Metzeler Schaum, Memmingen
"Der Markt hat offensichtlich auf unsere Tubes-Matratzen gewartet"
Im Jahr 2007 kam Metzeler auf der Kölner Möbelmesse mit seinem neuartigen Matratzen-System Rubex Tubes auf den Markt. Aus dem Stand und innerhalb kürzester Zeit entwickelte sich diese Technologie zu einem großen Erfolg. Welche Bedeutung hat das Tubes System heute für das Unternehmen? Welche Pläne hat Metzeler für die Zukunft in der Schublade? Und wie schaffen es die Memminger, der großen Nachfrage nachzukommen? Haustex besuchte in Memmingen Volker Maidhof, den Geschäftsführer von Metzeler Schaum, und Maik Steppat, Verkaufsleiter National und International Consumer & Comfort, und sprach mit ihnen über das neue Erfolgsprodukt.
Haustex: Herr Maidhof, Herr Steppat, Metzeler hat eine lange Tradition als Matratzen-Produzent. Welche Bedeutung spielt angesichts dieser Geschichte das noch junge Produkt Rubex Tubes?
Maik Steppat: Wir sind seit rund 18 Monaten mit dem Produkt auf dem Markt, das innerhalb kurzer Zeit zum Bestseller geworden ist. Allerdings müssen wir auch einen gewissen Kannibalisierungseffekt gegenüber den übrigen Matratzenprodukten aus unserem Haus hinnehmen, die sich jetzt nicht mehr so gut verkaufen lassen. Das macht aber nichts, da man sich bei den Tubes über wesentlich hochwertigere Produkte unterhält. Wir werden daher in den nächsten zwei Jahren unsere Umsätze im Wesentlichen über die Tubes suchen, damit unsere vorhandenen Kunden bedienen und Neukunden hinzugewinnen.
Mit den Tubes setzt Metzeler eine Tradition der letzten 50 Jahre fort, immer wieder mit Neuentwicklungen auf den Markt zu kommen. Bis Mitte der 70er Jahre wurden von uns eigentlich nur Standardschäume verkauft. Dann kam das Rubex-Material auf, ein hoch elastischer HR-Schaum, der sich bis Mitte der 90er Jahre gut verkaufen ließ, bis dann der Wettbewerb sie kopierte und die Preise ein wenig in den Keller gingen. Mitte der 90er Jahre kam Metzeler dann mit dem Naturschaum Rubex Nawaro. Danach hatten wir dann für rund zehn Jahre wieder relative Ruhe, weil wir in der Startphase nicht kopiert wurden. Inzwischen gibt es aber sehr viele Schäumer, die ebenfalls so ein Produkt anbieten. Deswegen sind wir stolz, dass wir für Rubex Tubes über einen Patentschutz verfügen. Darauf darf man sich natürlich nicht ausruhen, aber er gibt uns etwas mehr Sicherheit für Produktion und Investment.
Volker Maidhof: Wir verfügen hier im Haus sicherlich über eine Vielzahl von Patenten und tollen Produkten. Aber bei Metzeler haben wir noch nie in so kurzer Zeit mit einem neuen Produkt so viel Umsatz erzielen können. Darüber sind wir sehr froh und hoffen, auf diesem Weg weiter gehen zu können.
Haustex: Wo war Metzeler vor den Tubes im Markt positioniert und wo liegt das Unternehmen mit seinen Matratzen heute?
Steppat: Preislich lagen wir mit unseren Produkten eher im Preiswert- und Mittelbereich, bei 500 bis 600 Euro Verkaufspreis. Dort konnten wir uns einigermaßen gut behaupten. Durch das neue Produkt liegen wir jetzt zwischen 500 und fast 1.400 Euro für eine normale Standardmatratze 90x200 Zentimeter. Dadurch sind wir erstmals in den hochwertigen Bereich gelangt. Auf der anderen Seite ist es uns durch Nawaro und Tubes gelungen, von den Warenhäusern aufgenommen zu werden, weil beides innovative Ideen und Produkte waren. Auch die Möbelhäuser sind inzwischen dankbare Kunden, die diese neuen Produkte verkaufen. Wir konnten uns also von unserer angestammten Klientel, den Fachgeschäften, die auch nach wie vor eine starke Basis bilden, in neue Umsatzfelder bewegen, ohne die alten zu verlieren. Wir haben insofern sowohl neue Verkaufskanäle erschließen können, als auch neue Kunden in den vorhandenen Vertriebsbereichen.
Haustex: Eine interessante Entwicklung, wenn man bedenkt, dass doch eigentlich eher der Fachhandel das Image des Hochwertigen, Teureren hat, und die Großfläche eher mit konsumigen Preislagen verbunden wird.
Maidhof: Auf die Großfläche sind wir allein wegen des Produktes gekommen. Alle anderen Mitbewerber liefern bei den Standardprodukten zu ähnlichen oder sogar günstigeren Konditionen als wir. Aber durch die Tubes konnten wir deren Interesse wecken, mit uns zu arbeiten. Wichtig für die Zukunft ist jedoch, dass wir einen stabilen Preis gewährleisten können, ihn bislang gut verteidigen konnten und auch weiter verteidigen werden. Wenn das bei jemandem nicht der Fall sein sollte, versuchen wir ihn davon zu überzeugen, dass das nicht der richtige Weg ist. Im Extremfall führt es dazu, dass wir nicht mehr liefern.
Sowohl für den Fachhandel als auch für Kaufhäuser und Möbelhäuser ist ein stabiler Preis sehr wichtig. Und das Produkt ist wirklich hochwertig zu verkaufen, das ist eine der wichtigsten Erkenntnisse der letzten Monate.
Steppat: Es gibt im Internet zwar einige Angebote, die unter unseren empfohlenen Verkaufspreisen liegen, aber Tests haben ergeben, dass diese Anbieter gar nicht liefern können. Mir ist schleierhaft, warum sie so etwas tun. Tempur, das muss man hier wirklich einmal sagen, hat uns gezeigt, dass man hochwertig verkaufen und die Preise sauber halten kann. Und in der Nachbarschaft von Tempur-Produkten fühlen wir uns mit unseren Tubes auch sehr wohl, weil wir dort in der gleichen Liga spielen.
Haustex: Hat sich die Marktbedeutung von Metzeler im Laufe der letzten Jahre verändert?
Steppat: Im Hinblick auf die Handelsstufe denke ich eindeutig ja. Zum einen in den letzten zehn Jahren durch Nawaro. Der Schaum wird, wie bereits erwähnt, inzwischen oft kopiert, und nur gute Originale werden kopiert, schlechte nicht. Aber nicht zuletzt durch die Tubes, mit denen wir in ganz andere Preisregionen vorgestoßen sind, ist unser Image gewachsen, das hören wir sehr deutlich aus dem Handel. Aber er beobachtet auch sehr genau, ob wir in der Lage sind, die Preise stabil zu halten. Das ist wie gesagt das A&O unserer Vertriebspolitik. Und wenn uns das in den nächsten ein bis zwei Jahren gelingt, werden wir in der relativ kurzen Zeit von drei bis vier Jahren einen Riesensprung geschafft haben.
Maidhof: Das ist der Preis, den jemand zahlen muss, wenn er innovativ sein möchte: Wir müssen es dann auch beweisen. Aber diesen Druck erlegen wir uns auch selbst auf, denn wir wollen in den nächsten zwei bis drei Jahren weitere Innovationen bringen, um so das erreichte Preisniveau zu halten. Ich denke, dass man seitens des Handels darauf gewartet hat, was Metzeler nach den Naturschäumen an Neuem bringen würde. Und ich glaube, dass wir mit den Tubes mit einem vollkommen neuen Thema aufgetaucht sind, hat bewiesen, dass wir einer der Innovatoren auf dem Matratzenmarkt sind und diesen Ruf bekräftigt haben.
Haustex: Nun ist Reinverkaufen eine Sache, Rausverkaufen im Handel eine andere. Wie sieht es da bei den Tubes aus?
Steppat: Wir arbeiten fast ausnahmslos auftragsbezogen, und deswegen ist das, was wir produzieren, in der Regel schon an den Endverbraucher verkauft. Und es wird sehr gut rausverkauft, egal in welcher Preisklasse.
Maidhof: Wir haben auch die Kapazität, dass wir kurzfristig auf hohe Auftragsmengen reagieren können, so dass ein Lagerbestand für uns keine Rolle spielt. Wir haben hier in Memmingen in den letzten fünf Jahren zum Beispiel ein großes Schneidezentrum aufgebaut und können dadurch sehr schnell auf große Mengen reagieren.
Haustex: Was macht die Matratze eigentlich so teuer?
Steppat: Das muss man aus der Sicht der Verbraucher sehen. Sie schlafen bis zu 15 Jahre auf einer Matratze und geben uns ganze 15 Minuten Zeit beim Kauf einer neuen Matratze. Wichtig ist es also, für das Produkt eine Aussage zu treffen, die der Verbraucher sofort versteht. Und unser Slogan lautet "Metzeler Matratzen atmen" beziehungsweise "Metzeler Schlafsysteme atmen". Das versteht jeder auf Anhieb. Sobald man dann tiefer ins Verkaufsgespräch einsteigt, wird selten über den Preis gesprochen. Der Kunde ist einfach bereit, mehr Geld dafür auszugeben, dass er auf der Matratze nicht mehr schwitzt.
Zweitens spürt der Kunde den Komfort sofort, den großen Unterschied zwischen einer herkömmlichen Metzeler-Matratze und einer Tubes-Matratze. Drittens arbeiten wir auch beim Sortimentsaufbau der Tubes mit Mono-, Duo- und Triocell. Auch in dieser Hinsicht spürt der Kunde jedes Mal einen deutlichen Unterschied. Dadurch überfordern wir weder den Kunden noch den Verkaufsberater. Der Kunde entscheidet sich meistens für Duocell oder sogar das hochwertige Triocell.
Ein wichtiges Verkaufsargument ist auch unser Film, der anschaulich zeigt, was der Kunde bei Tubes gegenüber herkömmlichen Matratzen erwarten darf. Der Verkäufer braucht sich dann nur noch darauf zu konzentrieren, welche Qualitätsstufe der Kunde haben möchte. Die Kunst des erfolgreichen Verkaufens besteht darin, sehr komplexe Zusammenhänge so zu erklären, dass sie jeder versteht. Unser Credo ist es daher, lieber wenige aber klare Aussagen über ein Produkt zu bringen, als den Kunden mit einer Fülle von Informationen zu überfordern. Im Übrigen: Seitdem wir unsere Platinium-Selection auf dem Markt haben, ist Monat für Monat ein deutlicher Trend dorthin zu beobachten.
Maidhof: Es steckt natürlich auch sehr viel Technologie dahinter. Die Rezepturen für die Schäume sind alles Eigenentwicklungen, da wird nichts hinzugekauft. Bei uns bekommen Sie daher Schaumsysteme, die Sie anderswo nicht erhalten. Und jede einzelne Tubes Matratze wird per Hand in Deutschland montiert. Bis hin zur letzten Qualitätskontrolle haben Menschen das Produkt in der Hand und arbeiten daran. Das ist ein hoher Kostenfaktor, der sich aber auch in der Qualität bemerkbar macht.
Haustex: Das heißt?
Maidhof: Unsere Reklamationsquote tendiert gegen null. Wir haben keinerlei Probleme mit dem Ausfall der Produkte, also mit Themen wie Kuhlenbildung oder Materialermüdung. Stiftung Warentest hat unsere Singular getestet und 80.000 Mal gewalzt, was einer Nutzungsdauer von zehn Jahren entspricht. O-Ton Stiftung Warentest: "Die Matratze ist nicht kaputt zu kriegen." Deshalb sind wir auch so mutig und geben sehr hohe Garantieleistungen.
Haustex: Wie lange hat das Unternehmen an der Entwicklung der Tubes gearbeitet?
Maidhof: Das waren mehr als zwei Jahre. Begonnen hatte es mit Herrn Steppat, der bei uns in der Produktion einen von innen hohlen Zylinder aus Formschaum sah, und auf die Idee kam, daraus eine Matratze bauen zu lassen. Das gestaltete sich aber anfangs technisch sehr schwierig. Hier traf es sich nun gut, dass wir im Unternehmen sehr breit aufgestellt sind, auch für andere Wirtschaftsbereiche produzieren und unterschiedliche Technologien anwenden. Wir haben darum ein Entwicklungsteam aus den verschiedenen Bereichen zusammengestellt, die sich dann mit ihren Ideen gegenseitig inspirierten. Nach gut zwei Jahren waren die Tubes dann serienreif.
Haustex: Metzeler produziert also noch mehr außer Matratzen?
Maidhof: Oh ja! Metzeler Schaum ist selbst breit aufgestellt, außerdem profitieren wir davon, Tochterunternehmen der Vita Group zu sein. Metzeler ist ein reines Schaumstoff produzierendes Unternehmen. Wir schäumen also selbst und verarbeiten sie für die verschiedensten Zwecke. Wir verfügen auf dem Gebiet der Polyurethan-Weichschäume über große Erfahrung. In Memmingen haben wir insgesamt sieben Business-Einheiten, von denen eine die Matratze ist. Über diese Abteilung kennen uns die Endverbraucher, sie ist der Imageträger, auch durch den kleinen blauen Elefanten. Ein weiteres wichtiges Betätigungsfeld sind die Fluggastsitze, für die wir die Polster liefern. Wir sind dort Weltmarktführer mit einem Anteil von rund 40 Prozent. Recaro ist zum Beispiel ein wichtiger Kunde, aber auch die Fluggesellschaften wie Emirates, Lufthansa oder Thai Airways. Darüber hinaus produzieren wir Formschaum, in erster Linie für die Automobilindustrie. Wir verarbeiten die Schäume auch in allen möglichen Varianten weiter: geschnitten, gebohrt, gefräst, alles ist denkbar für die unterschiedlichsten Industriebereiche.
Der Verschnitt in der Produktion landet im Recycling und wird in der Rebond-Abteilung zu kleinen Flocken zermahlen und wieder zu festen Blöcken zusammengefügt, die dann wiederum für unterschiedlichste Zwecke verarbeitet werden. Zum Beispiel schlafen Kühe auf Matratzen aus solchem Rebond-Material. Es gibt Untersuchungen die belegen, dass Kühe mehr Milch geben, wenn sie auf Matratzen schlafen.
Ein weiterer Schwerpunkt ist die Bahnenware, die wir aus den 60 Meter langen Schaumblöcken schneiden. Sie wird unter anderem in der Automobilindustrie verwendet, zum Beispiel als Basis für den Dachhimmel. Wir produzieren bis zu 800 Rollen am Tag. Die Autoindustrie ist für eine Schäumerei wie unsere generell ein großer Markt, da in einem Auto etwa ein Kubikmeter Schaumstoff verarbeitet wird.
Am Standort Memmingen beschäftigen wir momentan rund 400 Mitarbeiter. Der Vita Konzern verfügt über rund 10.000 Mitarbeiter weltweit und beschäftigt sich im Schwerpunkt ebenfalls mit Polyurethan-Weichschäumen. Der Umsatz beträgt mehr als 1,5 Milliarden Euro. Die Vita Group gehört wiederum der Texas Pacific Group, einer Private Equity Gruppe.
Haustex: Profitiert der Matratzenbereich davon, dass Metzeler auch für die hohen Standards der Automobilindustrie produziert?
Maidhof: Wir produzieren tatsächlich auf einem sehr hohen Qualitätsstandard. Wir erfüllen sämtliche Normen der Autoindustrie, in erster Linie die TS 16949. Diese Richtlinien praktizieren wir aber im gesamten Unternehmen. Auch die Matratzen profitieren von diesem besonders hohen Qualitätsstandard: Sie durchlaufen die gleichen Testreihen, die gleichen Prüfvorgänge wie alle anderen Produkte auch. Wir verfügen also über ein absolut parallel geschaltetes System.
Haustex: Welche Bedeutung hat die Matratze innerhalb des Unternehmens Metzeler?
Steppat: Der Bereich Bedding gehört bei uns zu den drei strategischen Wachstumsmärkten, neben Automotive und Aviation. Wir sehen dort eine Super-Entwicklung und die wollen wir ganz konsequent fortsetzen. Dafür sprechen zwei Aspekte: Der Name Metzeler spielt eine wichtige Rolle. Wenn man auf ein wunderbares Produkt noch einen bekannten Namen setzen kann, kann man noch mehr erreichen. Außerdem sind es die Produkte, die wir mit Nawaro und Tubes haben und für eine erfolgreiche Zukunft sprechen.
Haustex: Inwieweit ist es möglich, Know-how von einem Unternehmensbereich in den anderen zu übertragen?
Maidhof: Die Tubes sind als Formschaum hergestellt, das Wissen über diese Technik haben wir eins zu eins aus anderen Abteilungen übernommen. Metzeler produziert in dieser Technik seit mehr als 30 Jahren, nur bislang eben bei Matratzen noch nicht. Bei den hochwertigen Tubes-Produkten setzen wir außerdem kaschierte Gewebe ein, die auf Bahnenware laminiert wird, die ursprünglich aus der Automobilindustrie kommt. Beim hochwertigsten Produkt sind es Cashmere-Gewebe. Die Idee dazu wurde hier vor sechs, sieben Jahren kreiert, auch sie wurde patentiert. Umgekehrt funktioniert es natürlich auch. Unsere Matratzen verkörpern das Premium-Segment, in dem viel Know-how und Technologie stecken. Dieses Know-how können wir natürlich genauso für einen Flugzeugsitz nutzen, einen Autositz oder ein Polstermöbel.
Wir stellen uns so auf, dass wir ganz bewusst Innovator sein wollen. Wir verfügen im Vita Konzern über eine sehr große Entwicklungsabteilung, in der wir uns ständig bestimmte Themen ansehen und überlegen, was daraus zu machen ist, das es in dieser Form noch nicht auf dem Markt gibt. Unsere interne Zielsetzung ist es, dass wir in jedem Jahr in jedem Unternehmensbereich eine Weltneuheit entwickeln wollen. Und alle drei Jahre wollen wir ein Produkt zur Patentreife gebracht haben.
Haustex: Wie viele Mitarbeiter umfasst die Forschungsabteilung?
Maidhof: Innerhalb des Konzerns sind sicherlich 30 Mitarbeiter nur für die Entwicklung tätig. Dazu kommen bei uns fallweise weitere Mitarbeiter hinzu.
Steppat: Es gibt den Spruch "wenn Sony wüsste, was Sony weiß", also dass das Unternehmen auf Grund seiner Größe sein Know-how nicht voll ausnutzt. Damit dies bei uns nicht passiert, treffen sich einmal im Jahr alle Entwickler und Product Manager, um sich über die neuesten Entwicklungen auszutauschen und zu prüfen, was vielleicht auch für den eigenen Bereich interessant sein könnte. Das praktizieren wir seit etwa fünf Jahren mit gutem Erfolg. Aber um noch einmal auf die Frage nach der Bedeutung der Matratzen bei Metzeler einzugehen. Der Anteil des Bedding-Bereichs am Metzeler-Umsatz liegt bei rund 30 Prozent, in den letzten zwei Jahren überproportional steigend.
Haustex: Sie sprachen vorhin davon, dass der Vita Konzern und somit auch Metzeler der Texas Pacific Group (TPG), einer Private Equity Gruppe gehört. Welche Erfahrungen haben Sie mit dieser Gesellschaft gemacht?
Maidhof: 2005 wurde Vita von TPG übernommen. Vieles im Konzern und auch bei uns wurde danach neu sortiert, es wurden neue Leute eingestellt, allerdings auch einige Mitarbeiter freigestellt. Vor allem hat die Gruppe aber viel in neue Anlagen investiert. Sie spielen mit Ihrer Frage wahrscheinlich auf den Ruf an, den Private Equity Firmen in Deutschland heute haben. Wir sind gut aufgestellt. Entscheidend ist doch, was so eine Gesellschaft für ein Unternehmen bewirkt. TPG ermöglicht es uns durch die Investitionen, uns am Standort Deutschland als hoch automatisiertes High-Tech-Unternehmen zu etablieren. Und der hohe Automatisierungsgrad erfordert ein hohes Investitionsbudget. Allein an der Tubes-Entwicklung haben bei uns im Unternehmen beispielsweise etwa zehn Mitarbeiter mehr als zwei Jahre gearbeitet. Um das Produkt marktreif zu machen, waren knapp 600.000 Euro für neue Anlagentechnologie notwendig.
Haustex: Also hat Metzeler in den letzten Jahren eine offenbar sehr erfolgreiche Unternehmensentwicklung hinter sich?
Maidhof: Das gesamte Unternehmen hat eine sehr hohe Umsatzsteigerung erzielen können, und die speist sich aus den Bereichen Automotive und im Speziellen Aviation, da haben wir eine phantastische Geschäftsentwicklung, und drittens Matratzen. Dazu hat unsere Tubes-Entwicklung maßgeblich beigetragen. Im ersten Jahr haben wir 11.000 Tubes-Matratzen verkauft. Das ist wirklich phänomenal. Und in diesem Jahr wollen wir diesen Wert mehr als verdoppeln. Gegenüber 2006, dem letzten Jahr ohne Tubes, haben wir die Menge der verkauften Matratzen bis heute um rund 30 Prozent steigern können. Der Markt hat offensichtlich auf innovative Produkte gewartet und wir haben mit den Tubes den richtigen Zeitpunkt erwischt.
Haustex: Welche Schlussfolgerungen ziehen Sie aus dem Erfolg des Tubes-Systems?
Steppat: Es findet, wie bereits erwähnt, eine Kannibalisierung in unserem Sortiment statt. Die vorhandenen Kunden stellen auf Tubes um und tun sich schwer, die herkömmlichen Metzeler-Matratzen noch zu verkaufen. Neukunden wollen sowieso nur die Tubes. Auf uns sind Händler zugekommen und haben sich nach Tubes erkundigt, weil sie von ihren Kunden darauf angesprochen wurden und im Geschäft danach gesucht haben. Wir haben aber bislang noch keine Konsumenten-Werbung betrieben, das ist reine Mund-zu-Mund-Propaganda gewesen. Das ist ein Trend, den wir erfreulicher Weise unterschätzt haben. Auf Grund dieser Tatsachen und weil wir einen Patentschutz über 20 Jahre haben, sehen wir Tubes als unser Kerngeschäft an, natürlich mit Modifikationen und kleinen Veränderungen. Letztlich wird aber der Endverbraucher entscheiden, was er kaufen möchte. Es wird daher immer eine gewisse Basisgruppe von Standardmatratzen geben.
Haustex: Auch wenn viele Ihrer Produkte auf Nawaro basieren, zum überwiegenden Teil benötigen Sie zum Schäumen auf Rohöl basierende Zutaten. Wie gehen Sie mit der Explosion der Rohölpreise um?
Maidhof: Standardpolyole sind trotz gestiegener Rohölpreise immer noch preiswerter als Pflanzenölpolyole, das sie in größeren Mengen hergestellt werden. Von daher ist die Substitution durch Pflanzenöle keine Kostensenkungs-Strategie. Was können wir also tun? Wir verbessern unsere Rezepturen, damit erreichen wir monatliche Einsparungen. Außerdem treten wir am Markt als Vita-Gruppe auf, und können durch die höheren Abnahmemengen günstigere Einkaufspreise erreichen. Drittens arbeiten wir permanent daran, die Anlagentechnologie zu verbessern, weniger Verschnitt zu haben, kürzere Anfangs- und Endstücke beim Schäumen zu bekommen. Hierfür haben wir in den letzten zwei bis drei Jahren zwischen drei und vier Millionen Euro investiert.
Steppat: Wenn man sich die Entwicklung anschaut, wird man nicht darum herum kommen, die Preiserhöhungen an den Endverbraucher weiter zu geben. Es wird doch alles teurer und auch wir werden die Preise anpassen müssen. Wir tun das jedes Jahr in kleinen Schritten zur Möbelmesse. Das ist in unseren Augen besser, als wenn wir längere Zeit warten, und dann eine starke Erhöhung durchsetzen wollen.
Haustex: Eine durchaus übliche Strategie ist es doch, an der Qualität der Produkte zu sparen, um die Verkaufspreise zu halten.
Maidhof: Auf keinen Fall werden wir an die Qualität unserer Schäume gehen, um die Eckpreislagen zu halten. Und selbst wenn es eines Tages nicht mehr möglich sein sollte, die Preis anzupassen, sollte man andere Wege finden als die Qualität zu senken. Diese Taktik würde sowieso in Form höherer Reklamationsquoten auf uns zurück fallen und wir würden einen gefährlichen Imageschaden erleiden, der mit Geld gar nicht zu bezahlen wäre.
Haustex: Aber schätzt der Handel nicht die Orientierung an bestimmten Eckpreislagen?
Steppat: Wenn in der Werbung der Preis im Vordergrund steht, macht der Kunde den Sprung über eine Eckpreislage sicherlich nicht mit. Wenn Sie aber das Produkt in den Vordergrund stellen und den Vorteil, den man damit kauft, dann übersehen das letztlich der Einzelhändler und vor allem der Kunde. Außerdem ist unser Sortimentsaufbau so gestaltet, dass wir auch preiswertere Modelle bieten. Wir fangen bei 499 Euro an, weil die meisten Matratzen unter 500 Euro weggehen. Ob letztlich das Premium-Produkt dann 1.399 oder 1.449 Euro kostet, ist in der Preiskategorie nicht mehr im Fokus des Endverbrauchers.
Maidhof: Außerdem gibt es auch noch andere Stellschrauben als die Qualität des Schaumes, zum Beispiel den Bezug oder die Schnitttechnologie. Die Qualität unseres Schaumes, um das noch einmal zu betonen, werden wir niemals in irgendeiner Art negativ beeinflussen.
Haustex: Metzeler bietet neben Matratzen auch Unterfederungen an. Wie sieht es damit bei den Tubes-Produkten aus?
Steppat: Wir haben bei unserem Premium-Produkt Platinium erste Erfahrungen damit sammeln können, wie eine Unterfederung nach dem Tubes-System funktioniert. Konsequenter Weise funktioniert es nur, wenn die Durchlüftung durchgängig ist. Wir werden daher etwa im August mit einem neuen, preislich attraktiveren System der Unterfederung auf den Markt kommen, einer Art Boxspring-System zum Einlegen in das Bett. Der klassische Lattenrost wird für uns in Zukunft nur noch eine untergeordnete Rolle spielen.
Im Übrigen werden wir nur noch beim Verkauf eines kompletten Schlafsystems bestehend aus Tubes-Unterfederung und -Matratze eine Garantie von 15 Jahren gewähren. Beim alleinigen Kauf einer Matratze räumen wir nur die gesetzlich vorgeschriebenen zwei Jahre ein.
Haustex: Planen Sie Veränderungen bei der Unterstützung des Handels am POS?
Steppat: Da sind wir mit den vorhandenen Mitteln wie Fahnen und unserem Film gut aufgestellt. Wir werden auch hier leichte Modifikationen vornehmen, um noch deutlicher von unserem früheren Metzeler-Image weg zu kommen, etwa werden wir kleine, sympathische Give-aways entwickeln. Unser Bestreben ist es, uns jedes Jahr ein Stückchen weiter zu entwickeln, um noch eleganter zu werden.
Haustex: Und wie sieht es mit Endverbraucher-Werbung für die Tubes aus?
Maidhof: Das Geld dafür ist vorhanden. Aber wir wollen wirklich sicher sein, dass es gut angelegt ist und uns voran bringt. Vorher muss das Produkt im Handel jedoch so gut platziert sein, dass Streuverluste minimiert werden können. Im Moment haben wir Werbung eigentlich gar nicht nötig, denn unsere Kapazitäten sind gut ausgelastet. Aber generell streben wir Fernsehwerbung schon an.
Haustex: Blicken wir einmal in die Zukunft. Was hat Metzeler unternehmerisch für die nächsten Jahre vor?
Maidhof: Wir wollen generell in unseren Kerngeschäften weiter wachsen. Die Budgetpläne stehen bis ins letzte Detail für die nächsten drei Jahre. Wir kennen den Weg, wir wissen, was wir dafür benötigen, alles ist exakt festgeschrieben. Die Investitionen sind vom Konzern genehmigt und werden jetzt nur noch umgesetzt und implementiert. Ende August werden die letzten Anlagen bei uns installiert sein. Für 2010/2011 stehen die Investitionspläne auch schon. Konkret im Bereich Matratze werden wir die Kapazitäten in diesem Jahr um rund 40 Prozent aufstocken, und das wird sich gleich in entsprechender Mehrproduktion umsetzen. Wie machen nämlich gerne den zweiten vor dem ersten Schritt, holen erst die Aufträge herein und investieren dann entsprechend. Das geht allerdings nur, wenn man hausintern über die Technologie und das Know-how dafür verfügt.
Steppat: Unser Fokusmarkt ist und bleibt Deutschland. Export ist sicherlich sympathisch, aber unser Hauptinteresse gilt dem deutschen Markt. Derzeit liegt unsere Exportquote bei rund 20 Prozent, wir liefern außer in die europäischen Länder auch nach Neuseeland, Japan, Indien, USA und seit neustem auch nach Russland. Und was das Produkt angeht, kann ich sagen, dass unsere Kunden weiterhin das Bewährte und Erfolgreiche weiter verkaufen können. Ich denke, das ist eine gute Nachricht.
Metzeler Schaum Firmentelegramm
Metzeler Schaum GmbH
Donaustraße 51, 87700 Memmingen
Telefon: 08331/830-0, Telefax: 08331/830-397
E-Mail: info@metzeler-schaum.de, Web: www.metzeler-schaum.de
Geschäftsführer: Volker Maidhof
Chronik: Die Firma Metzeler wurde 1860 von Friedrich Metzeler als Handelshaus für Gummiwaren gegründet. Im Laufe der Jahre gelang es Metzeler, den Namen in eine Marke zu verwandeln, die nicht nur für richtungweisende Technologien steht, sondern auch erstaunliche Rekorde ermöglichte. Innerhalb von 30 Jahren wurden 173 Weltrekorde auf dem Motorrad mit Metzeler-Reifen eingefahren. In den 30-er Jahren des letzten Jahrhunderts entdeckte Metzeler neue technische Verfahren zur Gummiwaren-Produktion, die die spätere Entwicklung des Schaumstoffs nachhaltig beeinflussten. Matratzen der Marke Metzeler gibt es seit rund 50 Jahren.
Produktion: Kaltschäume geschäumt und geformt, und Folgeprodukte.
Geschäftsbereiche:
- Matratzen
- Automobilindustrie
- Flugzeugindustrie
- Rebond (Recycling)
- Bahnenware
Umsatzanteil Matratze: Gut 30 Prozent
Absatzmärkte Matratze: Deutschland (80 Prozent), Zentraleuropa, Japan, Neuseeland, Indien, Russland, USA.
Mitarbeiterzahl
- Ende 2007: rund 385
- Ende Mai 2008: rund 400
Konzerntochter: Metzeler ist eine Tochtergesellschaft der Vita Group
Produkte: Polyurethan-Weichschäume, Vlies, Kunststoffplatten; Jahresumsatz rund 1,5 Mrd. Euro; weltweit tätig in 41 Ländern mit 98 Firmen; Mitarbeiterzahl rund 10.000
aus
Haustex 06/08
(Wirtschaft)