Domotex Asia / Chinafloor 2008

Ist der chinesische Laminatbodenmarkt für Europäer überhaupt noch interessant?

In China Laminatboden aus europäischer Produktion verkaufen zu wollen, ist etwas für Optimisten. Zu billig und zu zahlreich ist die nationale Konkurrenz. Die heimischen Produktionskapazitäten sollen mittlerweile eine Größenordnung von 340 Mio. qm erreicht haben, die Produktion wird auf 220 Mio. qm geschätzt - also ein deutliches Überangebot -, von denen 120 Mio. qm im Inland verbleiben. Die europäischen Importe sind in den letzten Jahren immer weiter geschrumpft und beliefen sich 2007 nach Zahlen des Verbandes der Europäischen Laminatbodenhersteller nur noch auf 8 Mio. qm. Aus Shanghai berichtet Henrik Stoldt

Umgerechnet 2,30 EUR/qm kostet ein AC 2 Laminatboden des chinesischen Herstellers Jiang Su KLD. Diese Billigstpreise haben das einst lukrative Asien-Geschäft für europäische Anbieter stark eingeschränkt. Nur noch im ganz oberen Bereich ist für sie Potenzial vorhanden, doch der Kundenkreis dort ist begrenzt. Es sind gutverdienende Chinesen, die sich mit europäischer Qualität und Marke schmücken wollen.

"Unser erfolgreichstes Verkaufsargument lautet Swiss made", erklärt denn auch Oliver Barth, Export Manager bei Kronoswiss. Das Unternehmen ist nach eigener Einschätzung größter ausländischer Laminatbodenimporteur in China. Zusammen mit Unilin (Quick-Step), Hamberger und Berry Floor/Alloc bildete es die kleine Gruppe, die auf der Domotex Asia die Fahne der europäischen Laminatindustrie hochhielt.

Balterio war nur über Mutter Balta präsent, Tarkett legte den Focus auf seine elastischen Beläge und die anderen europäischen Hersteller, die noch in Asien vermarkten, verzichteten aus Kostengründen auf eine Messeteilnahme. Neukunden glauben sie nicht gewinnen zu können und bestehende Kontakte werden auf anderer Ebene gepflegt.

Kronotex beliefert Distributoren, die in China, Hongkong, Thailand, Korea, Vietnam, Philippinen, Taiwan und Malaysia aktiv sind. Classen macht in China wenig, dafür in anderen Regionen Südostasiens "nette, unproblematische Geschäfte" und sieht vor allem im indischen Projektmarkt gute Aussichten. Die Meister Werke betrachten Indien, Israel, und Südkorea als wachstumsrelevante Märkte und arbeiten in Asien mit Importeuren und teils mit Exklusivpartnern. Faus hat den chinesischen Herstellern Power Dekor und Elegant Living unlängst die Lizenz für porensynchrone Strukturoberflächen gewährt und mit seiner chinesischen Tochter Faus Shanghai in gleicher Sache ein Patentverfahren gegen die Hangzhou Singular Group gewonnen. Parador ist vor allem in Südkorea präsent und versorgt Kunden nach Bedarf mit Laminat und Parkett für das dortige Objektgeschäft. Für HDM ist das Asiengeschäft fast zum Erliegen gekommen, allein Indien und Vietnam sind noch mit ein paar Containern im Jahr dabei. BHK hat sein Asien-Vertriebsbüro aufgelöst und liefert etwa einen Container pro Monat an einen Altkunden in Hongkong - vor Jahren waren es noch 100 Container im Jahr. Egger vertreibt weniger als 1 Mio. qm über einige große Importeure in China und Indien, sieht aber langfristig in China keinen strategischen Markt. Witex verzichtet ganz auf Geschäfte in Asien.

Ein Vorteil der Europäer ist der Entwicklungsvorsprung im Design - und die Bereitschaft, darin zu investieren. Der hält allerdings nur etwa sechs Monate, bis die Chinesen mit Kopien folgen. Die Strategie kann also folglich nur lauten, sich mit technisch ausgefeilten, innovativen Produkten, die nicht sogleich oder nur mit hohem finanziellem Aufwand nachzumachen sind, von den Trittbrettfahrern abzusetzen.

Der chinesische Verbrauchergeschmack bei Laminat variiert in den verschiedenen Regionen des großen Reiches. Während um Peking im nördlichen Raum ein eher traditioneller, einheimischer Stil gefragt ist, hat sich in südlichen Küstenregionen wie Shanghai ein Mix mit westlich importierten Trends etabliert. 3-Stab Designs gelten als Billigware. Wer oben mitspielen will, bietet großformatige Dekore wie Landhausdielen und 2-Stab Muster an. "Chinesen gehen im High-End-Bereich zu 80 % auf den Dielen-Look", sagt Lu Ke, Geschäftsführer und Mitinhaber des chinesischen Kronoswiss-Joint-Ventures.

Das bestätigen auch Unilin und Tarkett. Einig sind sie zudem in der Zielgruppe. Rund 70 % der Laminatböden sprechen den Endverbraucher an, der Rest geht ins Objekt. Im Vergleich zu importierten textilen und elastischen Bodenbelägen ist Laminat also klar mehr auf den Konsumenten und das private Wohnen ausgerichtet.

Eiche und Exotendekore

Was den farblichen Trend betrifft, sind die wenig verblieben europäischen Laminatimporteure überraschenderweise recht gegensätzlicher Ansicht. Während Kronoswiss aktuell dunklere Hölzer wie Eiche und Wenge im Trend sieht und eine aufkeimende Nachfrage nach sehr hellen Oberflächen wie geweißter Pinie prognostiziert und auch Hamberger diese Einschätzung teilt, hat Unilin ganz andere Erfahrungen gemacht: "Wir verkaufen nicht einen einzigen Quadratmeter hellen Laminatboden in Asien", erklärt Paul Vandenbroecke, Verkaufsdirektor Asien. "Gewünscht ist vielmehr Eiche in allen Variationen." In der Tat stehen unter den fünf gefragtesten Quick-Step-Dekoren drei Eichefarben an vorderster Stelle. Dann folgen zwei Exoten und wieder andere Eiche-Varianten.

Um westlichen Laminatboden im chinesischen Markt zu positionieren, sind für Kronoswiss Baumärkte ein wesentlicher Transporteur. Im chinesischen Baumarkt herrscht das Flohmarkt-Prinzip: Laminatbodenhersteller bezahlen ihre Stellfläche für die Warenpräsentation, je nach Budget mehr oder weniger laufende Meter. Hier errichten sie ihren Shop oder ihr Display. Auch der Verkäufer wird vom Hersteller mitgebracht. Er arbeitet zum größten Teil auf Provisionsbasis. So reihen sich auf 50 Meter langen Strecken, die bei Großflächenanbietern wie B&Q keine Seltenheit sind, Laminatböden an Laminatböden. Der Endverbraucher wandelt an diesem riesigen Angebot vorbei, lässt sich von den Vertretern der Hersteller beraten und sucht seinen Wunschboden aus. Geliefert wird ein fertiges Paket mit Fußboden, Leisten und Verlegung. Der Preis für die Installation liegt bei 50 bis 60 Cent pro Quadratmeter. Den Heimwerker europäischer Art gibt es in China und Asien nicht. Deshalb ist statt DIY (Do-it-yourself, Mach-es-selber) auch BIY (Buy-it-yourself, Kauf-es-selber) der passendere Ausdruck für die dortigen Baumärkte.

Überdies versucht Kronoswiss von Shanghai und Peking aus in jeder bedeutenden Stadt Geschäfte zu gewinnen, die von Kronoswiss komplett ausgestattet werden und exklusiv die Produkte des Unternehmens an den Verbraucher bringen. Unilin setzt in China auf ein Netzwerk an Distributeuren, die sowohl im privaten Wohnbereich wie im Objektgeschäft bewandert sind. "Ein eher seltener Fall" an doppelter Kompetenz, wie Paul Vandenbroecke zugibt. Der stil-orientierte, private Verbraucher scheint für Europäer das Geschäft der Zukunft. Unilin China-Managerin Grace Bao deutet die erhoffte Entwicklung an: "Der Fußboden steht in engem Zusammenhang mit der Möbel-Mode. Und da ist Europa das anerkannte Design-Center. Deshalb werden die Chinesen den europäischen Stil immer mehr akzeptieren."


Kronoswiss - Chinas Verbraucher wollen Sicherheit und mögen keine Äste
Chinesen sind sehr anspruchsvoll, was die Qualität angeht. So lautet die Verkaufserfahrung von Patrick Weynands, Geschäftsführer Flooring bei Kronoswiss. Das freilich bezieht sich auf eine gehobene Käuferschicht und auf ein hochwertiges Produkt. Kronoswiss trägt diesem Anspruch auf mehrfache Weise Rechnung: Zunächst werden Laminatböden angeboten, die schon durch Stärken von 10 und 12 mm Wertigkeit und Haltbarkeit ausstrahlen. Im Gegensatz zum europäischen Trend nach robust aussehenden Holzreproduktionen mit Vintage-Flair mögen die Chinesen aber eher keine Äste im Dekor. Ein europäisch technischer Vorsprung liegt in der Oberflächenqualität. Hier geht die Nachfrage immer mehr zur objektbewährten AC 4 Klasse - gerade im Wohnbereich. Das gilt, laut Exportmanager Oliver Barth, auch für Länder wie Korea, Indien, Pakistan und Australien. "Die hochabriebfeste AC 4 Klasse gibt dem Verbraucher ein Gefühl der Sicherheit", meint Barth. Zwar benötigt ein Schlafzimmer nicht einmal einen AC 3 Boden, doch für den, der es sich leisten kann, ist der Trend zum höherwertigen Produkt selbst mit AC 4 noch nicht ausgereizt. "Wir haben deshalb auch AC 5 Laminatböden im Programm.


Unilin/Quick Step - Asien wünscht Eiche in allen Variationen
Verbraucher mit hoher Bildung und hohem Einkommen sind in Asien die Zielgruppe des belgischen Laminatbodenherstellers Unilin/Quick-Step, der die dortigen Kunden mit seinen regulären europäischen Kollektionen bedient. Nicht alle sind ein Erfolg, wird offen eingeräumt. Die Noblesse-Linie etwa wird einzig im russischen Markt akzeptiert und auch Elegance muss sich in Asien noch beweisen. "Wenn ein auf den Markt gebrachtes Produkt hier nicht unmittelbar erfolgreich ist, hat es nur noch wenig Aussichten", meint Verkaufsleiter Paul Vandenbroecke. In Bezug auf das Dekor sind zwei Alternativen schon fast eine Voraussetzung: Eiche oder eine exotische Holzart. Vor allem aber muss das Produkt im aktuellen Quick-Step Katalog enthalten sein, der als Hauptmarketinginstrument gilt. Da fehlte im vergangenen Jahr das hochpreisige Feuchtraumlaminat Lagune, weswegen es 2008 in Asien als Newcomer gehandelt werden kann.

Während China auch für Unilin weitgehend auf den Wohnbereich konzentriert ist, stellt sich Japan als reiner Objektmarkt dar, ebenso Macao und Singapur. Dort wird Laminat vor allem in Hotels verlegt.


Hamberger - Chinesische Partner müssen Premiummarke verstehen
Mit einem derzeitigen Absatz von 2 bis 3 Containern Laminatboden (4.000-6.000 qm) und 1 bis 2 Containern Parkett (1.500-3.000 qm) pro Monat hat der deutsche Marktführer Hamberger in China noch Wachstumspotential, spürt dort aber "weder Eile noch Preisdruck". Als Komplettanbieter im oberen Preissegment sucht das Unternehmen vor allem Absatzmittler, die den Premiumgedanken mittragen können. Schulung dieser Partner, Lehrgänge für Verleger, Marketingunterstützung und enge Kundenbindung gehören laut Exportleiter Harro Hoseus selbstverständlich ins Paket. Den blinden Containerverkauf als schnelles Messegeschäft lehnt Hamberger ab. In China werden Händler gesucht, die wiederum jenes gehobene Klientel erreichen, das Haro mit dem Gütesiegel "Made in Germany" ansprechen will. Das sind Architekten und Designer, denn der reiche Chinese sucht seinen Boden nicht selbst aus, sondern schickt einen Beauftragten. Speziell für Asien entwickelte Produkte, glänzende Oberflächen etwa, legt Hamberger aber nicht auf. Der Stil bleibt europäisch. Das betrifft auch die Warenpräsentation. Den Messestand auf der Domotex Asia hatte Hamberger mit seinem neuen modularen Shop-System ausgestattet. Die vielfältig kombinierbaren Displays mussten den Heimweg nicht wieder antreten. Sie blieben gleich bei Haro-Partnern im Lande.


Berry Floor / Alloc - Auftritt als Vollsortimenter
Die Sortimente der beiden Schwesterunternehmen Berry Floor und Alloc waren auf der Domotex Asia am Stand des Mutterkonzerns B.I.G. im belgischen Pavillon untergebracht. Jeweils zwei Warenpräsenter zeigten Auszüge aus den Kollektionen. Die Positionierung unter einem Dach mit den textilen und elastischen Böden des Konzerns unterstrich die Botschaft: hier werden verschiedene Bodenbeläge aus einer Hand geboten. Eine wirtschaftliche große Rolle spielen die Laminatböden aber im Vollsortiment nicht. B.I.G. weiß, dass seine Produkte im Reich der Mitte nur einen begrenzten Abnehmerkreis finden. "Alloc muss man zum Beispiel sehr aktiv verkaufen, sonst wird der Chinese den hohen Preis nicht verstehen", sagt Marketingleiter Philippe Harinck. Solch intensive Beratung kann nur mit ausgebildeten Fachkräften und an wenigen zentralen Punkten geschehen, etwa im Verkaufsbüro Shanghai, das von Francis Li Ji Wen geleitet wird.
aus BTH Heimtex 04/08 (Wirtschaft)