Johannes Schulte, Vorsitzender Verband der Deutschen Heimtextilien-Industrie e.V.
Vertrauen schaffen
Finanzkrise und kein Ende? Seit Wochen schon beherrscht dieses Thema die Medien weltweit und beschäftigt die Menschen wie kaum ein Wirtschaftsthema zuvor. Zu gigantisch sind die Dimensionen und Summen, von denen im Zusammenhang mit Verlusten, Subventionen und Bürgschaften die Rede ist. Und zu groß ist das "Vertrauens-Kapital", das Banker und Top-Manager scheinbar leichtfertig aufs Spiel gesetzt haben. Was hier in den zurückliegenden Wochen an Glaubwürdigkeit verloren gegangen ist, wird nur schwerlich wieder zurück zu gewinnen sein.
Was der viel zitierte Otto Normalverbraucher bislang als Angelegenheit der Superreichen, Börsianer und Groß-Aktionäre abtun konnte, wird nun gewissermaßen zur Angelegenheit aller. Querbeet durch alle Branchen trübt sich die Stimmung zusehends ein und Schlagwörter wie Rezession und Konsumrückgang nähren die ohnehin schon recht pessimistische Grundhaltung vieler. Damit wird unser schon traditioneller Jahresrück- und Ausblick in der Haustex diesmal auch eher zu einer generellen Standortbestimmung der Heim- und Haustextilienbranche. Erinnern wir uns: Das Jahr 2008 hatte recht viel versprechend begonnen und nach dem ersten Quartal konnte gar ein Anstieg des Bruttoinlandsprodukts um 1,5 Prozent gemeldet werden - und schon war mancherorts von "Aufschwung" die Rede. Für das Gesamtjahr prognostizierten Experten sogleich gut zwei Prozent Wachstum. Allerdings stagnierten sowohl der Export als auch der private Konsum im Inland bereits zum Halbjahr - beides tragende Konjunktursäulen auch für die Heim- und Haustextilien-Industrie.
Insgesamt schnitt unsere Branche zur Jahresmitte 2008 dennoch durchaus passabel ab: Mit einem marginalen Umsatzplus von 0,1 Prozent lag das Ergebnis hauchdünn über Vorjahresniveau, wobei keine einheitliche Tendenz innerhalb der einzelnen Sparten erkennbar war. Ausgesprochen sprunghaft verlief die Geschäftsentwicklung im Bereich Bettwaren. Nachdem sich hier das erste Halbjahr sehr positiv darstellte, verschlechterte sich die Situation in der zweiten Jahreshälfte. Bis zur Jahresmitte 2008 war die Stimmung in den Unternehmen der Heimtextilienbranche überwiegend zufrieden. Allerdings trübte sie sich in den schwachen Sommermonaten spürbar ab. Das Branchenszenario im Herbst zeigte sich denn auch recht unterschiedlich mit sparten- und firmenbezogenen Gewinnern und Verlierern. Ehrlicherweise werden wir in naher Zukunft nicht mit nennenswerten Impulsen hinsichtlich des Privatkonsums rechnen können. Andererseits brauchen wir aber auch keine drastischen Einbrüche zu befürchten. Zweifellos werden die Menschen ihre Ausgaben genauer planen und möglicherweise von Fall zu Fall um einige Monate verschieben, mit einem rigorosen Konsumverzicht ist jedoch nach Einschätzung der Experten nicht zu rechnen.
Die neuesten Erhebungen der Nürnberger Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) besagen, dass sich die Welt-Finanzkrise in Deutschland insgesamt offenbar nicht auf die Konsumlaune der Verbraucher niederschlägt. Denn laut GfK kann das Konsumklima zum Jahresende auf niedrigem Niveau zulegen. Dazu tragen sowohl steigende Einkommensaussichten als auch eine verbesserte Anschaffungsneigung bei, heißt es weiter. Insbesondere die fallenden Preise bei Heizöl und Benzin haben dafür gesorgt, dass sich der Pessimismus der Bundesbürger hinsichtlich der Einkommensaussichten in Grenzen hält. Insgesamt resümierte die GfK per Ende November beileibe nicht so negativ wie uns so manche Berichterstattung in den Medien Glauben machte. Die Ergebnisse der Konsumklimastudie ergaben zum Jahresende 2008, dass die Konsumneigung den gesamtwirtschaftlichen Rezessionstendenzen noch trotzen kann. Die Verbraucher gehen laut Umfragen offenbar davon aus, dass sie persönlich von dem Konjunkturtief nicht so stark betroffen sein werden. Ob die augenblickliche Besserung auch in den kommenden Monaten anhalten kann, wird in erster Linie davon abhängen, wie tief und anhaltend die Rezession ausfallen wird. Neben einer moderaten Preisentwicklung wird entscheidend sein, in welchem Ausmaß der Arbeitsmarkt von der Konjunkturschwäche betroffen sein wird.
Wie jede Krise hat auch diese positive Aspekte und wird ohne Zweifel zu einer Neuordnung in der Finanzwelt führen. Ich bin überzeugt davon, dass wir einer Zeit entgegen gehen, in der Werte und Werthaltigkeit eine große Rolle spielen werden. Und das sowohl auf materieller als auch auf ideeller Ebene. Die Menschen möchten für ihr Geld vernünftige "wert-volle" Produkte erstehen. Auch ideelle Werte wie etwa Pflichtgefühl oder Moral nehmen an Bedeutung zu. Demnach haben immaterielle Werte künftig länderübergreifend prägenden Einfluss auf Märkte und Konsumbedürfnisse.
Jetzt gilt es, verloren gegangenes Vertrauen von Menschen (= Konsumenten) durch anständige, ehrliche und wertbeständige Produkte wieder zu gewinnen. Ideale Voraussetzungen für unsere Industrie. Denn die deutsche Heim- und Haustextilien-Industrie kann mit Fug und Recht behaupten, Produkte herzustellen, die ausnahmslos über all diese Attribute verfügen. Lassen Sie uns daher im Neuen Jahr selbstbewusst und verantwortungsvoll handeln. Mit hervorragenden Produkten und guten Beziehungen zu unseren Partnern im Handel werden wir die schwierigen Herausforderungen in 2009 professionell und engagiert meistern.
aus
Haustex 01/09
(Wirtschaft)