Mattes & Ammann

Auf Leinen gebettet


Meßstetten-Tieringen - Leinen galt lange Zeit als knitterig, kratzig und konservativ - kurzum als natürlicher aber veralteter textiler Rohstoff. In den zurückliegenden Jahren haben Leinenproduzenten und -verarbeiter jedoch enorme Fortschritte im Umgang mit Leinen gemacht. Der schwäbische Textilhersteller Mattes & Ammann entwickelte gemeinsam mit weiteren Produzenten Matratzenstoffe mit Leinenanteil. Weich, glatt und wunderbar modern.

Old fashioned - das frühere Image vieler Leinenprodukte. Dabei steckt so viel mehr in dem traditionsreichen Naturprodukt, das insbesondere in den zurückliegenden 20 Jahren eine wohltuende Wandlung erfuhr: Weich und angenehm ist es heute sogar für Matratzenstoffe eine Bereicherung und liegt damit zu Recht im Fokus des schwäbischen Textilherstellers. "Nicht nur historisch betrachtet ist Leinen faszinierend, vor allem in der Kombination mit anderen Fasern wie Lyocell entstehen weiche und glänzende Stoffe, die sich ganz wunderbar anfühlen", erklärt Prokurist Werner Moser. Neben der haptischen Komponente verbirgt sich aber noch einiges mehr in der Leinenfaser aus nachhaltigem, ökologischem Anbau.

Baumwollmaschinen im Einsatz

Was so zahlreiche Vorteile birgt, ist nicht nur für Mattes & Ammann interessant, so dass sich der Textilhersteller dem Leinenthema in Zusammenarbeit mit drei weiteren Unternehmen annimmt: der österreichischen Spinnerei Feldkirch, dem belgischen Faserproduzenten Jos Vanneste sowie dem österreichischen Beratungsunternehmen Teccno Tex, spezialisiert auf den Bereich technische Textilien. In Teamwork wollen die Textilkenner schon bald Matratzenstoffe mit einem Leinenanteil auf den Markt bringen - und zwar gestrickt. Alex Vanneste, Geschäftsführer von Jos Vanneste: "Ein Gestrick mit Leinenanteil ist wirklich neu und auch recht schwer zu realisieren. Wir brauchen dafür besonders feine Fasern, deswegen setzen wir bei uns auf den Einsatz von Baumwollmaschinen, um diese Feinheit zu erreichen." Ein Ansatz, den Werner Jochum, Geschäftsführer der Spinnerei Feldkirch, schätzt: "Es ist großartig, wie intensiv an dem Thema gearbeitet wird, denn jede Optimierung schafft einen Zugang zu neuen Produkten - wie eben Matratzenstoffe. Vor einigen Jahren war das noch undenkbar."

So gut ist so nah

Mattes & Ammann hat bereits einige Tests mit dem Material durchgeführt, die die Schwaben darin bestärken, sich im Heimtextilbereich noch intensiver mit Leinen zu beschäftigen. Der Grund: Die Fasern nehmen besonders viel Feuchtigkeit auf (30 Prozent mehr als Baumwolle), geben sie aber auch wieder leicht ab. Der Schweiß verweilt viel kürzer in der Faser, auch dadurch wirkt sie antibakteriell, antiallergisch und kühlt ebenso gut wie sie isoliert. "Hinzu kommt, dass es kaum Garne gibt, die weniger Frachtkilometer aufweisen - und damit in der Klimastatistik weniger CO2 produzieren - als eben Leinen", so Moser. Bedeutet: Hauptanbaugebiete von Flachsleinen sind Belgien und Frankreich, deren Küstenregion klimatisch prädestiniert für den Leinenanbau ist. Weltweit gibt es keine qualitativ vergleichbaren Anbaugebiete, in denen eine so gute Faserqualität erzielt werden kann. Hinzu kommt, dass die Wege zur schwäbischen Alb vergleichsweise kurz sind, im Verhältnis zur sonst üblichen Baumwolle, die hauptsächlich aus Fernost stammt. "Es ist so nah und deswegen auch authentisch. Und alles andere als Greenwashing." "Ein wirklich fantastisches Produkt", ergänzt Andreas Hämmerle von der Teccno Tex. "Komplett frei von Schadstoffen und deswegen natürlich auch bestens geeignet für ein Textil mit Hautkontakt." Darüber hinaus ist es als Naturprodukt verrott- und kompostierbar - ökologisch betrachtet also äußerst wertvoll.

Höchstmöglicher Tragekomfort

Nimmt man die Anbaugebiete von Leinen in Frankreich, Belgien und den Niederlanden zusammen, ergibt sich ein jährliches Volumen von jeweils 80.000 t Lang- und Kurzfasern - auch dank fortschreitender Entwicklungen in den vergangenen 20 Jahren, aufgrund dessen sich der Ertrag pro Fläche fast verdoppelt hat. So eine Masse, praktisch direkt vor der Tür. Und bekannt ist das Material überdies: Auf jedem Bügeleisen ist eine Einstellung speziell für Leinen zu finden. Meist muss es sehr heiß gebügelt werden, um den Stoff zu glätten, doch auch das soll künftig anders sein, wie Werner Jochum erzählt: "Das Produkt soll nicht nur weicher und angenehmer werden, sondern außerdem leichter und ohne Chemie verarbeitet, so dass es ausschließlich aus natürlichen Eigenschaften besteht, die sich nicht auswaschen." Das bedeutet auch: weniger Knitterbildung, kurze Trocknungszeit und daraus resultierend - natürlich - höchstmöglicher Tragekomfort. "Für Matratzenstoffe also künftig eine attraktive Alternative", so Moser. "Und natürlich auch über den Heimtextilbereich hinaus."
aus Haustex 11/11 (Sortiment)