Wettbewerber, Patent-Partner und Kunde: Ralf Eisermann (CEO Pergo AG)
"Pergo ist der Erfinder der fold down-Technologie"
Viele Jahre lang haben erbitterte Rechtsstreitigkeiten über die jeweiligen Patentansprüche zur leimfreien Verriegelung zahlreiche Industrie- und auch Handelsunternehmen belastet und verunsichert. Seit ungefähr drei Jahren herrschte nach Abschluss von Kreuz-Lizenzen zwischen den Kontrahenten relative Ruhe am Markt. Nun flammt im Zusammenhang mit der "fold-down"-Technologie ein neuer Konfliktherd auf. Grund genug, mit Ralf Eisermann, CEO der Pergo AG, ein Gespräch über die Gründe des neuerlichen Streites zu führen.ParkettMagazin: Patentstreitigkeiten wegen der Klickverbindungen der ersten Generation wurden zwischen Välinge, Classen und Ihrem Haus mit dem magischen Wort "Kreuz-Lizenz" beigelegt. Bezüglich der "fold-down"- Technologie entwickelt sich in diesen Wochen ein neuer Streit. Gelten die Kreuz-Lizenzen nicht mehr?
Ralf Eisermann: Erst einmal bleibt festzustellen, dass wir nicht streiten, denn die Patentlage ist ja klar. Pergo ist im Prinzip der Erfinder des "Runterfaltens" mit Klick. Unter einer Kreuz-Lizenz verstehen wir die gegenseitige Einräumung von Lizenzrechten für beide beteiligten Parteien. D.h. jede Partei kann die Patentrechte der anderen Seite nutzen. Ob diese Vereinbarung kostenlos oder kostenpflichtig ist, hängt von der jeweiligen Wertigkeit der Rechte und der Vertragsgestaltung ab.
ParkettMagazin: Heißt das automatisch, dass Lizenznehmer des Lizenzgebers A nach Abschluss einer Kreuz-Lizenz zwischen A und B vor Rechtsansprüchen des Lizenzgebers B geschützt sind?
Eisermann: Das ist genau die Grundidee, die dem Markt Rechtssicherheit bieten soll.
ParkettMagazin: Warum gab es langjährigen Auseinandersetzungen zwischen Välinge und Unilin um die Klick-Verbindungen der so genannten ersten Generationen?
Eisermann: Hier ging es um technische Details zu den Themen Spiel, Vorspannung und Übergangspassung - und wer woran welche Rechte hat.
ParkettMagazin: Was hat aus Ihrer Sicht dazu geführt, dass diese Streitigkeiten, bei denen es offensichtlich um viel Geld ging, beigelegt worden sind?
Ralf Eisermann: Das war auf Dauer eigentlich logisch. Der Markt war verteilt und damit ausgeschöpft. Beide Parteien hatten sehr viele Lizenzen an Hersteller von Laminatböden, Parkett und Korkböden rund um die Welt verkauft. Das Risiko, Einnahmen zu verlieren, war ab einem bestimmten Zeitpunkt höher als die Chance auf Mehreinnahmen. Also einigte man sich.
ParkettMagazin: Kommen wir nun zur "fold-down"-Technologie. Haben wir es richtig verstanden, dass Patente sowohl Ihrem Haus als auch den Firmen Välinge und Classen erteilt wurden?
Eisermann: Ja, das ist richtig. Unser erstes Patent zu diesem Thema datiert bereits aus dem Jahre 1996, und es gibt auch noch Patente in anderen Häusern. Weitere werden hinzukommen. Das ist ein permanenter Prozess. Die Frage ist, wer hat die Mutter der Patente? In diesem Fall ist das Pergo.
ParkettMagazin: Wie ist es überhaupt möglich, dass drei Firmen gültige Patente zum gleichen Thema halten?
Eisermann: Hier gilt es, die technische Beschreibung aus der Patentanmeldung und die anschließende technische Umsetzung zu berücksichtigen. Vergleichen Sie den Vorgang z.B. mit einem Auto mit Allradantrieb. Der eine Hersteller arbeitet mit einer Kardanwelle, die mit dem Motor verbunden ist und meldet beides zum Patent an. Später kommt ein anderer Hersteller und baut, was etwas absurd klingt, aber die Komplexität der Thematik gut erklärt, vier Elektromotoren ein, die jedes Rad einzeln antreiben.
ParkettMagazin: Heißt das, dass der Hersteller mit den vier Elektromotoren nichts zahlen muss?
Eisermann: Nein, das Gegenteil! Der mit den Elektromotoren muss eine Lizenzgebühr bezahlen. Er setzt ja die Grundidee des Allradantriebs ein. Darauf gibt es ja den Erstanspruch, der alles abdeckt.
ParkettMagazin: Um bei dem Allrad-Vergleich zu bleiben: Sie haben die Kardanwelle erfunden und Välinge die Lösung mit Elektromotoren?
Eisermann: Ja und Nein, wir haben den Allradantrieb erfunden und zusätzlich die Kardanwelle. Välinges Patent zur 5G-Variante aus dem Jahre 2004 fällt aus unserer Sicht ganz klar unter unser Mutterpatent aus dem Jahre 1996. Das hat auch wohl die Firma Välinge so gesehen. Sonst hätten die Kollegen vor drei Jahren wohl kaum eine Lizenz mit uns abgeschlossen.
ParkettMagazin: Und wie sehen Sie den Sachverhalt zwischen Pergo und Classen?
Eisermann: Zwischen Pergo und Classen besteht Einigkeit aufgrund verschiedener Vereinbarungen. Im Einzelnen nehmen wir dazu nicht Stellung. Sicher ist aber, dass auch hier Pergo die älteren Patente hat.
ParkettMagazin: Aber wieso ist jetzt der Streit neu entstanden, wo es doch Kreuz-Lizenzen zwischen Classen, Välinge und Ihnen gab?
Eisermann: Pergo hat in den letzten Jahren nicht wirklich sein Portfolio ausgeschöpft. Wir sind nun dabei, das zu ändern. Da Patente eine längere Laufzeit haben, ist uns das auch heute noch möglich. Wir tun nun unser Bestes, um den Markt von unserer Stärke zu überzeugen.
ParkettMagazin: Und wie geht es jetzt weiter?
Eisermann: Ach, da gibt es verschiedene Varianten. Wir bieten nun eine erstklassige technische Lösung mit unserem Pergo Perfect Fold und sehen zusammen mit Classen ein gutes und variantenreiches Paket, was dem Markt gute "fold-down"-Lösungen aufzeigt. Anstehende Rechtsfragen brauchen Zeit. Wir sehen das mit Ruhe und Besonnenheit. Denn Lernen kann man nicht unter Stress.
aus
Parkett Magazin 02/10
(Wirtschaft)