Interview des Monats: Estella Ateliers, Neustadt/Aisch

"Wir haben Begehrlichkeiten in unsere Kollektionen eingebaut"

Im vergangenen Jahr konnte der Bettwäsche-Spezialist "Estella - die besondere Bettwäsche" auf sein 25-jährigesBestehen zurückblicken. In diesem Jahr nun hat das Unternehmen Maßnahmen getroffen für eine noch klarere Positionierung im Markt, die seit der neuen Kollektion für Herbst/Winter 2008 sichtbar sind. Haustex besuchte das Unternehmen im Frankenland und sprach mit Geschäftsführer Michael Mosch und Susanne Popp, Assistentin der Geschäftsleitung, unter anderem über die Struktur des Unternehmens, die Positionierung der Estella Marken und den Zustand der Frankfurter Heimtextil-Messe.

Haustex: Herr Mosch, Frau Popp, nach allem was man so hört, geht es dem deutschen Bettenfachhandel nach einem recht ordentlichen ersten Quartal derzeit sehr schlecht. Wie sehen Sie die Lage?

Michael Mosch: Ich muss da mal eine Lanze für den Fachhandel brechen: Nicht nur er ist derzeit von einer Kaufverweigerung der Konsumenten betroffen, das zieht sich quer durch alle Handelsformen, auch die Konzernhäuser, die Einrichtungs- und Möbelhäuser. Wir erleben momentan keine Stöhnphase, da wäre das Ende irgendwann absehbar, vielmehr ist es eine echte Leidensphase. In den vielen Jahren, in denen ich in dieser Branche arbeite, habe ich es noch nie erlebt, dass man praktisch machtlos diese wirkliche Konsumverweigerung mit ansehen muss. Wir überlegen ja auch ständig, was man im Handel vielleicht anders machen könnte, aber gegen die derzeitige Situation scheint kein Kraut gewachsen.

Haustex: Glauben Sie nicht, dass es derzeit nur ein Sommerloch ist ?

Mosch: Nein. Aber es ist doch bezeichnend, dass die Sommerlöcher immer weiter ausufern. Nun hatten wir aber auch noch nie die Situation, dass der Literpreis von Benzin bei umgerechnet 3 Mark 20 liegt. Gestern habe ich über 250 Mark in meinen Autotank gesteckt, das ist mehr als eine Ausstattung von Estella-Bettwäsche.

Haustex: Wie geht es Estella angesichts der aktuellen Misere im Handel?

Mosch: Als Zulieferer haben wir erst einmal den Vorteil, dass wir in den Markt rein verkaufen. Wir sehen aber natürlich mit Sorgenfalten, wenn sich unsere Ware dann im Handel nicht entsprechend verkauft. Dann bekommen wir Probleme für die nächste Kollektion. Da kann die Ware noch so gut sein.

Susanne Popp: Wenn die Limite blockiert sind und auch noch entsprechende Warenwirtschaftssysteme dem Händler signalisieren, dass er eigentlich keine zusätzliche Ware mehr bräuchte, dann bekommt unser Außendienst nicht einmal den Koffer auf, um unsere Kollektion zu präsentieren, selbst wenn sie noch so gut ist, und wir haben wirklich wieder eine tolle Kollektion auf die Beine gestellt.

Mosch: Wir haben nicht gekleckert, sondern geklotzt und in den verschiedensten Artikelgruppen Begehrlichkeiten hineingebaut. Zum Beispiel haben wir in unserem Premium-Segment Schweizer Satin auch die Frage gelöst, ob es dazu auch ein 40x/80 cm-Kissen gibt. Das ist eine Größe, die in der Tendenz immer mehr zunimmt. Wir haben sie bislang immer als Sonderanfertigung ausgeliefert. Jetzt wollen wir einmal ausloten, wie der Handel und der Kunde es als Gratiskissen annehmen. Wir haben EK und VK nicht verändert, aber auf der Verpackung groß stehen: Achtung, 40/80-Kissen gratis.

Haustex: Das können Sie wohl kaum in den anderen Serien genau so gehandhabt haben.

Mosch: Nein, natürlich nicht. In unserer normalen Satin-Kollektion haben wir eine neue Lifestyle-Serie eingebaut, die mit vier Artikeln und einen um 20 Euro geringeren VK ein neues Preisbild darstellt. Dafür haben wir aber eine 2,5er Spanne. Wir haben nicht überhört, was der Handel sich wünscht, und alles was 2008 neu von uns auf den Markt kommt, hat eine Spanne von 2,5.

Haustex: Wie haben Sie das erreicht? Verzichten Sie selbst auf Marge?

Mosch: Zum einen hoffen wir natürlich auf zusätzliche Umsätze. Aber wir haben auch mit unseren Vorlieferanten gesprochen. Wir gehen mit größeren Stückmengen ins Risiko und hier müssen natürlich auch unsere Partner mitspielen. In schwierigen Zeiten darf nicht der Lieferant des Handels die Verantwortung allein tragen. Da nehmen wir unsere Lieferanten gerne mit ins Boot.

Popp: 10.000 statt 2.000 m Erstdisposition sind ein ordentlicher Auftrag, der für deutsche Verhältnisse nicht mehr so oft vergeben wird. Danach leckt man sich angesichts der Produktions- und Kostenvorteile schon die Finger.

Haustex: Macht Estella nur Druckbettwäsche?

Mosch: Nein, mit unserer Kreativität haben wir unser Ohr ganz nah am Markt. Wir spüren seit der Frühjahrskollektion eine Beruhigung in der Dessinierung. Sie ist, wie wir im Fränkischen sagen, nicht mehr so "krachert", hat also nicht so lautstarke Dessins mit schillernden Farben. Das ist nicht mehr angesagt, momentan überwiegt eine Tonigkeit, und davon sind wir mit unseren Geweben nicht weit entfernt, sei es als Jacquard- oder Schaftgewebe, oder einfache Unis, die wir für die Herbstkollektion berücksichtigt haben.

Haustex: Wie viele Dessins zeigt Estella in einer Kollektion?

Popp: Das sind zwischen 50 und 60. Unsere Kunden wollen zweimal im Jahr neue Dessins sehen und ordern. So genannte "Durchläufer" werden eher selten nachgeordert. Ein sehr bekannter Fachhändler in einer Großstadt hatte einmal ein tolles Fenster mit unserer Ware dekoriert und an einem Tag den gesamten Bestand von 30 Garnituren verkauft. Statt nachzuordern wurde umdekoriert, weil die Stadt für das Dessin angeblich nicht mehr aufnahmefähig war.

Haustex: Wie steht Estella, um noch einmal darauf zurückzukommen, momentan im Markt da?

Mosch: Wir haben nicht erst seit heute einen gewissen Mix. Wir müssen auch das Aktionsgeschäft bedienen. Zwar ist der Schlussverkauf offiziell abgeschafft, aber der Handel möchte auf solche Aktionen nicht gerne verzichten. Wir unterstützen so etwas auch nicht ungern. Denn wir hoffen, dass derjenige, der Estella einmal über den Preis probiert hat, später wieder auf uns zurückgreift. Wir haben unter unseren Endverbrauchern sehr viele Wiederholungstäter.

Haustex: Woher wissen Sie das?

Popp: Durch die Rückläufe unserer Zufriedenheits-Antwortkarten, die den Verpackungen beiliegen. Wir lernen aus diesen Antworten sehr viel: Wo der Kunde gekauft hat, welche Qualität er bevorzugt, welche Lieblingsfarbe er hat, und vor allem, welche Größe er gekauft hat.

Mosch: Wir geben auch Antworten vor und fragen danach, ob die Beratung gut war. Das ist ein Punkt, der leider sehr selten angekreuzt wird. Das zieht sich quer durch alle Vertriebsschienen, wobei man sagen kann, dass tendenziell das Problem umso größer ist, je größer auch das Haus ist.

Haustex: Bei welchen Vertriebsformen liegt Estella-Bettwäsche?

Mosch: Wir sind vertreten im Fachhandel, in Konzernhäusern, Einrichtungshäusern und bei Spezialversendern.

Haustex: Und welchen Anteil des Marktes bedient Estella in Deutschland?

Mosch: Mit Estella und Happy Hours bedienen wir rund 30 Prozent des Volumens, maximal.

Haustex: Ist die Handelssituation, die Stimmung im Ausland vergleichbar mit der in Deutschland?

Mosch: Gott sei Dank betreiben wir seit mehr als 20 Jahren Export. Wir haben Exportmärkte, die uns richtig Freude bereiten. Japan läuft ganz hervorragend und seit ein, zwei Jahren kommt auch Russland hinzu, im Prinzip eigentlich nur Moskau, wo die derzeit fast tumultartige Verkaufsszene stattfindet. Ich muss der Messe Frankfurt in diesem Zusammenhang einmal gute Arbeit in diesen Märkten attestieren. Was wir auf der Heimtextil in diesem Jahr bis zur letzten Minute am Samstag an russischen Interessenten hatten, und dazu zähle ich auch einige ehemalige russische Länder, war bemerkenswert. Die scheinen sich alle ins Bett verguckt zu haben. Eine ganz tolle Entwicklung.

Haustex: Und wie sieht es mit dem EU-Markt aus?

Mosch: Es läuft im Prinzip überall im Ausland besser als in Deutschland. Zwar wird inzwischen auch in Österreich und der Schweiz geklagt. Aber generell geht es uns im Ausland wirklich bestens.

Haustex: Kann man daraus schließen, dass es Estella auch insgesamt gut geht?

Mosch: Wir sind nicht voller Euphorie, aber auf die Gesamtsituation bezogen geht es uns besser als anderen. Nun ist 2008 auch ein um so schwierigeres Jahr, da wir mit unserem Jubiläumsjahr 2007 eine hohe Hürde haben. Aber wir arbeiten derzeit auf dem gleichen Niveau wie im Vorjahr, soviel können wir sagen, ohne Umsätze nennen zu wollen. Wir waren in den letzten Jahren aber sicherlich auch erfolgsverwöhnt und können nun um so schwerer mit negativen Dingen umgehen. Jedes zweite Jahr ein Plus schafft ja jeder.

Haustex: Wie ist Estella unternehmerisch aufgestellt?

Mosch: Estella Ateliers gehört zur HK Holding AG , deren Vorstand aus dem Alleinaktionär Helmut Kühnl und seiner Frau Sonja besteht. In der Holding sind im Inland noch die Schwesterfirmen Fränkische Bettwarenfabrik FBF, Erbelle und die HK Verwaltungsgesellschaft. Im Ausland gehören zur Holding die Produktionsbetriebe in Polkowice/Polen und Pribram/Tschechien, die FBF Österreich und die Twenthe Group in Belgien. Twenthe ist ein führender Bettwäscheanbieter in Belgien mit einem Umsatz von mehr als 5 Mill. Euro.

Haustex: Und Estella Ateliers führt also die drei Marken Estella, Happy Hours und Sara Hamilton?

Mosch: Estella ist derzeit nur mit den zwei Marken Estella und Happy Hours am Markt. Sara Hamilton sollte die romantische Kreativität vollends anders darstellen als Estella und Happy Hours. Aber wir haben erkannt, dass wir uns damit kannibalisieren - daher ruht diese Marke. Die beiden verbliebenen Marken sind differenziert nach Stilrichtung und Konsumentenansprache. Happy Hours ist eher jung ausgerichtet, und Estella spricht die Anfangsaltersstufe ab etwa 35 Jahre an.

Popp: Mit jung gestalteter Bettwäsche unter Estella hätten wir im Handel nur zur Verwirrung beigetragen. Es wäre die Frage aufgekommen, warum die eine Garnitur in klassischer Stilrichtung und einer Altersansprache um die 40 Jahre 99,95 Euro kostet und die jünger ausgerichtete Garnitur unter dem gleichen Namen 30 oder 40 Euro weniger. Das hätte niemand verstanden.

Mosch: Damit sind wir aber noch weit entfernt von den unteren Preislagen. Da kostet heute eine Garnitur, wie gestern erst wieder in einem Möbelhaus gesehen, zwischen drei und fünf Euro. Dazu ein Spannbetttuch für sage und schreibe 78 Cent. Kaufen Sie sich also keine Putzlumpen mehr, sondern Bettlaken. Auch wenn es sich um eine Lagerräumung handeln sollte, so verzweifelt ist heute der Markt. Man versucht den Kunden auf diese Art in die Häuser zu bekommen, aber ob der dann auch noch andere Dinge kauft?

Haustex: Bauen Sie also künftig auf eine reine Zweimarken-Strategie?

Mosch: Das habe ich damit nicht gesagt. Vielleicht haben wir für unsere Partner noch Überraschungen im Köcher. Es könnten durchaus Marken, die es schon im Markt gibt, noch hinzukommen.

Haustex: Wann könnte das sein?

Mosch: Lassen Sie sich überraschen.

Haustex: OK, anderes Thema. Was leistet Estella selbst, was wird zugekauft?

Mosch: Neben der Verwaltung und dem Vertrieb verfügen wir über eine eigene Design-Abteilung und die zwei Produktionsbetriebe in Polkowice und Pribram. In Deutschland beschäftigen wir 76 Mitarbeiter einschließlich sechs Reisenden für Deutschland und zwei Reisenden für Österreich. Der Außendienst vertreibt beide Marken. Wir kaufen das Gewebe zu und lassen es ausrüsten, veredeln und bedrucken. Die Konfektion findet in den beiden ausländischen Betrieben statt. Mir fällt kein deutscher Mitbewerber ein, der noch über eine eigene Konfektion verfügt. Dort beschäftigen wir insgesamt 81 Mitarbeiter.

Haustex: Wie ist Ihre Hauptmarke Estella im Markt positioniert?

Popp: Wir decken die gepflegte Mitte und das obere Genre ab. Mit unserem Premiumprodukt, dem Schweizer Satin, liegen wir preislich bei 120 Euro, aber da ist die Luft im Handel schon sehr gefiltert.

Haustex: In dem Segment ist Estella nicht allein. Wie differenzieren Sie sich vom Wettbewerb?

Mosch: Die Ware muss so schön sein, dass sie vom Konsumenten der Ware von anderen Anbietern vorgezogen wird. Wir legen gesteigerten Wert auf aufwändigste Kreativität, zum Beispiel was im Druckbereich die Gravuren angeht. Da sparen wir an keiner Farbe, es können auch mal 16 oder 18 sein, wenn dann der Gegenwert erkennbar ist - sei es durch Farbverläufe, Rapporthöhen oder Druckverfahren wie Intermitting.

Haustex: Was ist unter Intermitting zu verstehen?

Mosch: Dabei handelt es sich um eine relativ neue Drucktechnik, die es erst seit drei oder vier Jahren gibt. Wir sind seinerzeit ziemlich schnell auf diesen Zug aufgesprungen. Es ist eine Weiterentwicklung des Flachrahmendrucks, bei der ein Rapport in den anderen übergreift. Ein sehr aufwändiges Druckverfahren, denn ein Druckzylinder ist wesentlich preiswerter als ein ganzer Rahmen. Aber in der Wertigkeit kommt so ein anderes Bild zustande als in dem Einerlei, das im Markt vertreten ist.

Haustex: Bleibt nur zu hoffen, dass der fachlich unbeschlagene Kunde den hohen Aufwand des Intermittings auch erkennt und schätzt.

Mosch: Das geht natürlich am besten durch eine offene Präsentation der Ware. Das sollte im Handel eigentlich gang und gäbe sein. Im Handel sollten lieber zehn Betten dekoriert sein als zehn Schütten mit Bettwäsche stehen. Nur mit dem original dekorierten Bett verkaufe ich Bettwäsche. Ein Rechenbeispiel: In der verpackten Bettwäsche ist vom Dessin gerade mal eine Fläche von 0,1 qm zu sehen. Ein Doppelbett zu Hause hat aber eine Fläche von 6,8 qm. Also muss der Kunde das Muster in der Verpackung mal 68 multiplizieren, um sich das Muster auf dem Bett vorzustellen. Bei großflächigen Mustern kann das gar nicht funktionieren. Das muss man einfach dekorieren oder zumindest präsentieren. Also ist die Kreativität ein Baustein, um sich zu profilieren, aber auch die Qualität der Ware. Es funktioniert nicht, in diesem Punkt auf Kosten der Qualität heimliche Erträge zu erzielen. Da hängen wir im Schraubstock. Qualitätsverbesserungen sind jederzeit möglich, aber nur über höhere Kosten. Das 40/80-Kissen ist ein weiterer Baustein dafür, dass unsere Garnitur zur Kasse gelangt. Kreativität allein reicht nicht aus, wenn sie beim Händler nicht rüberkommt. Wir fügen der Verpackung ja auch noch Informationen an, damit die Verkäuferin oder der Verkäufer auch ablesen kann, was genau verkauft wird. Bei der Kernkompetenz der Fach- und Produktkenntnisse liegt im Fachhandel noch ein großer Schlüssel für die Zukunft.

Popp: Zum Beispiel schreiben wir die Feinheit des Gewebes auf die Verpackung, oder dass wir einen Garantie-Reißverschluss haben. Wir waren mit die ersten, die Reißverschlüsse in die Bettwäsche eingenäht haben. Einige Konsumenten bezweifelten aber anfangs wegen ihrer schlechten Erfahrungen mit Reißverschlüssen in Bekleidung, dass das gut gehen würde. Es sind aber so wenige Garnituren zurückgekommen, dass wir uns entschlossen haben, den Garantieverschluss auszuloben. Wir geben auf die Funktion des Reißverschlusses eine lebenslange Garantie.

Mosch: In der Preislage, in der wir uns bewegen, müssen wir einfach optimale Qualität und Kreativität bringen, mit einem entsprechenden Service, sehr viel Service.

Haustex: Was bietet Estella in der Richtung?

Mosch: Wir stellen dem Handel Verkaufsmobiliar gratis zur Verfügung. Wenn wir die Chance haben, in seinem Geschäft eine Estella-Fläche aufbauen zu können, dann sind wir auch gerne dazu bereit, ihm das Mobiliar dafür zur Verfügung zu stellen.

Haustex: Das ist sicherlich nicht preiswert für Ihr Unternehmen.

Mosch: Sicherlich. Aber wie kann ich von einem Händler erwarten, dass er nur unsere Produkte auf diesem Warenträger präsentiert, wenn er sich an der Finanzierung des Möbels beteiligt hat? Wenn ich draußen im Handel bin und entdecke auf einem Estella-Warenträger fremde Ware, greife ich sie eigenhändig und lege sie woanders hin. Das sage ich aber auch dem Händler. Ich bringe dann gerne das Beispiel, dass er sich eine zweite Garage baut und sich dann sein Nachbar dort reinstellt. Dann hat es auch der letzte verstanden.

Popp: Wir müssen einfach so gut sein, dass unser Kunde gar nicht auf die Idee kommt, etwas anderes als unsere Bettwäsche zu dekorieren. Darum bieten wir ihm durch unsere Prospekte, in denen wir unsere Ware nach Themen dekoriert haben, auch Anregungen dafür, wie er es machen könnte. Wir haben das in den letzten Jahren eigentlich immer erfolgreich gemacht, und wir werden das auch in Zukunft so handhaben.

Haustex: Wie viele Flächen hat Estella derzeit im Handel installiert?

Mosch: Zurzeit sind es rund 250. Wir kommen jedoch allmählich an den Punkt, an dem wir überlegen, wo für uns noch ein Verkaufspunkt sein könnte. Es kommen sicher noch weitere Partner hinzu, wenn die Besinnung vom Mitnahmemarkt zur Markenabteilung weiter wächst. Man kommt im Handel immer mehr zu der Überzeugung, dass man gegen Discounter eine Chance hat.

Popp: Seit der Frühjahr/Sommer-Kollektion dieses Jahres haben wir auch unser Wertsiegel auf der Verpackung, die Langliebigkeitsgarantie. Das ist kein Schreibfehler, das Wort hat Estella erfunden. Wir wollen damit zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. Estella-Bettwäsche hält zu lange (ironisch gemeint), also Langlebigkeit. Darum ist Estella aber auch die Lieblingsbettwäsche der Endverbraucher, sie lieben sie. Daher die Wortschöpfung Langliebigkeitsgarantie. Außerdem haben wir die Produktverpackung aufwändiger gestaltet. Wir wissen, dass die Verpackung sehr wichtig für den Verkauf ist. Wir haben den Slogan "Ambiente für mein Bett" wegen unseres guten Exportgeschäfts ersatzlos gestrichen. Denn alles was auf Deutsch zu lesen ist, müsste für den Export extra ins Englische übersetzt werden. Weil jetzt nur noch das Logo auf der Verpackung ist, wollten wir es besonders schön haben. Wir haben uns für einen aufwändigen Silberprägedruck entschieden. Diese Verpackung kostet uns 40 Cent mehr, die wir natürlich nicht an den Handel weiterreichen können, obwohl wir ihm damit eine Verpackung zur Verfügung stellen, die den Abverkauf steigert. Denn das hat sich schon bewiesen, es wirkt: Die 99,95 Euro sind es mit der neuen Verpackung eher wert als mit der alten. Damit haben wir unser Ziel der Wertsteigerung schon erreicht.

Mosch: Auf der Rückseite bleiben wir bei dem großformatigen Foto des gesamten Dessins, damit sich der Kunde eine genauere Vorstellung davon machen kann. Im Übrigen packt man bei der Preisklasse um 100 Euro im Durchschnitt vier Garnituren aus, um die fünfte dann zu verkaufen. Daher wäre ja auch eine großflächige Präsentation der Ware optimal, gleich mit der verpackten Ware daneben.

Haustex: Anderes Thema, die Komfortgröße. Wie entwickelt sie sich im Handel?

Mosch: Wir verfolgen das akribisch durch unsere Verkäufe und die Antwortkarten. Anteilig liegen wir bei dieser Größe sehr gut. Wer bereit ist, in der Estella-Klasse zu investieren, der hat sehr oft diese Größe. Bei uns hat das Maß 155/220 cm einen Anteil von rund 15 Prozent. Es muss schon eine gewisse Marktdurchsetzung haben, denn sonst würden die Discounter sich beim Endverbraucher mit dieser Größe nicht profilieren wollen. Da sehen sie ja schon mal Bettwäscheseiten in den Prospekten nur mit der Komfortgröße.

Haustex: Hat der Fachhandel angesichts der Konkurrenz der Billiganbieter, wie den Discountern, überhaupt noch eine Zukunft?

Mosch: Sicherlich wird es in Zukunft keine Drei-Klassen-Gesellschaft mehr geben und stattdessen zwei Klassen. Ich prognostiziere aber, dass die Mittelschicht nicht komplett in die dritte Schicht weitergereicht wird. Ein Großteil wird sich auch in de erste Schicht begeben. Diese Konsumenten achten nicht in erster Linie auf den Preis, sondern auf Schönheit, Kreativität, Qualität und Funktionalität. Unsere Aufgabe wird es sein, für Bettwäsche in der Oberliga noch mehr Funktion einzubringen. Der Kunde muss für die jeweilige Saison bei der neuen Kollektion das Gefühl haben, dass die Bettwäsche nicht wie die im Schrank aussieht. Das können dann auch mal wieder die "kracherten" Dessins sein. Spätestens dann, wenn alle Dessins im Handel ruhig sind, dann muss es eine neue Szenerie in den Schaufenstern geben.

Popp: Wir merken schon, dass die Endverbraucher wieder mehr Hochwertiges kaufen. Lieber kaufen sie auf Grund von früheren Fehlkäufen alle zwei Jahre etwas Vernünftiges, was dann auch lange hält, als alle sechs Monate etwas Neues.

Mosch: Heute trifft mehr denn je zu, was John Ruskin von rund 150 Jahren geschrieben hat. Ich zitiere "Es ist unklug, zu viel zu bezahlen, aber es ist noch schlechter, zu wenig zu bezahlen. Wenn Sie zu viel bezahlen, verlieren Sie etwas Geld. Das ist alles. Wenn Sie dagegen zu wenig zahlen, verlieren Sie manchmal alles, da der gekaufte Gegenstand die ihm zugedachte Aufgabe nicht erfüllen kann."

Haustex: Ist das nicht nur ein frommer Wunsch?

Popp: Nein, denn sonst hätte so ein Produkt wir unser Schweizer Satin gar nicht im Markt implantiert werden dürfen - eine noch teurere Bettwäsche als die, die es von uns schon gibt. Hier wird der Gegenwert erkannt, denn er ist reell. Ich habe das wesentlich feinere Gewebe von der Einstellung und vom Garneinsatz, und wir gehen von der Dessinierung auch ein wenig klassischer oder wie jetzt in der Herbstkollektion in die maskuline Richtung.

Haustex: Welches Ziel verfolgt Estella mit der Kooperation mit Hukla bei Matratzen und jetzt auch Sanders bei Bettwaren.

Mosch: Wir haben beide als Lizenznehmer gewinnen können, weil wir die Kompetenz rund ums Bett haben wollen. Die Idee ist ja nicht neu. Wir verhandeln derzeit auch mit einem Mitspieler über eine Frottierlizenz, eine Deckenlizenz soll auch noch hinzukommen. Also sollte es eines Tages Estella rund um Haustextilien geben.

Haustex: Wie wird denn derzeit diese Lizenzpartnerschaft gelebt? Ist es nicht mehr ein Nebeneinander als ein Miteinander?

Mosch: Ja, aber weil die Produkte Matratze und Bettwaren auf der Fläche woanders liegen als die Bettwäsche. Aber es entstehen auch hier Flächen, wo man das Thema Schlafen als Komplexes darstellen wird. Solche Flächen sind in Arbeit, das Sortiment darf nicht mehr auseinander gezogen werden. Das neue Präsentieren heißt Schlafen und nicht Matratzen-, Bettwaren- und Bettwäscheabteilung.

Popp: Das liegt ja auch daran, dass der Einkauf oft getrennt organisiert ist.

Mosch: Wir können nicht gegen eine Ordnung des Marktes kämpfen, aber wir sehen mit großem Interesse und in freudiger Erwartung, dass es Schlafabteilungen geben wird, nicht im ersten, zweiten oder gar dritten Obergeschoss, sondern in guten Lagen, wo man sich um das Thema Schlafen in guter Qualität bemüht. Wir arbeiten gemeinsam mit unseren Lizenzpartnern an einer ersten gemeinsamen Fläche bei einem Kunden. Bis zur nächsten Heimtextil sollte diese Fläche zu besichtigen sein.

Haustex: Wo sehen Sie Zukunftschancen für den Bettenfachhandel?

Mosch: Erst einmal muss die Nachfolge geregelt sein. Häufig erfolgen Betriebsschließungen nicht wegen einer prekären Kassenlage, sondern weil keiner das Geschäft übernehmen oder anmieten möchte. Außerdem muss das Personal für die Zukunft getrimmt sein. Wer obendrein noch das Beziehungsmanagement beherrscht, der macht auch morgen noch den Umsatz. Wer kann denn 99 Euro für eine Bettwäsche-Garnitur ausgeben? Das sind Leute, die einen gewissen Anspruch stellen. Sie erwarten zu Recht, dass sie für ihren Kauf Anerkennung erhalten, einen verbalen Klaps auf den Rücken, oder dass sie nach dem Matratzenkauf vier Wochen später angerufen und gefragt werden, wie es denn mit dem guten Stück klappt. Wie wenige Händler können denn heute überhaupt ein Direct-Mailing durchführen? Preiswerter kann man doch gar nicht werben, als einen Kunden anzusprechen auf seine Bettdecke im Format 155/220 cm und ihm dazu ein interessantes Bettwäsche-Schnäppchen anzubieten. Anzeigenwerbung in der Zeitung ist dem gegenüber teuer und steht inmitten von negativen Nachrichten. Wie soll man da positiv Werbung fürs eigene Unternehmen machen? Also klare Aussage: Man hat durchaus Chancen, muss allerdings auch initiativ werden. Außerdem hat der Fachhandel den Vorteil, dass man ein kleines Boot leichter auf einen neuen Kurs bringen kann als einen großen Ozeanriesen.

Popp: Neben der Rückkehr zur Qualität durch die Konsumenten beobachten wir auch, dass sich unsere Kunden Gedanken um die Qualifikation der Mitarbeiter machen, egal ob Einrichtungshäuser, Konzernbetriebe oder Bettenfachhändler. Dort wird geschult, werden Lehrgänge abgehalten. Nur wer geschult ist, kann den Funken der Ware rüberbringen. Wir veranstalten auch selbst Schulungen in Neustadt. Früher haben wir so etwas viermal im Jahr gemacht. Inzwischen kann der Fachhandel sein verbliebenes Personal leider gar nicht mehr abstellen zu solchen Schulungen. Unser Thema war : Ich verkaufe lieber hochwertige Bettwäsche. Das Problem ist doch, dass jeder Verkäufer seine eigene Preisgrenze im Kopf hat. Und wenn die bei einem Produkt überschritten wird, bekommt er ein schlechtes Gewissen und entschuldigt sich gerne mit einem Spruch wie: Wir haben da aber auch noch günstigere Bettwäsche. Darum muss das Verkaufspersonal genau wissen, warum eine Ware was wert ist. Und das funktioniert nachweislich, denn bei den Kunden, deren Personal wir geschult haben, haben wir Ware nachschreiben können und der Abverkauf lief speziell im regulären Preisbereich besonders gut.

Haustex: Kommen wir zu einem anderen Thema, der Heimtextil-Messe. Aussteller wie Paradies oder Billerbeck Deutschland werden im kommenden Januar nicht mehr dabei sein. Wird Estella kommen?

Mosch: Wir haben mit der Messeleitung gesprochen, weil wir nicht noch einmal das erleben wollen, was wir in diesem Jahr erlebt haben. Ich habe klar gesagt, dass wir uns große Sorgen um die Heimtextil machen, und die Messe hat versprochen, es im kommenden Jahr besser zu machen. Nach allem was ich weiß, wird die Halle 9.3 geschlossen. Die Halle 8 soll wieder der Platz für deutsche Premium-Produkte werden. Es sollen auch wieder Frottierhersteller in die Halle kommen. Wir selbst müssen zur Messe kommen, wir wären die letzten, die der Heimtextil fernbleiben könnten. Selbst am letzten Messetag sind in diesem Jahr Interessenten bis 18 Uhr auf unseren Messestand gekommen. Wir hätten allerdings gerne den Dienstag anstatt des Samstags als Messetag. Das Argument zieht nicht mehr, dass der Einzelhandel aus der Region am Samstag kommt. Und die Einkaufsentscheider im Angestelltenverhältnis kommen ungern an einem Samstag. Außerdem liegt der Messetermin zu früh.

Haustex: Dieses Fass sollte man nicht auch noch aufmachen.

Mosch: Warum nicht? Es gibt mehrere Gründe, die gegen einen Januar-Termin sprechen. Zum einen bereitet der Handel seinen Schlussverkauf vor und zum anderen weiß man zu dem Zeitpunkt auch schon, was das Weihnachtsgeschäft an Ware nicht entsorgt hat. Mit welcher Euphorie soll der Handel dann zur Messe fahren? Wir bräuchten eine Heimtextil im April/Mai, eventuell mit der Tendence zusammen, oder einer ähnlichen Veranstaltung, die unsere Kerngruppe erreicht. Das zweite Halbjahr ist nun einmal für die Haustextilien mit einem Umsatzanteil von rund 55 Prozent das wichtigere. Ich hoffe nur, dass die ausländischen Kunden alle nach Frankfurt kommen, denn Ende Januar haben wir eine Messe in Paris. Die Möbelhersteller haben im Übrigen das gleiche Problem mit der Möbelmesse in Mailand. Beide Standorte sind, nicht zuletzt auch was die Gestaltung der Abendfreizeit angeht, deutlich attraktiver als Frankfurt oder Köln.

Haustex: Einige Einzelhändler loben sehr die Maison & Objet in Paris. Wäre das etwas für Ihr Unternehmen?

Mosch: Unsere Schwesterfirma Twenthe Groep hat sich seinerzeit aus der Halle 9.2 in Frankfurt verabschiedet und geht seitdem nach Paris. Auch wir wollen uns dort verwirklichen.

Haustex: Was bietet Estella seinen Kunden für die neue Saison, das zweite Halbjahr?

Mosch: Neben einer tollen Kollektion gehen wir mit einem neuen Auftritt in den Markt und dem Motto: Feel the difference. Diesen Claim kombinieren wir mit einem unserer Meinung nach sehr stimmungsvollen Motiv, das wir auf Aufstellern und Bannern zeigen werden. Wir spinnen damit den Faden weiter, den wir in diesem Frühjahr mit der Langliebigkeitsgarantie begonnen haben. Das Motiv und der Claim sind langfristig angelegt und werden nicht nur eine Saison kommuniziert. Wir haben uns beim Motiv für ein sehr emotionales Leitbild für Estella entschieden. Das ist unsere Estella, die man auf dem Foto sieht.


Estella Ateliers Firmentelegramm

Estella Ateliers
Die besondere Bettwäsche GmbH
Josef-Kühnl-Weg 1-3 91413 Neustadt/Aisch
Tel.: 09161/660-15 Fax: 09161/660-77
E-Mail: info@estella.de Web: www.estella.de

Geschäftsführer:Michael MoschPeter Ulmer

Chronik: Aus der 1948 von Joseph und Wilfrieda Kühnl gegründeten Lohnstickerei gingen im Jahre 1979 die Marken FBF bed & more und Estella hervor. Die Produktpalette von FBF reicht von Hotelbetten und Bettwaren bis zu Bett-, Frotier- und Tischwäsche für das Objektgeschäft. Der textile Fachhandel wird mit hochwertiger, moderner Bettwäsche unter dem Markennamen "Estella - die besondere Bettwäsche" beliefert. Um für beide Schwerpunkte eine entwicklungsfähige Infrastruktur zu gewährleisten, fungieren die Estella GmbH und die Fränkische Bettwarenfabrik GmbH, neben diversen Töchtern im Ausland, seit dem 1. Juli 1996 als eigenständige Unternehmen unter der HK Holding AG des Besitzers Helmut Kühnl.
Marken: Estella, Happy Hours

Produktprogramm: Bettwäsche, Spannbetttücher
Produktionsstandorte:
- Polkowice / Polen
- Pribram / Tschechische Republik
Vertriebskanäle: Fachhandel, Einrichtungshäuser, Konzernhäuser, Spezialversender.
Mitarbeiter:
- Deutschland 76 (einschließlich Reisende)
- Polen und Tschechien 81
Absatzmärkte: Deutschland, EU, Russland, Japan
Exportanteil: rund 30 Prozent
aus Haustex 08/08 (Wirtschaft)