Ambiente Internationale Frankfurter Messe
Eine ideale Netzwerk-Plattform
Frankfurt/Main - Gleich vorneweg Positives: die große internationale Konsumgütermesse Ambiente (12. bis 16. Februar) war besser organisiert denn je, zeigte mit ihren drei Weltleitmessen Dining, Giving und Living ein sehr breit gefächertes und mit Neuheiten gespicktes Angebot und sorgte mit Sonderausstellungen, Firmenjubiläen, Trendinszenierungen und Preisverleihungen für zusätzliche Anregungen. Die Wege wurden dadurch keineswegs kürzer, aber kurzweiliger: im Osten die Hallen 1 bis 6 Dining, im Westen Giving und Living in den Hallen 8 bis 11, der neuen Halle, die sozusagen Pflicht war. Fazit: Ergebnis durchwegs positiv, Stimmung verhalten optimistisch - oder, wie es ein Branchenvertreter ausdrückte: Pessimisten schienen zu Hause geblieben zu sein, daher eher kreative Aufbruchstimmung.
Zu Beginn der Messe hatte man den Eindruck, die Aussteller lauerten, sie waren skeptisch bis neugierig. Die Wetterlage rund um Frankfurt war nicht gerade hilfreich. Schnee und Glatteis mit ordentlichen Zug- und Flugbehinderungen boten sich als Entschuldigungsgründe für schwache Besucherfrequenz oder gar Ausbleiben an - und das fast die fünf Messetage lang hindurch. Und wie immer wechselte je nach Themenbereich täglich die Stimmung, hielt sich aber stets im positiv-grünen Bereich, freundlich und kreativ. Die 4.504 Aussteller aus 93 Ländern konnten aufatmen. Nur etwa zwei Prozent weniger Fachbesucher, nämlich 133.000, kamen auf die Ambiente. Laut Messestatistik machte sich das Minus bei den inländischen Besuchern bemerkbar, während der Auslandsanteil um ein zweistelliges Plus gewachsen war. Mit einem Internationalitätsgrad von über 47 Prozent soll die Veranstaltung 2010 die internationalste Ambiente aller Zeiten gewesen sein. Die "gefühlte" Besucherstatistik vieler Aussteller, zumindest im "Westbereich" der Messe, geht nicht ganz konform mit diesen Angaben, fällt aber dennoch zufriedenstellend oder "besser als erwartet" aus. Zu den Top-Five-Nationen zählen Italien, die Niederlande, Frankreich, Spanien und die Schweiz. Enorme Zuwächse im zweistelligen Bereich verzeichnen Nationen wie die USA, Türkei, Russland, Brasilien und die Vereinten Arabischen Emirate. Aus Russland und den Vereinten Arabischen Emiraten fehlten allerdings laut Aussagen etlicher Aussteller der Leitmesse Living die erwarteten oder erhofften Besucher.
Die Messe Frankfurt und ihr Geschäftsführer Dr. Michael Peters freuten sich über den guten Neustart der Ambiente 2010, von der immerhin entscheidende Impulse für den Jahresverlauf in den Branchen erwartet werden. "Die Ambiente ist nicht mehr nur nach Branchen und Produktbereichen geordnet, sondern auch nach zusätzlichen Aspekten der Sortimentsgestaltung und der Kundenansprache unserer Besucher." Veränderten Märkten muss mehr Raum gegeben werden und entsprechend im Profil geschärfter sollen sich die drei Leitmessen darstellen. Allerdings erfordert das neue Messekonzept von den Gästen eine bessere strategische Planung und mehr Zeit, um die unbestritten weiteren Wege zu bewältigen - mag man nach Produktgruppen, Designaspekten, Marktsegmenten, Endverbrauchermarken oder auch Volumenprodukten vorgehen. Das überdachte Transportsystem mit Laufbändern verbindet alle Hallen untereinander und macht den Rundlauf der Besucher komfortabler. Stellvertretend für den Handel spricht Thomas Grothkopp als Geschäftsführer des Bundesverbandes für den Gedeckten Tisch, Hausrat und Wohnkultur e.V. vom "frischen Wind, der Veränderungen bringt", und dass die Aussteller der Ambiente mit der kompletten Neugestaltung gut umgingen und sich im passenden Produktumfeld neu und modern darstellten. "Wer jetzt investiert, gute Kollektionen präsentiert, seine Kunden exzellent betreut und Kundenbindungsprogramme anbietet, gehört zu den Gewinnern", so eine weitere Meinung aus einem Branchenverband.
Design ist das entscheidende Kaufargument"Die Besucher sind offen für Neues". Sie zelebrieren ihr Zuhause mehr als in der Vergangenheit. Solche Feststellungen hört man gerne im Bereich Living, besonders im Loft in der Halle 11. Living steht für die exklusive Welt des Wohnens, Einrichtens und Dekorierens. Ins Programm der internationalen Aussteller (1.122) gehören neben Möbeln, Wohn- und Einrichtungsaccessoires und Heimtextilien zunehmend Leuchten und Gartenmöbel sowie Zubehör für Outdoor. Hier werden Maßstäbe gesetzt für das Interior Design, und Design ist auch das entscheidende Kaufargument. Branchenkenner sehen in diesem Bereich noch ein großes Potenzial und die Chance, zukünftig noch qualitativ zu wachsen. Die Kunden achteten genau auf Art und Aussagen der Präsentationen und übernahmen diese gerne eins zu eins. Das Sortiment musste klar überzeugen und auf Basis-Produkte legte man Wert. Wertigkeit, Individualität und hohe Qualität sind gefragter denn je. Die räumliche Nähe der beiden Weltleitmessen Living und Giving im Westgelände stellte die Synergiemöglichkeiten von Design und Lifestylethemen deutlich heraus. Das Umfeld der beiden Etagen in Halle 11 - Loft auf 11.0 - erwies sich als besonders designorientiert und emotional. Junge, freche Geschenkartikel im Bereich Young & Trendy - 11.1 - zogen Publikumsinteresse auf sich. Die Messe hat, so Ausstelleraussagen, bewiesen, dass sie als Netzwerkplattform gut funktionieren kann.
Produkte für Tisch und Küche zeigen WachstumNoch deutlicher von der Reaktion des Publikums her fiel das Ineinandergreifen bestimmter Interessen aus der Welt des Genießens und Bewirtens mit denen des Einrichtens und Dekorierens auf. Die Leitmesse Dining war auf der Ambiente der größte Bereich mit starker Ausstrahlung auf die allgemeine Besucherfrequenz. Produkte für Tisch, Küche und Haushalt stehen im Mittelpunkt und zeigen starkes Wachstum. Tischkultur ist wichtiges Lifestyle-Thema und sicher stark geprägt von Glas, Porzellan und Zubehör. Ohne Textilien wird die Sache aber fast leblos, zumindest fehlen emotionale Reize. Die GPK-Branche versucht immer wieder, hier Synergien herzustellen. Andererseits müssen Einrichter und Fachhändler "Übergriffe" von Fremdmaterialien und Tischdekor im Materialmix riskieren - und sie tun es ja auch. Das fällt unter die Rubrik Kreativität und Innovation, wenn auch in kleinen Schritten. GPK-Lifestyle-Konzeptionisten wie ASA home - unter vielen anderen - sind Trendsetter, bieten aber zu ihren Produkten für Tisch und Küche abgestimmte Textilien an. Besonders der Fachhandel braucht Innovationen. Trotz auffallender Veränderungen der Vertriebsformen behauptete sich die Branche und spürte die Wirtschaftskrise wenig, meldete der Bundesverband für den gedeckten Tisch, Hausrat und Wohnkultur e.V. Vor dem Hintergrund, dass die Konsumenten im Jahr 2009 insgesamt zwei Prozent weniger ausgegeben haben, liege die Branche mit ihren Sortimenten Hausrat, Tisch-/Küchenausstattung und Geschenkartikel im Trend.
Über alle Sortimentsbereiche hinweg stehen Nachhaltigkeit und Natur im Trend - nicht neu, aber immer konsequenter. Das bedeutet dauerhaftes Design, Verwendung dauerhafter Materialien, recycelte Ausgangsstoffe. Die Formensprache orientiert sich an natürlichen Vorbildern, der starken Handwerklichkeit der Produkte und am Materialmix zum Beispiel zwischen Glas, Stein, Edelstahl und Holz. Bei Porzellan und Keramik dominiert Weiß neben sanften Blau- und Grüntönen und einem intensiven, dunklen Blau. Verstärkt finden sich in den Dekoren metallische Flächen und Gold. Die Tendenz zu Schwarz und Weiß ist immer wieder erkennbar. Gläser müssen getränkegerecht bleiben, zeigen intensive Farben wie Lila, Grau oder Braun. Für den Frühling kommen knallige Farben wie Lime oder Blau dazu.
Gemütlich, behaglich, geselligSo soll es 2010 zugehen in den eigenen vier Wänden. Das Zuhause wird romantisiert mit Blütenzauber, Duftbouquets, Kerzenlicht und Kaminwärme - konstant wird der Nachhaltigkeitsgedanke beibehalten. Mit Materialien wird auch im Bereich Living gespielt, wobei Holz, Kork, Rattan und Baumwolle die beliebtesten Werkstoffe bleiben. Hochwertige Kunststoffe sind optisch kaum noch von den Naturmaterialien zu unterscheiden. Der Stilmix ist global. Afrikanische und lateinamerikanische Farb- und Formfülle wird konterkariert durch funktionales europäisches Design und asiatische schlichte Formensprache. Natürlichkeit steht hoch im Kurs. Raumgreifende Möbel präsentieren sich eher puristisch und schnörkellos. Nicht zu bunt, aber kräftig stellt sich das Farbbild dar. Weiter beliebt sind Violett und warme Erdtöne wie dunkles Braun, Camel, Safran, ebenso kräftiges Rot, Pink, Gelb und Grün. Weiß, Beige und Silbergrau sorgen für harmonischen Ausgleich im Farbspiel, während ausgewaschen wirkende Pastellfarben und Blautöne im Kommen sind. Energiegeladen und dynamisch fallen die aktuellen frischen Frühlingsfarben auf. Die Ambiente 2011 findet vom 11. bis 15. Februar in Frankfurt am Main statt. Tendence, die nächste Konsumgütermesse, findet statt vom 27. bis 31. August 2010.
aus
Haustex 04/10
(Wirtschaft)