Mitgliederversammlung des Zentralverbandes Parkett und Fußbodentechnik

Leute zum Mitmachen bewegen - Last auf mehr Schultern verteilen

Handwerker sollen ihre Stimme erheben, politisch aktiv werden, für ihre Interessen eintreten - dieser Appell von Bundesinnungsmeister Joachim Barth hat Tradition. Aber Parkett- und Bodenleger sind weit schwerer zu aktivieren als Bauern oder Industriearbeiter. Deshalb braucht der BIM auf höherer Ebene fähige Mitstreiter für seinen Kampf in den politischen Gremien. Durch zwei Stellvertreter möchte der ZVPF das Amt des Bundesinnungsmeisters verstärken - einen für das Ressort Parkett, einen zweiten für den Bereich Bodenbelag.

Wie ein Ritual wiederholt sich in Mitgliederversammlungen auf Landesebene und Bundesebene alljährlich die Klage um mangelndes Engagement der Handwerker. "Der Kollege muss sich doch für seinen Betrieb und seine Existenz mindestens so begeistern lassen, wie für seinen Fußballverein", fleht Bundesinnungsmeister Joachim Barth und appelliert an alle Parkett- und Bodenleger: "Seid mal enthusiastisch. Wir können nicht erwarten, dass Kammerpräsidenten und Dachverbände sich für uns einsetzen. Diese Institutionen denken nur an ihr eigenes Überleben. Der Handwerker muss seine Sache selbst in die Hand nehmen."

Viel Arbeit, begrenztes Erfolgserlebnis - das bestimmt seit Jahren das Engagement der Vorstandsmitglieder im Zentralverband Parkett und Fußbodentechnik (ZVPF). Die Verantwortlichen müssen sich selber motivieren, von der Basis kommt wenig Unterstützung. Das merken auch die Obermeister in den Regionen. Nachwuchs zur Mitarbeit in den Handwerkerorganen zu bewegen, ist schwierig.

"Man ist ein Einzelkämpfer. Die jungen Kollegen kriegen den Hintern nicht hoch oder wollen sich nicht mehr als Funktionäre abrackern", sagt Jörg Bickelmann-Follmar von der Innung Pfalz/Rheinhessen/Saarland. Und der Hamburger Obermeister Frank Pielot ergänzt: "Die Zeiten müssen offenbar noch schlechter werden, bis die Kollegen wieder zu uns finden." Rüdiger Homeier, neun Jahre lang Obermeister der Innung Hannover/Hildesheim/Braunschweig, ist froh, mit Thomas Sennholz und dessen Stellvertreter Horst Wedber seit März 2009 zwei junge Kollegen in die Verantwortung gebracht zu haben. Fast immer ist sanfte Überredung notwendig. Freiwillig drängt kaum jemand in die ehrenamtlichen Posten.

Das hat viele Gründe. Konkurrenz statt Gemeinschaft und Individualisierung statt Solidarität bestimmen den Trend in allen Bereichen der Gesellschaft. Die organisierten Parkettleger sind keine Ausnahme. Als kleine Gruppe in der wirtschaftspolitischen Landschaft haben sie ohnehin sehr begrenzte Möglichkeiten der Durchsetzung eigener Forderungen. Nur zu gern würde Bundesinnungsmeister Joachim Barth alle Parkett- und Bodenleger in Berlin zusammentrommeln und vor dem Bundeskanzleramt gegen die Aushöhlung der Handwerksordnung demonstrieren lassen. Andere überlegen, wie man als kleiner Verband politische Lobbyarbeit professionell gestalten könnte. Und aus Bayern kommt die Aufforderung: "Wir müssen mehr Verbindungen und gemeinsame Veranstaltungen mit benachbarten Berufssparten wie Malern und Estrichlegern machen. Unser Gewerk hat sich in den vergangenen Jahren zu sehr abgeschlossen."

Genau aus diesem Grund war die diesjährige Mitgliederversammlung des ZVPF 2009 eine Gemeinschaftstagung. Positive Ansätze der Gemeinsamkeit gibt es seit langem. In der Schnittstellen-Koordination wird an dem reibungslosen Miteinander der Gewerke gefeilt und allein in der Person von Edgar Leonhardt als Doppel-Geschäftsführer sowohl des Parkett- und Bodenlegerverbandes wie des Estrichverbandes BEB hat sich Zusammenarbeit manifestiert.

Doch die Harmonie hat Grenzen. Auf handwerkspolitischer Ebene ist nicht der BEB sondern die Bundesfachgruppe Estrich und Belag Ansprechpartner des ZVPF. Einer wirklich engen Verbindung stehen Organisationsstrukturen entgegen. Estrichleger sind sowohl im technisch orientierten BEB, als auch im ZDB verankert und kennen dort andere Finanzierungs- und Beitragsmodelle als der Parkett- und Bodenlegerverband.

Auch im Baustellenalltag ähnelt das Verhältnis mitunter dem von Hund und Katze. Man schiebt sich Verantwortung gegenseitig zu. Der Parkettleger möchte vom Estrichleger die Gewähr für einen trockenen Unterboden. Den Estrichleger nervt die dauernde Feuchtigkeitsdebatte. Er hat es schwer genug, mit den Schnellprodukten der Hersteller und widersprüchlichen Messergebnissen ein ebenes und eindeutiges Bild zu präsentieren.

Verbandsspitze im ZVPF neu strukturieren

Solidarität unter den Gewerken schaffen, Politiker informieren, die Gesetzgebung beeinflussen, europäische Normen in fachlich richtige Bahnen lenken, in allen Diskussionsrunden und Gremien mitmischen wollen - das ist eine zeitraubende Aufgabe. ZVPF-Bundesinnungsmeister Joachim Barth und seine Vorstandsmitglieder - jeder in seinem Bereich - strampeln sich einsam ab. Das kann nicht ewig so weitergehen. Ein Generationswechsel muss vorbereitet werden. Schon hat der stellvertretende Bundesinnungsmeister Gert Hausmann für das kommende Jahr seinen Rückzug angekündigt. Sein Fachwissen, seine ausgleichende Art werden fehlen.

"Wir sind nicht mehr zeitgemäß aufgestellt", findet daher Karsten Krause, im ZVPF für die Bodenleger zuständig. "Es können nicht nur alte Leute im Vorstand sein, die ihren Betrieb an die Söhne übergeben haben. Wir müssen das Fundament neu strukturieren und Aufgaben anders verteilen. Wollen wir jüngere Leute motivieren, dann muss deren Zeitbudget berücksichtigt werden."

Ein erster Schritt, Verantwortung im ZVPF auf mehrere Schultern zu verteilen, ist die Einführung von zwei stellvertretenden Bundesinnungsmeistern, die jeweils auf gleicher Augenhöhe die Ressorts Holz und Bodenbeläge vertreten. Dahinter steckt auch der Wunsch, mehr Bodenleger als Innungsmitglieder zu gewinnen. Bisher ist dieser Ansatz ein Vorschlag. Nicht alle sind dafür. Mit 17 gegen 10 Stimmen bei 3 Enthaltungen gab die Mitgliederversammlung den Auftrag, 2010 eine entsprechende Satzungsänderung vorzulegen. Überwältigende Zustimmung sieht anders aus. "Der Kostenrahmen für die Vorstandsarbeit muss bleiben", lautet die größte Sorge der Zweifler.

Die Verteilung der Ämterlast auf mehrere Schultern soll Nachwuchs motivieren, sich für die zeitraubende Verbandsarbeit zur Verfügung zu stellen. "Ich bin für das neue Modell, weil es auch in anderen Verbänden Vertreter mit zugeordneten Ressorts gibt", sagt Norbert Strehle und Peter Fendt fügt hinzu: "Mir ist egal, welchen Titel derjenige trägt. Die Arbeit muss nur richtig delegiert werden." Parkettlegermeister Jochen Michalik, der sich in den vergangenen zwei Jahren zum Holztechniker ausbilden ließ, nennt noch einen Grund: "Wir müssen uns modernisieren, damit wir ein Gegenwicht in der Lehre schaffen können. Der Staat nämlich versucht, alle Strukturen wie den Meisterbrief aufzulösen und selber die Kontrolle über die Ausbildung zu übernehmen."
Sitzungsorte festgelegt

Die nächste Sitzung des Zentralverbandes Parkett und Fußbodentechnik wird 2010 in Bad Neuenahr und im Folgejahr 2011 in Wernigerode im Harz stattfinden.


Bundeslehrlingswart Heinz Brehm
Nur Bodenleger haben Zuwachs

Nur durch eine Steigerung der Bodenleger-Lehrlinge um fast 10 % auf bundesweit 528 im Februar 2009 konnte Bundeslehrlingswart Heinz Brehm einen Gesamtanstieg der Lehrlingsstatistik um 3,7 % vermelden. Die Zahl der Azubis im Parkettbereich sank um eine Person auf 783.

"Wenn sich die wirtschaftliche Lage im Handwerk weiter verschlechtert, können wir kaum Betriebe für die Ausbildung gewinnen", befürchtet Brehm. Frank Pielot, Obermeister aus Hamburg, wo derzeit nur ein Parkettleger ausgebildet wird, sieht eine andere Gefahr: "Die Zahlen der Schulabgänger brechen ein. Lehrstellen werden unbesetzt bleiben. Die Betriebe merken nicht, dass sie sich aktiv in Schulen um die Lehrlinge bemühen müssen."

Zur Nachwuchswerbung hat der ZVPF ein Faltblatt aufgelegt, das Jugendliche für den Beruf begeistern soll.

Listen zur Lehrlingsbewertung mit denen ein Ausbilder seine Schützlinge über die gesamte Lehrzeit begleiten kann, wurden in Schleswig-Holstein entwickelt und sind über die Innungen bundesweit erhältlich. Hintergrund: Der Ausbilder dokumentiert nachvollziehbar seine Beurteilung, falls ein Lehrling sich später gegen etwaiges Durchfallen bei der Gesellenprüfung wehrt.

Eine Projektidee für Parkett-, Estrich- und Bodenlegerlehrlinge kommt von der Handwerkskammer Mittelfranken. In einem Workcamp 2010 sollen Auszubildende an der Renovierung einer sozialen Einrichtung in Osteuropa teilhaben und internationale Erfahrung sammeln. Berater sind Cordula Ripp und Heinz Brehm. Online-Informationen gibt es unter www.hwk-mittelfranken.de und www.eufapf.org.
aus FussbodenTechnik 04/09 (Wirtschaft)