Verband der Nordwestdeutschen Textil- und Bekleidungsindustrie
Erbschaftssteuerkompromiss ist keine gute Lösung
Münster - Der Verband der Nordwestdeutschen Textil- und Bekleidungsindustrie hat den Kompromiss der großen Koalition zur Reform der Erbschaftssteuer kritisiert. "Nur weil es für die mittelständischen Unternehmen aufgrund des Drucks der Wirtschaftsverbände Verbesserungen gegenüber dem ursprünglichen Gesetzentwurf gibt, ist der nun gefundene Kompromiss noch lange keine gute Lösung", sagte Verbandspräsident Justus Schmitz.
Hauptkritikpunkt des Verbandes, der 300 fast ausschließlich familiengeführte Unternehmen vertritt, ist die so genannte Behaltensfrist, innerhalb der ein eventuell erforderlicher Abbau von Arbeitsplätzen zur nachträglichen Steuerzahlung führt. "Gerade Familienunternehmen bauen nur dann Personal ab, wenn es gar nicht anders geht und die Existenz des ganzen Unternehmens auf dem Spiel steht", so Schmitz. Wenn dann noch eine saftige Steuernachzahlung auf das Unternehmen zukomme, könne schnell der Fortbestand des Unternehmens auf dem Spiel stehen. Hinzu komme, dass Erben wirtschaftlich notwendige Umstrukturierungen und Ausgliederungen erschwert würden, die vielleicht unter dem Strich gar keinen Arbeitsplatzabbau bedeuten würden. Gerade die Unternehmen der Textil- und Bekleidungsindustrie wüssten, wie wichtig es sei, in Krisenzeiten schnell und flexibel reagieren zu können, erinnerte Schmitz an den Strukturwandel seiner Branche. Doch der Mittelstand insgesamt müsse handlungsfähig sein, wenn sich wie gerade in diesen Wochen ein wirtschaftlicher Abschwung abzeichne.
"Die Erbschaftssteuerreform rüttelt an den Grundfesten unserer vorwiegend vom Mittelstand getragenen Wirtschaft", so Schmitz. Wenn die Verfügbarkeit von Privateigentum erschwert würde, sei es zukünftig noch schwieriger, Nachfolgeprobleme in Familienunternehmen zu lösen. Ordnungspolitisch geradezu widersinnig sei es doch, wenn die jetzige Lösung den Abbau von Personal vor Eintreten des Erbfalls durch die Erblasser quasi privilegiere, da ihre Erben es dann leichter hätten, das Familienunternehmen zu erhalten. "Das ist natürlich nicht gewollt und kein verantwortlicher Familienunternehmer würde so handeln - aber das zeigt, wo das Grundproblem bei diesem Kompromiss liegt", sagte der Verbandschef.
Bestürzt äußerte sich Schmitz über die Äußerungen einiger Politiker im Zusammenhang mit der Diskussion über die Erbschaftssteuer, die offenbar davon ausgingen, dass Unternehmer grundsätzlich nur persönlichen Profit aus ihrer Tätigkeit ziehen wollten. "Familienunternehmer lassen erwirtschaftete Gewinne in der Regel im Unternehmen und investieren sie", sagte Schmitz. Dies unterscheide sie von börsennotierten Aktiengesellschaften, die ihre Aktionäre durch Dividendenzahlungen zufrieden stellen müssten. Die Erbschaftssteuer eigne sich nicht für eine Fortsetzung der in Mode gekommenen Neiddebatten.
aus
Haustex 04/09
(Wirtschaft)