Interview des Monats: Robert Bieger und Andreas Merz, Kährs Parkett Deutschland
"Wir wollen dem Holzhandel mehr Wertschöpfung bieten"
Vor wenigen Wochen verabschiedete die Nybron Flooring International (NFI) mit Sitz in Jona/CH für ihren Unternehmensbereich Kährs einen Zukunftsplan. Danach wird Kährs Deutschland, einer der bedeutendsten Partner des Holzhandels, künftig von Bodelshausen aus neben dem wichtigen deutschen Markt auch wesentliche europäische Märkte verantwortlich bearbeiten und betreuen.
In Deutschland bekennt sich der schwedische Parketthersteller klar zum Holzhandel, der etwa 90% des Kährs-Umsatzes auf sich vereint. Eine selektive Belieferung von Spezialisten, z. B. Objekteuren wird auch für die Zukunft gewährleistet. Dabei setzt das internationale Unternehmen auf Verbesserung der Wertschöpfung statt auf Mengenwachstum. ParkettMagazin hat nachgefragt und zu einem Redaktionsgespräch nach Hamburg eingeladen. Marketingleiter Andreas Merz und Geschäftsführer Robert Bieger berichteten umfassend über die aktuelle Situation des schwedischen Parkettherstellers, über die Zusammenarbeit mit dem Holzhandel und über zusätzliche Aufgaben, die jetzt in Bodelshausen übernommen werden.
ParkettMagazin: Über welchen Kanal vertreiben Sie Ihre dreischichtigen Parkette und Landhausdielen in Deutschland?
Robert Bieger: Unser Vertriebskanal ist der Holzfachhandel. Ganz klar und fast ausschließlich. Der Anteil des Holzhandels liegt bei 90%. Wir glauben ohnehin, dass man sich als Premiummarke nur mit klarer Ausrichtung der Vertriebskanäle positionieren kann. Glaubwürdigkeit im Tun spielt dabei eine große Rolle. Deswegen haben wir uns entschieden, ausschließlich im Fachhandel zu sein. Es gibt auch den einen oder anderen Nicht-Holzhändler, mit dem wir zusammenarbeiten, aber grundsätzlich sind es immer Fachgeschäfte mit hochwertigster Ausstellung, Preisdisziplin und guter Fachberatung.
ParkettMagazin: Wäre auch der Bodenbelagshandel für Sie interessant?
Bieger: Ja, der Bodenbelagshandel interessiert uns, aber selektiv. Bisher haben wir den Bodenbelagshandel mit Argusaugen betrachtet, weil die Vermarktung von Dreischichtparkett über den Bodenbelagshandel eher nicht unseren Vorstellungen entsprochen hat. Starke Preisorientierung und Kompetenzprobleme waren dafür die Hauptgründe. Wir haben nicht feststellen können, dass dort auf Wertschöpfung, wie wir sie verstehen, geachtet wurde.
Aber man muss sicherlich wie in fast jedem Vetriebskanal bereit sein, zu unterscheiden. Es gibt in jedem Vetriebskanal Unternehmen, Unternehmer und Mitmenschen, die aus unserer Sicht intelligente oder weniger intelligente Konzepte verfolgen. Wir sehen es also heute differenzierter und haben begonnen, mit dem einen oder anderen aus der Bodenbelagsbranche zusammenzuarbeiten. Immer unter der Prämisse, dass unser Hauptvertriebskanal der Holzhandel ist und bleibt. Daran wird sich nichts ändern.
ParkettMagazin: Wenn man überhaupt von Wachstum sprechen kann, wo sehen Sie zur Zeit in Deutschland Potenzial?
Bieger: Wir glauben nicht, dass es im Moment in Deutschland Mengenzuwächse im Parkettgeschäft gibt, und erstaunlicherweise beobachten wir stärkere Rückgänge bei preisgetriebenen Standardprodukten als im Topsegment, auch prozentual.
Es gibt noch Potenzial beim Wertzuwachs, weil das Designing und die Vermarktung von Parkett als exklusives Einrichtungsprodukt noch lange nicht ausgereizt sind. Den Beweis für dieses große Wertschöpfungspotenzial haben wir selbst erbracht, weil wir es in den letzten zwei bis drei Jahren geschafft haben, deutliche Wertzuwächse durch eine Erhöhung des Anteils von Produkten mit hoher Differenzierung für unsere Partner im Fachhandel zu generieren.
ParkettMagazin: Wie ist es möglich, in heutiger Zeit das Preisniveau anzuheben?
Bieger: Der Produktmix unserer Partner hat sich signifikant verbessert durch die Veränderung des Fokus von preisgetriebenen Standardprodukten zu hochwertigen Desingprodukten, die sich vom Markteinerlei abheben. Bei Kährs Deutschland haben diese Differenzierungsprodukte einen Anteil von über 60%. Dabei handelt es sich um Einstab-Landhausdielen und Zweistab-Dielen mit besonders breiten und langen Lamellen und Dreistab-Schiffsböden mit modernen Design-Features wie Bürstung, Kolorierung, etc. Ganz wichtig ist es zu verstehen, dass es möglich ist, sogar einen preisorientierten Kunden dazu zu bringen, dass er wohl in den wenigsten Fällen eine Landhausdiele kauft, aber z.B. statt eines Dreistab-Buchebodens einen farblich designten Schiffsboden oder gar einen Zweistab-Boden. Wir sind also nicht so vermessen, unseren Fachhändlern zu erzählen, dass man einem Kunden, der eine Kaufhausarmbanduhr sucht, eine Rolex verkaufen kann. Aber statt einer Kaufhausarmbanduhr kann man ihm eine wertige, moderne Uhr verkaufen.
Unsere Partner verabschieden sich mit unserer Strategie also nicht vom Massenmarkt, sondern nutzen das Einkaufsverhalten vieler Kunden, ein mittelpreisiges Produkt mit moderner Ausstattung und Marke dem einfachen Einheitsmassenprodukt vorzuziehen. Durch die Marke Kährs aus Schweden und durch die einmalige Produktkonfiguration der besonderen Dicke und Breite der Kährs Produkte fällt es dem Fachhändler zusätzlich leichter, den höheren Preis zu rechtfertigen.
Andreas Merz: Als wir vor drei oder vier Jahren die Entscheidung getroffen haben, dass wir im gehobenen Marktsegment wachsen wollen, haben wir alles darauf ausgerichtet, den Durchschnittswert unserer Produkte nach oben zu bringen, ohne das Dreistab-Geschäft zu vernachlässigen. Dazu haben unsere Marketing-Entscheidungen mit Erfolg beigetragen. So wurde beispielsweise vor zwei Jahren ein Ausstellungssystem entwickelt, in dem nicht nur Produkte gezeigt, sondern auch Ambiente und Hochwertigkeit vermittelt werden. Das trägt jetzt Früchte.
Bieger: Es sind die notwendigen Maßnahmen und Instrumente, die einem Fachgeschäft zum Erfolg verhelfen. Dazu gehört vorrangig ein Studio auf höchstem Niveau, hochwertigste Marketingmittel, wie unser 100-seitiges Kährs Magazin und anspruchsvolle Veranstaltungen, wie beispielsweise unsere Design-Seminare.
ParkettMagazin: Folgt der Holzhandel Ihrer strategischen Ausrichtung? Wie viel Geld muss für eine derartige Präsentation in die Hand genommen werden?
Bieger: Wir haben in den letzten anderthalb Jahren über 70 neue Ausstellungen in Deutschland realisiert. Dabei handelt es sich um Ausstellungen mit einem Investitionsvolumen von 3.000 bis über 15.000 EUR. Es sind Komplettlösungen wie man sie heute auch bei Modellabels als Shop-in-Shop-Lösungen sieht.
Die Kunden des Fachhändlers, seien es Endverbraucher oder Architekten, erkennen sofort die Hochwertigkeit und Exklusivität, die aber nicht übertrieben oder gar arrogant daher kommt.
ParkettMagazin: Welche weitere Unterstützung bieten Sie dem Holzhandel?
Merz: Wir stellen dem Fachhandel Zeitungsbeilagen in einer Auflage von mehreren Millionen Exemplaren zur Verfügung. Derzeit wird wieder eine Auflage fertig gestellt. Gestaltet ist diese wie eine hochwertige Interieurzeitschrift. Solche Vermarktungskonzepte sollen beim Endverbraucher starke Emotionen zum Thema Einrichten mit Holzfußböden wecken. Die Beilagen von Kährs sollen sich in Qualität und Inhalt mit den Premiummarken im Konsumgüterbereich (z. B. Bang & Olufsen) messen lassen - nicht aber der Abklatsch einer billigen, preisaggressiven Baumarktbeilage sein, wie wir es immer noch häufig in unserer Branche sehen.
Wir haben die Fachhändler erstmals in die Planung und in die Gestaltung mit einbezogen und drei Titelmotive zur Auswahl gestellt. So konnte jeder Händler seine eigene, individuelle Beilage gestalten, zumal es auch Raum für ein eigenes Interview gab.
Bieger: Dadurch schafft man den persönlichen Bezug. Das ist sehr hochwertig, sehr individuell und sehr persönlich gedacht. So soll sich der Händler als Top-Fachgeschäft darstellen und nicht als "Baumarkt".
ParkettMagazin: Wie viel Händler beliefert Kährs in Deutschland? Gewährt Kährs Gebietsschutz?
Bieger: Wir haben 250 Partner mit Exclusivitätsstatus. Diese Fachhändler betreiben etwa 300 Outlets. Hinzu kommen weitere 100 Händler ohne diesen Status. Die A-Händler genießen Vertriebsschutz. Das ist ein wichtiger Teil unserer Vertriebsstrategie, denn diese Unternehmen bekommen von uns den regionalen Marktraum, den Sie brauchen, um ihre Vermarktungsinvestitionen zurückzuverdienen und wir erzeugen dadurch ein bleibend hohes Verkaufspreisniveau für Kährs Parkett.
Kährs in Kürze
AB Gustaf Kähr
Postfach 805
S-38238 Nybro
Tel. +46 (0)481 / 4 60-00
Fax +46 (0)481 / 1 78 31
www.kahrs.se
Unternehmensausrichtung: Produktion und Vertrieb von Dreischichtparkett
Gründungsjahr: 1857
Mitarbeiterzahl: 1.350
Produktionsstandorte: Nybro/Schweden, Ljuisdal/Schweden
Markennamen: Kährs
Muttergesellschaft/
Anteilseigner: NFI Nybron Flooring International Management Corp.
In Deutschland:
Kährs Parkett Deutschland GmbH & Co. KG
D-72411 Bodelshausen
Tel. 07471/7 00-153
Fax 07471/7 00-231
www.kaehrs.de
Geschäftsführer: Robert Bieger
Marketing: Andreas Merz
Anwendungstechnik: Rainer Link
Vertriebskanäle: Holzhandel (90%), andere Fachhandelstypen (10%)
aus
Parkett Magazin 06/08
(Wirtschaft)