Dr. Ulrich Leifeld, Geschäftsführer des Fachverbandes der Matratzen-Industrie e.V.
Hoffen auf bessere Margen
Dr. Ulrich Leifeld, Geschäftsführer des Fachverbandes Matratzen, zieht zum Jahresende ein eher in Moll gestimmtes Resümee für die Matratzenindustrie. In seinem nachfolgenden Statement erläutert Leifeld die aktuelle Marktsituation, äußert Wünsche seiner Verbandsmitglieder und gibt einen Ausblick ins kommende Jahr.
Entgegen unserer Hoffnung und dem allgemeinen Aufschwung in etlichen Wirtschaftsbereichen können wir auf dem Möbelsektor und insbesondere in der Matratzenbranche leider nicht von einem guten Jahr 2007 berichten. Wir befinden uns in Deutschland in einer sehr schwierigen Marktsituation. Der Einzelhandel ist in starken Verbänden organisiert, die es vielen produzierenden Unternehmen kaum ermöglichen, gestiegene Kosten in Form von Preissteigerungen weiter zu geben. Gleichzeitig aber ist bei den Einkaufspreisen vor allem für Schaum und Stahl ein starker Anstieg zu verzeichnen. Die Alternativen, die der Industrie bleiben, sind allgemein sehr beängstigend. Die Margen werden also kleiner, wenn bei gleich bleibender Qualität, aber steigenden Einkaufspreisen produziert werden muss. In vielen Unternehmen beobachten wir Kostenstrukturen, die es verwunderlich erscheinen lassen, zu welchen Konditionen Matratzen überhaupt verkauft werden können.
Eine Möglichkeit, der Kostenspirale zu entfliehen, ist die Senkung der Qualität. Diese Alternative kommt für die Mitglieder unseres Verbandes jedoch nicht in Frage, denn wir treten dafür ein, dem Endkunden die Matratzen nicht über den Preis, sondern über Qualitätsmerkmale zu verkaufen.
Unsere Zulieferer können wir nur bitten, die Konditionen nach Möglichkeit stabil zu halten und Preissteigerungen nur im denkbar kleinsten Maß weiter zu geben. An unsere Handelspartner appellieren wir, Einsicht zu zeigen, wenn wir nicht anders können, als die Preise moderat zu steigern. Wenn die Industrie zu lange dazuzahlt, dann kann sie auf Dauer nicht bestehen. An unserer Industrie hängen viele Arbeitskräfte, gute Produkte und viel Know-how. Für 2008 hoffen wir, dass sich die Relationen zwischen Einkaufs- und Verkaufspreisen auf ein vernünftiges Verhältnis einpendeln. Als Geschäftsführer eines Verbandes mit sehr unterschiedlichen Mitgliedern möchte ich nicht nachlassen, alle in der Branche zum Nachdenken und entsprechenden Handeln aufzufordern. Die Zulieferer bitte ich, wohl überlegt die Konditionen zu verändern. Den Handel bitte ich um die Einsicht, dass Qualität auch etwas kosten darf und muss. Vom Endkunden wünsche ich mir, dass er erkennt, dass der Preis nicht alleiniges Kaufkriterium ist und nicht Geiz, sondern Gut "geil" ist. Dreimal rot durchgestrichene Preise sollten zumindest skeptisch machen. Allen Produzenten von Bettsystemen wünsche ich den Mut und die Kraft, Preissteigerungen durchzusetzen. Am Kunden, an dem man nichts mehr verdient, kann letzten Endes auch kein Wettbewerber mehr verdienen.
Viele Endkunden sind regelrecht orientierungslos, wenn sie sich ein neues Bettsystem zulegen wollen. Fragen nach "der besten Matratze", "der besten Technologie" oder was denn überhaupt ein "Matratzenkern" sei, zeigen dies in erschreckender Weise. Hier müssen Industrie und Handel in Zukunft enger zusammen stehen und nach Kräften Anstrengungen unternehmen, um den Kunden mehr Produktkenntnisse zu vermitteln. Die Unkenntnis darüber, worauf beim Kauf einer Matratze zu achten ist, treibt manch erschreckende Blüte. So bat uns beispielsweise die Polizei einer ostdeutschen Großstadt um unsere Mithilfe. An Haustüren wurden vorzugsweise älteren Menschen mit miesesten Mitteln so genannte "Spezialmatratzen" verkauft. Der Preis war enorm und es stellte sich heraus, dass die verkauften Artikel entgegen der Versprechen keine individuell gefertigten Einzelstücke waren, sondern billigste Massenware, versehen mit zusätzlichem "Schnickschnack", der angeblich Strahlung abhält. Mit der Angst älterer Menschen zu spielen und Billigprodukte aus Drittländern zu überzogenen Preisen an Endkunden zu verkaufen, kann nicht im Interesse der seriösen Marktbeteiligten liegen.
Mittlerweile sind sogar Matratzen auf dem Markt, die in der Produktkommunikation damit werben, das Körperfett reduziere sich, wenn man darauf liege. Dazu werden angebliche Zitate von Wissenschaftlern angeführt. Befragt man diese hierzu, distanzieren sie sich sofort von ihren vermeintlichen Aussagen. Der Kunde muss wissen, was eine Matratze leistet und was sie nicht leisten kann. Auch die vielfältigen Heilversprechen sind vorsichtig zu bewerten. Grundsätzlich können wir feststellen, dass eine gute Matratze, die individuell zum Kunden passt, viel leistet, um Krankheitsbildern vorzubeugen. Wer gut schläft, lebt gesund. Wir sind als Branche keineswegs darauf angewiesen, mit falschen Versprechungen Kunden zu locken. Die Qualitätsprodukte unserer Mitgliedsunternehmen sprechen für sich.
Wir sind voran gegangen, die Herstellergarantien auf fünf Jahre zu vereinheitlichen. Einige Händler und andere Hersteller haben sich uns angeschlossen. Manches Mal verlängert der Handel die Garantiezeiten unserer Produkte jedoch noch einmal. Ein aufgeklärter Kunde sollte aber erkennen, dass der Lebenszyklus einer Matratze nicht zehn, fünfzehn oder fünfundzwanzig Jahre betragen kann. Zwei Faktoren entscheiden über die Haltbarkeit einer Matratze: die Stabilität und damit die Qualität des Kerns und die hygienischen Aspekte. Wir gehen davon aus, dass die Nutzungsdauer einer Matratze zwischen sieben und zehn Jahren liegen sollte.
Wir beobachten eine Entwicklung, die besorgniserregend ist. Billigmatratzen verkaufen sich über den Preis, hochwertige Produkte über die Qualität. Das Mittelfeld bricht sukzessive weg. Matratzen im mittleren Preis- und Qualitätsbereich sind zunehmend schwierig zu verkaufen. Noch immer setzen viele Endkunden auf Schaum. Viskoselastische Matratzen und Kaltschaummatratzen verkaufen sich relativ gut. Im Federkernbereich gibt es unverständlicherweise Rückläufe. Vielleicht wurde es in der Vergangenheit verpasst, vor allem die guten Eigenschaften hochwertiger Taschenfederkerne plausibel zu kommunizieren. Bedenklich ist auch der Rückgang der Latexmatratzen, der ebenfalls unverständlich bleibt. Unsere Ziele: Aufklärung des Endkunden in den Medien, gute Produkte, wenig Chemie, klare Kommunikation.
2006 haben wir zum ersten Mal gezielt Kontakte zur Endkundenpresse gesucht und festgestellt, dass das Thema "Schlafen" und hierbei insbesondere die "Matratze" immer noch eher als ein Randthema betrachtet wird. Bei Medienbeobachtungen haben wir festgestellt, dass manche Themen und Inhalte immer wiederkehren. Härtegrade einer Matratze werden als Orientierungsmerkmal empfohlen, die Technologien werden unzureichend und schlecht beschrieben und manch verallgemeinernde und falsche Empfehlungen wie zum Beispiel "hart schläft man am Besten" lassen sich nur schwer aus den Medien verbannen. Uns ist es gelungen, in unterschiedlichen Tageszeitungen "bessere" Artikel zu platzieren oder auch die Online-Redaktion eines neuen Wissensmagazins im ZDF mit sachgerechten Informationen zu versorgen.
Hierauf möchten wir auch in Zukunft einen Schwerpunkt setzen: Der Kunde soll über die Medien erfahren, welche Produkte mit unterschiedlichen Eigenschaften die Matratzen-Industrie produziert. Auch die so genannten "kleinen Messen" helfen uns, den Konsumenten besser kennen zu lernen. Auf der "Schlaf Gut" in München im November letzten Jahres wurde deutlich, dass ein enormer Beratungsbedarf besteht. Wir als Hersteller wollen unsere Partner im Handel unterstützen und nicht müde werden, mit unsinnigen Theorien aufzuräumen.
Für uns ist die bevorstehende imm Cologne wieder eine gute Gelegenheit, mit den Partnern aus der Matratzenbranche in Kontakt zu treten und uns gegenseitig auszutauschen. Unsere Hersteller präsentieren ihre Produktinnovationen, und am Messedienstag ab 18 Uhr feiern wir wieder gemeinsam. Dieses Mal richten wir die "meet@sleep" gemeinsam mit den Ausstellern der "World of Dreams" aus: Bettsysteme und Schlafmöbel gehören zusammen. Vom Verband aus möchten wir eines zeigen: Auch wenn sich die Schlafzimmer in ihrem Design und Ambiente äußerlich bisweilen sogar stark unterscheiden, so sind sie in ihrer Funktion doch gleich. Sie dienen der Erholung und Entspannung. Die richtige Matratze ist dafür ein zentrales und unverzichtbares Möbelstück. Es muss individuell auf die jeweiligen Schlafgewohnheiten abgestimmt sein, um guten Schlaf zu ermöglichen.
Wir möchten gerne auch dazu beitragen, dass die Schulungen im Bereich "Schlafen/Matratze/Bettsystem" noch besser werden. Unsere Mitgliedsfirmen schulen den Handel, verständlicherweise in erster Linie produktbezogen. Von generellem Interesse muss es aber auch sein, die Verkäufer in einer übergeordneten Weise zu qualifizieren. Es geht darum, Kontexte und produktübergreifende Zusammenhänge in Bezug auf den Schlaf zu erkennen und den Kunden so erfolgreich und gezielt zu seinen Bedürfnissen befragen zu können, dass dem Kunden aus den für ihn passenden Systemen eine Auswahl geboten werden kann. Es ist einfach, Produkte über den Preis zu verkaufen, aber unsere Gesundheit kann sich billig oftmals nicht leisten. Diese Erkenntnis erreicht den Kunden nur über kompetente Handelspartner. Wir als Industrie setzen darauf, dass der Kunde die Qualität einer guten Beratung erkennt und auch bereit ist, hierfür etwas zu zahlen.
aus
Haustex 01/08
(Wirtschaft)