Frank Gänser zum Bereich Bettwaren
Schlafen ist eine Lebensphilosophie
Als erstes möchte ich herzliche Glückwünsche zum 60. Geburtstag der Haustex aussprechen und meine Wertschätzung für Redaktion und Verlag zum Ausdruck bringen. Eine beeindruckende Leistung, während 60 Jahren stets aktuell und informativ über wirtschaftliche Situationen und Branchentrends zu berichten. Dabei amüsiert es mich ein bisschen, dass ich zum Zeitpunkt der Null-Nummer noch nicht geboren war. Doch seit Berufsbeginn hat mich Ihr wichtiges Fachmagazin begleitet, und das sind inzwischen schon mehr als 20 Jahre.
Die Frage nach dem "Früher" bringt mir die Anfangszeit meiner Berufsausbildung in Erinnerung. Das war Ende der 70er Jahre. Als Auszubildender hatte ich großes Glück, in Jürgen Bitter nicht nur einen Vorgesetzten, sondern einen Mentor gefunden zu haben. Er hat mich immer gefördert und mich gelehrt, was das Thema "Schlafen" für eine Bedeutung hat. Zum einen für den Menschen und zum anderen für eine Marke. Er war einer von vielen Förderern, von denen ich lernen durfte. Und so habe ich im Laufe der Jahre immer besser verstanden, was der Ursprung von Markenbewusstsein ist und dass es langfristig wichtig ist, dieses konsequent zu leben. Jürgen Bitter lebte dies in allen Bereichen vor.
Er war der Tradition verbunden und hat dabei stets nach neuen Entwicklungen geschaut. Aus damaligen Erzählungen weiß ich, dass in der Bettenbranche vor dem Krieg überwiegend mit Federn und Daunen gearbeitet wurde. Danach machte man aus Naturhaaren, vorrangig Schafschurwolle, die damaligen "Anti-Rheuma"-Bettdecken. Auf der Basis von Schurwolle wurden Markenprodukte entwickelt, zum Beispiel "Rheumalind". Das war ein starkes Produkt. Eine erfolgreiche Marke mit zunehmender Akzeptanz und gutem Absatz. Doch was der Name versprach, war für Wettbewerber ärgerlich.
In den 60er Jahren kamen die ersten synthetischen Textilprodukte auf den Markt. Erinnern Sie sich an die Hemden und Kittelschürzen - in Weiß, Rosa und Hellblau? Nach mehrmaligem Waschen waren sie vergilbt, und man hat schlecht gerochen, weil dieses Material ja keine Feuchtigkeit aufnehmen konnte. Aber trotzdem war das ein Material der Zukunft. Es war im Gewicht viel leichter als Wolle und vor allem pflegeleicht. Die Produzenten hatten ihre Krempelmaschinen zur Bearbeitung von Schurwolle. Um sie stärker auszulasten, wurde deshalb mit "synthetischer Wolle" gearbeitet. Für diese Maschinen hat man die langfasrige Synthetik wie Wolle geschnitten und bearbeitet. So entstanden Kunstfaserfliese für die ersten synthetischen Betten, für die man dann ja auch ein modernes Inlett brauchte.
Für Betten aus synthetischen Fasern wurden erst synthetische Bezüge und danach Perkale eingesetzt. Die Funktionseigenschaften, wie z. B. "Nie mehr Schwitzen" wurden erst Ende der 90 er Jahre durch Centa-Star als einer der Ersten in den Markt gebracht. Mit der Zeit verlor die Naturfaser immer mehr an Bedeutung, und mit Einführung von Funktionsfasern durch Centa-Star 1995 wurde die schwere Wolle in Bettwaren immer weniger vom Verbraucher gewünscht. Heute findet man im Fachhandel immer seltener ein breites Sortiment in Wollbetten. Naturprodukte - wie Federn und Daunen - werden exklusiver verarbeitet und luxuriöser angeboten. Seit vielen Jahren geht der Trend hin zu ausgesprochen hochwertigen klimatisierenden Faserbetten. Trotzdem sehe ich auch heute noch große Chancen in Naturhaardecken, wenn man sich auf besondere und hochwertige Produkte konzentriert und sich nicht dem "Geiz ist Geil" hingibt!
Die ersten Faserbetten aus Stapelfasern habe ich noch bei meinem damaligen Arbeitgeber kennen gelernt. Den positiven Unterschied der Endlosfaser zur Stapelfaser, die Ende der 60er Jahre durch Centa-Star eingeführt wurde und bis heute exklusiv im Markt angeboten wird, stellte ich ab Juli 1996 bei Centa-Star fest. Wie man sieht, haben sich die Produkte verändert. Lassen Sie mich hierzu kurz auf die Entwicklung der Rohmaterialien eingehen. Früher wurden 60 Prozent an Federn und Daunen eingesetzt, etwa 20 bis 25 Prozent Naturwaren wie Wolle, und nur ein kleiner Rest war Faser.
Heute schätze ich den Verbrauch auf maximal 10 - 15 Prozent Naturwaren, 30 - 40 Prozent Daunen und Federn, sowie 45 bis 55 Prozent Fasermaterial. Seit den 90er Jahren entwickelt sich der Fasermarkt wegen seiner Leichtigkeit auch in der Bettenbranche bahnbrechend. Ich erinnere mich an meinen ersten Tag bei Centa-Star, das ist jetzt 13 Jahre her. Günter Wenninger hatte mir ein Bett gezeigt aus Fasermaterial. Erst dachte ich, dass ich "bessere" Zudecken kenne, sogar Wollbetten fand ich besser. Bis ich zum ersten Mal selbst darunter geschlafen habe. Es war Centa-Star Royal, das 1995 gemeinsam mit 3M Deutschland exklusiv für Centa-Star entwickelt wurde. Sie werden es kaum glauben, ich schlafe seitdem in keinem anderen Bett mehr. Selbst auf Reisen habe ich immer mein Royal dabei. Diese federleichte, inzwischen weiterentwickelte und verbesserte Fasertechnologie hin zu Primaloft ist für mich unübertroffen.
Die Entwicklung im Faserbereich hat die Bettenbranche revolutioniert, das habe ich in seiner ganzen Dimension Stück für Stück erfahren. Faszinierend finde ich, dass Micro- und Klimafasern die textile Welt erobern, wobei sie gleichzeitig viel intensiver als je zuvor die Möglichkeit bieten, die Schlafkultur neu zu definieren. Warum das so ist, diskutiere ich täglich in Gesprächen mit meinen Kunden. Uns ist klar, dass wir gemeinsam dem Verbraucher wieder nahebringen müssen, was Schlafkultur bedeutet, und was es für Auswirkungen auf den Menschen hat, ausgeschlafen zu sein. Wenn ein Mensch 75 Jahre alt wird, hat er davon 25 Jahre in seinem Bett verbracht. Leider findet der Austausch eines Bettes im Durchschnitt aber erst nach 15 bis 20 Jahren statt. Ein unappetitlicher Gedanke, wo der Körper doch jede Nacht bis zu 0,5 Liter Wasser verliert. Rheumatiker sollen sogar bis zu 1,5 Liter Feuchtigkeit abgeben! Im Grunde sind eine Bettdecke und auch eine Matratze nach acht Jahren verbraucht und müssen ausgetauscht werden. Und angesichts der Tatsache, dass wir uns Flachbildschirme, Küchen, Autos und teure Sport-Bekleidung kaufen, wird das Thema Schlafen noch viel zu oft vernachlässigt. Aber genau das ist die Chance unserer Branche.
Wir müssen dem Schlaf mehr Aufmerksamkeit schenken, und da geht es nicht nur um die Bettdecke alleine. Das hat mit Lebensstil und Lebensqualität zu tun. Ich persönlich finde, dass es nichts Schöneres gibt als sich abends in ein frisch bezogenes, bequemes und gemütliches Bett zu legen, in dem alles auf mich abgestimmt ist. Matratze, Bettdecke und Kissen. Schlafen ist etwas fundamental Wichtiges, da müssen auch der Raum und die Einrichtung stimmig sein. Deshalb kommunizieren wir dieses mit unserer Centa-Star Markenphilosopie.
Ich bin davon überzeugt, dass es Aufgabe der Hersteller und des Handels sein muss, diese Informationen dem Verbraucher wieder nahe zu bringen. Ein gutes Konzept sagt dem Kunden, wie er sich betten muss, um gesund zu schlafen. Wobei es sich nicht unbedingt auch ständig um das Thema Gesundheit drehen muss. Vor allem geht es uns doch um Schlafkomfort oder noch besser ausgedrückt um Schlafkultur. Über sie wollen wir aufklären. Bei dieser Kommunikation kann der Fokus niemals nur auf den Preis gerichtet sein. Es geht viel mehr um die positive Einstellung zum Thema und zum Produkt, um eine exklusive und perfekte Kundenberatung, mit intensiver, nachhaltiger Wirkung.
Das Konzept "Schlafkultur" muss von Herstellerseite und vom guten Fachhandel langfristig angedacht werden. Wird es nicht konsequent umgesetzt, knickt man bei nächster Gelegenheit ein. Aber ich sehe immer eine Chance darin, ein transparentes Konzept auch langfristig durchzusetzen. Wir haben im Jahr 2000 für Centa-Star als ersten Hersteller in unserer Branche unser Wertschöpfungskonzept für den Fachhandel in den Markt gebracht. Und es war zugegeben schwierig, dies konsequent umzusetzen und durchzuhalten. Ich erinnere mich daran, wie es war, als wir zum ersten Mal Waren bei einem Händler rausgekauft haben, der sich nicht an das besprochene Konzept hielt. Wir mussten hier klar und konsequent bleiben, sonst wären wir unglaubwürdig geworden. Unsere Kunden haben dies honoriert. Sie haben von der Ware die Etiketten des Wettbewerbs abgeschnitten und die Centa-Star-Decken und -Kissen als reguläres Produkt zu allen Konzeptbedingungen verkauft. Der Fachhandel hat uns dabei unterstützt, tut das auch noch heute und dafür bin ich sehr dankbar.
Dass wir dieses Wertschöpfungskonzept nun schon über zehn Jahre am Markt behaupten können, spricht für uns, den guten Fachhandel und gegen Billiganbieter. Daneben sind auch in schwieriger Zeit Innovationen gefragt. Wer keine Weiterentwicklungen für den Vertrieb anbieten kann, hat es schwer. Derjenige verliert auch als Marke rasch an Vorsprung. Und - das ist die Gefahr - ohne Innovationen konzentriert sich alles auf den Preis. Wenn Sie sich vorstellen, dass wir mit Produktentwicklungen in Klimatextilien für Betten inzwischen so weit sind, dass sogar der Outlast-Faden im Gewebe drin ist, dann spreche ich von einem einschneidenden Technologie-Vorsprung. Solche innovative Produktpolitik wird selbst in einer Krise vom Verbraucher honoriert. Wer wenig im Geldbeutel hat, kauft hochwertigere Ware von bester Qualität, denn sie muss lange halten.
Deshalb müssen wir dafür sorgen, dass der Konsument die Chance bekommt und dazu bewegt wird, unsere hochwertigen Produkte kaufen zu können. Ich kümmere mich darum, ihm ein Erlebnis zu schaffen, das er nicht im Internet bestellen kann. Es ist eben nicht damit getan, eine billige Anzeige von Schnäppchen in einer Zeitung zu platzieren. Wir müssen die Philosophie vom Schlafen kommunizieren und dafür gute Konzepte entwickeln. Damit der Kunde etwas davon hat. Schlafen ist eine Lebensphilosophie, und darüber hat mein Mentor vor 25 Jahren gesprochen. Diese Gedanken waren schon da, man muss sie nur neu denken. Eine Krise ist immer auch eine Chance, sich neu aufzustellen, um den Quantensprung zu schaffen.
aus
Haustex 08/09
(Wirtschaft)