Holz für feine Fasern
Lenzing Weltmarktführer bei Cellulosefasern
Lenzing, Weltmarktführer in der Herstellung von Cellulosefasern, wird den Marktplatz Heimtextil vor allem dazu nutzen, Anwendungsgebiete und Verkaufspackages für seine Markenfasern Lyocell und Modal darzustellen. Bett und Bad stehen dabei als starkes Thema im Vordergrund. Hier gibt es auch interessante neue Produktentwicklungen, die in Kooperation mit der Textilindustrie entstanden sind. BTH Heimtex-Redakteurin Marianne Nehm hat den Stammsitz im oberösterreichischen Lenzing besucht.
Es ist nicht zu übersehen, aus welchem Material bei Lenzing Fasern entstehen: Ein riesiger Holzlagerplatz fasst den Rohstoff für rund zwei Wochen Produktion und ein Hinweisschild in der "Hauptstraße" des Firmengeländes weist auf das Ende der Produktionskette: eine Tagesproduktion von 542 Tonnen Fasern. In Ballen verpackt werden sie zum kleineren Teil mit der Bahn und zum größeren im regen Lkw-Verkehr auf den Weg zu Spinnereien und anderen weiterverarbeitenden Betrieben gebracht. Viscose-, Modal- und Lyocellfasern aus dem nachwachsenden Rohstoff Holz finden ihren Einsatz primär in der Textilindustrie, für Heim- und Haustextilien und Bekleidung. Spezialfasern gibt es für Hygiene-, Kosmetik- und medizinische Artikel sowie auf dem technischen Sektor. Als "Nonwovens" werden diese Produkte bezeichnet, die aus Fasern auf direktem Weg ohne Zwischenschnitte zu Flächengebilden verarbeitet werden - im Haustextilienbereich sind dies zum Beispiel Füllstoffe für Bettdecken.
"Keiner der Mitbewerber im Viscosebereich hat diese Power", erklärt Dieter Eichinger, Marketing Manager Textile Fibres selbstbewusst, "wir sind Technologieführer am Markt". 2% des Umsatzes, gleich 13 Mio.EUR, werden für Forschung aufgewendet und eine Summe in ähnlicher Größenordnung für Service. Beständig werden weitere Einsatzgebiete gesucht; zweimal im Jahr werden Produktentwicklungen gezeigt, die in Zusammenarbeit mit der Industrie entstanden sind, neue Optiken, Wirkungen und Techniken. So existiert bereits seit einiger Zeit ein Teppich-Prototyp aus einer speziellen Faser, Lyocell mit kleiner Beimischung. Dieses Tuftingprodukt wäre für den Wohnbereich geeignet, ist komfortabel, antiallergisch, mottenbeständig, antistatisch.
Eine gemeinsame Produktentwicklung von Lenzing mit Cargill Dow wird auf der Heimtextil vorgestellt: "Ingeo" ist ein Polylaktat (aus Mais), eine "natürliche Polyesterfaser", die nicht bei Lenzing gefertigt wird. Mischungen aus Lyocell mit anderen Materialien sind für die Bettwarenindustrie ein interessantes Thema. Zum einen erfahren die Produkte durch die positiven Lyocell-Eigenschaften wie Weichheit und Pflegeleichtigkeit eine Aufwertung, erklärt Eichinger, zum anderen könne der Preis im Rahmen gehalten werden. Das österreichische Unternehmen Garanta wird eine neue Steppdecke aus Lyocell und Daunen produzieren, Schlafen & Krämer eine Decke aus 80% Lyocell und 20% Kapok. Bei den Frottierwaren wird es Neues aus Modalfasern geben, die sich wegen ihrer flauschigen Struktur besonders gut für dieses Segment eignen. "Die Nachfrage nach Modal explodiert geradezu", hat man bei Lenzing beobachtet.
Was sind die positiven Eigenschaften von Lyocell? Die jüngste Entwicklung aus dem Haus Lenzing ist eine "Faser des 21. Jahrhunderts", wie sie Advertising Manager Christina Kreuzwieser bezeichnet. Sie biete vielfältige neue Einsatzmöglichkeiten, speziell bei der Entwicklung innovativer Griff- und Optikvarianten, sei hautfreundlich "wie Seide", atmungsaktiv, pflegeleicht und verfüge über optimales Feuchtigkeitsmanagement.
Im Haustextilienbereich kommt die Faser für Bettwäsche, Matratzenoberstoffe, Inlett-Gewebe und Füllungen zum Einsatz. Das Institut Hohenstein hat mehrfach getestet und beispielsweise einer extrem dünnen und leichten Steppdecke aus Lyocell-Vliesen weit bessere Wärmewerte bescheinigt als herkömmlichen Decken aus Wolle, Daune und Polyester, jeweils in der Baumwollhülle. Ähnlich sieht es bei Feuchtigkeitsaufnahme und -transport aus. Hohe Luftfeuchtigkeit im Bett, Dampfstau, kann zu unruhigem Schlaf führen und bildet außerdem die Lebensgrundlage von Mikroorganismen. Nach den Hohenstein-Tests entfalle dies. Dazu käme die "verblüffend einfache" Verarbeitung, welche die Produktionskosten dieser patentierten Decke extrem gesenkt hätten.
Einen weiteren Pluspunkt der Lyocell-Produktion sieht Lenzing im geringen Chemie- und Rohstoffeinsatz. "Auf Nachhaltigkeit legen wir bei Lenzing größten Wert", erläutert Unternehmenssprecherin Angelika Guldt. Auf drei Ebenen soll sich dieser Begriff weiterziehen - Umwelt, im sozialen und im wirtschaftlichen Bereich. Zur Zeit wird eine Broschüre zum Thema Lyocell und Nachhaltigkeit erarbeitet, welche die Kompetenz ("Wir sind am Produktionsstandort für Lyocell Weltführer in Sachen Umwelt") herausstellen soll. Unter den Preisen, die Lenzing für seine innovativen Produkte in den vergangenen Jahren einsammeln konnte, ist das von der EU-Umweltkommission vergebene europäische Umweltzeichen "The European Eco-Label" ein Höhepunkt. Ganz aktuell jetzt der "Panda Award" für Lenzing, verliehen vom WWF.
Lyocell wird nicht am Stammsitz in Lenzing, sondern in Heiligenkreuz im Burgenland produziert. Das Werk wurde 1997 in Betrieb genommen und hat eine jährliche Produktionskapazität von 20.000 Tonnen. Nach einem Unfall musste die Produktion unterbrochen werden. Sie ist inzwischen wieder aufgenommen worden und soll durch den Ausbau einer zweiten Produktionslinie bis Ende des Jahres sogar auf jährlich 40.000 Tonnen erhöht werden.
Naomi hat ausgeträumt. "Nature?yes." war der Slogan des Supermodels Campbell, fotografiert mit seidenglatter Haut und samtweichem Blick, und er hat drei Jahre lang sehr sinnlich Lyocell, Modal und Viscose, die ganze Welt der Lenzing-Zellstofffasern, werblich begleitet. "Das war eine eher emotional ausgerichtete Kampagne und hatte in dieser Zeit seine Berechtigung und auch seinen Erfolg", meint Christina Kreuzwieser, "künftig wollen wir verstärkt auf Verbraucherinformation setzen." Bei den Betten finden sich nun eine schwebende Schlafende und wissenschaftliche Argumentation auf Broschüren, Etiketten und Point of Sale-Materialien wie Displays, Poster, Animationsetiketten auf CD oder Schaufensterdekorationen. Eine neue Ausgabe der Home-Mailbox wird auf der Heimtextil wieder über Lenzing-Neuheiten berichten und wer sich über Produzenten informieren möchte, die Lenzing-Fasern im Programm haben, kann sich bei www.referenzen.lenzing.com einklicken. Vorträge und Verkäuferschulungen für den Handel können individuell vereinbart werden, auch in Zusammenarbeit mit Herstellern.
Für 2003 rechnet Lenzing mit einem Umsatzrückgang von 3%. Im ersten Halbjahr hatte der Umsatz von 311 auf 301,4 Mio. EUR nachgegeben, dennoch konnte das EBITDA (Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibung) mit 57,9 Mio. Euro fast auf dem Niveau des ersten Halbjahres 2002 gehalten werden. Das operative Ergebnis fiel mit 36,1 Mio. EUR (39,5) allerdings etwas zurück.
"Wir sind heuer wieder gut unterwegs," meint Angelika Guldt, "das ist angesichts der verschlechterten Rahmenbedingungen ein gutes Ergebnis". Auch der Produktionsausfall in Heiligenkreuz würde kaum zu Buche schlagen. Schließlich war das Geschäftsjahr 2002 für die Aktiengesellschaft Lenzing das beste Jahr der Unternehmensgeschichte. Alle Ertrags-, Bilanz- und Liquiditätskennzahlen konnten deutlich verbessert werden. 73% des Gesamtumsatzes von 625,6 Mio. Euro gingen auf das Kerngeschäft Fasern zurück, "hier stimmt die Strategie, unsere Fasern sind gut nachgefragt". Im Hinblick auf die künftige Entwicklung spüre man "einen Trend zur Wiederbelebung".
Internationale Beteiligungsgesellschaften gibt es in Indonesien und in den USA. In diesen Tagen wird ein Vertriebsbüro in Shanghai eröffnet. "China ist sehr an hochwertigen Fasern interessiert".
aus
BTH Heimtex 01/04
(Wirtschaft)