Tapeten auf der Heimtextil

Marburger Tapetenfabrik Neuer Kreativschwung auf höchstem Niveau


Gleich am ersten Messetag herrschte Aufregung am Marburg-Messestand: Polizisten vernahmen die Geschäftsführung. Der Grund: Ullrich Eitel, geschäftsführender Gesellschafter, hatte Anzeige wegen des Verdachts des Plagiierens erstattet. Ihm war ein Mann aufgefallen, der ein Tapetenmuster nach dem anderen fotografierte. Dieser hatte sich, wie sich später herausstellte, als chinesischer Journalist ausgegeben, doch sein Presseausweis war gefälscht. Ein unerfreulicher Zwischenfall, der der grundsätzlich guten Stimmung aber keinen Abbruch tat. Und die hatte durchaus ihre Berechtigung: Die Marburger Tapetenfabrik bewies einmal mehr, dass sie als Kreativschmiede nach wie vor Trends zu setzen vermag. Nachdem das Familienunternehmen im vergangenen Jahr eher zurückhaltend auftrat, präsentierte es in diesem Jahr herausragende Kollektionen, die qualitativ und optisch zu den besten der Branche gehören.

Darauf basieren die geschäftlichen Erwartungen von Geschäftsführer Dieter Buhmann, der sich trotz zahlreicher Unsicherheits-Faktoren wie Euro-Krise und Rohstoff-Verteuerung verhalten optimistisch gibt. Vor allem Osteuropa entwickle sich wieder zufrieden stellend. Aber auch China sei ein wichtiger Markt. Im Inland konnte Marburg den Umsatz-Ausfall durch den Verlust der Obi-Listung fast vollständig ausgleichen und 2011 auf Vorjahresniveau abschließen. Das wertet der Tapetenhersteller als beachtlichen Erfolg.

Selbst in Frankreich, einem rückläufigen Markt, steht das 1879 gegründete Kirchhainer Unternehmen recht gut da. Um seine Position in diesem wichtigen, aber schwierigen Markt zu stabilisieren und auszubauen hat Marburg die Mehrheit an seinem langjährigen Partnerunternehmen Sedim im elsässischen Uffheim übernommen.

Insgesamt geht der Geschäftsführer davon aus, dass Marburg seine Hausaufgaben gemacht hat. "Wir haben in neue Heißprägeanlagen investiert, den Kiosk in Betrieb genommen und mit der neuen App können Interessenten ihr eigenes Zimmer fotografieren und virtuell tapezieren", sagte Buhmann. Auch dem Thema Nachhaltigkeit misst das Unternehmen zunehmende Bedeutung bei. Nachhaltig hergestellte Kollektionen aus dem Hause Marburg sind mit einem grünen Baum gekennzeichnet. Ihre Zahl wächst.

Mit Spannung war die neue Ulf-Moritz-Kollektion erwartet worden. Der Designer zeigte sich mit Wall Couture einmal mehr als kreativer Innovator der Branche. "Mit dieser Karte knüpft Ulf Moritz an die äußerst erfolgreichen Kollektionen Pearl und Scala an. Wall Couture steckt voller technischer Neuheiten und ist in puncto Design überragend gut gelungen", ist Buhmann überzeugt. Sie bietet unter anderem metallisch glänzende, großformatige Blütenmotive in kräftigen Farben, die mit passenden Streifen kombiniert werden können. Aber auch mattgeprägte Ornamente und luxuriöse Crushtapeten finden sich in der Kollektion. Extrem aufwändig ist eine Kunstledertapete mit Reliefstickerei. Und völlig neu: gekräuselte Stoffbänder, aufgenäht auf matten Vliesfond.

Ein Überraschungscoup gelang Marburg mit der Kollektion von Konstantin Eulenburg. Der Hamburger Fotograf, der sonst für die Raumbilder verantwortlich zeichnet, tritt erstmals mit einer eigenen Kreation unter dem Titel Identity in Erscheinung. Die in dieser Kollektion enthaltenen wandhohen Digitaldrucke und ihre passend adaptierten Tapeten haben das Zeug für einen Bestseller. "Sie war der Renner auf der Messe", meinte Buhmann. Ihr Markenzeichen ist ein 1,60 m großer Daumenabdruck. Er wird kombiniert mit unifarbenen Vliestapeten oder einer Tapete mit feiner Holzmaserung.

Ein kreativer Bekannter aus Marburgs berühmter Art-Border-Linie ist Karim Rashid. Die neue Kollektion des Popkünstlers, der sich ständig neu erfindet, widmet sich geometrischen, fast mathematischen Mustern in mutigen Farben. Besonders auffällig sind die Sechseckdessins in 3-D-Optik, die an Bienenwaben erinnern - in Rashids Lieblingsfarbe Rosa. Dies ist aber nur eine von vielen Formensprachen der Karim Rashid Kollektion. Manche Muster wirken so frisch, als seien sie von hinten durchleuchtet.

Weitere Highlights sind schon in der Pipeline. Nach der sehr erfolgreichen Produkteinführung der Lizenzmarke "Zuhause wohnen" arbeitet Marburg am zweiten Programm. Auch eine weitere Lizenzmarke soll im Februar akquiriert werden, allerdings wollte das Unternehmen dazu noch keine Auskunft geben.

Mehr Informationen lieferte Buhmann in Bezug auf eine neue Designermarke. Der schrille Modedesigner Harald Glööckler hat eine Kollektion entwickelt, die im April auf der Mosbuild in Moskau und danach in Deutschland vorgestellt wird. "Das wird in jeder Beziehung ein absoluter Hingucker", schätzt Buhmann.
aus BTH Heimtex 02/12 (Sortiment)