ABK

Abschlussstrategien, Bewerbungsfallen und Konsumzukunft

Innsbruck/A - Die Olympiastadt war Veranstaltungsort der diesjährigen Unternehmertagung des Einkaufsverbandes ABK. Wie gewohnt, konnte Geschäftsführer Hans-Günter Schucht interessante Referenten gewinnen, die den anwesenden Mitgliedern und Industriepartnern in zum Teil sehr kurzweiliger Form gehaltvolle Informationen vermittelten. Angesichts der positiven Entwicklung der Verbandsmitglieder war die Stimmung vor Ort gut. Bedauerlich nur, dass weniger Teilnehmer als üblich den Weg nach Österreich fanden.

"Was ist eigentlich die Mitte", fragte ABK-Geschäftsführer Hans-Günter Schucht zum offiziellen Beginn der Unternehmertagung in seiner Eingangsrede. Tags zuvor, am Anreisetag, hatten sich die Mitglieder und die Industriepartner zu einem gemeinsamen Abendessen im wundervollen Barocksaal des Tagungshotels Europa Tyrol getroffen und gemütlich auf die Dinge eingestimmt, die folgen sollten. Mit nachdenklichen Worten führte Schucht am folgenden Morgen, an gleicher Stelle, die Tagungsteilnehmer auf den ersten Höhepunkt des Tages hin, einen Vortrag des Verkaufsprofis Rudolf Portillo über die besten Strategien für Abschluss und Preisverhandlung.

Was sei die Mitte, so Schucht, oder gebe es sie überhaupt noch, wenn von vielen Handelsexperten festgestellt werde, dass es im Markt eigentlich nur noch Oben und Unten gibt? Der Geschäftsführer zitierte aus einem Interview der Tageszeitung Welt mit dem Gründer und Vorsitzenden der Geschäftsführung des Textildiscounters Kik, Stefan Heinig: "Kik ist maßgeblich dafür verantwortlich, dass der Mittelstand einbricht. Wenn die Firmen nicht verstehen, was die Kunden wirklich wollen, dann ist es doch nur konsequent, wenn diese Firmen aus dem Markt ausscheiden."

Nun ist Kik ein Beispiel aus dem Modehandel, aber bei den Bettenfachgeschäften dürfte die Situation eine ähnliche sein. Eigentlich sind die wirtschaftlichen Vorzeichen ja günstig, so günstig wie seit Jahren nicht mehr: "Die Konjunktur in Deutschland brummt, die Auftragslage in manchen Branchen ist hervorragend, die Arbeitslosenzahlen gehen deutlich zurück und erreichen zurzeit den Stand von 1992", so Schucht. Aber gleichzeitig liegt die Teuerungsrate derzeit bei etwa 2,5 Prozent, und die von den Konsumenten "gefühlte" Teuerungsrate liegt je nach Haushaltstyp zwischen vier und sechs Prozent.

Das habe Auswirkungen auf den Konsum, denn das frei verfügbare Einkommen der privaten Haushalte werde immer geringer, bedauerte Schucht. Die Umsätze für Aussteuer lagen im ersten Halbjahr um rund drei Prozent unter dem Vorjahreswert, die Umsätze für Bettwaren um rund zwei Prozent. Gleichzeitig möchte Gerry Weber seinen Umsatz in den nächsten fünf Jahren verdoppeln. Billiganbieter Hennes & Mauritz steigert seinen Umsatz in diesem Jahr im zweistelligen Bereich und die Nobelmarke Prada steigert ihren Umsatz um 18 Prozent, den Gewinn gar um 40 Prozent.

Wenn dann also die Mitte tot ist, wo liegt sie dann eigentlich, wie ist sie zu definieren und wer legt sie fest, fragte Schucht. Antwort der ABK-Häuser und Lieferanten: etwas zwischen 59 und 79 Euro. Der Durchschnittskäufer verortet die Mitte bei rund 40 Euro, der Premium-Kunde bei gut 60 Euro und der Normalpreiskunde bei etwa 35 Euro. Der Durchschnittspreis einer Bettwäschegarnitur liegt in Deutschland bei 25 Euro. Schuchts Fazit: Es ist sehr schwierig, die Mitte zu definieren. Aber ungeachtet dieser Unsicherheit ist er überzeugt davon, dass die "mittelpreisige Komfortzone" zurzeit und sicher auch in Zukunft an Bedeutung verlieren werde - zu Gunsten von Billigprodukten auf der einen Seite und hochpreisigen Artikeln sowie insbesondere Markenartikeln auf der anderen.

Dass Markenprodukte an Bedeutung gewinnen, sehe man in der Umsatzentwicklung der ABK-Anschlusshäuser und der Zentralregulierung mit Markenartikel-Lieferanten. Schuchts Schlussfolgerung: Eigentlich müssten auch die Eigenmarken des Verbandes von größerer Wichtigkeit sein und den Kreis der Anschlusshäuser enger zusammenführen sowie die Konzentration von Kernsortimenten fördern. "Hier beobachte ich allerdings mit steigender Sorge das Gegenteil", stellt er jedoch bedauernd fest und kann sich einen Seitenhieb nicht verkneifen: "Einzelhandel - speziell Bettenfachgeschäft-Einzelhandel - kommt also doch von ,einzeln handeln".

Nach diesen kritischen Worten übernahm Rudolf Portillo das Mikrofon. Der Inhaber und Geschäftsführer von Easy Learning und dem Consulting Network Building in Wien erklärte den Anwesenden in einem schmissigen und sehr unterhaltenden Vortrag, was die besten Strategien für den erfolgreichen Verkaufsabschluss und Preisverhandlungen sind. Portillo gilt als einer der meist gebuchten Trainer im deutschsprachigen Raum und bezeichnet sich nicht nur als Vortragender, sondern als Entertainer. Die Wiedergabe seiner Rede kann daher auch nur ansatzweise die Dynamik schildern, mit der er das Auditorium unterhielt. Es sei erwiesen, so Portillo, dass ein erfolgreicher Kaufabschluss zu rund 55 Prozent durch seine Körperhaltung, zu 38 durch seine Stimme und mageren sieben Prozent vom Inhalt des Gesagten abhängt. Sein Vortrag war daher gespickt mit Tipps, wie man sich als Verkäufer am geschicktesten gegenüber einem Kunden verhält. Ganz wichtig: Die Abschlussfrage immer mit einem Kopfnicken verbinden. Der Mensch, so Portillo, kaufe häufig aus Emotionsgründen, und lasse sich daher unbewusst durch das bejahende Nicken beeinflussen.

Ebenso interessant ist es, auf die Handhaltung zu achten. Man müsse, als Käufer, so lange mit seinem Gegenüber verhandeln, bis dieser die Hände fallen lässt. Dies sei ein klares Zeichen dafür, dass nun nichts mehr geht. Wenn der Autoverkäufer bei einer Preisvorstellung abwehrend die Hände hebe, so zeige das lediglich: Da geht noch etwas. Lässt er aber die Hände fast resignierend sinken, ist nicht mehr herauszuschlagen. Dieser Mechanismus muss natürlich besonders beachtet werden, wenn man selbst nicht gut drauf ist und mit hängenden Armen durch den Verkaufsraum schleicht. Das sendet ein falsches Signal an den Kunden aus.

Schon beim Eintreten eines Kunden kann man laut Portillo schon erkennen, ob er großzügig oder detailversessen, geizig oder spendabel ist. Große, ausladende Schritte lassen auf einen Menschen schließen, der eher das große Karo bevorzugt und leichter das Geld ausgibt. Wer mit kleinen Schritten in ein Geschäft komme, von dem sei umsatzmäßig nicht so viel zu erwarten.

Das A & O eines erfolgreichen Verkaufsgespräches ist die Kunst, mit dem Kunden auf die gleiche "Wellenlänge" zu gelangen. Das kann erreicht werden, indem man Dinge parallel ausführt. Beugt sich der Kunde vor, kommt man ihm entgegen. Lehnt er sich zurück, tut man das Gleiche. Ebenso verfährt man, wenn er sich durchs Haar fährt oder aus der Kaffeetasse trinkt. Etwas bizarr, aber nach Meinung Portillos hilfreich ist es, Hektik zu signalisieren, wenn der Kunde hektisch ist. Es komme überhaupt nicht gut an, wenn der Verkäufer statt dessen abwiegele (in Wiener Dialekt): "Geduld, des schaff ma scho..." Apropos Kaffee: Dem Verkaufstrainer zufolge wird der Kaffee häufig verkaufsdramaturgisch falsch eingesetzt. Nicht zum Anfang sollte man einen Kaffee anbieten, sondern wenn ein Gespräch verlängert werden soll.

In einem Verkaufsgespräch gibt es diverse Stolperfallen, dazu gehören auch so genannte Selbstmordwörter: glauben (statt überzeugt sein), hoffen, vielleicht, eigentlich (auf Seiten des Verkäufers. Wenn der Kunde sagt: "So viel wollte ich eigentlich nicht ausgeben", ist der Artikel schon so gut wie verkauft), leider, nur, kostet, müssen, nicht schlecht und Konjunktive (ich würde Ihnen empfehlen...).

Mag ein Verkäufer fachlich noch so beschlagen sein, bedeutet das noch lange nicht, dass er die Kaufsignale des Kunden erkennt. Dabei gibt es verschiedene Indikatoren, die zeigen, dass man kurz vor dem Abschluss steht. Etwa, wenn die Frage nach dem "Danach" gestellt wird. Viele Kaufsignale, betonte Portillo, verbergen sich hinter Einwänden: "Was ist aber, wenn...?" Ebenso verhält es sich bei einem plötzlichen Detailinteresse. Ebenso eine positive Referenz (ist der Artikel gut?) oder eine negative Referenz (haben Sie noch etwas Anderes für mich?) deuten darauf hin, dass sich der Kunde ernsthaft mit dem Erwerb beschäftigt. Bei einer wiederholten Kundenzustimmung oder gar der Frage nach dem Preis steht der Verkäufer kurz vor dem Abschluss. Kommt die Partnerfrage "was meinst du Schatz?", ist das ein Werben um Zustimmung. Man selbst sieht den Artikel schon bei sich zu Hause. Wenn sich die Partner uneinig sind, so Portillo, sollte man sich auf gar keinen Fall zwischen die Fronten begeben. Man könne dann nur noch abwarten, wie die Würfel fallen.

Das Fatale bei einem Kauf sei, dass der Kunde ein neues Produkt erst dann wirklich schätzt, wenn er darum gekämpft hat, meint der Verkaufstrainer. Kommt es also zu dem Punkt, dass der Kunde einen Nachlass haben möchte, ist es das Falscheste was man machen kann, sofort einen Rabatt einzuräumen. Portillos Credo: "Keine Preisverhandlung ohne Preisverteidigung." Es sei wie beim Hochseeangeln: Dort dauert es auch mitunter Stunden, bis man den Fisch an Bord gezogen hat.
Bevor man als Verkäufer überhaupt anfängt, über den Preis nachzudenken, muss man sich vergewissern, dass wirklich der Wille zum Kauf vorliegt. Wenn der Kunde dann seine Preisvorstellung nennt, darf man diese nie annehmen, selbst wenn sie sich eigentlich im Rahmen bewegt. Sonst bekommt der Kunde das dumme Gefühl, zu wenig Nachlass gefordert zu haben. Stattdessen den gewünschten Preis in erstauntem Ton noch einmal wiederholen. Danach gilt es, den Kunden durch, wie Portillo es nennt, das Vermehren von Kriegsschauplätzen verwirren. Also verhandelt man nicht nur über einen Preisnachlass, sondern bietet einen Naturalrabatt an, ein anderes Produkt obendrauf oder einen Gutschein. Besonders den Gutschein präferiert der clevere Verkaufsstratege, da nach seiner Erfahrung zwischen 30 und 40 Prozent aller Gutscheine nie eingelöst werden. Wichtig ist es aber immer, das Gesicht des Kunden zu wahren. Daher muss man in der Hinterhand immer noch ein Angebot haben, mit dem der Kunde letztlich zufrieden gestellt werden kann.

Wie geht man nun vor, wenn die beliebte Aussage kommt "das muss ich mir noch einmal überlegen"? Fragen stellen, nach dem Motto "was hätten Sie sich den vorgestellt", oder suggestiv "der Artikel ist doch in Ordnung". Da kommt der Kunde schnell in Erklärungsnot und kommt zu der Überzeugung, dass der Artikel doch der richtige ist.

Äußert der Kunde hingegen den Wunsch, den betreffenden Artikel noch mit anderen Angeboten vergleichen zu wollen, rät Portillo zu einem: Schweigen. Schweigen und darauf warten, was der Kunde nun macht. In der Regel hält der Kunde das nicht lange aus und macht eine Äußerung, die doch zum Abschluss führt. Sollte der Kunde das Schweigen ertragen und gehen wollen, kann man noch einmal fragen, in welchem Punkt er sich nicht ganz sicher sei. Fällt ihm nichts ein: prima. Hat er dennoch einen triftigen Grund, hilft nur eines, nämlich einen weiteren Termin zu vereinbaren. Danach begleitet man den Kunden freundlich zur Tür und lässt beim Türöffnen, letzter Trumpf, Columbo auftreten. Man bietet dem Kunden noch irgend etwas Attraktives an. Geht er darauf ein, kann man den Auftragsblock zücken. Ansonsten muss man anerkennen, dass man sein Möglichstes getan hat, dies aber nicht zum Abschluss geführt hat und hoffen, dass der Kunde später wieder kommt.

Etwas trockener, aber nicht minder interessant waren die Ausführungen von Dr. Martin Aigner, Hauptgeschäftsführer des Bayerischen Einzelhandelsverbandes, über das allgemeine Gleichbehandlungsgesetz. Umgangssprachlich auch Antidiskriminierungsgesetz genannt, soll es ungerechtfertigte Benachteiligungen aus Gründen der Rasse, der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion, der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität verhindern und beseitigen. Dieses Gesetz bildet viele Stolperfallen, in die ein Geschäftsinhaber treten kann, wenn er eine Stellenanzeige aufgibt. Der simpelste Fehler, der erstaunlicherweise heute immer noch begangen wird, ist das Versäumnis, eine Geschlechter neutrale Anzeige aufzugeben. Wer sich als Bewerber benachteiligt fühlt, beispielsweise wenn sich ein Mann auf eine Stelle als Sekretärin bewirbt, könnte dagegen klagen und, so Aigner, hätte gute Chancen, vor Gericht ein Monatsgehalt als Entschädigung einstreichen zu können.

Thema ethnische Herkunft: Es ist als Diskriminierung anzusehen, wenn man einen Mitarbeiter mit "Muttersprache Deutsch" sucht. Ebenso ist die Frage im Vorstellungsgespräch nach einer Arbeitserlaubnis gefährlich. Unverfänglich hingegen die Frage nach dem Geburtsort. Geschlecht: Es sollte hinlänglich bekannt sein, dass die Frage nach einer Schwangerschaft nicht statthaft ist, nicht einmal nach einem laufenden Mutterschaftsurlaub. Aigner berichtete von einem Fall, in dem eine neue Mitarbeiterin ihre neue Stelle antrat und stante pede einen Mutterschaftsurlaub beantragte. Der neue Arbeitnehmer, so Aigner, habe dagegen keine Handhabe gehabt. Wie umschifft man also solch ein Problem? Der Verbandsgeschäftsführer empfiehlt, im Vorstellungsgespräch nach dem Alter der Kinder zu fragen und die Bewerberin einfach erzählen zu lassen, wie ihre privaten Verhältnisse aussehen.

Nun muss ein Unternehmen ja unter Umständen eine Ausgleichsabgabe zahlen, wenn es nicht die Quote der behinderten Mitarbeiter in seinem Betrieb beschäftigt. Dennoch ist die Frage im Vorstellungsgespräch nach einer Schwerbehinderung nach dem Antidiskriminierungsgesetz nicht erlaubt. Sollte der Bewerber später abgelehnt werden, und sei es aus einem anderen fachlichen Grund, kann dieser gegen die Absage vorgehen. Aigner rät in diesem Fall, nach der Einstellung danach zu fragen, ob man je nach der zu bekleidenden Position körperlich in der Lage ist, diese auszufüllen. Schließlich besteht in der Probezeit ja eine kurze Kündigungsfrist.

Auch das Inserat "wir suchen Rentner" ist als Diskriminierung anzusehen. Es benachteiligt sogar zweifach, nämlich nach dem Alter und dem Geschlecht. Aigner betont jedoch, dass kein Arbeitgeber jemanden einstellen muss, den er nicht möchte. Die Entscheidungsgewalt liegt immer noch bei ihm selbst. Allerdings sollte man bei der Suche, dem Bewerbungsgespräch und der Absage sehr umsichtig vorgehen. In einem Absageschreiben sollte deshalb nur eine sehr allgemeine Formulierung stehen. Und auf keinen Fall sollte man bei telefonischer Nachfrage konkreter werden.

Doch das Gesetz geht in seiner Wirkung über die Formulierung von Stellenanzeigen hinaus. Das Diskriminierungsverbot richtet sich an Arbeitgeber, aber auch Arbeitskollegen und an Dritte, zum Beispiel Kunden. Vorwürfen sexueller Belästigung durch Kollegen sollte daher zum Beispiel unverzüglich nachgegangen und Maßnahmen ergriffen werden. Das kann von einer Abmahnung über eine Versetzung des Belästigers bis zur Entlassung gehen. Aus diesem Grund hat jedes Unternehmen eine Beschwerdestelle einzurichten, sei es noch so klein. In Aigners Verband ist er es selber. Und der Vertreter der Beschwerdestelle hat die Pflicht, jeden Vorwurf der Diskriminierung inhaltlich zu prüfen.

Das kann in einem Einzelhandelsunternehmen mitunter zu sehr unangenehmen Situationen führen. Aigner konstruierte den Fall einer Kundin, die es ablehnt, von einer ausländischen Verkaufskraft bedient zu werden. Dagegen muss der Firmeninhaber vorgehen und sich vor seine Mitarbeiter stellen. Das kann dazu führen, dass der Kunde des Ladens verwiesen werden muss, selbst wenn es ein Stammkunde ist.

Sollte die Beschwerdestelle nach dem Hinweis auf eine Benachteiligung untätig bleiben, hat der betroffene Mitarbeiter das Recht auf Leistungsverweigerung. Er oder sie kann sofort danach den Betrieb verlassen und hat weiterhin Anspruch auf sein Gehalt. Es ist noch nicht einmal notwendig, dass sich die betroffene Person abmeldet. Darüber hinaus kann sie Anspruch auf Entschädigung oder Schadenersatz geltend machen.

Über die so genannten Perfect Ager am Point of Sale referierte der Direktor und Geschäftsführer des Instituts für Handelsforschung, Dr. Andreas Kaapke, in gewohnt launiger und unterhaltender Manier. Er wagte einen Blick in die Zukunft des Einzelhandels und die künftigen Verbraucherstrukturen, die deutlich anders aussehen werden als heute. Kaapke formulierte es eingangs ganz simpel: Die Deutschen werden älter, weniger und multikultureller. Darauf hat man sich als Einzelhändler einzustellen.

Älter: Lag das Durchschnittsalter der Bevölkerung in Deutschland 1990 bei knapp 40 Jahren, wird es 2040 bei gut 48 Jahren liegen. Der Anteil der über 60-jährigen wird sich im gleichen Zeitraum von 20 auf 35 Prozent erhöhen.

Weniger: Es sterben seit Jahren mehr Menschen in Deutschland als geboren werden. 1965 gab es etwa 1,3 Millionen Geburten, 2006 waren es gut 600.000. Nach der Bevölkerungsvorausberechnung des Statistischen Bundesamtes werden im Jahr 2040 etwa zwischen 73 und 77 Millionen Einwohner in Deutschland leben. Aktuell sind es rund 82 Millionen. Das wird dazu führen, so Kaapke, dass ganze Landstriche, vornehmlich im Osten, unter starkem Bevölkerungsschwund leiden werden.

Multikultureller: Die Zahl der ausländischen Bevölkerung stagniert seit Jahren bei rund 7,3 Millionen. Durch den Rückgang der deutschen Bevölkerung wird der relative Anteil der ausländischen Bürger jedoch zunehmen. Um den Stand der Gesamtbevölkerung bis 2050 auf dem heutigen Level von 82 Millionen zu halten, müssten angesichts des Rückgangs der deutschen Einwohner jährlich rund 320.000 Einwanderer gezählt werden. Das ergäbe bis 2050 eine Zuwanderung von knapp 18 Millionen Ausländern. Um die Bevölkerungszahl im erwerbsfähigen Alter auf heutigem Niveau zu halten, müssten jährlich sogar etwa 458.000 Ausländer nach Deutschland einwandern. Das wären bis 2050 sage und schreibe rund 25 Millionen.

Vor 35 Jahren lebten in Deutschland genau 265 Hundertjährige, heute leben bei uns in etwa 10.000 Personen mit "dreistelligem Geburtstag" (davon 274 über 105-Jährige). Schätzungen besagen, dass es im Jahr 2025 rund 44.200 Personen sein werden, 2050 etwa 117.000. Auch für diese Gruppe gibt es bereits einen Namen, die sog. "Centenarians". Durch das zunehmende Alter wird auch der Anteil der Single-Haushalte drastisch steigen. Aber, gibt Kaapke zu bedenken: Die Älteren von Morgen sind mit den Älteren von Gestern und Heute nicht zwingend zu vergleichen - sie hatten bereits Englisch als zweite Sprache, sie sind Freizeit orientierter aufgewachsen - der Anteil der Führerscheinbesitzer ist deutlich höher -, hatten weniger Kinderkrankheiten, leichtere Krankheitsverläufe, bessere Vorsorgeuntersuchungen usw. Das heiße, so Kaapke: Sie haben einen besseren Gesundheitszustand und sind kompetenter.

Um zu erfahren, was die über 50-Jährigen - die so genannten Perfect Ager - heute denken, hat Kaapkes Institut eine Befragung in der Zielgruppe gemacht. Einige Ergebnisse in Kürze: Es ist ihnen besonders wichtig, völlig unabhängig zu sein (rund 72 Prozent stimmen dem zu). Mehr als 80 Prozent ist es besonders wichtig, Dinge in Ruhe erledigen zu können. Für jeden Zweiten über 50 ist es besonders wichtig, sich mit Personen außerhalb seines persönlichen Umfeldes zu unterhalten (zum Beispiel mit dem Verkaufspersonal in einem Geschäft). Je älter, um so bedeutender ist dieser Wunsch. Für fast jeden (knapp 98 Prozent) sind Zuverlässigkeit, Ehrlichkeit, Vertrauen und Höflichkeit besonders wichtig. Knapp zwei Drittel der Befragten fühlen sich etwas oder sogar deutlich jünger als sie tatsächlich sind (knapp 63 Prozent). Der Aussage "Beim Einkaufen lasse ich mich gerne beraten", stimmen 37 Prozent ganz und 41 Prozent zum Teil zu. Knapp drei Viertel der Interviewten ist es wichtig, dass in den Geschäften, in denen sie einkaufen, eine angenehme Atmosphäre herrscht.

Um dieser in Zukunft wachsenden, zum Teil recht zahlungskräftigen Zielgruppe gerecht zu werden, muss man sich als Einzelhändler darauf einstellen. Dabei dreht es sich zum Teil um Punkte, die auch jüngeren Kunden gut gefallen. Das Nachfragen von Dienstleistungen darf ganz allgemein nicht zu Stress führen. Wo sind die Toiletten? Wie groß sind die Umkleidekabinen? Kann man da reinschauen? Gibt es rutschfeste Böden? Muss ich mich strecken, bücken, dehnen, um mich zurechtzufinden? Sind Hinweisschilder groß geschrieben? Wer hilft mir beim Suchen? Gibt es Aufzüge, Rolltreppen usw. Wer sich darüber hinaus auch werblich mit dem nötigen Feingefühl der Zielgruppe nähert, ist auf dem richtigen Weg.

Achim Feige, Executive Brand Consultant von Brand Trust in Nürnberg, klärte die Unternehmer darüber auf, wie sie ihr Haus zu einer Marke am Markt gestalten können. Dass man in irgend einer Hinsicht die Nummer eins oder wenigstens zwei am Markt sein sollte, veranschaulichte Feige durch die Frage, welcher Berg der dritthöchste in der Welt sei, wer der Dritte auf dem Mount Everest gewesen sei, oder wer der dritte Mann auf dem Mond gewesen sei. Man erinnert sich nicht an diese Personen, und entsprechend ist es mit einem Geschäft. Wenn es beim Konsumenten um die Frage geht, wo er einen bestimmten Artikel am besten kauft, muss man unter den ersten zwei Verkaufspunkten sein, die ihm einfallen. Sonst hat man ein Problem. Und es sollte eigentlich immer gelingen, in irgendeiner Kategorie zur Nummer eins oder zwei am Markt zu werden.

Dass dies nicht einfach ist und dauern kann, ist Feige klar. Das Kaffee-System Nespresso beispielsweise ist seit 15 Jahren auf dem Markt und hat sich in diesem Zeitraum die starke Marktstellung erarbeitet. "Marke ist der verdichtete Ausdruck unternehmerischer Spitzenleistung", definiert Feige. Übersetzt auf die Sichtweise des Konsumenten: Ich kenne dich und ich will dich. Um dorthin zu gelangen, sollte der Geschäftsinhaber einmal in sich gehen und die Talente seines Hauses herausarbeiten. Was ist man und was ist man auf keinen Fall? Als praktisches Beispiel regte Feige an, die drei größten Vorurteile gegenüber Bettenfachgeschäften aufzugreifen und sie werblich mit speziellen Angeboten zu konterkarieren.

Nach so viel fachlicher Information begab sich der ABK-Tross auf eine kleine Stadtführung durch die Innsbrucker Altstadt, bei der man unter anderem vieles über Kaiser Maximilian und das berühmte Goldene Dacherl lernte. Danach ging es nahtlos weiter zu einem urigen Hüttenabend in Axams.

Der Samstag Vormittag war dann dem internen Teil vorbehalten. Der jedoch nach Informationen von Geschäftsführer Schucht wie erwartet komplikationslos verlief. Wie sollte es auch anders sein, stimmten doch die Zahlen für das vergangene und das laufende Geschäftsjahr. Die Umsätze der ABK-Anschlusshäuser konnten 2006 um rund fünf Prozent verbessert werden, und auch in diesem Jahr lagen die Häuser per Ende September erneut gut fünf Prozent über dem Vorjahreszeitraum. Der Zwischenbericht des Geschäftsführers wurde daher für gut befunden. Blieb nur noch, den Termin für die nächste Unternehmertagung und den Sitzungsort festzulegen. Leider kamen in diesem Jahr nicht so viele Teilnehmer, wie in den früheren Jahren. Schucht führte den Beteiligungsrückgang auf den doch recht dezentral gelegenen Ort Innsbruck zurück und auf den Termin im Oktober, der manchem, der gerne gekommen wäre, leider nicht passte. Daher hat man festgelegt, dass das nächste Treffen etwa zwei Wochen früher zwischen den letzten Sommer- und den ersten Herbstferien stattfinden soll. Tagungsort wird dann das schöne Köln sein. Geschäftsführer Schucht ist guter Hoffnung, dass die ABK dann wieder in gewohnter Stärke auflaufen wird.
aus Haustex 11/07 (Wirtschaft)