Thema Berufsbekleidung: Interview mit Michael Stiegert, Geschäftsführer Blkläder Deutschland

"In spätestens 10 Jahren soll kein Bodenleger mehr mit einer Jeans zur Arbeit gehen"

Da immer noch viele Handwerker keinerlei Berufsbekleidung tragen, sieht der schwedische Berufsbekleidungshersteller Blkläder in Deutschland einen enormen Nachholbedarf. Dies hat auch Fußbodentechnik-Händler Frank Bieletzki erkannt, der die Blkläder-Produkte exklusiv über sein Unternehmen Rolf Westermann vertreibt. FussbodenTechnik sprach mit Michael Stiegert, Geschäftsführer Blkläder Deutschland über die Bedeutung von Berufsbekleidung.

FussbodenTechnik: Herr Stiegert, warum sollen Bodenleger überhaupt Berufsbekleidung tragen?

Michael Stiegert: Man muss sich das mal vorstellen: Ein Handwerker arbeitet in der Regel 8 bis 10 Stunden am Tag und hat dabei nicht die passende Kleidung an. Eigentlich braucht er ein Höchstmaß an Komfort, Passform und Qualität, um vernünftig arbeiten zu können. Außerdem muss die Berufsbekleidung robust, widerstandsfähig und gut zu waschen sein. Für die Zielgruppe Bodenleger ist es wichtig zu vermitteln, dass gerade die Berufsbekleidung ein Mittel ist, die Qualität der Arbeit nach außen darzustellen.

FT: Lautet Ihr Konzept denn eher Verdrängungswettbewerb von anderen Anbietern oder sprechen Sie Berufsbekleidungsverweigerer an?

Stiegert: Wir wollen gar nicht so sehr auf den Wettbewerb schauen. Wir schauen vielmehr auf alle Leute, die überhaupt noch keine Arbeitskleidung tragen. Neben den genannten Aspekten stehen natürlich auch Arbeitssicherheit und Arbeitsschutz im Fokus.

FT: Geben Sie doch mal ein Beispiel. Welche Vorteile hat denn die Blkläder-Bodenlegerhose?

Stiegert: Wir haben uns Komfort, Belastbarkeit und Robustheit auf die Fahne geschrieben. Das bedeutet auch, dass wir eine lebenslange Nahtgarantie gewähren. Im Handwerksbereich arbeiten wir mit Dreifachnähten. Auf Messen fordern wir besonders kräftige Besucher auf, eine Hose zu zerreißen. Bis jetzt ist es noch niemandem gelungen.

FT: Für den Bodenleger ist ja auch das Thema Knieschutz wichtig. Wie funktioniert das?

Stiegert: Das Thema Kniepolster ist natürlich ein spannendes Feld. Beim Bodenleger geht die Hose logischerweise an den Knien am schnellsten kaputt. Wir haben verschiedene Möglichkeiten, den Kniebereich zu schützen. Standardmäßig nähen wir auf alle Bodenlegerhosen eine flache Cordura-Kniepolstertasche auf. Cordura ist ein besonders abriebfestes Material, das eine bis zu siebenmal höhere Lebensdauer als ein normales Mischgewebe hat. Für Handwerker, die gelegentlich auf den Knien arbeiten, reicht das aus. Für Verleger, die ständig auf den Knien arbeiten, gibt es spezielle Gel-Kniepolster - so wie man es aus dem hochwertigen Sportschuhbereich kennt. Leider beobachten wir besonders bei jungen Leuten, dass es als ziemlich uncool gilt, mit Knieschutz zu arbeiten. Wenn Sie mal mit einem Bodenleger über 40 sprechen, dann hat der meistens schon die ersten Kuren und Betriebsausfallzeiten wegen der Knie hinter sich. Darum ist es wichtig, dass wir dieses Thema transportieren.

FT: Wenn man Ihren Katalog sieht, ist der sehr jugendlich gemacht. Richten Sie sich speziell an jüngere Handwerker?

Stiegert: Wir starten natürlich bei den Berufseinsteigern, weil da auch langfristig die Zukunft liegt. Der deutsche Handwerker trägt seine Latzhose. Der Bodenleger ist allerdings schon immer etwas spezieller gewesen und sehr viel aufgeschlossener dem Thema gegenüber. Und: Der Bodenleger ist mit Sicherheit derjenige, der seine Hose besonders strapaziert. Von daher ist er genau unsere Zielgruppe.

FT: Ich habe den Eindruck, dass Sie mit Ihrer Kleidung mit einem Auge Richtung Mode schielen, so wie es beispielsweise der Marke "Caterpillar" gelungen ist. Wäre es nicht denkbar, dass sich neben der Berufsbekleidung eine zweite Säule entwickelt?

Stiegert: Wir sind auf dem Weg, immer mehr Fashion (Mode) in die Berufsbekleidung zu implementieren. Wir werden aber nie eine Fashion-Marke sein, und das aus gutem Grund. Der Unterschied zwischen Mode und Berufsbekleidung liegt in der Konstanz der Artikel. Wenn Sie Fashion machen, dann sind Sie gezwungen, 3 oder 4 Kollektionen im Jahr zu machen. Das ist nicht das, was unsere Zielgruppe braucht. Unsere Zielgruppe muss sich darauf verlassen können, wenn sie in 5Jahren wieder Mitarbeiter mit einer Hose ausstatten, dann muss die Hose noch so aussehen. Trotzdem werden in die Hosen ständig kleine Verbesserungen eingebaut. Zum Vergleich mit Caterpillar: Wer von unserer Bodenlegerhose begeistert ist, der möchte vielleicht auch ein Cap, Schuhe oder ein Kapuzen-Sweatshirt haben. Und das gibt es mittlerweile - vom hochwertigen Arbeitsschuh bis zur Mütze bieten wir alles an.

FT: Haben Sie eine Vorstellung wie viel Prozent der Bodenleger Berufsbekleidung tragen?

Stiegert: Nein, das Thema Berufsbekleidung ist ein sehr, sehr weites Feld. Da kann man leider keine verlässlichen Zahlen greifen.

FT: Aber sie müssen doch eine ungefähre Vermutung haben, ob 20 oder eher 50% Berufsbekleidung tragen.

Stiegert: Meine subjektive Einschätzung ist: 40% tragen Berufsbekleidung, 60% nicht. Das ist allerdings auch regional sehr unterschiedlich. In Süddeutschland wird wesentlich mehr Berufsbekleidung getragen als in Norddeutschland. Und kleinere Betriebe haben eine deutlich schlechtere Quote als größere.

FT: Blkläder legt ja auch Wert auf eine gute Passform. Wie groß ist die Vielfalt bei den Kollektionsgrößen?

Stiegert: Die richtige Größe ist ein ganz entscheidendes Thema. Wenn Sie nur die normalen Konfektionsgrößen von 44 aufsteigend führen, dann passt die Hose nur einem Drittel der Handwerker. Für uns ist es zwingend notwendig, dass wir die Bodenlegerhosen in allen Größen anbieten. Der Größenspiegel bei den normalen Größen geht von 44 bis 62, bei den schlanken Größen von 94 bis 114 (teilweise bis 118) und im untersetzten Bereich von 21 bis 31. Damit decken wir alles ab. Das ist auch wichtig, damit die Kniepolster an der richtigen Stelle sitzen.

FT: Wie viele Ausstattungen sollte man eigentlich haben?

Stiegert: Bei Jacken sprechen wir immer von zwei, eine leichte und eine Winterjacke. Bei den Hosen empfehlen wir drei pro Mann. Eine am Hintern, eine im Schrank und eine in der Wäsche. Wenn man einen Trockner hat, reichen vielleicht auch zwei.

FT: Gibt es eigentlich Berufsgenossenschaften oder Verbände, die sich für Kniepolster aussprechen?

Stiegert: Das ist ein Thema, das Sie gerne publik machen dürfen. Normalerweise ist der Arbeitgeber verpflichtet, in gefährlichen Arbeitsbereichen die Arbeitskleidung zu stellen. Das ist den meisten Leuten nur nicht bewusst. Der Arbeitgeber hat eine Sorgfaltspflicht, die er verletzt, wenn er keine entsprechende Schutzkleidung stellt. Das ist ein bislang vernachlässigtes Thema.

FT: Wo gehen denn die Trends beim Thema Berufsbekleidung hin?

Stiegert: Die Textilindustrie ist dermaßen in Aufbruchsstimmung. Da gibt es Nanotechnologie oder Chips in Jacken. Die Kabelkanäle für I-Pod, Discman und Handy sind bereits Standard. Da haben wir noch einen ganz großen Schub vor uns, auch in der Arbeitswelt. Aus dem Sport haben sich jetzt schon viele Dinge etabliert wie z.B. atmungsaktive Stoffe, Windstopper-Funktionen oder Funktionsunterwäsche.

FT: Nicht selbstverständlich ist auch, dass Sie eine eigene Damen-Kollektion anbieten.

Stiegert: Frauen erlernen ja immer häufiger klassische Männerberufe im Handwerk und darauf haben wir mit einer kompletten Damen-Kollektion reagiert. Ein ganz wichtiger Bestandteil ist auch die Handwerker-Hose für Damen. Die haben bisher überhaupt keine Chance gehabt, eine Hose mit richtigem Schnitt und Passform zu tragen. Das setzt sich natürlich auch bei anderen Artikeln fort. Wir gehen davon aus, dass sich Handwerkerinnen darin deutlich wohler fühlen.

FT: Was sind die Ziele von Blkläder? Wo wollen Sie in 5 oder 10 Jahren sein?

Stiegert: Das kann ich ganz genau auf den Punkt bringen: Ich möchte, dass in 10 Jahren kein Bodenleger mehr mit der Jeans zur Arbeit geht.


Wer ist Blkläder?

Blkläder ist ein schwedisches Unternehmen, das seit 1959 funktionelle Berufsbekleidung fertigt und in ganz Europa und den USA aktiv ist. Gegründet wurde das Familienunternehmen in Sveneljunga, rund 90 km von Göteborg entfernt. Bei Blkläder gibt es 400 Mitarbeiter, davon 19 in Deutschland. Hinzu kommen 3.500 Näherinnen in den angeschlossenen Produktionswerken in Sri Lanka und Vietnam. Der Name Blkläder sorgt meist schnell für Gesprächsstoff. "Bla" heißt Blau und "Kläder" bedeutet Kleider. Im Original schreibt sich Blkläder mit einem typisch schwedischen "Kringel" auf dem ersten "A" und spricht sich wie "Blokläder". In schwedischen Fernsehspots und in deutscher Kinowerbung wird mit der Aussprache gespielt. Michael Stiegert, Blkläder-Geschäftsführer Deutschland: "Die Leute setzen sich schon wegen der Aussprache unseres Namens mit der Marke auseinander und so bleiben wir im Bewusstsein." Originelle Trend-Artikel wie beispielsweise ein Arbeitskilt als Lifestyleprodukt sorgen zusätzlich für Gesprächsstoff. Davon wurden schon 4.000 Stück verkauft. Es gibt sogar eine Anfrage von einem Heavy Metall-Festival in Wacken, die Kilts zu vermarkten.

Weitere Informationen: www.blaklader.com
aus FussbodenTechnik 01/08 (Wirtschaft)