Tarkett Deutschland: Interview mit Vertriebsleiter Albert Waibel
"Mit Parkett in drei Jahren unter den Top 3 in Deutschland"
Mit einer Jahresproduktion von knapp 9 Mio. qm gehört Tarkett zu den bedeutendsten Parkettherstellern weltweit. Doch in Zentraleuropa wird das Geschäftsfeld nur noch als Randerscheinung wahrgenommen. Auch im Laminatbereich zeigte sich das Unternehmen wenig ambitioniert - trotz neuer Fertigungsstätte im saarländischen Eiweiler. Die zentrale Rolle in der Sortimentspolitik des Konzerns spielten elastische Beläge. Umso erstaunter war die Branche, als im September 2008 mit Albert Waibel ein ausgesprochener Holzexperte die Vertriebsleitung Handel für Deutschland und die Schweiz übernahm. "Unser Parkettprogramm ist wieder wettbewerbsfähig", erklärte er in einem Redaktionsgespräch mit ParkettMagazin, an dem auch Heiko Schmidt, Verkaufsleiter Hardflooring, teilnahm.
ParkettMagazin: Herr Waibel, in einem Konzern dürften die Mühlen langsamer mahlen als bei einem Mittelständler. Welche Erfahrungen haben Sie bei Tarkett gemacht?
Albert Waibel: Ich war positiv überrascht. Es gibt klare Spielregeln und bei stichhaltigen Argumenten wird sehr schnell entschieden. Ein Beispiel aus dem Parkettbereich: Als ich bei Tarkett anfing, besaßen die Böden zu 95% eine Klickverbindung, die mit Hammer und Schlagklotz zusammengefügt werden muss. In Deutschland ist es aber kaum noch möglich, solch ein Produkt über den Holz- oder Baustoffhandel zu vermarkten. Innerhalb von sechs Wochen haben wir es geschafft, das gesamte Produktportfolio auf ein eindrehbares System umzustellen, wobei sich das Investitionsvolumen mit 250. 000 EUR in Grenzen hielt.
Aber das war nur der erste Schritt, um die genannte Zielgruppe zu gewinnen. Bereits wenige Wochen später wurde zusätzlich die 5G-Verriegelung eingeführt (stirnseitige Verriegelung durch Herabschwenken der Diele, d. Red.) - Aufwand: 1,8 Mio. EUR. So schnell kann es in einem Konzern gehen, wenn Notwendigkeiten erkannt werden. Bei einem Mittelständler wäre höchstwahrscheinlich ein halbes Jahr vergangen, bis die Finanzierung steht.
ParkettMagazin: Als Fertigparketthersteller teilte sich Tarkett einstmals mit Haro die Marktführerschaft in Deutschland. In welcher Position sieht sich das Unternehmen heute?
Waibel: Die Marktbedeutung ist größer als ich es vor meinem Eintritt vermutet hatte. Aktuell sehen wir uns an 7. Stelle, aber spätestens in drei Jahren werden wir wieder unter den Top 3 sein.
ParkettMagazin: Während Sie sich auf dem Holz- und Baustoffsektor bestens auskennen, ist der Bodenbelagshandel nicht gerade Ihr Metier?
Waibel: Ganz so ist es nicht. In meiner früheren Tätigkeit war ich auch für den Vertriebskanal Bodenbelagsfachhandel verantwortlich und kenne die Branche durchaus. Dass ich den Schwerpunkt meiner Tätigkeit zunächst bei Laminat und Parkett setzen konnte, hängt damit zusammen, dass im Bereich Elastische Beläge schon vor meinem Eintritt alle Hausaufgaben für eine überaus erfolgreiche Entwicklung gemacht worden sind.
ParkettMagazin: In den vergangenen Jahren waren bei Tarkett keine großen Ambitionen erkennbar, in Deutschland mit Hartbelägen erfolgreich zu sein.
Waibel: Das sieht die jetzige Konzernspitze ganz anders: Parkett und Laminat sind zwei wichtige Säulen in der Sortimentspolitik. Früher hatten die Produkte einen untergeordneten Stellenwert, da die damit erzielten Renditen den Erwartungen bei weitem nicht entsprachen. Der jetzige Vorstand hat jedoch erkannt, dass sich die im Bereich der elastischen Beläge vorherrschenden Maßstäbe nicht auf Holz übertragen lassen.
ParkettMagazin: Die Festlegung neuer Prioritäten beinhaltet jedoch noch keine Erfolgsgarantie.
Waibel: Damit ist aber die Vorgabe definiert, in diesen Geschäftsfeldern künftig auf allen wichtigen europäischen Märkten gut aufgestellt zu sein. In der Vergangenheit wurden Deutschland, Österreich und die Schweiz vernachlässigt, da Parkett und Laminat in anderen Regionen zu weitaus besseren Konditionen abgesetzt werden konnten.
ParkettMagazin: Ist das Parkettprogramm inzwischen wieder wettbewerbsfähig?
Waibel: Rund 90% unserer Verkäufe in Deutschland erstreckten sich auf die Holzarten Buche, Eiche und Ahorn, was nicht gerade ideal ist. Für den Bodenbelagshandel mag das gerade reichen, aber auch dort kann man mit diesem Mix nicht wirklich Geld verdienen. Nach der Aktualisierung des Programms mit Spezialitäten und neuesten Verlegetechnologien ist Tarkett auch für den Holz- und Baustoff-Fachhandel attraktiv. Das erste Quartal verlief für uns nach Plan und wir konnten die Absatzmenge im zweistelligen Prozentbereich steigern.
ParkettMagazin: Ist es nicht so, dass der Handel momentan dahin tendiert, die Lagerbestände zu reduzieren, statt weitere Lieferanten aufzunehmen?
Waibel: In diesen schwierigen Zeiten tut sich der Handel schwer, neue Wege zu beschreiten. Umso erfreulicher ist es, wenn Marktteilnehmer aus eigenem Antrieb ihr Interesse an einer Zusammenarbeit bekunden. Drei solcher Händler befinden sich gerade in der Umstellung. An reinen Kommissionsgeschäften sind wir nicht interessiert, sondern knüpfen eine Zusammenarbeit an konkrete Abmachungen und Ziele. Dafür bieten wir unter anderem einen selektiven Vertrieb sowie eine klare Produkt- und Preispolitik. Viele unserer Wettbewerber sind überdistribuiert, so dass von Preisdisziplin kaum die Rede sein kann. Ein weiterer Pluspunkt ist die Zukunftsfähigkeit von Tarkett.
ParkettMagazin: Offensichtlich scheint man Tarkett im Holzbereich wieder zu vertrauen?
Waibel: Andernfalls würden wir kaum jeden Monat neue Kunden hinzugewinnen. Wir sind geradlinig und lassen uns gern an unseren Worten messen.
aus
Parkett Magazin 04/09
(Wirtschaft)