Peter Schwartze zur aktuellen Situation der Textil- und Modebranche
Stark wie nie zuvor
Wir können auf ein erfolgreiches Jahr 2007 zurückblicken. Nicht nur auf dem europäischen Markt, sondern weltweit konnte sich die gesamte Branche hervorragend behaupten. 2005 betrug der Umsatz der deutschen Textilindustrie insgesamt noch 12,928 Mio. Euro, 2006 waren es bereits 13,098 Mio. Euro. Gleiches gilt für den Export. Im 1. Halbjahr 2007 steigerte unsere Branche ihre Exporte im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um beachtliche 8,7 Prozent. Mit einem Exportplus von mehr als 50 Prozent wird die Bedeutung Russlands für die deutsche Bekleidungsindustrie deutlich. Es ist sehr wahrscheinlich, dass die Milliardengrenze im Russlandexport bis Ende 2007 überschritten wird.
Auch die Entwicklung in 2008 sehen wir verhalten positiv, aber mit großen Risiken behaftet durch mögliche Auswirkungen der Subprime-Krise auf die Realwirtschaft, die erneute Steigerung der Erdöl- und Rohstoffpreise sowie der sukzessiven Aufwertung des Euro.
Durch Qualität und Innovationen ist es uns zudem gelungen, weltweit der größte Exporteur Technischer Textilien zu werden - diese Position gilt es zu halten. Die Zusammenarbeit zwischen Forschung und Industrie muss daher weiter vorangetrieben werden, so dass Innovationen noch schneller umgesetzt werden können. Sowohl Unternehmer als auch Forschungsinstitute nutzten daher die Sonderschau des Bundes "High-Tex from Germany" im Oktober letzten Jahres in Mumbai, die vom Gesamtverband textil+mode unterstützt wurde, als gemeinsame Plattform. Die deutschen Teilnehmer präsentierten sich dabei als mit Abstand größte Ausstellergruppe und brachten die Spitzenposition der Branche in der Welt zum Ausdruck.
Wettbewerbsvorsprung durch Forschung, Innovationen und Kreativität kann aber nur mit korrekten Rahmenbedingungen funktionieren, beispielsweise beim Schutze geistigen Eigentums. Dies gilt sowohl für Technische Textilien als auch für Mode, Heim- und Haustextilien. Die Mehrzahl der beschlagnahmten Artikel aus dem Bereich Bekleidung und Accessoires stammen noch immer aus China, zunehmend auch aus Indien und der Türkei. Eines ist dabei klar: Ohne Nachfrage keine Produktion von Plagiaten. Meiner Meinung nach hat daher die Verbraucheraufklärung einen hohen Stellenwert. Dies haben wir in Gesprächen mit der Bundesministerin der Justiz, Brigitte Zypries, thematisiert. Es müssen stärkere Anstrengungen unternommen werden, um auf das Thema in Medien, Politik und Gesellschaft aufmerksam zu machen. Einflussnahme auf politische Entscheidungen, wie im Fall des Schutzes geistigen Eigentums, gehört zu den wichtigsten Aufgaben, die der Gesamtverband textil+mode als Interessenvertreter der Textil- und Modeindustrie übernimmt. Um das Lobbying zu verbessern, wird der Dachverband 2008 seine Präsenz in Brüssel ausbauen und zudem 2009 seinen Hauptsitz nach Berlin verlegen. Die unmittelbare Nähe des Dachverbandes zur Politik ist unabdingbar, nur vor Ort können Kontakte auf politischer Ebene geknüpft und ausgebaut werden.
Die Bedeutung Europas nimmt für unsere Branche immer mehr zu. Daher ist es eine unserer wichtigsten Aufgaben, die Interessen der Textil- und Modeindustrie direkt vor Ort in Brüssel zu thematisieren. Im Dezember 2006 wurden vorläufige Antidumpingzölle in Höhe von 29,5 Prozent für Polyestereinfuhren aus Taiwan sowie von 23 Prozent auf Einfuhren aus Malaysia verhängt. Die betroffenen Firmen hatten sich gemeinsam mit dem Gesamtverband textil+mode sowie dem Heimtextilienverband und dem Industrieverband Garne - Gewebe - technische Textilien in Brüssel zur Wehr gesetzt und die EU-Kommission überzeugt, das Verfahren einzustellen. Die Zusatzzölle wurden daraufhin Mitte des Jahres gestoppt und die bislang entrichteten Zahlungen zurückerstattet - ein voller Erfolg für die gesamte Branche.
Mit großer Zuversicht kann ich auch auf das vor uns liegende Jahr und einen außerordentlichen Event schauen. Die Textil- und Modeindustrie genießt bei jungen Menschen ein gutes Image. Vor allem in Gesprächen mit Studenten an Fachhochschulen und Universitäten für Textil- und Bekleidungstechnik, zeigte sich ein großes Interesse an textilen und mode-affinen Berufen. Um den Nachwuchs nachhaltig zu fördern und ihm den Einstieg in das Berufsleben zu erleichtern, loben wir gemeinsam mit starken Kooperationspartnern (der Kaufhof Warenhaus AG, dem Land Nordrhein-Westfalen und der Europäischen Union) erstmalig den Innovationspreis textil+mode aus - dies ist der einzige Preis, der von der gesamten Textil- und Modeindustrie unterstützt wird. Anders als bisher bekannte Preise der Branche deckt die Nachwuchsförderung des Dachverbandes alle Branchenzweige unserer Industrie durch die Kategorien Modedesign, Innovative (technische)Textilien, Textildesign, Visuelle Inszenierung ab. Der Dachverband und seine Partner bieten den Gewinnern nicht nur einen Barpreis von je 10.000 Euro, sondern zusätzlich ein Paket an individuell abgestimmten Förderbausteinen im Wert von je 40.000 Euro. Damit ist der Innovationspreis textil+mode die höchst dotierte Nachwuchsförderung der Branche in Deutschland. Neben einer nachhaltigen Forschung und beeindruckenden Innovationen trägt auch die Unterstützung junger Talente zur globalen Wettbewerbsfähigkeit der Textil- und Modeindustrie bei. Ich bin stolz darauf, dass wir hierbei einen beachtlichen Beitrag leisten.
aus
Haustex 01/08
(Wirtschaft)