Interview des Monats: Bico AG, Schänis/Schweiz

"Gemeinsam mit Sanders bieten wir mit der Marke Climabalance ein einmaliges Bettklimasystem"

In der Schweiz ist Bico der mit Abstand führende Anbieter von hochwertigen Matratzen und Lattenrosten und eines der traditionsreichsten Unternehmen des Landes. Dank seiner hohen Marktdurchdringung sind die weiteren Wachstumschancen in der Alpenrepublik limitiert, so dass man sich nun stärker im Ausland orientieren möchte. Den deutschen Markt wird das Unternehmen als Lizenz-Partner der Bettwarenfirma Sanders erschließen, denn ab sofort bietet Bico in Deutschland auch Matratzen unter der Sanders-Marke Climabalance an. Anlass für die Haustex, sich mit dem Bico-Geschäftsführer Martin Frutig über die Entwicklung des Unternehmens, die Gründe seines Erfolgs und über die besonderen Vorzüge der Climabalance-Matratzen zu unterhalten.

Haustex: Herr Frutig, Bico ist auf dem deutschen Markt noch nicht so bekannt. Charakterisieren Sie bitte kurz das Unternehmen.

Martin Frutig: Gerne. Bico geht auf eine Gründung der Familie Birchler von 1861 zurück. Während der ersten hundert Jahre hatte das Unternehmen Naturfaserprodukte wie Wolle, Rosshaar und Kapok zu Vliesen und Polstermaterialien verarbeitet. Damit wurden Sattler und Polsterer beliefert, welche daraus unter anderem auch Matratzen fertigten. Die industrielle Fertigung von Matratzen begann in der Schweiz erst nach dem letzten Krieg. Die Birchlers erkannten den Strategiewechsel zur Massenfertigung und die Gefahr, die daraus für ihre Kunden und somit auch für das eigene Unternehmen entstand. Somit entschied man sich 1961, eine eigene Matratzenfertigung aufzubauen. Von Anfang an konzentrierte sich das Unternehmen auf die Verwendung von Kernen aus Schaumstoff für die Matratzenfertigung. Gemeinsam mit einem weiteren Anbieter sind wir die älteste Matratzenfabrik des Landes und haben dem heimischen Markt unseren Stempel aufgedrückt. Unsere Schaumstoffkerne lassen wir bereits seit Jahrzehnten von einem nahe gelegenen Schweizer Lieferanten mit dem Namen Foampartner herstellen. Die nahe Lage ermöglicht eine unkomplizierte Logistik, indem unsere Lastwagen täglich bei der Rückkehr von ihrer Ausliefer-Tour Matratzenkerne abholen und nach Schänis bringen. Außerdem erleichtert die örtliche Nähe zu Foampartner die Zusammenarbeit, denn die Entwicklungsarbeit erfolgt gemeinsam nach unseren Vorgaben und Wünschen. Wir verfügen heute über einen sehr hohen Bekanntheitsgrad in der Schweiz. Das liegt daran, dass die Familie Birchler früh auf das Werbemedium Fernsehen gesetzt hat. 19 Jahre lang haben zwei lustige Zwillingsbrüder den Schweizer Konsumenten den Inhalt unserer Matratzen vorgeführt und erklärt, warum das gut ist für einen tiefen und gesunden Schlaf. Das Premium-Modell unserer Lattenroste läuft seit vielen Jahren unter der Marke Bicoflex, womit wir komplette Schlafsysteme anbieten. Auf diese Weise haben die Gebrüder Birchler bereits in den 70er Jahren sehr schnell eine hohe Markenbekanntheit erreicht. Bico ist bei uns inzwischen ein Synonym für guten Schlaf geworden. Wollte man heute mit Fernsehwerbung den gleichen Aufmerksamkeits-Effekt erzielen wie damals, müssten wir pro Jahr etwa das 20-fache der damaligen Summe ausgeben.

Haustex: Ist Bico Marktführer in einem bestimmten Marktsegment oder für den gesamten Schweizer Matratzenmarkt?

Frutig: Der Markt für Bettinhalt liegt in der Schweiz zwischen 480 und 500 Mill. Schweizer Franken im VK. Das entspricht rund 250 Mill. Euro im EK. Davon erzielt Bico allein einen Umsatz von rund 70 Mill. Franken oder gut 45 Mill. Euro. Wir sind damit etwa doppelt so groß wie die Nummer zwei im Markt.

Haustex: Hat Bico somit zu dem bekannt hohen Standard der Schweizer beim Schlafkomfort beigetragen?

Frutig: Da haben Handel und Industrie gut zusammen gearbeitet. Es ist gelungen, den Versuchungen der Preisaggressivität zu widerstehen und das Thema Gesundheit mit Schlafen in Verbindung zu bringen, mit guter Qualität und technologisch guten Produkten. Die Bereitschaft, in guten Schlaf zu investieren, ist in der Schweiz sicherlich höher als in anderen europäischen Märkten. Das hat auch damit zu tun, dass Industrie und Handel stets bemüht waren, den Konsumenten Qualitätsunterschiede bewusst zu machen und tolle Produkte auch über den Preis zu positionieren. Viele Schweizer haben nach wie vor die Auffassung, dass "nichts wert ist, was nichts kostet".

Haustex: Das unterscheidet die Schweizer gewaltig von den deutschen Verbrauchern. Was zeichnet speziell die Bico-Produkte aus?

Frutig: Es ist für uns wichtig, dass wir neben den grundsätzlichen Aspekten einer guten Matratze die Produkte über zusätzlichen Kundennutzen aufwerten und echte Mehrwerte bieten. Da geht es um Aspekte wie das Bettklima, also intelligente und wirksame Temperatur- und Feuchtigkeitsregulierung. Damit haben wir seit Jahren sehr guten Erfolg. Unsere Produktstrategie basiert auf einer klaren Regel. Wir definieren erst eine Zielgruppe, die wir für wirtschaftlich interessant halten und die ein klar identifizierbares Hauptbedürfnis hat. Dann entwickeln wir für diese Zielgruppe ein entsprechendes Produkt.

Haustex: Können Sie ein Beispiel nennen?

Frutig: Unsere Klimamatratze Climaluxe ist genau über diesen Weg entstanden und derzeit unser bestes Pferd im Stall. Vor sieben Jahren fiel mir auf der Heimtextil auf, dass das Thema Feuchtigkeitsmanagement omnipräsent war. Wir wollten daher eine richtige Klimamatratze entwickeln, die durch eigene innovative Funktionen klimatechnische Eigenschaften aufweisen sollte. In Zusammenarbeit mit der Eidgenössischen Materialprüfungsanstalt EMPA sind wir darauf gekommen, dass das Produkt innen möglichst hohl sein müsste, um die Luftzirkulation zu nutzen, warme Luft also raus und kühle wieder rein fließen zu lassen. Die Lösung dafür ist ein Federsystem, ohne das die Matratze gar nicht die notwendige Stabilität und Stützkraft hätte. Da in der Schweiz viele Leute negativ gegenüber metallischen Federkernen eingestellt sind, haben wir nach einer anderen Lösung gesucht. Dabei sind wir per Zufall auf eine Kunststofffeder gestoßen, die auch im Lattenrost-Bereich eingesetzt wird. Diese haben wir gemeinsam mit dem Hersteller weiter entwickelt, bis wir sie in eine Matratze einbauen konnten. Aktuell bauen wir von dieser Matratze jährlich zwischen 12.000 und 13.000 Stück. Umsatzmäßig sind das rund fünf Prozent vom gesamten Schweizer Matratzenmarkt. Alle unsere Produkte nehmen so eine klare Positionierung ein, die sich in Technologie, Konzeption, Gestaltung und Preis ausdrückt. Ein besonders hoher Grad von Innovation kennzeichnet unseren Premiumbereich. Bico steht für ehrliche Produkte und verzichtet auf Produktspezifikationen, die auf reine Marketingeffekte abzielen, wie zum Beispiel Aloe-Vera-Zusätze oder ähnliches. Wir vertreten klar die Überzeugung, dass es nicht die eine beste Matratze gibt, sondern nur die richtige Matratze für jeden Einzelnen. Unser Bestreben ist es daher, die richtige Matratze für unterschiedliche Zielgruppen anbieten zu können.

Haustext: Was ist der Sinn dieser hohen Spezialisierung?

Frutig: Über nur einige wenige Fragen kann der Verkäufer seinem Kunden das für ihn richtige Produkt anbieten. Jedes Produkt hat seinen eigenen Charakter und das wird von uns auch so kommuniziert. Nur zwei Beispiele: Im Alter fällt es den Leuten nicht mehr so leicht, ihre Matratze zu wenden. Darum haben wir jetzt eine Matratze entwickelt, die man nicht mehr wenden muss. Für Allergiker haben wir ein Produkt, bei dem der Matratzenkern durch ein integriertes Mikrofaser-Encasing umschlossen ist und einen permanenten Milben- und Allergenschutz bietet.

Haustex: In welchen Ländern ist Bico derzeit aktiv?

Frutig: In erster Linie natürlich in der Schweiz, denn wir haben den Weg ins Ausland bislang auch nicht forciert. Das hat sich jetzt geändert, weil wir mit einem hohen Inlandsmarktanteil von fast 30 Prozent das Wachstum stärker im Ausland suchen müssen. Aufgrund der letzten fünf Jahre Produktentwicklung sind wir nun auch in der Lage, einzigartige Produkte anzubieten, die ausländische Partner interessieren. In einigen Märkten sind wir jedoch schon recht aktiv. Seit einigen Jahren liefern wir nach Italien und Frankreich, in die Ukraine, nach Costa Rica und Australien. Im Aufbau sind die Märkte in Deutschland, Österreich, Holland und Luxemburg, dort ist der Wettbewerb recht stark. Außerdem arbeiten wir an einem Projekt mit einer Einzelhandelskette in Kanada.

Haustex: Wer soll die Matratzen denn in Costa Rica und Australien noch zahlen können, wenn die Transportkosten auf die ohnehin nicht billigen Matratzen noch drauf kommen?

Frutig: Sie kosten nicht viel mehr als bei uns. Wir verschiffen die Matratzen nach Übersee nur in Container-Einheiten, also nicht als Einzelstücke. Die Kosten pro Matratze sind dann verhältnismäßig gering. Dies sieht natürlich für die zentraleuropäischen Märkte anders aus, wo wir auch kleinere Bestellungen direkt an den Händler liefern müssen. Damit die Verkaufspreise nicht über dem Schweizer Niveau zu liegen kommen, gibt Bico beim Export in der Profitabilität nach. Wir sind uns bewusst, dass wir in Anbetracht der hohen Lohn- und Transportkosten in ausländischen Märkten nicht so viel verdienen können, wie wir das in der Schweiz tun. Wir reduzieren unsere Marge beträchtlich, aber wir wollen natürlich nach wie vor einen Profit erzielen. Wachstum muss also profitabel sein, sonst macht es für uns keinen Sinn.

Haustex: In Deutschland weht preispolitisch auch ein ganz anderer Wind als in der Schweiz.

Frutig: In Deutschland erwartet uns eine Herausforderung, das wissen wir. Dort sind wir teuer, da führt kein Weg dran vorbei. Das liegt aber auch daran, dass das Preisniveau im deutschen Markt etwas unter der Vermarktungspolitik der letzten Jahre gelitten hat. Ich denke, dass viele Hersteller, die in Deutschland für die großen und preisaggressiven Ketten produzieren, beim Profit stark ans Limit gehen müssen.

Haustex: Wie hoch liegt der Exportanteil bei Bico?

Frutig: Er beträgt derzeit rund sieben Prozent, da liegt für uns also noch viel Potenzial brach. Wir wollen den Anteil jetzt nachhaltig steigern und da wird für uns das Konzept Climabalance ein wichtiger Treiber sein.

Haustex: Was spricht für Bico dafür, auf den deutschen Markt gehen zu wollen? Wie Sie selbst sagen, unterscheidet er sich ja offenbar fundamental vom heimischen Markt.

Frutig: Deutschland ist allein vom Potenzial schon sehr verlockend mit seinen gut 80 Mill. Einwohnern. Außerdem haben wir durch unsere Gespräche mit der Firma Sanders eine Möglichkeit erhalten, dass wir mit guten Chancen in diesen Markt eintreten - in überschaubarer Weise und nicht mit einer "mission impossible". Wenn wir mit der gesamten Breite unseres Sortiments kommen wollten, dürfte es bedeutend schwerer für uns werden, dafür Partner zu finden. Aber über die Synergien mit Sanders und mit dem Thema Climabalance sehen wir schon gute Möglichkeiten. Wir haben natürlich keine Illusionen und sehen, dass der Markt, gerade weil er so viel Potenzial bietet, auch entsprechend hart umkämpft ist. Aber wir rechnen uns zumindest gute Chancen aus, überhaupt erst einmal den Markteinstieg zu schaffen. Was dann folgt, müssen wir sehen. Eigentlich haben wir nur zu gewinnen und nichts zu verlieren, das ist für uns der springende Punkt.

Haustex: Wie bewerten Sie den deutschen Matratzenmarkt?

Frutig: In der Differenzierung zur Schweiz hat der deutsche Bettenfachhandel in Bezug auf Premiumprodukte einen sehr hohen Stellenwert, im Gegensatz zur Großfläche, die eher über die Preisvermarktung agiert. Da gibt es sicherlich Ausnahmen, wir müssen also stark differenzieren. Sicherlich gibt es in Deutschland auch sehr kritische Konsumenten. Und der Einfluss der Verbände ist ungleich höher als in der Schweiz. Man spürt deutlich, dass die einzelnen Mitglieder sehr stark daran interessiert sind, verbandskonform zu handeln. Ich habe im Vorfeld bei einigen Kunden unsere Marktchancen telefonisch ausgelotet und bei rund zwei Dritteln kam die Frage, ob wir gelistet seien. Das ist in der Schweiz deutlich anders. Wir sind inzwischen bei zwei Verbänden gelistet, dem Bettenring und dem MZE - ABK steht noch aus. Vorrangig geht es erst einmal um das Thema Zentralregulierung, damit die administrativen Aspekte geklärt sind.

Haustex: Ist die Climabalance-Matratze, mit der sie auch den deutschen Markt bedienen werden, vergleichbar mit ihrem Verkaufsrenner, der Climaluxe? Und wie passt die Matratze zu den Climabalance-Decken?

Frutig: Die Gemeinsamkeit von Matratze und Decke liegt bei dem Konzept der Durchlüftung. Es ist deshalb auch kein Zufall, dass Sanders auf uns zugekommen ist. Die Verantwortlichen haben offenbar festgestellt, dass wir in diesem Bereich Produkte haben, die sich klar positionieren und sich von den anderen Matratzen am Markt differenzieren. Wir haben uns mit den Verantwortlichen von Sanders zusammengesetzt und schnell festgestellt, dass das Prinzip der Luftzirkulation und des Abführens von überschüssiger Wärme aus der Schlafhöhle das Thema ist. Ein Klimakonzept, das nicht nur von der Decke lebt, sondern auch von der Matratze, und damit das erste gesamtheitliche Bettklimasystem überhaupt darstellt, müsste doch hoch interessant sein. Zumal wir das unter dem gemeinsamen Namen Climabalance vermarkten. Ich denke, das hilft uns sicherlich, Interesse und Akzeptanz zu finden beim Handel und beim Konsumenten. Die Produkte haben wir, was den Kern angeht, nicht neu erfunden. Wir arbeiten mit den am Markt bereits erfolgreichen Produkten, die wir in der Schweiz auch haben. Bei unserem Top-Produkt arbeiten wir mit unseren Air-Pulse-Federelementen. Davon sind in der Standardgröße 60 Elemente aus hochwertigem Kautschuk eingebaut. Dabei handelt es sich im Prinzip um Elemente, die mit einem einseitigen Ventil ausgestattet sind. Unter Druck geben sie punktgenau nach und über das Ventil entweicht Luft nach oben zum Körper. Bei Entlastung saugen sie frische Luft wieder an, wie bei einem Blasebalg. Weil sich der Schläfer in der Nacht häufig bewegt, belüftet er dadurch automatisch seine Matratze. Eingebettet sind die Federelemente in starke Einschnitte in den Matratzenkern, so dass die bewegte Luft horizontal wirklich gut zirkulieren und ausgetauscht werden kann. Darüber hinaus haben wir direkt über den Federelementen kleine Löcher im Schaum, so dass Luft direkt in die Auflage bläst, auf der der Schläfer liegt. So haben wir einerseits einen Kühleffekt und andererseits einen hygienischen Effekt, indem die Feuchtigkeit getrocknet wird.

Haustex: Das klingt recht kompliziert. Funktioniert das System wirklich?

Frutig: Wir haben diese Matratze bei EMPA getestet und konnten nachweisen, dass der Körper auf ihr um ein Grad weniger aufgeheizt wird als bei einer herkömmlichen Schaumstoffmatratze. Dieser Unterschied kann sehr wohl darüber entscheiden, ob jemand schwitzt oder nicht.

Haustex: Wie viele Typen der Climabalance-Matratzen gibt es?

Frutig: Es gibt drei Typen, um auch unterschiedlichen Ansprüchen gerecht zu werden. Das Hüllenkonzept ist jedoch bei allen drei das gleiche. Da machen wir keine Kompromisse, um eine bestmögliche Belüftung zu gewährleisten. Hierbei handelt es sich um ein Spezialgewebe mit einer um 34 Prozent höheren Luftdurchlässigkeit als bei einem normalen Matratzenbezugsstoff.

Haustex: Das hört sich nach einem Abstandsgewirke an.

Frutig: Das ist mit dabei, aber nicht der einzige Bestandteil. Natürlich haben wir auch ein rundum laufendes Klimaband und eine Auflage aus waschbarer Schafschurwolle. Diese ist noch relativ einzigartig, nicht viele bieten so etwas an. Es handelt sich um ein ganz tolles Material aus 80 Prozent Wolle und 20 Prozent Maisfaser, auch als Ingeo bekannt. Die Maisfaser ersetzt die sonst übliche Synthetikfaser, so dass wir ein reines Naturprodukt haben. Diese Verbindung und eine spezielle physikalische Behandlung der Wolle ermöglicht erst die Waschbarkeit der Auflage bis 60 Grad Celsius. Durch den umlaufenden Reißverschluss kann der Bezug beidseitig leicht abgenommen und in der Haushaltswaschmaschine gewaschen werden. Das Klimaband bleibt an der Matratze. Wir haben durch eigene Tests festgestellt, dass unsere Füllung nach 30 bis 40 Waschgängen deutlich besser und flauschiger ist als eine Füllung aus synthetischem Material wie zum Beispiel Polyester. Das liegt daran, dass unsere Maisfaser einen höheren Schmelzpunkt als Polyester hat. Dadurch ist eine Verfilzung ausgeschlossen.

Haustex: Und wie ist es mit den Kernen?

Frutig: Neben der Air Pulse haben wir die Air Wave. Hier arbeiten wir mit einem Kaltschaumkern mit offener Bauweise und quer laufenden Belüftungskanälen. In der Mittelzone haben wir 30 Federelemente. Sie erlauben es uns, markante Lüftungsschnitte im Schaum vorzunehmen und gleichzeitig eine Stützfunktion zu erhalten. Im Gegensatz zur Airpulse ist sie wendbar. Der Schaum selbst ist auch sehr luftdurchlässig und damit atmungsaktiv.

Haustex: Welches Raumgewicht haben die Schäume?

Frutig: Die Matratzen, bei denen wir mit Federelementen arbeiten, haben aus technischen Gründen ein niedrigeres Raumgewicht als herkömmlich konstruierte Matratzenkerne, die nur aus Schaum bestehen. Das hat primär mit der Reißfestigkeit zu tun, die bei der Verwendung von Federn sehr wichtig ist. Aber für mich ist die Frage nach dem Raumgewicht nicht zentral, da bei Matratzen mit Federelementen ganz andere Faktoren im Vordergrund stehen als das Raumgewicht des Schaumes, der ja nur einen Teil zur Matratzenkonstruktion beiträgt. Die gesamtheitliche Funktion einer solchen Matratze ist doch das Wesentliche.

Haustex: Und wie sieht der dritte Typ aus?

Frutig: Das ist die Climabalance Air. Sie ist von der Konstruktion her eine vergleichsweise einfache Matratze. Hier arbeiten wir mit einer konventionellen Schaumstoffmatratze, die eine Mittelplatte aufweist mit Querschnitten und Zonierung. Abgedeckt wird der Kern allerdings durch beidseitige Platten aus dem Schaumstoff Evopore. Er begünstigt die Luftzirkulation zusätzlich. Es handelt sich bei dem Schaum um eine Spezialentwicklung durch unseren Partner für Bico. Wir wissen selbst nicht, wie es Foampartner gelungen ist, aber der Schaum Evopore weist die elastischen Vorzüge von Latex auf, aber nicht dessen Nachteile. Er bietet eine sehr gute Stützkraft bei relativ geringem Raumgewicht und gleichzeitig eine hohe Lebensdauer. Das Gewicht ist deutlich geringer als bei Latex und die Luftdurchlässigkeit ist markant höher. Das Produkt sieht daher in der Konstruktion weniger spektakulär aus, als es tatsächlich ist und eignet sich hervorragend für unser Thema.

Haustex: Auch diese Matratzen erfordern offenbar eine hohe Beratungskompetenz?

Frutig: Sicher wird es im Handel darum gehen, die Mitarbeiter zu schulen und das notwendige Wissen zu vermitteln, damit sie in der Lage sind, die Botschaften an die Konsumenten zu transportieren.

Haustex: In welchen Preislagen rangieren die drei Climabalance-Matratzen?

Frutig: Die Air liegt in den Standardgrößen bei 750 Euro, die Airwave kostet 990 Euro und die Airpulse 1.290 Euro. Die Air liegt damit im Mittelbereich, und mit den beiden anderen Typen kommen wir schon in den oberen Bereich.

Haustex: Gibt es den Dreiklang der Matratzen auch in den angebotenen Härten?

Frutig: Nein, wir bieten nur zwei Härten an, soft und medium. Sonst hätten wir insgesamt neun Modelle. Wir sehen die Realitäten im Fachhandel mit den eingeschränkten Platzmöglichkeiten und deswegen beschränken wir uns erst einmal auf ein Maximum von sechs Produkten. Wir decken damit eine Körpergewichtsspanne von rund 50 bis 120 kg ab. Bei der Airpulse könnten wir, wie in der Schweiz, noch eine härtere Variante anbieten, der Kern ist verfügbar.

Haustex: Wie ist die werbliche Klammer zwischen Matratzen und Bettwaren gestaltet?

Frutig: In der Optik haben wir uns durch die Steppung an die Climabalance-Decken angepasst. Außerdem haben wir das Ziel, dass die Händler die Synergien aus Decke und Matratze den Kunden direkt vor Augen führen und gemeinsam zeigen. Dazu haben wir ein eigenes, optisch attraktives Konzept für einen Matratzen-Shop-in-shop entwickelt, das sich durch Verwendung des Climabalance Corporate Designs an das vorhandene Konzept von Sanders anpasst. Man muss nicht zwangsläufig das Sanders-Studio mit dem Matratzen-Shop zusammenlegen, aber man kann ja durchaus einen Ständer von Sanders mit einer Decke zu den Matratzen stellen. Wer sich für eine Matratze interessiert, weiß dann zumindest, dass es auch eine passende Decke dazu gibt. Dazu weisen wir mittels Hangtags an den Produkten gegenseitig auf unsere Sortimente hin.

Haustex: Ist die Installation eines Shops Bedingung dafür, die Climabalance-Matratzen aufzunehmen?

Frutig: Ja, und das Shopkonzept ist so flexibel, dass es sich vielen Situationen im Handel anpasst. Als Minimum sollte der Partner vier Stellplätze zur Verfügung haben. Wie er die bestückt, bleibt ihm überlassen. Die Maximallösung wäre eine Fläche mit sechs Plätzen, sie würde rund 36 qm in Anspruch nehmen.

Haustex: Werden die Climabalance-Matratzen nur in Deutschland vertrieben?

Frutig: Nein, die Lizenz bezieht sich auch auf die Schweiz, Österreich und Benelux.

Haustex: Starten Sie dort parallel mit dem deutschen Markt?

Frutig: Wir werden erst einmal in Deutschland unsere Hausaufgaben erledigen, und wenn sich das Konzept als wirklich stimmig erweist, werden wir die nächsten Schritte tun. In Deutschland haben wir die Situation, dass das Projekt von drei Partnern getragen wird. Da ist Sanders als Lizenzgeber mit dem Patent, dem Know-how und dem Namen Climabalance. Da ist Bico mit dem Produkt-Know-how und der logistischen Dienstleistung und dann ist da noch die Firma Inno in Dortmund mit fünf Repräsentanten in Deutschland als unser Vertriebspartner. Sollten sich in anderen Märkten kurzfristig ungeahnte Möglichkeiten eröffnen, dann würden wir sicherlich nicht nein sagen.

Haustex: Wann ist der Marktstart in Deutschland?

Frutig: Inno hat bereits Kontakt zu ausgewählten Händlern aufgenommen. Wir wollen mit nach unserer Meinung idealen Partnern regional Standorte aufbauen und das Thema mit ihnen über einige Monate erfolgreich entwickeln. Wenn wir wirklich überzeugt sind, dass wir mit allem richtig liegen und die Konzepte stimmig sind, dann gehen wir in die Breite. Wir gehen also in zwei Schritten vor. Ab Mitte dieses Monats sind wir startklar und können ausliefern.

Haustex: Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit mit Sanders als Lizenzgeber?

Frutig: Unter anderem haben wir die Verpflichtung, unsere Produkte dort vorzulegen, damit man sicher gehen kann, dass die beiden Produktlinien zueinander passen. Der Vertrieb läuft getrennt, da Sanders mit seinen Marken und Artikeln ohnehin schon einiges anzubieten hat. Außerdem läuft der Einkauf von Bettwaren und Matratzen im Handel häufig getrennt. Deshalb haben wir uns der Dienste von Inno versichert. Aber natürlich unterstützen uns die Sanders-Außendienstmitarbeiter und machen ihrerseits auf unsere Matratzen aufmerksam. Es gibt zwischen den Inno- und den Sanders-Leuten einen regen Kontakt und man hilft sich gegenseitig. Es hilft natürlich enorm, dass alle Produkte unter dem gleichen Namen Climabalance vertrieben werden, in unserem Falle "made by Bico". Dazu kommt wie gesagt die Zusammenarbeit der Vertriebsmannschaften. Mit Hangtags an den Produkten werden die Käufer darüber hinaus darauf aufmerksam gemacht, dass es weitere Produkte unter dem Markennamen Climabalance gibt. Also bei Bettwaren ein Hinweis auf die Matratzen und umgekehrt. Und wer von den Einzelhändlern besonders clever ist, der gibt seinen Kunden beim Kauf einer Matratze noch einen Gutschein mit, den er beim Kauf einer Climabalance-Decke einlösen kann.

Haustex: Gibt es am Markt bereits ein Markenkonzept, bei dem Bettwaren und Matratzen so eng über eine Marke miteinander verbunden sind wie bei Climabalance?

Frutig: Weder uns noch bei Sanders ist solch ein Konzept bekannt. Auch nicht bei Inno. Von daher bieten wir eine Einzigartigkeit, das erste gesamtheitliche Bettklimasystem. Das vermittelt dem Verbraucher doch einen Mehrwert. Warum hat es so etwas bislang noch nicht gegeben? Ich denke, weil die Herstellungsmethoden von Bettwaren und Matratzen so grundverschieden sind. Man produziert entweder das eine oder das andere.

Haustex: Wird es gemeinsame Messeauftritte geben?

Frutig: Bei Hausmessen der Verbände denken wir sicherlich daran. Was das nächste Jahr betrifft, überlegen wir uns, ob wir eventuell auf die Heimtextil oder die Möbelmesse gehen.

Haustex: Wie werden die Climabalance-Produkte von Sanders durch Ihre Matratzen profitieren?

Frutig: Für Sanders bekommt das Thema Climabalance eine weitere Aufwertung, weil es durch unsere Matratzen einmal mehr thematisiert wird und so die Zudecke weiter an Bedeutung gewinnt. In der Schweiz zumindest ist die Matratze ein beratungsintensives Produkt, während die Zudecke oft eher ein Mitnahmeartikel ist. In unserem Fall bei Climabalance wird der Kunde speziell dafür sensibilisiert, dass zu einer guten Matratze auch eine gute Zudecke gehört. Das wird den Verkauf der Climabalance-Zudecken unterstützen. Im Bettenfachhandel werden die beiden Themen Matratze und Zudecke zusammengefasst. Deshalb ist der Fachhandel für uns der entscheidende Absatzkanal. In der Schweiz sehen wir uns schon im Möbelhandel, in Deutschland nur bedingt. Dies hängt im Einzelfall von der Beratungsqualität ab und wir wollen auf jeden Fall eine preisorientierte Vermarktung vermeiden.

Haustex: Werden neben Climabalance-Matratzen noch andere Bico-Produkte angeboten?

Frutig: Erst einmal nicht. Wir wehren uns natürlich nicht mit Händen und Füßen, wenn jemand auch noch andere Produkte von uns beziehen möchte, aber die könnten dann sicherlich nicht im gleichen Präsentationskonzept mitlaufen. Es gibt ein Climabalance-Konzept und ein Bico-Konzept. Aber vielleicht können wir mittelfristig noch einige Kunden für Bico gewinnen. Wir haben unter anderem tolle Lattenroste und ein sehr schönes Komfortbett. Aber das steht für uns erst einmal an zweiter Stelle. Ich denke, dass viele auch erst abwarten und sehen wollen, wie Bico sich verhält beim Bedienungsservice und in der Auslieferung.

Haustex: Warum sollte der deutsche Fachhandel Climabalance-Matratzen aufnehmen? Im Zweifelsfall müsste er dafür einen anderen Anbieter rauswerfen.

Frutig: Wir wollen überzeugte Kunden, die unsere Studios nicht leichtfertig platzieren. Insofern ist es gut, wenn sich ein potenzieller Partner fragt, welchen Mehrwert wir ihm bringen und welche Marke er durch uns ersetzen könnte. Für uns sprechen mehrere Teile eines Puzzles. Climabalance als Marke, das Gesamtkonzept, völlig neu, die Einzigartigkeit und die Produkte an sich, insbesondere das Thema Airpulse, das sehr differenziert daher kommt und man so am Markt woanders nicht finden kann. Alleinstellung ist heute ein relevanter Wettbewerbsfaktor. Hätten wir dieses Produkt nicht gehabt, wäre Sanders auf keinen Fall auf uns zugekommen. Diese Federelemente sind patentiert und wir haben mit dem Hersteller, der Firma Hartmann Kunststofftechnik in Herford, Exklusivverträge. Ausschließlich Bico wird mit diesen Federelementen beliefert, und das auf viele Jahre hinaus - für Europa, aber auch andere Länder außerhalb. Wir haben von Hartmann schon einige Millionen dieser Federelemente geliefert bekommen.

Haustex: Wie unterstützen Sie den Fachhandel bei der Markteinführung?

Frutig: Wie bieten den Kunden ein interessantes Produkt mit einem attraktiven POS-Konzept. Das dritte wesentliche Element ist sicherlich die Schulung. Hier wird es Aufgabe von Inno sein, nicht nur die Ware zu platzieren, sondern auch die Schulung zu übernehmen. Die ganze Mannschaft war zu einem zweitägigen Workshop bei uns und hat die Produkte wirklich "auseinander genommen". Mit Erfolg, denn wir haben danach noch einige Details verändert: die Absteppung, die Art der Verarbeitung, die Auswahl der Bezugsstoffe und Thematik der Festigkeit. Dadurch sind die Leute sehr stark im Thema drin und fit für die Schulungen.

Haustex: Wie laufen die Schulungen ab?

Frutig: Für die ersten Partner werden wir Schulungen vor Ort abhalten. Selbstverständlich empfangen wir Einzelhändler mit ihrer Mannschaft gerne auch bei uns in der Schweiz, aber das wird schon rein aus Zeitgründen wohl eher selten der Fall sein. Es wird geschult, wenn die Ware vor Ort verfügbar ist. Wenn wir in der zweiten Phase in die Breite gehen, können wir uns auch vorstellen, Schulungen extern in einer bestimmten Region abzuhalten. So macht es Sanders ja auch schon.

Haustex: Nun haben wir sehr viel über die Funktion der Climabalance-Matratzen gesprochen, aber wenig darüber, wie gut man darauf liegt.

Frutig: Gutes Liegen ist für uns eine Grundvoraussetzung. Aspekte wie Punktelastizität, Lordoseunterstützung oder Zonierung setzen wir einfach voraus und reden deshalb eher über die added values, die nicht jeder bieten kann. Was die Softigkeit einer Matratze betrifft, stelle ich allerdings generell fest, dass viele Hersteller inzwischen zur Übertreibung neigen. Wir sehen das etwas kritisch, weil wir verstärkt mit dem Ergonomie-Institut Zürich zusammen arbeiten. Matratzen neigen dazu, im Beckenbereich so weich zu sein, dass das Becken zu stark absinkt und man gar nicht mehr waagerecht im Bett liegt. Das mag sich anfangs toll anfühlen, ist aber nicht gut. Unsere Matratzen sind im Komfort etwas sportlicher. Man spürt die Zonierung vielleicht etwas deutlicher. Unserer Ansicht nach muss eine Matratze auch stützen und darf nicht einfach nur weich sein. Außerdem stellt sich die Frage, ob die Stützkraft nach vier oder fünf Jahren noch vorhanden ist. Da sollte man aufpassen. Nehmen Sie als Beispiel die modernen Bürostühle: Früher war der Chefsessel dick aufgepolstert, heute hat man Netzgewirke, eine gute Durchlüftung und einen etwas strafferen Aufbau. Insofern befinden wir uns mit unserer Philosophie in bester Gesellschaft.


Bico AG Telegramm

Bico AG
Biltnerstrasse 42 CH-8718 Schänis
Tel.: +41/55 619 66 00 Fax: +41/55 619 66 01
Internet: www.bico.ch E-Mail: info@bico.ch

Charakteristik: Bico ist der traditionsreiche Schweizer Hersteller von Matratzen, Einlegerahmen und Betten. Das Unternehmen wurde 1861 gegründet und begann mit der Verarbeitung von Naturfasern für Polsterer und Sattler. Genau 100 Jahre später begann man mit der industriellen Fertigung von Matratzen. Seit 1972 ist der Firmensitz in Schänis, Kanton St. Gallen. Bico ist der unumstrittene Marktführer in der Schweiz. Das Unternehmen gehört zur Hilding-Anders-Gruppe.
Mitarbeiterzahl: 125
Umsatz: rund 70 Mill. Schweizer Franken
Umsatzverteilung:
- 78 Prozent Marke
- 22 Prozent Handelsmarken
Eigenfertigung: Matratzen, Lattenroste, BettrahmenHandelsware: Decken und Kissen
Produktionsmengen pro Jahr:
- rund 120.000 Matratzen
- rund 40.000 Lattenroste
Markenbekanntheit in der Schweiz:
- ungestützt 56 Prozent
- gestützt 87 Prozent
aus Haustex 04/09 (Wirtschaft)