Heinz Schmitt
"Temporär wird sich die Auftragssituation in einigen Betrieben des Estrich- und Belaggewerbes etwas verbessern"
ParkettMagazin: In welchem Ausmaß sind Ihre Mitgliedsbetriebe von der Finanz- und Wirtschaftskrise betroffen?
Heinz Schmitt: Die Fragestellung beinhaltet eigentlich zwei Fragen. Zum einen nach der Auswirkung der Finanzkrise für unsere Unternehmen und zum anderen den Auswirkungen, die dann infolge der Finanzkrise für die Realwirtschaft entstanden sind.
Aus unserer Sicht ist der Bankensektor der Hauptschuldige bei der Finanzkrise. Durch sein fast schon unseriöses Gebaren in den letzten Jahren hat er es unseren klein- und mittelständischen Betrieben insbesondere auch im Bereich von Kreditvergaben nicht besonders einfach gemacht. Hier erinnern wir insbesondere auch an die äußerst restriktiven Auswirkungen, die durch das Basel II-Rating zustande gekommen sind. Wir gehen jetzt davon aus, dass es angesichts der Finanzkrise für unsere Unternehmen noch schwieriger wird, durch eine Kreditaufnahme bei den Banken ggf. Zwischenkreditfinanzierungen zu erhalten. Auch bei unseren Auftraggebern wird es möglicherweise bei der Finanzierung von Bauausführungen zu einer restriktiveren Kreditvergabe seitens der Banken kommen.
ParkettMagazin: Welche Chancen ergeben sich aus Ihrer Sicht aus den Maßnahmen der Konjunkturpakete I und II?
Schmitt: Der Staat stellt im Konjunkturpaket II Mittel für Baumaßnahmen zur Verfügung, die kurz- bis mittelfristig auch die Auftragslage für die Betriebe des Fußbodenbaus verbessern können. Insbesondere in den Ausgabenpositionen des Konjunkturpakets für Bildung und für kommunale Infrastruktur stehen solche Mittel zur Verfügung. Die Bundesregierung stellt dabei den Kommunen 6,5 Mrd. EUR für die Sanierung und den Ausbau von Kindergärten, Schulen oder Hochschulen zur Verfügung. Des Weiteren werden den Städten und Kreisen Mittel in Höhe von 3,5 Mrd. EUR für Infrastrukturvorhaben angewiesen.
Wir gehen davon aus, dass auch ein Teil dieser Mittel - wenn auch sicherlich nicht in Milliardenhöhe - insbesondere für Modernisierungs- und Sanierungsmaßnahmen für Fußbodenkonstruktionen zur Verfügung steht. Dies wird sicherlich temporär die Auftragssituation in einigen Betrieben des Estrich- und Belaggewerbes etwas verbessern. Gleichwohl sollte man aus der Erfahrung der Vergangenheit nicht verkennen, dass durch Konjunkturpakete häufig vorgezogene Investitionen angestoßen werden, die ein gewisses Strohfeuer entfachen und danach wieder zu größeren Auftragslücken führen.
ParkettMagazin: Informieren Sie Ihre Mitglieder über die Inhalte und Chancen der Konjunkturpakete? Wenn ja, wie?
Schmitt: Bei den Verbandsmitgliedern des Bundesverbandes Estrich und Belag handelt es sich ganz überwiegend um sehr innovative und gut informierte Unternehmen. Sie kennen mit Sicherheit die Inhalte der Konjunkturprogramme aus der Tagespresse.
Im Übrigen haben die regionalen baugewerblichen Verbände oder Innungen sowie die Handwerkskammern im Rahmen ihrer Mitteilungen über die Inhalte und Chancen der Konjunkturprogramme für die Bauwirtschaft informiert. Der BEB als überwiegend technischer Verband für den Fußbodenbau sieht hier weniger eine Primäraufgabe seiner verbandlichen Aktivitäten.
ParkettMagazin: Unterstützten Sie ihre Mitglieder bei der Akquise öffentlicher Aufträge aus dem Konjunkturpaket II? Wenn ja, wie?
Schmitt: Sollte es dann zu Auftragsvergaben für Modernisierungs- und Sanierungsmaßnahmen im Fußbodenbau aufgrund der Mittel aus den Konjunkturprogrammen kommen, so finden diese im Wesentlichen auf kommunaler Ebene statt. Wir wissen, dass unsere Mitgliedsunternehmen in Einzelfällen bereits durch Kommunen angesprochen wurden, um sich an entsprechenden Ausschreibungen zu beteiligen. Im geringen Umfang nutzen die Betriebe auch die elektronischen Vergabeinformationssysteme, über deren Chance der Bundesverband in der Vergangenheit seine Mitgliedsbetriebe immer wieder informiert hat.
Aus unserer Sicht kommt auch den regionalen Innungen und Handwerkskammern die Aufgabe zu, ihren Mitgliedsbetrieben je nach örtlicher Gegebenheit bei den kommunalen Auftraggebern eine Unterstützung anzubieten bzw. auch darauf hinzuwirken, dass die öffentlichen Auftraggeber bei der Auftragsvergabe die regionalen Fachbetriebe bevorzugen. Diese regionalen verbandlichen Institutionen müssten dann mit darauf einwirken, dass weniger den "billigen" Anbietern der Zuschlag für die Bauausführung erteilt wird. Erfahrungsgemäß ist die billigste Bauausführung dann auf Dauer nicht die preiswerteste. Dies den kommunalen Entscheidungsträgern zu verdeutlichen und für die Fachbetriebe zu werben, um Aufträgen aus den Konjunkturprogrammen zu erhalten, ist eine ganz wesentliche Aufgabe der örtlichen Interessenvertretungen.
aus
Parkett Magazin 05/09
(Wirtschaft)