Die deutsche Heimtextilien-Industrie 2009
Trotz schwierigem Vorjahr zuversichtlich für 2010
Die Erwartungen der deutschen Wirtschaft für das Jahr 2009 waren bereits zu Jahresbeginn stark gedämpft. Zu massiv hatte in der zweiten Hälfte 2008 weltweit die Krise eingesetzt.
Das Bruttoinlandsprodukt entwickelte sich in den ersten Monaten 2009 zunächst stärker rückläufig, diese negative Tendenz schwächte sich jedoch im Jahresverlauf ab. Für das Gesamtjahr stellte das Ifo-Institut ein reales Minus von 4,9 % fest.
In erheblichem, mitunter bedrohlichem Maße litt die deutsche Exportwirtschaft und damit insbesondere die exportstarken Unternehmen unter der globalen Rezession. Konkret gingen die deutschen Ausfuhren in den ersten drei Quartalen 2009 um gut 20 % zurück. Einen Gegenpol im Konjunkturgefüge bildete 2009 die Binnennachfrage. Der private Konsum wirkte konjunkturstützend. Neben dem ruhigen Preisklima trugen die Maßnahmen aus den Konjunkturpaketen dazu bei, die verfügbaren Einkommen zu erhöhen und damit den Konsum insgesamt betrachtet in Gang zu halten. Wobei nicht jeder konsumnahe Wirtschaftszweig davon profitieren konnte, sondern der Konsum in ganz konkrete Bahnen gelenkt wurde, zum Beispiel durch die Abwrackprämie.
Die deutsche Heimtextilien-Industrie konnte keinen Nutzen daraus ziehen. Vielmehr brach die Nachfrage nach Heimtextilien aus deutscher Produktion im ersten Halbjahr mit -17,4 % regelrecht ein. In den Sommermonaten schwächte sich der Rückgang mit einstelligen Einbußen etwas ab, um im September und Oktober wieder abzufallen. November und Dezember konnten wenigstens an die Vorjahreszahlen anschließen, so dass das Gesamtjahr mit einem Umsatzdefizit von 13 % endete.
Dabei war das Inland mit -8,8 % deutlich weniger betroffen als das Ausland, das um 23,2 % wegsackte. Infolgedessen verringerte sich der Exportanteil um 3,4 Prozentpunkte auf 2,6 %.
Wenn es auch vereinzelt Firmenkonjukturen gab, hatten viele Unternehmen 2009 erheblich zu kämpfen und versuchten angesichts der gravierenden Auftragsrückgänge mit Kurzarbeit die Arbeitsplätze zu sichern. Die Kurzarbeit wurde auch verlängert, dennoch gelang es 154 heimtextilien Produktionbetrieben nicht, ihr Geschäft aufrecht zu erhalten: Sie mussten schließen. Die Zahl der Beschäftigten verringerte sich schätzungsweise um 7,2 % auf 15.300 Arbeitnehmer.
Textile BodenbelägeNachdem die deutsche Teppichindustrie 2008 mit -1,8 % nur knapp am Vorjahr vorbeigeschrammt war, konnte sie sich 2009 nicht den Folgen der Wirtschafskrise entziehen. Insbesondere das Objektgeschäft, bis dato eine Umsätzsäule der Teppichproduzenten, litt erheblich unter der kränkelnden Baukonjunktur und der ausbleibenden Investitionen.
Konkret schmolzen die Umsätze im ersten Halbjahr um 16,1 % zusammen. Bereits ab Mai hatten sich allerdings leichte Besserungstendenzen abgezeichnet, die sich in den Folgemonaten fortsetzen, so dass am Ende des Jahres ein Minus von 11,1 % verblieb.
Nach Produktgruppen unterschieden offenbart sich, dass Webware mit -20,2 % massiver verlor als Tuftings mit -9,8 %. Das resultiert wahrscheinlich daraus, dass Webteppichboden primär im Objekt eingesetzt wird. Dabei gab die Nachfrage im Inland um 17,4 % nach, im Ausland gar um 25,5 %, was die Exportquote auf 32,6 % zurückgehen ließ. Einzige positive Erscheinung: Das durchschnittliche Preisniveau legte um 2,3 % zu.
Tuftings büßten ebenfalls mit -20 % überproportional im Export ein, gegenüber -6,5 % im Inland. Die Exportquote sank von 24,9 auf 22,1 %. Unerfreulicher Nebeneffekt: Erstmalig wurde seit Jahren das Preisniveau wieder nach unten gedrückt und zwar gleich um 8,5 % - und mit sich verstärkender Tendenz im Jahresverlauf. Hoffentlich ist die Entwicklung nur eine zeitlich begrenzte Begleiterscheinung der schwachen Konjunktur und damit nur von kurzer Dauer.
Möbelstoffe für die AusstattungMöbelstoffe - für die Ausstattung - mussten 2009 am meisten einstecken. Ein Minus von 25,5 % bedeutet einen herben Rückschlag für diese Sparte - dabei war der Veloursbereich noch empfindlicher getroffen als Flachgewebe - und es ist nur ein schwacher Trost, dass sich das schlechte Geschäftsklima in der zweiten Jahreshälfte etwas abschwächte.
Der Export, bisher ein sicheres Standbein für die einschlägigen Hersteller, sackte um -32,4 %, was den Exportanteil auf 37,7 % schrumpfen ließ. Das Inland bot mit einem zwar geringeren, aber auch deutlich zweistelligen Minus (-20,6%) keinen Ausgleich.
Das durchschnittliche Preisniveau gab bei Flachgeweben leicht nach, bei Velouren konnte es etwas angehoben werden.
DekorationsstoffeDer Umsatz bei Dekostoffen nahm 2008 um 12,2 % ab. Erneut waren bedruckte Artikel mit -28,3 % mehr betroffen als Uni und Buntgewebe mit -11,4 %. Letztere zeigen den über alle Produktgruppen hinweg ähnlichen Geschäftsverlauf mit geringerem Rückgang (-6 %) im Inland und größerem (-19,4 %) im Ausland (Exportquote: 36,9 %, entsprechend -3,7 %). Bei Drucken war es hingegen genau umkehrt: Hier brach das Inland um 34,3 % ein, das Ausland bot mit einem Defizit von -16 % allerdings auch keinen Grund zur Entspannung (Exportquote: 38,6 %).
Und das Preisniveau: Bei Unis/ Buntgeweben konnte es mit +0,2 % auf dem Vorjahreslevel stabilisiert werden, bei Drucken mit +1,7 % geringfügig verbessert werden.
GardinenGardinen beschlossen das Geschäftsjahr 2009 mit einem um 7,6 % niedrigeren Umsatz. Dabei verlor die Inlandsnachfrage im Verlauf des Jahres immer weiter an Schwung, so dass sich am Ende ein Minus von 8,5 % ergab. Der Export stellt sich gegenteilig mit einer besseren zweiten Jahreshälfte und einem addierten Umsatzrückgang von -5 % dar. Der Exportanteil erhöhte sich damit auf 26,9 %.
Tendenziell besser schlugen sich gewebte und gewirkte Meterware gegenüber den konfektionierten Artikeln.
Bettwaren (Naturhaar- und Faserfüllungen)Auf und ab ging es 2009 in der Sparte Bettwaren (Steppdecken und Kissen, gefüllt mit Naturhaaren und synthetischen Fasern). Bis zur Jahresmitte lief fast gar nichts (-20,8 %), im Juli kurzes Aufatmen, von August bis Oktober ein erneuter Rückfall. Das Umsatzplus im November und Dezember konnte dann auch nichts mehr herausreißen, so dass saldiert ein Umsatzrückgang von 15,4 % verbleibt.
Dieser resultiert zumeist aus der ausbleibenden Nachfrage aus dem Ausland (-30,8 %). Im Inland hinkte der Umsatz um -9,8 %hinter dem Vorjahr hinterher. Der Exportanteil verminderte sich um knapp 5 Prozentpunkte auf 21,6%.
Bei den Füllmaterialien waren Naturhaare zwar weniger gefragt als synthetische Fasern, dafür stieg hier das Preisniveau. Marginal zog es auch bei den mit synthetischen Fasern gefüllten Bettwaren an, konträr verlief die Entwicklung im Kissenbereich.
Der enorme Wettbewerbsdruck verlangt von den Unternehmen innovative Produktentwicklungen. Hier sind die deutschen Hersteller stark. Gute Marken- und Lifestylekonzepte sichern die notwendige Positionierung im Markt.
AusblickAuch wenn die negativen Zahlen vordergründig dagegen zu sprechen scheinen zeigten, sich ab dem zweiten Quartal 2009 und zunehmend in der zweiten Jahreshälfte erste Signale einer konjunkturellen Verbesserung. So stabilisierte sich die Binnenproduktion in vielen Branchen, die internationalen Märkte, allen voran die Schwellenländer, konnten sich mit Hilfe der weltweiten Konjunkturprogramme aus dem Tief befreien. Produktion und Handel steigen. Märkte wie China laufen jetzt schon wieder auf Hochtouren.
Die Arbeitslosenquote hat sich noch nicht in befürchtetem Maße erhöht, die Konjunkturmaßnahmen der Bundesregierung zeigen Wirkung und senden positive Signale aus. Werden diese nun auch tatsächlich in den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen umgesetzt, erweitert sich der Handlungsspielraum der Unternehmen, und sie werden besser gerüstet sein für die Herausforderungen im Jahr 2010.
Die Unternehmen der deutschen Heimtextilien-Industrie sind positiv gestimmt. Sie betrachten die kommenden Monate realistisch und wissen, dass noch manche Hürde und Durststrecke zu überwinden sein wird. Aber: In schwierigen Zeiten verändern sich auch die Werte. Die neue Lust am eigenen Heim, der Trend zum Homing, der das Zuhause zum sozialen Mittelpunkt, zur zentralen Lebenswelt ernennt, festigt sich. Dies bietet gute Chancen für eine positive Entwicklung der Nachfrage nach Heimtextilien.
Die deutsche Heimtextilien-Industrie hat viele Stärken, die ihre Wettbewerbsfähigkeit auch 2010 sichern. Hierzu gehören Qualität, Innovationskraft, Design, Flexibilität und Schnelligkeit. Die Vielfalt der heimtextilen Produktwelt war Anfang Januar auf ihren wichtigsten Messen, der Heimtextil in Frankfurt und der Domotex in Hannover, zu sehen. Beide Messen endeten mit überwiegend gutem Erfolg für die Aussteller und Besucher. Die Stimmung auf den Messen war erfreulicherweise recht gut, die Besucheranzahl und -qualität stimmten. Dies sind wichtige Signale für die Branche für die kommenden Monate.
von Barbara Schmidt-Zock
aus
BTH Heimtex 02/10
(Wirtschaft)