ZVPF: Herbst-Tagung der Bundesfachgruppe Bodenleger bei Tarkett in Ronneby

Wissbegierige Verleger stellten unbequeme Fragen

Die Bodenleger im Zentralverband Parkett und Fußbodentechnik (ZVPF) hatten einen weiten Weg für ihre Herbst-Tagung auf sich genommen. Beim schwedischen Belagshersteller Tarkett in Ronneby wollte man Fachgespräche führen und möglichst viele Informationen über homogene Beläge sammeln. Vor Ort genossen die Bodenleger die schwedische Gastfreundschaft und die Betreuung von dem deutschen Tarkett-Trio mit Marketingleiter Stephan Stiens und den Gebietsleitern Maik Voland und Markus Kalb von Ribbeck (Objektgeschäft).

Die Bodenleger im Zentralverband Parkett und Fußbodentechnik waren sehr neugierig auf die Besichtigung des Tarkett-Werkes in Ronneby, das ausschließlich homogene elastische Beläge produziert. Die angekündigten Fachthemen hatten auch einige Sachverständige motiviert, sich der Reisegruppe anzuschließen. Zu den Themen zählten "Werkseitige Oberflächenbeschichtung bei homogenen PVC-Belägen", "Nassklebung - Haftklebung - Kontaktklebung, was gibt es Neues oder alles wie gehabt?" und "Resteindruck - noch ein Thema?" Zunächst stellte der Technische Leiter Benny Lundberg das Unternehmen Tarkett vor.

Fachfragen von Praktikern

Der Bundesfachgruppenleiter der Bodenleger, Karsten Krause, eröffnete den fachlichen Teil mit der Präsentation von Werbeaussagen durch Bodenbelagshersteller im Internet zum Thema "Beschichtung von elastischen Bodenbelägen". Stellvertretend sind hier nur folgende wiedergegeben:

- PUR versiegelte Bodenbeläge bieten eine einmalige Wirtschaftlichkeit und gewährleisten eine deutliche Einsparung bei den Lebensdauerkosten.
- Bei einer Fläche von 10.000 qm summieren sich die Einsparungen über 10 Jahre gerechnet auf 60.000 EUR.
- IQ-PUR-Vergütung macht den Belag lebenslang einpflegefrei.

Krause verdeutlichte, welche Probleme man als Bodenleger in der Praxis mit solchen werblichen Versprechen hat: "Es ist der Planer, der über die Bodenbeläge entscheidet, aber wir als Bodenleger müssen die Gewährleistung übernehmen." Sönke Stoltenberg bat Stiens auf Werbeaussagen wie "30% weniger Unterhaltskosten und 50% weniger bei Wasser, Energie und Reinigungschemikalien" zu verzichten. "Wenn wir spitzfindige Kunden haben, werden wir auf solche Aussagen festgenagelt." Marketingleiter Stephan Stiens verwies darauf, welche Vielzahl an Oberflächen bzw. Beschichtungen am Markt sind und dass man dabei sehr exakt unterscheiden müsse.

Braucht man PUR wirklich?

Bodenleger Ralf Wollenberg wollte wissen, warum man kaum noch elastische Beläge ohne eine PUR- oder andere Beschichtung bekomme. Die Antwort von Gebietsleiter Maik Voland lautete: "Es gab einen Bedarf für diese Beschichtungen, wir bekommen überhaupt keinen Belag ohne PUR mehr verkauft. Wollenberg widersprach dieser Einschätzung: "Andere Anbieter würden lieber heute als morgen wieder auf PUR verzichten - es ging ja vorher auch ohne."

Das von Tarkett besonders gern genannte Trockenpolieren der Beläge hinterfragte Stoltenberg: "Durch das Trockenpolieren ist eine besondere Pflege erforderlich und damit haben wir einen zusätzlichen Arbeitsgang." Andere Bodenleger sahen das Problem des Trockenpolierens z.B. in Friseursalons, wo man mit keiner Poliermaschine zwischen die Friseurstühle gelangt.

Fehlende Klebstoffempfehlung angemahnt

Krause wollte auch wissen, warum Tarkett keine Klebstoffempfehlungen für seine Beläge ausspricht. Dies sei für den Verleger eine Frage von elementarer Bedeutung. Dazu Stiens: "Ich glaube nicht, dass es sinnvoll ist, wenn der Bodenbelagshersteller alleine den Kopf hinhält. Es wäre besser, wenn sowohl Klebstoff- als auch Bodenbelagshersteller dafür verantwortlich sind." Krause sah vornehmlich den Belagshersteller in der Pflicht, weil dort ja die größere Wertschöpfung des geamten Bodens liege. "Wenn wir Reklamationen haben und es deutet irgendetwas auf eine fehlerhafte Klebung hin, dann ist der Handwerker immer der Dumme." Stiens war überrascht, dass es den Bodenlegern auch genügen würde, wenn nur zwei Klebstoffe für einen Belag empfohlen würden. Er versprach, dieses Thema mit Ivo Schintz (Tarkett-Direktor Zentraleuropa und nordische Länder) besprechen zu wollen.

Manfred Krapp sprach das Thema Glanzgrade bei Beschichtungen an: "Ich behaupte, als wir matte unbeschichtete PVC-Beläge hatten, haben wir die Eindrücke nur nicht so stark gesehen wie heute bei den hoch glänzenden. Stiens stellte in Aussicht, dass bereits an einem niedrigeren Glanzgrad gearbeitet werde.

Einige Fragen der Praktiker konnten nicht beantwortet werden, die Antworten sollen aber nachgereicht werden (bis Redaktionsschluss lagen sie nicht vor):
- Warum heißt es bei Tarkett "Reinigungsempfehlung" und nicht "Reinigungsanweisung"?
- Was sagt Tarkett zum Thema Resteindruck. Welche Klebeverfahren wie halbnass, nass oder Double drop werden empfohlen?
- Wird es in Zukunft Klebstoffempfehlungen von Tarkett geben?

Fast bekommt man den Eindruck, dass sich der fachliche Teil der Tarkett-Reise mit einem Zitat des Literaturkritikers Marcel Reich-Ranicki beschreiben ließe: "Und wieder sehen wir betroffen, den Vorhang zu und alle Fragen offen."

Zukunft Parkett- und Bodenleger

Im ZVPF-Verbandsteil der Tagung berichtete Bundesfachgruppenleiter Krause Krause über die Bestrebungen der Politik, Berufe zusammenzulegen. Bundesministerin Schavan will die 348 Ausbildungsberufe auf 50 Ausbildungsberufe zusammenschmelzen. Die Industrie strebt einen Montageberuf "Ausbau" an. Die Boden- und Parkettleger tauschen sich zu diesem Thema mit den Malern, Raumausstattern und Estrichlegern aus. Man ist offensiv in ein Gespräch mit dem ZDH gegangen, der an einer so genannten Berufsfamilienbildung maßgeblich mitwirkt. "Unser Ziel ist es, die Auflösung der Berufe und eine Verschmelzung zu verhindern", berichtete Krause.

Zum Thema Meisterprüfung Parkett- und Bodenleger wurde berichtet, dass der Gesetzgeber eine angepasste Meisterprüfungsordnung erwartet. In vielen Handwerksberufen sei dieser Vorgang bereits abgeschlossen. Die ZVPF-Mitgliederversammlung hat in Bad Reichenhall beschlossen, für die Berufe Parkett- und Bodenleger eine zusammengefasste Verordnung anzustreben.

Zusammenarbeit mit anderen Verbänden

Krause berichtete, dass sich mit dem Bundesverband Estrich und Belag in den vergangenen Jahren eine sehr gute Zusammenarbeit entwickelt habe. Die Ressortleiter Bodenbelag im ZVPF und im Raumstatterverband arbeiten ebenfalls in wichtigen Fragen seit Jahren zusammen. Aktuell zeichne sich auch eine engere Zusammenarbeit im Bereich des Sachverständigenwesens ab.

Manfred Krapp sprach das Thema "Staubarme Spachtelmassen" an. Nach Krapps Einschätzung könnten sich diese Spachtelmassen durch den Druck der Berufsgenossenschaft Bau zum Stand der Technik entwickeln. Der Sachverständige Harald Hanke sah das Thema ganz nüchtern: "Wenn das funktioniert, werden die anderen Anbieter nachziehen und wenn nicht, werden die Produkte wieder vom Markt verschwinden."


Kommentar: Wie unterschiedliche Erwartungen zu Unzufriedenheit führen

Wenn der Bundesfachgruppenleiter der Bodenleger, Karsten Krause, schon einmal Gelegenheit hat, für seine Berufsgruppe drängende Fragen zu stellen, dann nutzt er diese auch. Dass kritische Fragen auf Seiten der Tarkett-Verantwortlichen zu Irritationen führen, ist schwer nachvollziehbar. Wann und wo kann man Fragen, die einen Bodenleger in der täglichen Verlegepraxis betreffen, besser stellen, als vor Ort bei einem Belagshersteller selbst. Vielleicht liegt es daran, dass hier die schöne bunte Marketingwelt und die knallharte Verlegepraxis aufeinander prallten. Die Erwartungen der Bodenleger und der Industrie sind definitiv nicht deckungsgleich. Echte Verlege-Probleme ansprechen und gemeinsam nach Lösungen suchen - das ist hier nicht gelungen. Aber an welcher Stelle dann?

Den Produktionsprozess der Beläge nachzuvollziehen, erwies sich fast als unmöglich. Im Sauseschritt und mit dem Hinweis "Wir haben keine Zeit" konnte man gerade mal einen kurzen Blick erhaschen. Bei allem Verständnis dafür, dass man bei Tarkett Angst vor Industriespionage hat: Alle Teilnehmer waren als Innungsvertreter bekannt und keiner der Teilnehmer hatte vor, eine der Fertigungsanlagen im privaten Hobbykeller nachzubauen. Auch der Hinweis, irgendwelche Chinesen hätten hier mal alles fotografiert, war wenig stichhaltig, da man beim Pförtner unmissverständlich zur Abgabe von Kamera und Fotohandy aufgefordert wurde. Schade, das geht ganz sicher auch anders.

Christian Harder
aus FussbodenTechnik 06/08 (Wirtschaft)