Peter Schwartze zur aktuellen Situation der Textil- und Modebranche
Ein festes Fundament
Das vor uns liegende Jahr wird laut unserer Kanzlerin Angela Merkel ein Jahr der schlechten Nachrichten. Sicher ist: es wird nicht einfach werden, für keine Branche und für kein Land weltweit. Der Abschwung wird anhalten und es ist nicht vorhersehbar, wie lange die Rezession dauern wird. Aber erinnern wir uns, dass gerade die Textilbranche schon ganz andere Krisen hinter sich gebracht hat. Heute stehen wir mit starken Unternehmen, ausgezeichneten Produkten und einer hervorragenden Forschung auf einem guten Fundament. Ein Sturm wird uns schütteln, aber er wird uns nicht umwerfen. Jeder Einzelne ist nun gefordert, Strukturen zu überprüfen, neue Wege zu gehen und kreative Lösungen für Probleme zu finden.
Die Globalisierung in Frage zu stellen, ist dabei sicherlich die falsche Marschrichtung. Denn nur durch unsere Exporte haben wir die starke Position erreicht, von der aus wir jetzt agieren können. Dabei sollten wir uns auf unsere Stärken besinnen und Druck auf die Politik ausüben, damit eine kräftige Binnennachfrage die fehlenden Exporte ausgleichen kann. Denn eines ist klar: Wenn die Exportquoten drastisch absinken, muss der private Konsum als Stütze fungieren. Bereits Ende des vergangenen Jahres hat sich der Gesamtverband textil + mode deutlich für eine Erweiterung der Konjunkturmaßnahmen eingesetzt und Steuersenkungen durch ein Aussetzen des Solidaritätsbeitrags und eine temporäre Verringerung der Mehrwertsteuer gefordert, um den privaten Konsum anzuregen. Der Forderung "Mehr Netto für alle" haben sich danach u.a. auch der Bundesverband der Deutschen Industrie, BDI, angeschlossen. Der Wirtschaftsstandort Deutschland muss außerdem durch Investitionen in Bildung und Forschung gestärkt werden, um im international schwierigen Wettbewerb auch weiter auf einem der vorderen Plätze bestehen zu können.
Natürlich wird uns das Absacken der Exportquoten Schwierigkeiten bereiten. Wer die Hände in den Schoß legt, läuft Gefahr, ein Opfer der Rezession zu werden. Der Beschluss des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie, der exportorientierten Dachverbände der deutschen Wirtschaft und des Ausstellungs- und Messe-Ausschusses der Deutschen Wirtschaft, die Präsentationsmöglichkeiten auf Auslandsmessen durch Gemeinschaftsstände weiter auszubauen, ermöglicht vor allem mittelständischen Unternehmen kostengünstige Messeauftritte in wirtschaftlich schwieriger werdenden Zeiten. Die deutschen Textil- und Modeunternehmen, vertreten durch den Gesamtverband textil + mode, gehören dabei zu den am stärksten vom Auslandsmesseprogramm des Bundes 2009 profitierenden Industriezweigen. Als einzige Branche nimmt Textil und Mode an 17 Gemeinschaftsstandbeteiligungen und der Sonderveranstaltung "High-Tex from Germany" für Hersteller technischer Textilien, Partnerbranchen, Forschungs- und Bildungsinstitutionen teil.
Als Gesamtverband werden wir uns auch 2009 auf Bundes- und europäischer Ebene weiter für Maßnahmen einsetzen, die unsere mittelständischen Textil- und Modeunternehmen konkret entlasten. Ein wichtiges Thema wird 2009 die Energiepolitik sein. Gerade die deutsche Textil- und Modeindustrie ist einem scharfen internationalen Wettbewerb ausgesetzt. Hoch spezialisierte technische Textilien sind in der Fertigung auf günstige primäre und sekundäre Energieträger angewiesen, um sich weiterhin durchzusetzen. Bei lohnintensiven Produkten sind wir im internationalen Wettbewerb nicht konkurrenzfähig. Anders sieht es bei energieintensiven Produktionen aus, doch hier rauben uns die hohen Energiepreise die Wettbewerbsfähigkeit. Besonders in Zeiten von Konjunkturflaute und prognostiziertem Exportrückgang dürfen die deutschen Textil- und Modeunternehmen nicht durch stetig steigende Energiepreise zusätzlich belastet werden. Das zentrale Problem ist der fehlende Wettbewerb auf den Strom- und Gasmärkten. Die Aufgabe des Gesamtverbandes textil + mode muss es 2009 sein, unsere Forderungen nach günstigen Energiepreisen und einer Revision der Emissionshandelsrichtlinie 2013 durchzusetzen.
Besonders positiv wird sich unsere Branche im Jahr 2009 wieder durch die Verleihung des Innovationspreises textil + mode darstellen und auch damit beweisen, auf welch festem Fundament unsere Unternehmen stehen. Gerade in schwierigen Zeiten werden Nachwuchstalente mit innovativen und kreativen Ideen gebraucht, um die Wettbewerbsfähigkeit der Textil- und Modebranche zu erhalten. Die Nachhaltigkeit des Preises hat sich im Dezember 2008 gezeigt: Tonja Zeller, die Gewinnerin des Innovationspreises textil + mode im Bereich Modedesign 2008, eröffnete in Hamburg ihren ersten eigenen Laden und lobte die Unterstützung des Gesamtverbandes.
Trotz aller Unkenrufe, die uns seitens Politik und Medien seit Wochen beschäftigen, sollten wir 2009 nicht schon jetzt als ein schlechtes Jahr abschreiben. Niemand weiß, wie lange die Rezession dauern und welche Auswirkungen sie langfristig auf einzelne Branchen haben wird. Wir sind alle aufgefordert, Ideen zu entwickeln, um die Krise als Chance zu nutzen und an die Worte unseres Altbundeskanzlers, Willy Brandt, zu denken, der sagte: "Der beste Weg, die Zukunft vorauszusagen, ist, sie zu gestalten."
aus
Haustex 01/09
(Wirtschaft)