VFG: Interview mit Geschäftsführer Uwe Bergmann und Prokurist Dirk Vossen

"Effizientes Forum für Industrie und Großhandel geschaffen"

Vor zwei Jahren war Uwe Bergmann als VFG-Geschäftsführer mit der Maxime angetreten, die größte europäische Verbundgruppe von Farben-Großhändlern herstellerunabhängig aufzustellen - quasi als vierte Kraft neben den Blöcken Caparol, Akzo Nobel und den Malereinkaufsgenossenschaften. "Dadurch haben wir die Freiheit, die besten Hersteller und die besten Offerten auszuwählen, um unseren Mitgliedern das beste Angebot machen zu können", verdeutlichte er damals seine Intention. Ulrich Baumert, stellvertretender Chefredakteur bei BTH Heimtex, fragte bei ihm und Prokurist Dirk Vossen nach, ob das Kalkül aufging und welche weiteren Aktivitäten entwickelt wurden.

BTH Heimtex: Herr Bergmann, war die Entscheidung richtig, den Verbund Farbe und Gestaltung herstellerunabhängig aufzustellen?

Bergmann: Absolut. Die Neupositionierung hat sich überaus positiv auf die Außendarstellung der VFG ausgewirkt, so dass viele Hersteller, die vormals auf Distanz gegangen waren, wieder das Gespräch mit uns suchen. Auch von unseren Mitgliedern kommen Anregungen, mit bestimmten Lieferanten in Kontakt zu treten. Dabei geht es keineswegs nur um Boni, wie manche glauben, sondern um Unterstützung und die zentrale Frage: Was tut dieser Hersteller zusammen mit der VFG für mich als Großhändler?

Vossen: Vor allem bei der jüngeren Generation stehen immer mehr Angebote und Dienstleistungen im Zentrum des Interesses. Beispiel: Maler24, ein von der VFG initiiertes Branchen-Portal im Internet, das das Finden von Produkt- und Herstellerinformationen erleichtert. Ein Klick und man erhält dort Angaben über Hersteller, Produkte sowie Großhändler aus der Welt der Farben, Tapeten, Bodenbeläge und Werkzeuge. Das Info-Portal als Branchen-Suchmaschine informiert mit allen Sicherheitsdatenblättern und technischen Merkblättern umfassend über die Rahmenbedingungen der Branche.

Einfache Bestellmöglichkeiten bietet das Shop-Portal: Es macht den Handwerkern den Online-Einkauf bei ihrem Großhändler leicht und ermöglicht dem Handel die individuelle Gestaltung eigener Online-Shops. Wenn man sich anschaut, wer dort mitmacht, dann sind das alles Unternehmen, in denen der Generationswechsel vollzogen worden ist.

BTH Heimtex: Ein interessantes Instrument stellen Sie auch mit der VFG-Business-Börse zur Verfügung. Was hat es damit auf sich?

Bergmann: Bei der VFG-Business-Börse treffen die Entscheider aus Industrie und Großhandel zusammen. Der Kerngedanke besteht darin, die richtigen Leute in Kontakt zu bringen. Während es bei den sonst üblichen Gesprächen zwischen Grossisten und Herstellern vorwiegend um neue Produkte, Aktionen, Preise oder Reklamationen geht, dominieren auf dieser neu geschaffenen Kommunikationsebene strategische Aspekte.

Der Vorteil der VFG-Business-Börse besteht in der hohen Effizienz. In einem konkreten Fall sind drei von sieben teilnehmenden Großhändlern eine neue Geschäftsbeziehung mit dem Hersteller eingegangen. Wegen des großen Interesses auf Industrieseite müssen wir inzwischen mehrere Lieferanten auf eine Veranstaltung konzentrieren, wobei jedoch gewährleistet ist, dass die Zusammensetzung passt.

BTH Heimtex: Mit Akzo Nobel ist es Ihnen gelungen, ein ausgesprochenes Schwergewicht unter den Herstellern ins Boot zu holen.

Bergmann: Es ist richtig, dass wir mit Akzo Nobel einen Rahmenvertrag geschlossen haben - übrigens auch ein Resultat der Business-Börse. Dadurch sind wir in der Lage, unseren Mitgliedern ein noch reichhaltigeres Menü zu bieten. Darüber hinaus haben wir mit Saint-Gobain Weber einen sehr leistungsfähigen Vollwärmeschutz-Lieferanten gewonnen. Diese Zugänge sprechen sich herum, so dass sich immer mehr Hersteller mit der VFG auseinandersetzen.

BTH Heimtex: Nach der Übernahme von ICI durch Akzo dürfte die Neuausrichtung des weltweit größten Herstellers von Baufarben sowie dessen Aktivitäten am deutschen Markt auf starkes Interesse bei den VFG-Mitgliedern gestoßen sein.

Bergmann: Für die VFG war es hochinteressant, aus erster Hand zu erfahren, wo die Reise bei Akzo Nobel hingeht. Wie sich jeder denken kann, ging es dabei auch um die Aufarbeitung der Historie. Wenn das, was auf der Business-Börse gesagt wurde, umgesetzt werden sollte, ergeben sich für unsere Mitglieder erfreuliche Perspektiven.

BTH Heimtex: Ist es denkbar, dass sich die VFG exklusiv eine Marke aus dem umfangreichen Portfolio von Akzo sichert?

Bergmann: Es gibt Überlegungen in diese Richtung. Hier ist jedoch klarzustellen, dass unsere Verbandsmarke Setta von dieser Maßnahme in keiner Weise tangiert wäre.

BTH Heimtex: Apropos Verbandsmarke: Vor einem Jahr kündigten Sie an, Setta in bestimmten Regionen auch Nicht-Mitgliedern zugänglich zu machen.

Bergmann: Es gibt zurzeit zwei Firmen, die als Nicht-Mitglieder Setta in den Markt bringen. Dabei hat sich gezeigt, dass dieser Gedanke durchaus verfolgenswert ist. Wir machen das aber nur, wenn das Marktpotenzial von den bestehenden Strukturen nicht ausgeschöpft wird.

BTH Heimtex: Ist das Sortiment ergänzt worden?

Vossen: Die Weiterentwicklung unseres Sortiments schreitet ständig voran. Im Moment wird der Creativo-Bereich (mineralische und dispersionsgebundene Produkte zur Gestaltung von Wand- und Deckenflächen, d.Red.) gelauncht, den wir seit 1999 im Programm haben und der eine interessante Umsatzgröße erreicht hat; zusätzlich finden zur Zeit einige Produktoptimierungen statt. Neue und innovative Produkte sind in der Planung und für die Markteinführung Anfang 2009 vorgesehen. Stark forciert haben wir die werblichen Aktivitäten. Mit der Setta-Malermeisterschaft ist es in Anlehnung an die Fußball-EM gelungen, die Veranstaltungen der VFG-Mitglieder um ein echtes Highlight zu bereichern.

BTH Heimtex: "Handeln für die Zukunft" - diesen Claim hat sich die VFG im vergangenen Jahr aus Anlass ihres 40jährigen Jubiläums zugelegt. Was macht Sie so sicher, dass es für diesen Verbund eine Zukunft gibt?

Bergmann: Immerhin handelt es sich um eine der letzten Verbundgruppen, die für die Belange unabhängiger Farbengroßhändler eintritt. Und wie das über 40jährige Bestehen zeigt, muss ja einiges richtig gemacht worden sein.

BTH Heimtex: Dass bereits eine ganze Reihe von Kooperationen von der Bildfläche verschwunden ist und ein Konzentrationsprozess stattfindet, lässt sich nicht von der Hand weisen. Verlieren die Verbundgruppen des Großhandels an Bedeutung?

Bergmann: Was verstehen Sie unter Bedeutung? Ist es die Zahl der Mitglieder, der Distributionspunkte oder der Lieferanten? Wenn wir den Außenumsatz unserer Mitglieder als Kriterium nehmen, befindet sich die VFG in einer herausragenden Position. Ein grundsätzliches Manko besteht bei Kooperationen darin, dass sie viele Individualisten in ihren Reihen haben, was ein gemeinsames Handeln erschwert. Aber genau hier nehmen wir unsere Arbeit auf, um den Nutzen der Gemeinsamkeit stärker transparent zu machen, zu forcieren und damit auch für die Zukunft zu handeln.

BTH Heimtex: Per 1. Januar 2009 werden die Copa und Rigromont ihre Kräfte bündeln. Ist es für Sie ebenfalls denkbar, mit einer anderen Verbundgruppe näher zusammenzurücken? Bei Bodenbelägen könnten Sie Verstärkung brauchen ...

Bergmann: Selbstverständlich denken auch wir darüber nach, ob strategische Allianzen Sinn machen. Generell ist für uns der Bodenbelagssektor ein Thema, da wir in diesem Segment aus historischen Gründen nicht optimal aufgestellt sind.

BTH Heimtex: Ist es Ihnen gelungen, neue Mitglieder zu akquirieren?

Bergmann: Neu hinzugekommen sind die Firmen Spörr und Partner in Pforzheim sowie W.N.-farben in München. Weitere leistungsstarke Großhändler werden folgen, weil der Markt erkennt, dass sich bei der VFG etwas bewegt.
aus BTH Heimtex 09/08 (Wirtschaft)