Mitgliederversammlung des Zentralverbands Parkett und Fußbodentechnik in Bad Reichenhall
Augenmerk liegt auf Berufsfamilie "Fußbodenbau"
Auf der jüngsten Mitgliederversammlung des Zentralverbands Parkett und Fußbodentechnik (ZVPF) in Bad Reichenhall stand angesichts aktueller Bestrebungen über die Zusammenführung von Berufen die Bildung einer Berufsfamilie Fußbodenbau zur Diskussion. Agieren statt reagieren - so heißt derzeit die Prämisse. Bundesinnungsmeister Joachim Barth sprach sich für eine eigene Initiative in diese Richtung aus, um nicht eines Tages - wie bei der Änderung der Handwerksordnung - von politischen Entscheidungen überrollt zu werden. "Wir dürfen nicht warten, bis die Politik abermals und laienhaft die Richtung bestimmt", mahnt Barth und fordert Aktion statt Reaktion.
Starker Wettbewerb, steigende Kosten und große regionale Unterschiede in der Endverbrauchernachfrage prägen nach Einschätzung des Bundesinnungsmeisters Joachim Barth weiterhin die Situation im Parkettlegerhandwerk und Bodenlegergewerbe. Billiganbieter und Möchtegern-Fachleuchte seien doch nicht so schnell vom Markt verschwunden, wie mancher Unternehmer gehofft hatte. Allerdings erkennt Barth derzeit ein Umdenken bei den Endverbrauchern, denn "jeder kennt mittlerweile jemanden, der unredlichen Anbietern auf den Leim gegangen ist".
Daher will der Zentralverband auch "aufklärend" tätig werden. Etwa in der Deutschland-Radio-Sendung "Marktplatz", wo Vorstandsmitglied Norbert Strehle Endverbrauchern Rede und Antwort stand. Ergänzend regte der Hamburger Obermeister Frank Pielot an, häufiger über Schäden zu berichten, die auf fehlendes Wissen der Verleger zurückzuführen sind: "Wir müssen den Leuten richtig Angst machen."
Tangierende Gewerke ins Boot holen
Im Zentralverband ist man sich sicher, dass die Handwerkslandschaft in zwei bis vier Jahren wieder komplett anders aussieht. So stünden derzeit auch die Berufe der Anlage A erneut zur Disposition. In dem Bemühen der politischen Forderung nach einer Reduzierung der Ausbildungsberufe entgegen zu kommen, strebt der Verband eine modulare Ausbildung zum Fußbodenbauer an. Um eine so genannte Berufsfamilie Fußbodenbau entstehen zu lassen, ist gemeinsames Vorgehen der beteiligten Verbände notwendig. Estrichleger, Fliesenleger, Maler und Raumausstatter gehören nach Überzeugung des ZVPF mit den Parkettlegern in ein gemeinsames Boot.
Gespräche mit Estrichlegern gescheitert
Schwierigkeiten ergeben sich aus den unterschiedlichen Größen der Verbände (siehe Kasten). So stehen den rund 5.600 Parkettlegerbetrieben etwa 40.000 Malerfirmen gegenüber, die mit Bodenbelagsarbeiten acht bis neun Prozent ihres Umsatzes machen. Und mehr als 30 % des Umsatzes, den die Bodenbelagshersteller mit dem Vertriebskanal Handwerk machen, läuft über die Maler, schätzt Karl-August Siepelmeyer, Präsident des Hauptverbands Farbe, Gestaltung, Bautenschutz, auf Nachfrage von FussbodenTechnik. Erste Kontakte hat es mit den Malern und den Raumausstattern bereits gegeben, während von Seiten der Fliesenleger bisher keine Reaktion gekommen ist.
Gespräche mit den Estrichlegern sind gescheitert. Die wollen sich laut Karsten Krause, Leiter der Bundesfachgruppe Bodenleger, in Zukunft mehr in Richtung der Gewerke Mörtel und Beton orientieren. Die Bundesfachgruppe Estrich und Belag im Zentralverband des Deutschen Baugewerbes hätte erklärt, dass unter anderem unterschiedliche Ausbildungswege eine Zusammenarbeit verhindern.
Weiter wurde über den Stand der Vorbereitungen für eine neue Meisterprüfungsverordnung berichtet. Ursprünglich war die Einführung einer eigenständigen Bodenlegermeister-Verordnung und eine Überarbeitung der Parkettlegermeister-Ordnung vorgesehen. Nun hat sich der Zentralverband entschieden, mit einer gemeinsamen Prüfungsordnung "Nägel mit Köpfen" zu machen. Schließlich liegen die Überschneidungen der Unterrichtsinhalte bei ungefähr 70-75 %. Die Sozialpartner sind informiert und die Formalitäten vorbereitet, erklärte Bundesfachgruppenleiter Krause. Bis Ende 2009 könnte eine entsprechende Verordnung in Kraft treten.
Kein Mindestlohn bei Parkett- und Bodenlegern
Auf Antrag der Hamburger Innung hatten sich der Zentralverband und speziell der Tarifexperte Karl-Ernst Troost mit dem Thema Mindestlohn beschäftigt. Es sollte geprüft werden, ob dieses Instrument als Schutz vor preisaggressiven Wettbewerbern genutzt werden könnte. Troost machte keine Hoffnung. Jüngste Entscheidungen auf europäischer Ebene würden ganz im Gegenteil vermutlich den bereits vorhandenen Mindestlohn im Bauhauptgewerbe aushebeln. Er machte weiter deutlich, dass ein Mindestlohn nur dann sinnvoll wäre, wenn eine Allgemeinverbindlichkeit erreicht wird, da sich sonst nur die Verbandsunternehmen an die Verabredung halten müssen.
Die Umsetzung einer Allgemeinverbindlichkeit ist aus Sicht des Tarifexperten allerdings der entscheidende Knackpunkt: So sind nur rund 20 % der Bodenlegerbetriebe in der Innung organisiert, Subunternehmer seien grundsätzlich von diesen Vereinbarungen ausgeschlossen. Außerdem gibt es eine Reihe von tangierenden Gewerken, die ebenfalls Bodenbelagsarbeiten ausführen und für die solche Bestimmungen dann nicht gelten würden. Wilhelm Nürnberger, Obermeister der Innung Köln-Bonn-Aachen, gab zusätzlich zu bedenken, dass solche Verabredungen einen zusätzlichen Verwaltungsaufwand erfordern. Am Ende einer regen Diskussion entschieden sich die Vertreter der Innung Hamburg, den Antrag zum Thema Mindestlohn zurückzuziehen.
Konstante Ausbildungszahlen
Die Zahl der Auszubildenden im Parkett- und Bodenlegerhandwerk ist mit 1.228 (Stand 2/2008) in der Summe ungefähr konstant geblieben (siehe Tabelle). Im Einzelnen gibt es derzeit rund 784 (+2,8 %) Parkettleger-Lehrlinge und 444 Bodenleger-Auszubildende (-11,7 %) in Deutschland. Dabei zeige sich, so Bundeslehrlingswart Heinz Brehm, dass die Bodenleger im Schnitt über einen niedrigeren Schulabschluss verfügen als die Parkettleger. Brehm schätzt, dass bei den Parkettleger-Auszubildenden 20 % Abitur, 50% einen Realschulabschluss und 30 % einen Hauptschulabschluss haben. Die Bodenleger-Auszubildenden hingegen kämen je zur Hälfte mit einem Realschul- und einem Hauptschulabschluss in die Berufsschulen.
Die Auszubildenden werden künftig eine höhere Ausbildungsbeihilfe erhalten: Die prozentuale Erhöhung aus den Lohn- und Tarifverträgen wird auch auf die Vergütung der Auszubildenden übertragen.
Probleme mit Zementestrichen
Gert F. Hausmann, stellvertretender Bundesinnungsmeister, machte in Bad Reichenhall auf die aktuellen Probleme im Bereich der Zemente aufmerksam. Die Zementindustrie hatte beschlossen, in Zukunft keine CEMI-Zemente mehr herzustellen, obwohl sich diese sehr reinen Zemente besonders gut für die Herstellung von Estrichen eignen. Hausmann warnt daher: Durch das Ausweichen auf andere Zementarten, die bis zu 35 % Zumahlungen enthalten, ergeben sich unter Umständen andere Eigenschaften, beispielsweise hinsichtlich der Trocknung.
Verlegenorm liegt zur Abstimmung vor
Vorstandsmitglied Norbert Strehle - im Zentralverband für Normen zuständig - berichtete unter anderem über die neue europäische Verlegenorm "Parkett - Allgemeine Verlegeanleitung" CEN/TS 15717:2008, die aktuell in einer Abstimmungsfassung vorliege. Inhaltlich gebe es zu dieser Norm allerdings erhebliche Bedenken, führte Strehle weiter aus. Ein Trost dürfte es daher sein, dass in Deutschland weiterhin vorrangig die deutsche Parkett-Norm gelte.
Wenig Positives konnte Strehle über das Thema CE-Zeichen für Parkett berichten. Noch immer gebe es keine Lösung für geklebtes und bauseits behandeltes Massivparkett, obwohl ab 1. März 2009 für alle Parkettböden ein CE-Zeichen notwendig ist.
Aktive Fachgruppen
Als stellvertretender Bundesfachgruppenleiter der Parkettrestauratoren berichtete Dieter Humm über ein Gemeinschaftsprojekt. Für Restauratoren, die nicht so häufig Gelegenheit haben, einen alten Parkettboden zu sanieren, wurde im vergangenen Jahr eine gemeinsam ausgeführte Restaurierung initiiert. Restaurator Josef Wilms organisierte in Absprache mit den Eigentümern und der Denkmalbehörde die Aufarbeitung der Schmuck- und Dielenböden im Schloss Wiesentheid.
Die Bundesfachgruppe Holz arbeitet momentan intensiv an der neuen Holzpflaster-Norm, wie Fachgruppenleiter Reinhard Breitung erläuterte.
Die Bundesfachgruppe Bodenleger hat sich in den vergangenen Wochen und Monaten vor allem mit dem Thema Spachtelzahnung beschäftigt. Das TKB-Merkblatt ist nun von zehn Herstellern akzeptiert, berichtete Bundesfachgruppenleiter Karsten Krause. Zu einem weiteren aktuellen Thema, dem Schrumpf von Bodenbelägen, gab Krause den Bodenlegern die Empfehlung, bei großen und teuren Objekten vorab von Schnelltests der Klebstoff-Industrie Gebrauch zu machen.
Die nächste Tagung des Zentralverbands Parkett und Fußbodentechnik vom 18. bis 20. September 2008 wird im Rahmen einer Fortbildungsveranstaltung bei Tarkett in Schweden stattfinden.
Tangierende Gewerke im VergleichIm Zuge der Diskussion um die aktive Bildung einer Berufsfamilie Fußboden kommen auch die tangierenden Gewerke ins Spiel.
Estrichleger:
- über 4.000 Betriebe
- Bundesfachgruppe Estrich und Belag im ZDB
- Organisationsgrad: ca. 15 %
- Auszubildende: ca. 170
Quelle: Edgar Leonhardt, BEB
Maler:
- 42.000 Betriebe (Maler und Lackierer), davon 3.500 Fahrzeuglackierbetriebe und 2.000 Mischbetriebe
- Hauptverband Farbe, Gestaltung, Bautenschutz
- Organisationsgrad: 50 %
- Auszubildende: ca. 25.000 Maler und Lackierer
- Anteil Bodenbelagsarbeiten am Umsatz: 8-9 %
Quelle: Karl-August Siepelmeyer, Hauptverband Farbe, Gestaltung, Bautenschutz
Fliesenleger:
- 9.300 Betriebe
- Fachverband Fliesen und Naturstein im ZDB
- Organisationsgrad: ca. 44 %, ca. 4.000 Innungsbetriebe
- Auszubildende: 2.133
Quelle: Monika Blank, Fachverband Fliesen und Naturstein
Raumausstatter:
- ca. 18.000 Betriebe
- Zentralverband Raum und Ausstattung (ZVR)
- Organisationsgrad: ca. 22 %
- Auszubildende: ca. 2.880
- Anteil Bodenbelagsarbeiten vom Umsatz: 23 %
Quelle: Angela Volmer, ZVR
Parkettleger:
- ca. 5.600 Betriebe (laut Handwerksrolle der HWK)
- Zentralverband Parkett und Fußbodentechnik (ZVPF)
- Organisationsgrad: ca. 10 % (vor HWK-Novellierung ca. 90 %)
- Auszubildende: ca. 780
Quelle: Joachim Barth, ZVPF
Bodenleger:
- ca. 14.000 Betriebe
- Zentralverband Parkett und Fußbodentechnik, ZVPF
- Organisationsgrad: max. 10 %
- Auszubildende: ca. 480
Quelle: Karsten Krause, ZVPF
aus
FussbodenTechnik 04/08
(Wirtschaft)