Dr. Thomas Wagner, Pichler

Krise mit Cocooning-Effekt


Das letzte Jahr hat unsere Erwartungen bei weitem übertroffen. Im Fachhandel haben wir sogar ein deutliches Plus zu verzeichnen, der Oktoberumsatz war bei Pichler der stärkste Einzelmonat seit 2001. Seit August zieht auch das Objektgeschäft wieder zweistellig an, welches seit Oktober 2008 geschwächelt hat. Faktoren zu der anhaltenden Konsumlaune 2009 waren in erster Linie gestiegene Verfügbareinkommen (geringere Energieausgaben) und zurückgestellte große Ausgaben (Auto, Fernreisen). Vielleicht bringt die Krise sogar so etwas wie einen Cocooningeffekt, von dem die Haus- und Heimtextilindustrie profitiert. Eine Prognose für das Jahr 2010 hängt von vielem ab: gehen die Ölpreise weiter nach oben? Stehen weitere Massenentlassungen z.B bei Opel oder Arcandor an? Wie geht es in der Autozulieferindustrie weiter oder wie sieht es z.B. bei den vielen Maschinenbauern hier im Südwesten wirklich aus, die jetzt teilweise bis zu 90 Prozent Kurzarbeit vermelden? Auch von der Textilindustrie hört man Zahlen, die sich 2009 auf ein Minus von 10 - 15 Prozent summieren dürften - und kein Aufschwung in Sicht. Viele Probleme sind weiterhin ungelöst. Ab 2012 werden die geburtenstarken Jahrgänge, zumeist noch gut ausgebildete Arbeitskräfte, in Rente gehen. Aus den Schulen kommen dann die ersten schwachen Jahrgänge. Mithin soll dann eine Jahr für Jahr schrumpfende Arbeitsbevölkerung für Wohlstand und Wachstum sorgen und gar noch die Schulden abbauen! Die Regierung kommt mir vor wie ein Autofahrer, der in der Kurve ins Schleudern kommt und dann Vollgas gibt - es kann gut gehen, aber wehe es kommt irgendetwas dazwischen. Wir versuchen weiterhin unseren Job gut zu machen. Wir freuen uns über zufriedene Kunden und möchten ihnen an dieser Stelle herzlich für die vertrauensvolle Zusammenarbeit in einem kritischen Jahr 2009 danken. Nur wenn wir zusammenstehen, können wir dieses Chaos überleben! Diese Haltung hat sich übrigens inzwischen auch unter Mitbewerbern etabliert: Warum nicht gemeinsam in Wohnzeitschriften publikumswirksam Tischwäsche präsentieren? Wir müssen es endlich schaffen, unser Produkt aus der Mottenkiste herauszubringen, in die es u. a. von den Marktstrategen und Beratern gesteckt wird, die für neue Flächenkonzepte verantwortlich zeichnen. Mit diesem Ziel vor Augen werden wir uns auch von Konjunkturindikatoren nicht beirren lassen, die 2010 wieder in den Keller rutschen könnten. Sollten jedoch die Hasardeure der globalen Weltwirtschaft (hiermit meine ich vor allem die angelsächsische Finanzwelt) wider Erwarten doch die Kurve kriegen, denn kann es ja nur besser werden. Wir können die Weltwirtschaft nicht ändern, aber wir können versuchen, aus unserer eigenen kleinen Welt das Beste zu machen.
aus Haustex 01/10 (Wirtschaft)