 Prozent.

Gut entwickelte sich auch das Segment Spitzen und Stickereien. Zwar zog die Nachfrage erst nach den Sommermonaten an, insbesondere nach hochwertigen Artikeln, aber per saldo dürfte noch ein Umsatzplus von 2,5 Prozent herausgekommen sein. "Erfolgreich im Export sind die Hersteller von Markenprodukten, die darüber hinaus die Auslandsmärkte mit Ausdauer und besonderem Engagement bearbeiten", stellt der Verband fest. Die Markenproduzenten von Plauener Spitze konnten sich im Wettbewerb mit den Billiganbietern aus der Türkei und China weiterhin behaupten. Massive Verletzungen gewerblicher Schutzrechte wie Musterklau und Imitate durch asiatische Exporteure würden jedoch den fairen Wettbewerb erheblich stören, beklagt der Heimtextil-Verband. Was die Entwicklung in diesem Jahr angeht, zeigt sich der Verband verhalten optimistisch. Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen seien gut, und neu komme hinzu, dass sich trotz des im Vergleich zu 2007 geringeren gesamtwirtschaftlichen Wachstums der private Konsum um 1,5 Prozent verbessern soll. Dies sei eine grundsätzlich gute Chance für die Nachfrageentwicklung im Inland und man blicke durchaus vertrauensvoll und mit einem "gesunden Quäntchen Optimismus" ins neue Jahr. Die Prognose für den Export fällt dem Verband schwer. Hier bleibe abzuwarten, wohin die Entwicklung des Euro beziehungsweise des Dollar gehen werde.

Die Heimtextil-Messe hat seitens der Messeleitung einige konzeptionelle Modifikationen erhalten. So wurde zum Beispiel das nach eigenen Angaben neue Hochwertkonzept "More" eingeführt. Es sollte nach Angaben der Messe Frankfurt das Angebot der Hochwert-Anbieter für Haus- und Heimtextilien in einer nach Markt- und Marketinggesichtspunkten differenzierten und Zielgruppen orientierten Form bündeln. Für das Haustextilsortiment bedeutete das, zumindest in der Kommunikation nach außen, dass in der Halle 9.1 unter dem Schlagwort "More Clarity", so die Messe, "europäische Textilhersteller mit klassischen Dessins ihre hochwertigen Produkte zeigen". "More Style" zeigte in Halle 9.2 internationale Marken "mit modisch-trendorientiertem Design" sowie Lizenznehmer. In der Halle 8 war überdies der so genannte "Concept Square" zu bewundern. Er wurde für die diesjährige Messe erstmals eingerichtet, um auf der Fläche Shopkonzepte und Flächenbewirtschaftungssysteme von Ausstellern aus dem Bereich "bed" zu inszenieren.

Zum Ende der Heimtextil gab die Messegesellschaft dann, man ist geneigt zu sagen wie gewohnt, Erfolgsmeldungen zur beendeten Messe bekannt. Nach den offiziellen Zahlen sank die Zahl der Aussteller nur leicht von 2.863 auf 2.844. Bei der Zahl der Besucher wurde sogar ein Zuwachs von 85.824 auf 86.378 festgestellt. Messe-Frankfurt-Geschäftsführer Detlef Braun: "Die solide Präsenz von Ausstellern und Besuchern aus allen fünf Kontinenten und die starke Nachfrage von Seiten des Handels, aus Inneneinrichtung, Design und Architektur haben zu einem sehr erfreulichen Ergebnis für die Heimtextil geführt. Damit setzt die Heimtextil für ihre Branche ein positives Signal."

Diese Wahrnehmung von Braun deckt sich jedoch auf keinen Fall mit den Erfahrungen der Haustextil-Aussteller und der Messebesucher in den Hallen 8 und 9. Zwar zeigten sich die meisten Firmen zufrieden mit den Messekontakten auf ihren Ständen. Sie berichten von guten Gesprächen und davon, dass die wichtigen Kunden zu ihnen auf den Stand gekommen seien. Gleichzeitig haben sie aber auch, wie schon in den Jahren zuvor, einen weiteren allgemeinen Rückgang der Besucherfrequenz bei sich und auf den Gängen registriert. Mit Kopfschütteln und Unverständnis reagierten Gesprächspartner, die auch auf der Heimtextil waren, auf der anschließenden Kölner Möbelmesse auf die Erfolgsmeldungen aus Frankfurt.

Es gibt neben den Beobachtungen der Aussteller weitere Indizien dafür, dass die Zahl der Besucher eigentlich rückläufig gewesen sein muss. Es war zum Beispiel morgens kein großes Problem, mit dem Auto zur Messe zu kommen. Autoschlangen wie früher waren die Seltenheit. Und warum kommt ein Frankfurter Fünfsterne-Hotel auf die Messe, um für das nächste Jahr Übernachtungen zu akquirieren? Kurzfristig in Frankfurt noch ein Zimmer zu buchen, früher ein Unding, war in diesem Jahr kein Problem, so wurde von Gesprächspartnern berichtet. Niemand, wirklich niemand, mit dem Haustex sich unterhielt, wollte daher der Aussage der Frankfurter Glauben schenken, dass die dortige Messe erneut mehr Besucher habe registrieren können. "Schönfärberei" war noch eine der harmloseren Titulierungen der offiziellen Messeverlautbarungen.

Wenn es in Frankfurt für den Haustextil-Sektor einen Trend gegeben hat, dann war es, neben der weiteren Aufwertung der Sortimente ins höhere Genre, nach unserer Beobachtung das Thema "Nachhaltigkeit" ganz allgemein. Verschiedene Punkte spielen bei dieser Entwicklung eine Rolle: das virulente Thema Klimawandel, die Problematik der Erdölknappheit, auf der anderen Seite die wachsende Bedeutung nachwachsender Rohstoffe sowie von Rohstoffen aus kontrolliert biologischem Anbau und schließlich die Arbeitsbedingungen in Entwicklungsländern. Zahlreiche Unternehmen haben daher in ihr Produktprogramm Artikel aufgenommen, die sich mit dieser Thematik auf die eine oder andere Art befassen. Sie haben noch keine große kommerzielle Bedeutung, aber es hat den Anschein, dass sich auf diesem Sektor etwas bewegt. Einige Firmen kehren daher auch das Label "Made in Germany" stärker als wichtiges Verkaufsargument heraus. Diese Entwicklung deckt sich mit den Beobachtungen der GfK-Forscher, die in ihrem Heimtextil-Monitor ja feststellten, dass für die Konsumenten umweltfreundliche Produkte und Made in Germany wichtige Kaufkriterien sind.

Ebenfalls im März wird Haustex ausführlich auf die Möbelmesse eingehen, die direkt im Anschluss an die Heimtextil in Köln stattfand. Zum dritten Mal war die Halle 9 ganz dem Thema Schlaf gewidmet. Zwar fehlten mit Swissflex und Lattoflex zwei wichtige Aussteller, aber die anderen Firmen haben mit ihren zum Teil wirklich beeindruckenden Ständen dafür gesorgt, dass dies nicht groß aufgefallen ist. Besonders bemerkenswert war der Global Player Hilding Anders, der mit einem riesigen zweistöckigen Stand auf sich aufmerksam machte. In diesem Jahr hat sich der schwedische Konzern verstärkt den deutschen Markt vorgenommen. War man bislang lediglich mit der hochklassigen Marke Jensen hierzulande aktiv, kommen demnächst mit Curem, Nordvig, Marinotto und Nottena of Switzerland vier völlig neue Marken für den konsumigeren Markt hinzu. Außerdem möchte der niederländische Boxspringspezialist Eastborn auf den deutschen Markt stoßen. Das Unternehmen zählt zu den im letzten Jahr durch Hilding-Anders übernommenen Unternehmen.

Ansonsten setzt sich das Thema Boxspring-Betten fort, die Zahl der Anbieter, die dieses Schlafsystem in ihr Programm aufgenommen haben, ist weiter gestiegen. Und auch in Köln reagierten die Hersteller auf das Thema Ökologie und verwenden unter anderem Schäume, die mehr oder weniger auf Sojaöl basieren.

Die nächste Heimtextil findet statt vom 14. bis 17. Januar 2009.
aus Haustex 02/08 (Wirtschaft)