40 Jahre Innung Parkett und Fußbodentechnik Nordost
Von "Störreserven", Tannroda-Platten und selbstgefertigten Schleifscheiben
Ein Stück gesamtdeutsche Geschichte dokumentierte die Innung Parkett und Fußbodentechnik Nordost im Rahmen ihrer Festveranstaltung zum 40-jährigen Bestehen. In Rückblicken und einer Ausstellung veranschaulichten Parkettleger aus den ehemals beiden deutschen Staaten das damalige Alltagsgeschäft. Während sich die Westberliner Innungsbetriebe mit der Insellage arrangieren mussten, galt es in der ostdeutschen Erzeugnisgruppe der Parkettleger, mit der DDR-Mangelwirtschaft zurecht zu kommen. Schleifscheiben mussten selbst gestanzt werden, das Erzeugnisgruppen-Sekretariat legte "Störreserven" für Carbid-Ampullen an und die zweifelhafte Qualität der Parkettplatten aus Tannroda ist legendär. Doch neben dem "Blick zurück" konnten sich die über 200 nach Oberwiesenthal gereisten Innungs- und Fördermitglieder in exzellenten Fachvorträgen über aktuelle Probleme informieren.
Wie aktiv die Innung Parkett und Fußbodentechnik Nordost auch 40 Jahre nach ihrer Gründung ist, zeigte einmal mehr die rege Beteiligung an der Innungsversammlung im Kurort Oberwiesenthal. Rund 125 Mitglieder aus den Innungsbetrieben und 100 Gastmitglieder der Industrie waren ins Erzgebirge gereist - unter ihnen vier neue Innungs- und drei neue Gastmitglieder (Chêne de lest, Mazzonetto, Overmat). Innungsaktivitäten beschränken sich aber nicht nur auf die zweimal jährlich stattfindenden Mitgliederversammlungen, wie Obermeister Joachim Barth in seinem Jahresbericht ausführte. Es wurden Stammtische zum Austausch von Fachinformationen in mehreren Regionen angeboten, eine Innungsreise führte die Mitglieder zum Parketthersteller Boen nach Litauen, und dann stand noch ein gemeinsamer Wandertag mit der Bezirksinnung Mittelrhein-Mosel auf dem Programm.
Nächster Meisterkurs in Halle
Gemeinsam mit anderen Innungen hat die Innung Nordost einen Vorbereitungskurs für die Prüfung zum Parkettlegermeister durchgeführt. Fünf Parkettleger aus den östlichen Bundesländern haben die Meisterprüfung erfolgreich absolviert: Silvio Göhler (Dippoldiswalde), Robert Mutschall und Dominik Neumann (beide Berlin), Christian Wachter (Tanna) sowie der mit 21 Jahren jüngste Parkettlegermeister der Innung, Henning Jäger aus Behrenhoff. Im kommenden Jahr soll wieder ein Meisterkurs in Halle/Saale stattfinden. Das Interesse an dieser Weiterbildung ist auch nach dem Wegfall der Meisterpflicht nicht erloschen. "Möglicherweise hat der Meisterbrief durch die Freiwilligkeit noch an Wert gewonnen", hofft Obermeister Joachim Barth, zugleich Bundesinnungsmeister im Zentralverband Parkett und Fußbodentechnik.
Einen Überblick über die Lehrlingszahlen in den Schulen Plauen und Berlin gab Lehrlingswart Gerd Zellhuber: Derzeit werden in Plauen 58 Parkett- und 27 Bodenleger beschult. In Berlin sind es 21 Parkettleger-Lehrlinge und 157 Auszubildende zum Bodenleger. Zu den jüngsten Zwischenprüfungen merkte Zellhuber an, dass die Ergebnisse mit einer Drei als beste Note "eine Katastrophe" sind. Deswegen forderte er, dass die Zwischenprüfungsnote wieder Bestandteil der Gesamtnote wird. Außerdem sollten die Ausbildungsbetriebe verstärkt darauf achten, dass künftige Lehrlinge ordentliche Noten in Deutsch und Mathematik mitbringen. Andernfalls hätten sie in der Berufsschule kaum aufholbare Defizite.
Gleichwohl konnte Zellhuber in diesem Jahr zwei Landessieger bei den Parkettleger-Junggesellen vermelden: Tobias Babel vom Ausbildungsbetrieb Jürß ist Landessieger in Mecklenburg und Sebastian Wolf (Ausbildungsbetrieb: Kleditzsch, Pokau) in Sachsen. Wolf gewann darüber hinaus den Bundesleistungswettbewerb der Parkettleger in Rostock.
Rechtsthemen im Auge behalten
Beinahe schon Tradition sind die Vorträge von Dirk Neumann, Assessor und stellvertretender Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Halle. Aktuelle Bau- und andere Rechtsangelegenheiten standen auch diesmal im Mittelpunkt seiner Ausführungen.
Neumann erläuterte u.a., wie schwierig es ist, gegen den so genannten Eingehungsbetrug gerichtlich vorzugehen. Immer wieder berichten Handwerksunternehmen davon, dass sie auf ihren Kosten sitzen bleiben, weil Auftraggeber zuvor scheinbar planmäßig in die Insolvenz gehen. Dennoch sind spätere Betrugsanzeigen nur sehr selten von Erfolg gekrönt, da vor Gericht nachgewiesen werden muss, dass zum Zeitpunkt der Bestellung der Handwerksleistung beim Auftraggeber bereits kein Geld und keine Aussicht auf finanziellen Ausgleich vorhanden waren. Deswegen rät Neumann Parkett- und Bodenlegerbetrieben, die Bauhandwerkerversicherung gemäß Paragraf 648 a BGB anzuwenden. Dies sieht vor, dass für den Werklohn nach Vertragsabschluss ohne Vorvereinbarung eine Sicherheit geleistet werden muss, die bei Einfamilienhaus-Bauherren allerdings nicht greift.
Darüber hinaus warnte der Jurist davor, sich darauf zu verlassen, dass nur schriftliche Mängelrügen geltend gemacht werden können, da die VOB in diesem Punkt eine reine Ordnungsvorschrift sei. In diesem Zusammenhang betont Neumann, dass die VOB Teil B immer nur als Ganzes und ohne ergänzende Angaben vereinbart werden sollte. Direkt oberhalb der Unterschrift bei jedem Angebot/Auftrag sollte dann der Satz "VOB Teil B ist Vertragsbestandteil" stehen, außerdem muss die Vorschrift jedes Mal beigelegt werden. Jede kleinste Ergänzung bzw. Abweichung von der VOB führt zu einer Inhaltskontrolle der Verordnung, die gegebenenfalls zu ihrer Abschaffung führen könnte. Leider gebe es schon seit längerem die Tendenz, die eher handwerkerfreundliche VOB zu kippen.
Informative Fachvorträge
Im Rahmen der Innungsversammlung referierte zudem der Geschäftsführer der Innung Nordost, Wilhelm Schmidt, über "Räuchereiche - Mängel und deren sachverständige Beurteilung" (siehe Seite 146). Norbert Strehle, Obermeister der Innung Mittelrhein-Mosel und Mitglied im Vorstand des Zentralverbands, setzte sich mit dem Thema Rutschhemmung auseinander (siehe Seite 149).
"Schnellestriche und Estriche mit Zusätzen - Vorteile und Probleme" waren das Thema von Heinz-Dieter Altmann (siehe Seite XY). Der Obmann des Arbeitskreises Sachverständige im Bundesverband Estrich und Belag (BEB) ging außerdem auf die in jüngster Zeit öfter beanstandete ungenügende Oberflächenfestigkeit von Zementestrichen ein. Er verwies in dem Zusammenhang auf anhaltende Diskussionen zwischen dem BEB und der Zementindustrie, die aus Umweltgründen keinen Portland-Zement mehr liefert, sondern sich auf CEM II- und CEM III-Zemente konzentriert. Diese führen offensichtlich zu Problemen.
Rückblick auf 40 Jahre Parkettlegerhandwerk
Zur Jubiläumsveranstaltung organisierte eine Gruppe um Ehrenobermeister Bernhard Assing eine Ausstellung mit alten Maschinen, Werkzeugen und Unterlagen aus der 40-jährigen Geschichte des Parkettlegerhandwerks in Ost und West.
In seinem Festvortrag ging Assing auf die wechselvolle Geschichte der Innung Nordost ein. Die Ost-Berliner Innung wurde am 3. Juni 1966 gegründet, die Erzeugnisgruppe der Parkettleger traf sich erstmalig am 21. Oktober 1967. In der damaligen DDR schlossen sich damals 36 Verlegebetriebe freiwillig zur Erzeugnisgruppe zusammen - von Anfang an mit Wilhelm Schmidt als Sekretär. Von Beginn an saßen hier Produktionsgenossenschaften, staatliche Betriebe und private Handwerksunternehmen gemeinsam an einem Tisch.
Anders als bei vielen staatlich gegründeten Erzeugnisgruppen standen der Erfahrungsaustausch und die gegenseitige Hilfe im Vordergrund. Wilhelm Schmidt vertrat als Erzeugnisgruppen-Sekretär die Vereinigung nach außen und machte zahlreiche Eingaben bei staatlichen Stellen, wie sein auf Archivmaterial basierender Vortrag humorvoll deutlich machte. Themen der Eingaben waren meist der Mangel oder die ungenügende Qualität von Parkett, Lacken oder Versiegelungen. So kam es vor, dass die Trägerschicht der Parkettplatten aus Tannroda dem Parkettleger gewissermaßen "entgegen rieselte" oder sich der Parkettlack eines Tanzbodens nach der ersten Nutzung bereits komplett an den Hosenbeinen der Tänzer wiederfand. Zudem war das Sekretariat der Erzeugnisgruppe von offizieller Stelle angehalten, "Störreserven" an Carbid-Ampullen und Schleifmitteln anzulegen. Auf der anderen Seite führte die DDR-Mangelwirtschaft zu einem regelmäßigen Austausch zwischen den Betrieben. Von dem "Zusammenhalt von damals" träumt heute noch mancher Parkettleger.
Bereits im Jahr 1990 entschieden sich die 130 Unternehmen der Erzeugnisgruppe, die kurzfristig in "Fachverband Parkett" umbenannt worden war, mit der Berliner Parkettleger-Innung zu fusionieren. So entstand in Schöneck schließlich die Innung Parkett und Fußbodentechnik Nordost.
Innung Nordost in Kürze
Innung Parkett und Fußbodentechnik Nordost
August-Bebel-Str. 28
06108 Halle
Tel: 0345-2023833
Fax: 0345-2984699
E-Mail: innung_nordost_parkettfubotechnik@t-online.de
Obermeister: Joachim Barth
Stv. Obermeister: Torsten Weber
Fachgruppenleiter Bodenleger: Mike Zimmermann
Lehrlingswart: Gerd Zellhuber
Mitglieder: 191 Innungsbetriebe, 54 Fördermitglieder
aus
Parkett Magazin 01/08
(Wirtschaft)