20 Jahre Objectflor: Interview mit Stephan Wolff, Hans-Jörg Mellmann, Claudia Kunath
"Mit Kollektionsrelaunch und Lager-Neubau haben wir die Weichen für die Zukunft gestellt"
In das historisch bedeutsame Jahr 1989 fällt auch die Gründung von Objectflor, heute einer der großen Namen bei elastischen Objektbelägen. Die Kölner sehen ihr 20jähriges Jubiläum aber nicht nur als Grund zum Feiern und Gelegenheit für einen Rückblick auf zwei erfolgreiche Jahrzehnte, sondern nehmen es als Anlass, sich für die Zukunft aufzustellen: mit einer Erweiterung der Lagerkapazitäten und einem neuen Schulungszentrum zur Optimierung des Kundenservices, einem umfassenden Relaunch des Sortiments und einer Verstärkung der Vertriebsstrategie in Richtung Objekt. BTH Heimtex-Chefredakteur Claudia Weidt sprach darüber mit den beiden Geschäftsführern Stephan Wolff und Hans-Jörg Mellmann sowie Claudia Kunath, die Marketing und Produktentwicklung leitet.
BTH Heimtex: Vor gut einem Jahr ging mit dem Generationswechsel an der Führungsspitze von Objectflor eine Ära zu Ende. Seitdem lenken Sie beide das Unternehmen, Herr Wolff und Herr Mellmann. Wie steht Objectflor heute da ? Was hat sich seitdem verändert, was haben Sie anders oder neu gemacht - und was ist geblieben ?
Stephan Wolff: Uns war es gar nicht wichtig, viel zu verändern. Objectflor ist seit Jahren auf einem guten Weg. Uns war es viel wichtiger, unseren Kunden Stabilität und Kontinuität zu signalisieren, weiterhin Verlässlichkeit und Berechenbarkeit.
Das bedeutet konkret, dass wir selbstverständlich an unseren bewährten Vertriebs- und Vermarktungsstrategien festhalten - mit klaren, transparenten Vertriebskonzepten für die einzelnen Kollektionen.
Das bedeutet auch, dass wir bei Designbelägen unsere Position als Marktführer behaupten möchten, wobei wir parallel verstärkt als Anbieter eines breiten Sortiments an elastischen Belägen wahrgenommen werden wollen. Dazu sollen die Bereiche Homogen- und Sicherheitsbeläge ebenso ausgebaut werden, wie Kautschuk.
Einen etwas stärkeren Akzent werden wir künftig auf die zusätzliche Objektakquise setzen. Damit habe ich bereits vor meiner Berufung zum Geschäftsführer begonnen, indem wir unterstützend zur Marktbearbeitung Key Account-Manager für wichtige Schlüssel-Segmente eingestellt haben. Deutschland hat den Anfang gemacht, die anderen Länder werden folgen.
Zudem haben wir die Ansprache der Architekten intensiviert und sind mit einer außergewöhlichen Roadshow direkt auf sie zugegangen. Dadurch wollen wir mehr Nachfrage für unsere Produkte und Marken generieren und letztlich erreichen, dass unsere Produkte stärker in Ausschreibungen berücksichtigt werden.
Hintergrund ist, dass heute die Gefahr groß ist, dass man austauschbar wird. Das wollen wir vermeiden. Deshalb haben wir auch unser gesamtes Kollektionsportfolio neu strukturiert und unterziehen es innerhalb von zwölf Monaten einem umfassenden Relaunch.
Bereits im letzten Jahr haben wir Sekura Sicherheitsbeläge vorgestellt und die Lightline von Karndean erneuert. Anfang dieses Jahres haben wir auf der Bau das neue Expona Design-Programm vorgestellt, das inzwischen sehr erfolgreich angelaufen ist, gefolgt von Expona Commercial und Expona Clic. Demnächst stehen nun die Neuauflage der Projectline von Karndean und die komplett neue Kollektion Conceptline mit 0,3 mm-Nutzschicht an. Und auf der Domotex 2010 in Hannover werden unsere neue Expona Domestic und die neuen Performa Homogen-Beläge im Mittelpunkt stehen. Nicht zu vergessen, dass wir auch die Vermarktung unserer Artigo-Kautschukkollektion intensivieren wollen.
Hans-Jörg Mellmann: Mit dieser Erneuerung der gesamten Produktpalette und dem Lager-Neubau als Investition in Warenverfügbarkeit haben wir entscheidende Weichen für die Zukunft gestellt.
Am Anfang unserer Geschäftsführerschaft haben wir sowohl eine Kunden- wie auch eine Mitarbeiterbefragung durchgeführt, um Schwachstellen ausfindig zu machen. Denn in schwierigen Zeiten wie diesen muss man prüfen, wo man noch besser werden kann. Und Servicequalität ist ein Punkt, den wir kontinuierlich optimieren wollen. Dazu gehört die Logistik, dazu gehört unser Schulungsprogramm, dazu gehört beispielsweise auch professionelle Reklamationsbearbeitung mit kurzen Durchlaufzeiten. Wir denken, dass uns alles zusammen weiter voran bringt.
BTH Heimtex: Ein gehöriges Pensum, das Sie sich da vorgenommen haben... Aber noch mal nachgehakt: Wie reagieren Ihre angestammten Kunden aus dem Großhandel auf die Forcierung Ihrer Objektaktivitäten? Sind sie irritiert?
Wolff: Nein, keinesfalls, im Gegenteil: Unsere Großhandelskunden profitieren von unseren Bemühungen, schließlich wird ein Großteil des Objektgeschäfts - bestimmt 50 bis 60 % - über den Großhandel abgewickelt. Natürlich haben wir sie auch im Vorfeld darüber informiert. Abgesehen davon sind wir dem Großhandel unverändert treu und verbunden. Immerhin generieren wir 45 % unseres Umsatzes über den Großhandel. Da kommt so leicht kein anderes Unternehmen heran.
BTH Heimtex: Ich habe nicht das Gefühl, dass Ihr Sortiment nicht den Marktbedürfnissen gerecht geworden ist, optisch oder technisch veraltet war. Und Ihr Erfolg widerspricht dem ja auch. Was also war die Zielsetzung Ihres grundlegenden Relaunchs?
Claudia Kunath: Es geht uns vor allem darum, über die Produktfamilien mit ihren Markennamen das Profil von Objectflor deutlicher zu gestalten. Die Marke Polyflor wird dabei für die Homogen-, Heterogen- und Sicherheitsbeläge stehen, Artigo für Kautschuk und Expona ist unsere Premiummarke für Designbeläge.
Die Schärfung der Kontur bedeutet zum Beispiel auch, dass Expona grunsätzlich nicht für den Verschnitt in Eigenkollektionen zur Verfügung steht. Kundenkollektionen werden künftig mit unserer Tochtergesellschaft Karndean bestückt, deren Kollektionen von der Auswahl her die Marktrends abdecken. Die Expona-Kollektionen sind breiter aufgestellt und erhalten so nicht zuletzt durch ihre große Anzahl geschützter Dessins ihre Exklusivität.
Anders herum gesagt: Wir wollen uns als Experte für elastische Beläge profilieren und dazu klar unsere drei Produktsegmenten herausarbeiten - erstens Designbeläge, zweitens technische Beläge mit Homogen- und Heterogenbelägen, Sicherheitsbelägen und drittens Kautschukbeläge.
BTH Heimtex: Warum setzen Sie bei Designbelägen überhaupt auf diese zweite Schiene Karndean, anstatt Ihre ganze Kraft auf Objectflor zu konzentrieren?
Wolff: Karndean ist eine eigenständige Tochter, die wir 1998 übernommen haben. Heute pflegen wir diese Marke bewusst, um im Markt beweglicher zu sein. Das hängt unter anderem mit unseren Vertriebskonzepten zusammen. Expona Domestic beispielsweise ist fest an einen selektiven Vertriebt gekoppelt, bei dem wir ausschließlich mit lagerhaltenden Partnern zusammen arbeiten, und namentlich bei uns registrierten Verarbeitern. Die Karnden-Produktpalette ergänzt unser Angebot an Designbelägen und gewährt so die lückenlose Marktabdeckung.
Inzwischen ist ein weiterer Effekt dazu gekommen: Mit Expona sind wir Marktführer und im oberen Level des Marktes positioniert - auch, was das Preis-Leistungs-Verhältnis angeht. Das war unser Anspruch und Ziel; gleichzeitig können wir uns jedoch nicht der Entwicklung auf dem Markt verschließen, der durch die wachsende Anzahl von Designbelagsanbietern zunehmend von Preisdruck geprägt wird. Dem können wir mit der Marke Karndean begegnen, die konsumiger angelegt ist, aktuelle Designs in guter Qualität bietet, und mit der wir in anderen Preis-Leistungs-Bereichen als Expona präsent sein können.
Mellmann: Wir fokussieren eben nicht alles allein auf den Preis - und ich denke, wir tun auch gut daran. Denn eine Schlacht auf diesem Gebiet könnten wir am Ende nicht gewinnen.
Wolff: Wobei wir natürlich auch mit Expona auf den Markt reagieren - deshalb haben wir die Variante mit 0,55 mm Nutzschicht ausgebaut, weil dieses Segment wächst.
BTH Heimtex: Hat die 0,55 mm-Ware den größten Marktanteil?
Wolff: Mengenmäßig sicher nicht. Das werden die 0,3 mm-Produkte sein.
BTH Heimtex: Hand aufs Herz - sind die 0,3 mm-Beläge überhaupt voll objekttauglich?
Wolff: Auf jeden Fall für die Objekte, bei denen Designbeläge stark zum Einsatz kommen, wie Alten- und Pflegeheime oder Ausstellungsflächen. Nur in stark frequentierten Bereichen wie Laufzonen sollte man sie nicht einsetzen.
BTH Heimtex: Es gibt leider keine gesicherten Zahlen über den Markt für Designbeläge. Wie groß schätzen Sie ihn aktuell?
Wolff: Zwischen 5 und 6 Mio. qm mit deutlich zweistelligem Wachstum im letzten Jahr. In diesem Jahr muss man die Entwicklung abwarten.
BTH Heimtex: 2002 haben Sie Saarflor Systems übernommen und sich mit Kautschukbelägen auf neues Terrain gewagt. Wirklich erfolgreich waren Sie damit nicht.
Wolff: Nein, aus verschiednen Gründen. Ein Faktor war, dass die Saarflor-Kollektion in der Anzahl der Artikel und Farben zu schmal für den Architekten war. Hinzu kam, dass wir kaum bei den Architekten bekannt oder präsent waren, die sich speziell mit Kautschukbelägen befassen, etwa in den Hochbauämtern. Und schließlich hatten wir natürlich auch alle Hände voll damit zu tun, den wachsenden Designbelags-Umsatz zu managen. Aber das wird sich ja nun ändern: Wir haben in die Mannschaft investiert, wir investieren in das Objektgeschäft und wir haben den Exklusivvertrieb für Artigo in Deutschland und der Schweiz übernommen. Damit eröffnen sich uns ganze andere Möglichkeiten.
Kunath: Die Artigo-Kollektion ist in Gestaltung, Farbgebung und Aufmachung sehr attraktiv und fügt sich nahtlos in unser Portfolio ein.
Wolff: Außerdem enthält sie Produkte mit Alleinstellungscharakter, etwa spezielle technische Beläge wie die klassische Noppe in Bahnenform oder einen Rillenbelag, der als Eintritt in jedem ICE-Zug liegt. Ein weiteres Argument ist die werksseitige PU-Beschichtung mit Referenzen, die älter als drei Jahre sind, also ausgetestet.
BTH Heimtex: Sind die Kautschukbeläge auch ein Großhandels-Thema? Können Sie damit zusätzlichen Boden gewinnen?
Wolff: Nein, weil unsere Großhandelspartner größtenteils schon anders gebunden sind. Also kann hier nicht der Großhandel unser Hauptvertriebspartner sein, sondern wir wollen über den Objekteur an Ausschreibungen gelangen.
BTH Heimtex: Von Sicherheitsbelägen haben Sie sich auch einmal viel versprochen...
Wolff: Wir versprechen uns immer noch viel davon. Durch unsere Kollektion haben wir einen klaren Schritt nach vorne gemacht, weil sie uns eindeutig als Spezialist für Sicherheitsbeläge ausweist. Aber der deutsche Markt braucht noch etwas Zeit und bedarf viel Aufklärungsarbeit.
BTH Heimtex: Und was ist mit Performa?
Wolff: Auf Performa legen wir ganz großen Wert, schließlich waren die Performa-Beläge die Basis für unser diesjähriges Jubiläum. Auch hier sehen wir noch ein großes Potenzial, das wir erschließen wollen. Unter anderem durch "Danke schön"-Aktionen für unsere Kunden. Für die lagerhaltenden Großhandelspartner gab es eine Bonusaktion über ein halbes Jahr sowie weitere zeitlich befristete Angebote. Direktkunden, die ihre Umsätze bei uns konzentrieren, laden wir Anfang 2010 zu einer gemeinsamen Reise nach Las Vegas ein.
BTH Heimtex: Sie steuern also aktiv gegen die Wirtschaftskrise...
Mellmann: Sagen wir es so: Wir denken, dass wir gute Argumente haben, um auch in diesem schwierigem Umfeld weiter zu wachsen. Auf jeden Fall muss man agieren, nicht abwarten. Und agieren heißt für uns nicht einseitiges Cost-Cutting, sondern vertrieblich weiter nach vorne zu marschieren.
BTH Heimtex: Blicken wir nicht 20 Jahre zurück, sondern 20 Jahre voraus? Wo soll Objectflor dann stehen?
Wolff: Das ist ein langer Zeitraum für eine Prognose. Grundsätzlich setzen wir auf nachhaltiges, kontinuierliches Wachstum. Nachdem wir unseren Umsatz in den letzten fünf, sechs Jahren verdoppelt haben, gehe ich davon aus, dass wir innerhalb der nächsten 20 Jahre ganz sicher die 100 Mio.-Grenze erreichen.
Objectflor Daten und Fakten
Objectflor Art und Design Belags GmbH
Wankelstr. 50
50996 Köln
Tel: 02236-96633-0
Fax: 02236-96633-99
www.objectflor.de
info@objectflor.de
Geschäftsführung: Stephan Wolff (Sprecher), Mark Halstead, Hans-Jörg Mellmann
Leitung Marketing und Produktentwicklung: Claudia Kunath
Leitung Anwendungstechnik: Jörg Leidensfrost
Mitarbeiter: 89, davon 27 in Außendienst und Export, inkl. 4 Key Accounts (2 für Retail, 1 für Health Care, 1 für Wohnungsbau)
Tochtergesellschaft: Karndean
Muttergesellschaft: James Halstead plc
Vertriebsgebiet: Deutschland, Österreich, Schweiz, Belgien, Luxemburg, Niederlande, Frankreich, Dänemark, Finnland, Slowakei, Tschechien, Slowenien, Ungarn, Kroatien
Kunden: Großhandel (ca. 45 % Umsatzanteil), Objekteure (ca. 25 % Umsatzanteil),
Sortiment Objectflor Designbeläge
- Marken Expona mit den Kollektionen Expona Design, Expona Commercial, Expona Clic, Expona Domestic
Homogene PVC-Beläge
- Marke Performa
Sicherheitsbeläge
- Marke Sekura
Kautschukbeläge
-Marken: Artigo, Saarflor Systems
Sortiment Karndean Designbeläge
- Marken Projectline, Lightline Conceptline
aus
BTH Heimtex 09/09
(Wirtschaft)