Kirchhoff Bettwaren
Massekredit nach Insolvenzantrag gewährt
Für die Kirchhoff GmbH & Co. KG in Lüdinghausen wurde durch den Geschäftsführer Heinrich von Tiedemann am 15. Januar Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens gestellt. Zum vorläufigen Insolvenzverwalter ist der Münsteraner Anwalt Michael Mönig berufen worden. Stephan Aßmann, seit 1. Januar dieses Jahres neuer Geschäftsführer des Unternehmens, erklärte gegenüber Haustex, dass man mit Hochdruck an einer Auffanglösung arbeite.
Laut Aßmann hat der Insolvenzverwalter als Ziel eine übertragende Sanierung ausgegeben. Mit der Gewährung eines Massekredits sei man diesem Ziel einen großen Schritt entgegen gekommen. An dem Zustandekommen des Kredits waren auch potenzielle Investoren beteiligt, die mit notwendigen Sicherheiten aufwarteten. "Mit der Genehmigung des Massekredits sind Produktion und Auslieferung gesichert", so Assmann.
Auf der Heimtextil in Frankfurt war auf dem Firmenstand von der dramatischen Lage noch nichts zu spüren. Aßmann und sein Vertriebsleiter Ralph Leibiger sprachen zwar davon, dass das Unternehmen ein schwieriges Jahr hinter sich habe, zeigten sich im Hinblick auf das neue Jahr aber durchaus zuversichtlich. Man setzte auf eine weiter positive Entwicklung der Bettwaren-Lizenz von Joop und hatte das in der Vergangenheit bewährte Programm Satina wieder aufgenommen. Während der Kölner Möbelmesse, auf der das Unternehmen auch ausstellte, kam dann die Nachricht des Insolvenzantrags. Noch in Köln erklärte Aßmann, dass er in Kontakt mit einem potenziellen Investor stehe, um das Unternehmen und den Standort Lüdinghausen zu retten. Insofern kann die schwierige Situation für ihn nicht ganz überraschend eingetreten sein.
Die 1928 gegründete Firma produzierte von Anfang an Steppdecken von hoher Qualität mit individuellen Steppmustern. Anfang der 70er Jahre wurden als Highlight Steppbetten mit Edelhaarfüllungen wie Cashmere, Kamelhaar oder Seide eingeführt. Das war zu diesem Zeitpunkt etwas Einzigartiges, da bislang nur synthetische, Daunen- oder Wolldecken auf dem Markt bekannt waren.
Bekannt ist das Unternehmen auch durch das Nackenstützkissen Pro-Pil-O. 1985 wurde das Patent an dem Kissen erworben. Dadurch konnte es am europäischen und asiatischen Markt eingeführt werden und wurde im Laufe der Zeit mit anderen Modellen ergänzt. Anfang der 90er Jahre wurde das Hyspring-Verfahren entwickelt, welches die Bauschkraft der Edelhaarfasern auf natürlichem Wege um ein vielfaches steigerte. Diese Innovation gab dem Marktsegment Edelhaar-Steppbetten einen weiteren Schub.
Aufgrund des immer größer werden Auftragsvolumens, so heißt es, wurde das Betriebsgelände in Münster zu klein und die Geschäftsführer entschlossen sich, den Firmensitz 2002 nach Lüdinghausen zu verlagern, um durch eine günstige Verkehrsanbindung und den Bau einer weiteren Halle die Produktionskapazität deutlich zu erhöhen. Durch die Hinzunahme von Füllungen wie Synthetik und Daune sowie durch die Kombination mit Klima regulierenden Vliesen wie Comfortemp wurde die Produktpalette weiter vervollständigt und deckt seitdem nahezu alle Bereiche ab.
Kirchhoff Bettwaren hatte sich in den letzten Jahren dann neu aufgestellt. Mitte 2006 änderte sich die Eigentümerstruktur bei Kirchhoff. Der Geschäftsführende Gesellschafter Tobias Kirchhoff übernahm im Wege eines Management-Buy-Outs gemeinsam mit Walter Schäfer, Robert Busch und dem Finanzpartner Lehel Partners in München die gesamten Gesellschafteranteile. Die Anteile, so Tobias Kirchhoff damals, seien "in etwa gleich verteilt". Damals hieß es, dass Kirchhoff als das am stärksten wachsende Bettwarenunternehmen der letzten Jahre weiteres Management-Know-how und zusätzliches Kapital ins Unternehmen holen wolle. Als Aufgaben des neuen Managements nannte Kirchhoff unter anderem die Optimierung der betrieblichen Strukturen und die Senkung der Kosten sowie die Optimierung der Wertschöpfungskette. Das lässt zumindest vermuten, dass die neue Produktion in Lüdinghausen gewisse Probleme bereitete.
Auf der folgenden Heimtextil vor einem Jahr wurde dann eine neue Firmenstruktur bekannt gegeben. Als Dachorganisation fungiert seitdem die Esdee-Holding in München, wo auch Lehel Partners seinen Sitz hat. Kirchhoff ist die Beteiligungsgesellschaft von Esdee. Bei Esdee wiederum wurde laut Handelsregistereintrag Heinrich von Tiedemann im Mai zum Geschäftsführer bestellt. Walter Schäfer schied zum 12. Juli aus der Gesellschaft aus und Tobias Kirchhoff am 29. November dieses Jahres. Bei Kirchhoff wurde ein Trauerfall in der Familie als Grund dafür angegeben, dass er sich aus dem operativen Geschäft zurückzieht. Das Stammkapital von Esdee wurde am 16. Januar 2008 um 10.700 Euro erhöht und beläuft sich jetzt auf 35.700 Euro. Der Insolvenzantrag im Januar ist das vorerst letzte Kapitel in der Firmengeschichte.
aus
Haustex 02/08
(Wirtschaft)