Jahrestagung des Verbands innenliegender Sicht- und Sonnenschutz

Von der Pole-Position in die Zukunft: Die Branche gibt sich verhalten optimistisch

Innensonnenschutz lohnt sich auch in der Nacht. Denn bei Dunkelheit heruntergelassen senkt er den Wärmebedarf im Gebäude. Dies ist das Ergebnis einer Studie, die der Verband innenliegender Sicht- und Sonnenschutz (VIS) beim Fraunhofer-Institut für Bauphysik in Holzkirchen in Auftrag gegeben hatte. Diese Erkenntnis eingebettet in das Thema "Energiesparen am Fenster" bestimmte maßgeblich die Jahreshauptversammlung des Verbands im Dorint Hotel am Nürburgring - einem ungewöhnlichen Veranstaltungsort, an dem die Teilnehmer außer Theorie auch viel Fahrspaß in schnellen Autos genießen konnten. Entsprechend lautete das Motto "VIS in Pole Position", was zugleich Sinnbild für die wirtschaftliche Verfassung der Branche ist.

Die deutschen Innensonnenschutz-Unternehmen sehen trotz des schwierigen wirtschaftlichen Umfelds keinen Grund, in Pessimismus zu verfallen. "Das Jahr 2009 verlief bislang wider alle Erwartungen positiv", sagte der Geschäftsführer des in Krefeld ansässigen Verbands innenliegender Sicht- und Sonnenschutz (VIS) bei der Jahresversammlung im Dorint Hotel am Nürburgring, Friedrich Peschen. Er verwies auf die jüngste Umfrage bei Mitgliedsunternehmen und Lieferanten. Nur "ganz wenige" Mitglieder litten unter der derzeitigen Wirtschaftskrise und hätten Kurzarbeit angemeldet.

Für weitere Zuversicht sorgte die beim Fraunhofer Institut in Auftrag gegebene Studie über die "Verringerung des Heinzwärmebedarfs von Gebäuden durch innenliegende Sonnenschutzsysteme". Sie ergab, dass nachts heruntergelassene Innenrollos als Wärmeschutz wirken und so die Nutzwärmekosten senken. "Die physikalische Wirkung von Sonnenschutz ist für uns eine Freifahrkarte in die Zukunft", kommentierte Wilhelm Hachtel, VIS-Vorstandsvorsitzender und Geschäftsführender Gesellschafter von MHZ, das Ergebnis. Es müsse nun als Verkaufsargument strategisch genutzt werden.

Olaf Schmidt von der Messe Frankfurt warb in seinem Vortrag "Messen in Zeiten der Krise" für eine Teilnahme der Industrie an der Fachmesse Heimtextil. Um die Attraktivität für die Besucher zu steigern, hat der Veranstalter für Raumausstatter das Service- und Mehrwertprogramm Insider ins Leben gerufen, das ausgewählten Kunden Zusatzleistungen bietet. Für die registrierten Inneneinrichter ist der Messebesuch beispielsweise kostenlos. Zudem können sie einen eigens eingerichteten "Insider-Treff" aufsuchen. Laut Schmidt sind "rund 11.000 Raumausstatter" für das Insider-Programm angeschrieben worden. Aus der Sonnenschutz-Branche unterstützen MHZ, Teba und Erfal als "Platin-Partner" die Aktion. Angesichts einer gewissen Messemüdigkeit bei Ausstellern und Besuchern appellierte Wilhelm Hachtel an die Verbandsmitglieder, "wenigsten eine Zentralmesse zu erhalten. Wir laufen sonst Gefahr, dass uns dieses wichtige Instrument abhanden kommt." Das Insider-Programm sei eine Möglichkeit, "wieder mehr Besucherfrequenz zu erreichen".

Außerhalb der Tagesordnung war in informellen Gesprächen von Überlegungen des VIS die Rede, sich mit dem Bundesverband Konfektion Technischer Textilien (BKTex) zusammenzuschließen, um eine schlagkräftige Interessenvertretung der Sonnenschutz-Branche zu installieren. Anfang Oktober hatte der BKTex sich umbenannt in "Industrieverband Technische Textilen Rollladen Sonnenschutz" (ITRS) und die Organisation gleichzeitig für neue Mitglieder aus der Sonnenschutz-Herstellerindustrie geöffnet. Der ITRS will auch die Mitarbeit bei der European Sun-Shading Organisation (ES-SO) verstärken. Die nationale Lobbyarbeit wird durch die Arbeitsgruppe AES geregelt, die sich mit Energieeinsparmöglichkeiten durch intelligenten Sonnenschutz befasst. Der Verband innenliegender Sonnenschutz stehe "im Dialog" mit dem ITRS, hieß es am Nürburgring. Entscheidungen für einen Zusammenschluss seien aber bislang nicht getroffen worden.

Die Jahrestagung wurde von einem abwechslungsreichen Rahmenprogramm flankiert. Dabei war Unternehmensberater Moritz Freiherr Knigge, der als Nachfahre des berühmten "Knigge" erläuterte, "Wie wir miteinander umgehen sollten". Als Highlight wird jedoch das Fahrtraining in einem Formel-Wagen über die Nordschleife in Erinnerung bleiben, für das sich Motorsport-Interessierte gesondert anmelden konnten. Auch kulinarisch kamen die Verbandsteilnehmer auf ihre Kosten: Bei einem Abendessen in der Boxengasse in der Jaguar-Lounge mit anschließendem Besuch der Cockpit-Bar.


VIS-Forschungsauftrag am Fraunhofer-Institut: Wohlige Wärme in der Nacht

Sonnenschutzanlagen halten nicht nur intensive Strahlung ab. Sie sorgen außer für Sicht- und Blendschutz auch für die Wärmeregulierung und -dämmung. Um diesen Energiespareffekt als Verkaufsargument zu nutzen und damit neue Absatzpotenziale zu erschließen, hatte der VIS das Fraunhofer-Institut für Bauphysik in Holzkirchen mit der Studie über eine "Verringerung des Heizwärmebedarfs von Gebäuden durch innenliegende Sonnenschutzsysteme" beauftragt

Untersucht wurden im April und Mai 2009 Rollos, Plissées, Kammerplissées, Flächenvorhänge und Vertikallamellen mit unterschiedlichen textilen Eigenschaften. Ermittelt werden sollte, wie hoch das energetische Einsparpotenzial ist, wenn diese Systeme als temporärer, zusätzlicher Wärmeschutz während der Nachtstunden genutzt werden. Auf Grundlage der messtechnisch gewonnenen Daten wurden Simulationsrechnungen für ein Einfamilienhaus durchgeführt. Sie zeigten, dass sich der Nutzwärmebedarf in der Nacht zwischen 0,1 und 7,0 % reduzieren lässt. Voraussetzung ist, dass der innenliegende Sonnenschutz komplett heruntergefahren ist.

Das Kammer- bzw. Wabenplissée zeigte die höchste Isolationswirkung. Die Luftschicht zwischen dem plissierten Doppelbehang wirkt wie eine zusätzliche Dämmung, die Wärme bleibt im Raum. Der daraus resultierende Spareffekt kann noch gesteigert werden, wenn das Behangmaterial zusätzlich mit infrarotreflektierenden Beschichtungen versehen wird. Da sich die größten Einspareffekte bei Fenstern mit gering dämmenden Verglasungen ergaben, "sind gerade im Altbau erhebliche Energieeinsparpotenziale vorhanden", schlussfolgert Ingo Heusler vom Fraunhofer-Institut für Bauphysik.
aus BTH Heimtex 11/09 (Wirtschaft)