Interview des Monats: Tempur, Steinhagen
"Unsere Kunden lieben die Marke und empfehlen sie weiter"
Den Matratzenhersteller Tempur muss man der Branche wirklich nicht mehr vorstellen. Das Unternehmen hat mit seinen viskoelastischen Matratzen ein Material in den Markt eingeführt, das ihm völlig neue Impulse verlieh und vor allem Preislagen ermöglichte, an die die meisten Mitbewerber bis dahin kaum zu denken wagten. Heute gibt es kaum einen Matratzenanbieter, der mittlerweile nicht auch in der einen oder anderen Form auf den Zug der viskoelastischen Matratzen aufgesprungen ist. Haustex sprach nach der Möbelmesse mit Deutschland-Geschäftsführer Jürgen Seipel und Verkaufsleiter Wolfgang Reichert über die Messe, neue Produkte und die Preispolitik des Unternehmens.
Haustex: Die Kölner Möbelmesse liegt hinter Ihnen. Welches Resümee zieht Tempur für die Messe?
Jürgen Seipel: Die Messe ist für uns wieder sehr erfolgreich gewesen und hat damit eine gute Basis für das Jahr 2010 gelegt. Wir haben die Chance genutzt, um unseren Händlern die Neuheiten des ersten Halbjahres 2010 zu präsentieren. Wir haben uns erneut bestätigt gefühlt, dass die imm von immenser Bedeutung ist, um beispielsweise mit unseren Händlern gemeinsam über die Marketingstrategien des anlaufenden Jahres zu diskutieren, und hier gute Grundlagen für den weiteren Jahresverlauf zu legen.
Haustex: Welche Neuheiten hat Tempur in Köln gezeigt und wie sind die Neuheiten angekommen?
Wolfgang Reichert: Klarer Mittelpunkt mit äußerst positiver Resonanz war das Promessa-Bett by Tempur, das wir unter dem Slogan "das Versprechen einer perfekten Nacht' vermarkten. Das außergewöhnliche Design und die einzigartige Wellenform der Matratze signalisieren das Gefühl des Schwebens und reizen schlichtweg zum Ausprobieren.
Haustex: Allerdings wird die Sinnhaftigkeit einer Messe, egal ob Heimtextil oder Möbelmesse, von einigen Firmen angezweifelt, die deshalb nach weniger kostspieligen Alternativen Ausschau halten. Wie stehen Sie zur Einrichtung einer Fachmesse?
Seipel: Wir haben uns zwar in diesem Jahr darüber geärgert, dass die Messegesellschaft Köln den Messemontag gestrichen und die Öffnungszeiten verändert hat. Wir halten jedoch weiterhin an der Messe Köln fest. Dies ist für uns die einzige Möglichkeit, während eines Jahres nahezu alle unsere Kunden auf unserem Messestand als Gäste zu begrüßen.
Haustex: Zurück zu Tempur. Wie ist Ihr Matratzen-Sortiment strukturiert?
Seipel: Wir unterscheiden bei unseren Matratzen zwei unterschiedliche Produkttypen. Die Klassiker (vier Modelle) mit den typischen Tempur-Eigenschaften und die Sensation-Matratzen (zwei Modelle) mit einem federnden und trotzdem angenehm Druck entlastenden Liegeverhalten. Die Möglichkeit weiterer Produktverbesserungen haben wir mit den optimierten "Tempur-Flex'-Systemrahmen gezeigt. Mit einem trendigen Design und leicht veränderten Modulen haben wir hier eine perfekte Harmonie geschaffen, die eine noch bessere Unterstützung verspricht. Eine Erweiterung der Systemrahmenpalette durch einen speziellen Rahmen für schwergewichtige Personen hat letztlich auch die anfänglichen Skeptiker überzeugt.
Haustex: Tempur sorgte vergangenes Jahr für Aufsehen, da man im Handel erstmals Produkte mit reduziertem Preis verkaufte.
Reichert: Es ist sicherlich richtig, dass wir erstmals bei zwei Modellen die Preise reduziert haben. Dafür gab es jedoch nachvollziehbare Gründe. Unsere meist verkaufte Matratze (die 20 cm Comfort Plus) wurde ab Oktober gegen das neue Modell Comfort 20 cm mit einem völlig neuen Bezug ausgetauscht. Im Rahmen dieser "Modellwechselaktion' wurden beim alten Modell die Preise reduziert - ein völlig normaler Vorgang, den es beispielsweise auch im Autohandel gibt. Im gleichen Zeitraum haben wir uns dafür entschieden, unsere 15 cm Original-Matratze zum Jahresende auslaufen zu lassen. Auch hier wurden - wie bei einem Auslaufmodell üblich - die Preise reduziert. Diese zeitlich begrenzten Preisreduzierungen haben dem Markenimage von Tempur keinesfalls geschadet.
Haustex: Nun erstaunt diese Strategie umso mehr, als Tempur es anerkanntermaßen gelungen ist, höhere Preislagen und strikte Preistreue erfolgreich im Markt zu etablieren, wovon die gesamte Branche profitiert hat. Warum jetzt diese Kehrtwende?
Reichert: Wie bereits gesagt, ist das keine Kehrtwende. Während der Modellwechselaktion wurden genauso viele hohe Preislagen bei Tempur verkauft, wie in den Vergleichszeiträumen vorher. Wir konnten somit keinerlei Kanibalisierung feststellen. Im Gegenteil: Es ist sogar so, dass sich während des Aktionszeitraums viele Verbraucher für Tempur entschieden haben, denen die Preislagen vorher zu teuer erschienen. Auch bei anderen High-End-Marken - nicht nur im Möbelbereich - gab und gibt es immer wieder Aktionen mit reduzierten Preisen bei ausgesuchten Modellen. Wenn dies, wie in unserem Fall, verständlich argumentiert wird, entsteht auch kein Schaden für die Marke.
Haustex: Wie ist das letzte Jahr wirtschaftlich für Tempur in Deutschland gelaufen?
Seipel: Trotz der schwierigen Marktsituation können wir erfreulicherweise feststellen, dass das Jahr für uns sehr erfolgreich gelaufen ist. Tempur hat das Krisenjahr 2009 ohne Umsatzeinbußen abgeschlossen. Da wir uns immer schon antizyklisch verhalten haben, hat Tempur im letzten Jahr enorme Investitionen im Bereich Ladenbau vorgenommen. Wir haben bei über 100 Kunden unsere Studios erneuert und vergrößert. Diese Investitionen haben sich innerhalb kürzester Zeit bezahlt gemacht. Es ist schön zu sehen, dass immer mehr Händler bereit sind, die Verkaufsflächen für Tempur zu erweitern.
Haustex: Bitte erklären Sie kurz den Grund für die Erfolgsstory von Tempur in Deutschland, einem Markt, der im Prinzip äußerst preissensibel ist.
Seipel: Das ist leicht beantwortet: Tempur ist einzigartig. Als Tempur vor über 15 Jahren auf den deutschen Markt kam, wurden wir zunächst nicht ernst genommen. Niemand konnte sich vorstellen, dass ein Produkt mit medizinischem Hintergrund und vom Arzt verschreibungsfähig, langfristig überleben könnte. Dank guter Kontakte im medizinischen Bereich, der Ehrlichkeit und Verlässlichkeit der Marke sowie dem hervorragenden Produkt mit den nachweislichen Druck entlastenden Eigenschaften ist die Erfolgsstory gekommen. Natürlich wurde auch viel Geld in die Werbung gesteckt, aber glauben Sie mir, wenn ein Produkt nicht wirklich gut ist, kann es auf Dauer nicht überleben. Und das ist der Erfolg von Tempur, viele Konsumenten kauften bereits zum zweiten oder dritten Mal Tempur. Tempur ist eine Empfehlungsmarke, wir unterstützen die Händler und sehen uns als Partner.
Haustex: Sehen Sie sich wirklich als eine Empfehlungsmarke? Das ist im Matratzensegment doch eher ungewöhnlich.
Seipel: Ja, da haben Sie sicherlich Recht. Aber dennoch halte ich daran fest. In vielen Umfragen hat sich schlichtweg gezeigt, dass Tempur-Käufer die Marke lieben und dank der besonderen Produkteigenschaften und dem zunächst ungewöhnlichen Liegegefühl begeistert davon erzählen. Wir möchten diese Chance daher nutzen und sind gerade in der Testphase eines Bonusprogrammes "Kunden werben Kunden' bei ausgewählten Händlern. Diese Strategie scheint aufzugehen, und für 2010 haben wir uns fest vorgenommen, das Projekt auszuweiten und auch viele andere Händler daran teilhaben zu lassen.
Haustex: Wie ist Tempur strategisch aufgestellt, national und international?
Seipel: Es gibt in über 70 Ländern eigenständige Tempur-Gesellschaften oder Handelsvertretungen. Die Produktion für Europa erfolgt in unserer Fabrik in Aarup (Dänemark). In den USA gibt es noch zwei weitere Fabriken, die den amerikanischen Markt bedienen.
Haustex: Welche Marktsegmente bedient Tempur in Deutschland und wo sehen Sie in Zukunft Wachstumspotenzial?
Reichert: Die drei wichtigen Bereiche sind der Betten-, Möbel- sowie medizinische Fachhandel. Die daraus resultierenden Synergien sind mittlerweile für Tempur Deutschland unverzichtbar geworden. Wachstumspotenzial gibt es sicherlich in allen drei Segmenten. Wir arbeiten daran
Haustex: Matratzen gelten nach wie vor als Low-interest-Produkt. Der Matratzenverband versucht mit seinem Jahr des guten Schlafs dagegenzusteuern. Welche Marketingaktivitäten planen Sie diesbezüglich?
Reichert: Hauptfokus unserer Werbung liegt in einer bundesweiten und über das ganze Jahr 2010 verteilten Kampagne im Magazin Stern. Hier werden von uns ganzseitige Anzeigen geschaltet. Da wir die Anzeigen nach Nielsen-Gebieten getrennt belegen, können unsere Kunden in der jeweiligen Region davon profitieren. Darüber hinaus gibt es natürlich noch viele andere Marketingaktivitäten, lassen Sie sich überraschen.
Haustex: Inwiefern profitiert ein Händler von einer nach Nielsen gesteuerten Werbung?
Reichert: Die Leser des Stern wohnen im Nielsen-Gebiet des Händlers - also direkt im Einzugsgebiet. Interessenten können sich also direkt an den Händler in ihrer Nähe wenden. Bei einer bundesweiten Werbung könnten wir zwar permanent die Bekanntheit der Marke Tempur erhöhen, wir erreichten aber keinen direkten Kontakt zwischen Interessenten und Händlern.
Seipel: Natürlich führen wir zur Stärkung unserer Partner im Handel, zusätzlich zu den üblichen Marketingaktivitäten, auch die Aktivitäten in unserer Tempur-Akademie fort.
Haustex: Was ist darunter zu verstehen?
Seipel: Seit mehr als drei Jahren bieten wir Verkäufern und Inhabern praxisorientierte und individuelle Trainings an. Bis heute konnten wir mehr als 500 Teilnehmer bei den Schulungen begrüßen.
Haustex: Handelt es sich dabei um reine Produktschulungen, oder ist die Fortbildung weitergreifend?
Seipel: Natürlich gehen wir in unseren Schulungen auch auf unsere Tempur-Produkte ein. Aber damit der Handel einen größeren Nutzen ziehen kann, bieten wir eine Kombination aus Produkt-, Verkaufs- und medizinischem Fachwissen an, denn über die Vorzüge unserer Produkte wissen die meisten Teilnehmer inzwischen Bescheid.
Reichert: In diesem Jahr bieten wir darum unter anderem ein zweitägiges Aufbautraining für Verkäufer an. Darin werden Themen behandelt, wie man zum Beispiel auf Veränderungen in der Verbraucherstruktur reagiert, um noch individueller auf die Kundengruppen einzugehen - Stichwort Lohas und Bestager. Ebenso das Thema Grundlagen der Kommunikation. Denn es stimmt tatsächlich, man kann nicht nicht kommunizieren. Dazu gehören auch körpersprachliche Signale, die auf Seiten der Verkäufer, aber auch Kunden, richtig verstanden werden und die der Verkäufer verkaufsfördernd einsetzen kann. Ein sehr spannendes Thema, das unsere Partner allgemein im täglichen Geschäft anwenden können. Da es in unseren Seminaren zu einem großen Teil um Motivation geht, haben wir uns dieses Jahr erstmalig entschlossen, mit dem bundesweit bekannten Spezialisten für positive Adrenalin-Schübe, Jochen Schweizer, bei ausgewählten Seminaren zu kooperieren.
Haustex: Welche Voraussetzungen muss man mitbringen, um bei der Tempur-Akademie teilnehmen zu können?
Seipel: Das Geschäft sollte Tempur-Partner sein, das ist klar. Ansonsten bieten wir für Neueinsteiger und Fortgeschrittene vielfältige Angebote, vom Halbtages- bis zum Zweitages-Seminar.
Haustex: Mit welchen Erwartungen gehen Sie ins neue Jahr?
Seipel: Das Jahr 2010 wird sicherlich kein einfaches. Die Wirtschaftskrise ist noch nicht überwunden und die Nachwirkungen in Form steigender Arbeitslosigkeit werden den Konsum wahrscheinlich negativ beeinflussen. Wir sind als Unternehmen jedoch hervorragend aufgestellt und werden - zusammen mit unseren Händlern - auch im laufenden Jahr 2010 wieder erfolgreich am Markt bestehen.
Tempur Telegramm
Tempur Deutschland GmbH
Carl-Benz-Straße 8
33803 Steinhagen
Telefon: 05204/1000-50
Telefax: 05204/1000-551
E-Mail: info@tempur.de
www.tempur.de
Geschäftsführer: Jürgen Seipel
Mitarbeiterzahl: rund 60
Produkte: Matratzen, Kissen, Unterfederungen
Absatzkanäle: Bettenfachhandel, Möbelhäuser, Sanitätshandel
Muttergesellschaft: Tempur-Pedic International, Lexington/Kentucky
Konzern-Umsatz 2009 (laut letztem Quartalsbericht): ca. 830 Mill. Dollar (rund 588 Mill. Euro)
aus
Haustex 02/10
(Wirtschaft)