Interview des Monats: Messe Frankfurt
"Die Heimtextil muss alle Brancheninteressen unter einen Hut bringen"
Die Messe Frankfurt als Unternehmen steht gemessen am Umsatz im Spitzenbereich der internationalen Messegesellschaften. Ein wichtiger Bestandteil des Messe-Portfolios ist die Heimtextil, die alljährlich im Januar den Messereigen in Frankfurt eröffnet und einen Großteil der Messe-Infrastruktur belegt. In diesem Jahr fand sie zum 40. Mal statt. Rund 71.000 Besucher und eine internationale Beteiligung von rund 85 Prozent unter den Ausstellern belegen den hohen Stellenwert, den die Heimtextil als Weltleitmesse in der internationalen Heim- und Haustextilbranche genießt. Haustex sprach in Frankfurt mit Olaf Schmidt, Bereichsleiter Textilmessen der Messe Frankfurt, sowie mit Meike Kern, Objektleiterin Haustextilien bei der Heimtextil. Sie geben einen Einblick in die Messepolitik des Unternehmens und darauf, was die Besucher der Heimtextil im nächsten Jahr erwarten dürfen.Haustex: Herr Schmidt, Frau Kern, im Gegensatz zu den anderen Messestandorten in Deutschland gelang es der Messe Frankfurt, im letzten Jahr einen deutlichen zweistelligen Millionenbetrag als Jahresüberschuss zu erzielen. Was macht Frankfurt anders als die anderen Messeunternehmen?
Olaf Schmidt: Es ist uns tatsächlich gelungen, in Folge wieder schwarze Zahlen zu schreiben, denn in den ganzen letzten Jahren haben wir stets profitabel gearbeitet. Die Gründe dafür liegen in einem einzigartigen Portfolio mit sehr starken Marken, die wir hier am Standort Frankfurt haben. Dazu gehören die Heimtextil, die Ambiente, die Light+Building, die ISH, die Automechanika, um nur einige zu nennen. Bei allen handelt es sich um sehr starke und große Messen, die auch international positioniert sind. Das bezieht sich nicht nur auf Aussteller und Besucher am Standort Frankfurt, sondern auch auf die Vermarktung dieser Marken weltweit. Mit vielen Marken sind wir durch unsere Tochtergesellschaften auch in Europa, Asien und in den USA tätig. Das zusammen führt zu einem starken Markenportfolio und zum Erfolg der Messe Frankfurt. Wenn wir das auf den Textilbereich projizieren, haben wir die Heimtextil und die Techtextil als Weltleitmessen hier in Frankfurt. Aber dies sind nur zwei von insgesamt 30 Textilmessen weltweit, welche die Frankfurt Messe in ihrem Portfolio hat. Damit sind wir Weltmarktführer in der Veranstaltung von Textilmessen und es ist unsere Strategie, das Portfolio in der Wertschöpfungskette noch auszuweiten. Wir werden daher im nächsten Jahr parallel zur Techtextil erstmals die Texprocess im Bekleidungsverarbeitungsbereich veranstalten und schon im September dieses Jahres mit der Ethical Fashion Show in Paris starten, einer Messe, die wir vor einiger Zeit gekauft haben und die im nachhaltigen Fashion-Sektor angesiedelt ist. Um es zusammenzufassen: Wir haben starke Marken und werden weiterhin in diesem Segment wachsen.
Haustex: Erhalten Sie durch die Internationalität des Messeportfolios und die interne Vernetzung Anregungen für die Messen untereinander?
Schmidt: Absolut. Wir haben natürlich zum einen thematisch Überschneidungen zwischen den einzelnen Messen, ich möchte hier beispielsweise das Thema Nachhaltigkeit nennen. Es spiegelt sich nicht nur auf der Heimtextil wider, sondern auch auf anderen Messen, zum Beispiel unseren Bekleidungsstoff-Messen Texworld in Paris und New York oder der Interstoff in Hong Kong. Wir werden Einkäufer auf einer Texprocess aus dem Fashion-Bereich haben, die aber auch Stoffe in Asien einkaufen. Das heißt, wir haben aussteller- und besucherseitig viele Überschneidungen. Das spiegelt im Grunde die komplette textile Kette wider.
Haustex: Welche Rolle spielt die Heimtextil im Konzert der gut 30 Messen und Ausstellungen im Jahr am Messeplatz Frankfurt?
Schmidt: Die Heimtextil ist die erste Messe im Jahr. Sie startet damit das Jahr der Messe Frankfurt und auch das Branchenjahr im Textilbereich. Die Heimtextil ist in diesem Jahr seit 40 Jahren am Markt, verfügt somit über 40 Jahre Erfahrung und Tradition, sie hat jedoch auch Veränderungen am Markt "durchlebt". Im Portfolio der Messe Frankfurt hebt sich die Heimtextil durch ihre ausgesprochene Internationalität hervor, denn wir hatten in diesem Jahr einen Anteil an ausländischen Besuchern von rund 65 Prozent und 85 Prozent internationale Aussteller. Das spiegelt die globalisierte Welt im Textilbereich wider. Damit sind wir Spitze im Vergleich zu allen anderen Veranstaltungen in Frankfurt, die selbstverständlich auch international ausgerichtet sind. Außerdem zählt die Heimtextil zu den großen Veranstaltungen innerhalb der Messe Frankfurt-Veranstaltungen. Sie hat darüber hinaus auch eine internationale Strahlkraft für weitere Veranstaltungen in der Gruppe Heimtextil im Ausland. Neben der Heimtextil in Russland gehören die Intertextile-Messen in Shanghai und Guangzhou, die Interior Lifestyle-Messen in Tokio,und neuerdings eine Hometextile Sourcing-Veranstaltung in New York dazu. Auch für den Standort Frankfurt ist die Heimtextil von großer Bedeutung. Die Stadt hat viel Gastronomie und Hotels, die von der Messe profitieren. Und schließlich tragen wir die Messe mit "Heimtextil goes City" seit vielen Jahren direkt in die Stadt, so dass man dort unmittelbar erleben kann, was sich im Heimtextilbereich so tut.
Haustex: Allerdings haben viele auswärtige Besucher den Eindruck, dass vor allem Frankfurts Hotellerie sich nicht unbedingt gastfreundlich zeigt und durch hohe Messetarife die Situation für sich nutzt. Gibt es in dem Punkt nicht eine Möglichkeit der Messe, auf die Hotels einzuwirken im Interesse ihrer Besucher?
Meike Kern: Uns ist das Problem durchaus bekannt. Wir sind daher immer wieder mit großen Hotelketten und auch dem Fremdenverkehrsamt der Stadt Frankfurt in Kontakt. Leider bestehen nicht viele Möglichkeiten auf deren Preisgestaltung Einfluss zu nehmen. Mit unserem Service, dass mit der Eintrittskarte zur Messe gleichzeitig ein kostenloses Ticket für das gesamte Nahverkehrsnetz im Rhein-Main-Gebiet verbunden ist, leisten wir jedoch einen Beitrag dazu, dass auch Hotels, die nicht in fußläufiger Umgebung zur Messe und somit meistens deutlich günstiger sind, für Übernachtungen in Betracht gezogen werden können. Viele Besucher scheuen sich davor, weil sie nicht wissen, dass die Entfernungen in Frankfurt nicht groß sind und der öffentliche Nahverkehr sehr gut ist. Man kann ohne weiteres in einem Hotel außerhalb Frankfurts wohnen und trotzdem in weniger als einer halben Stunde am Messegelände sein. Diese Zeit braucht man mit einem Taxi im Frankfurter Stadtverkehr ebenso leicht.
Schmidt: Auch wenn es für Sie erstaunlich klingt. Man muss sehen, dass die hohen Hotelpreise die internationale Bedeutung der Heimtextil widerspiegeln. Das Problem betrifft im Prinzip jeden internationalen Messestandort mit einer bedeutenden Messe. Allerdings sehen wir auch eine leichte Entspannung auf dem Übernachtungssektor, weil viele neue Hotels in Frankfurt eröffnet worden sind.
Haustex: Rückblickend ist die diesjährige Heimtextil gut gelaufen, sogar besser als von vielen erwartet. Wie bewerten Sie die Messe und welche Rückschlüsse ziehen Sie daraus für die Veranstaltung 2011?
Schmidt: Um die Messe dieses Jahres richtig zu bewerten, müssen wir kurz auf das Jahr 2009 zurückschauen. Das Jahr war gesamtwirtschaftlich sehr schwierig, somit auch für die Textilbranche. Man wusste nicht, wie die Verkäufe sich in dem Jahr entwickeln würden. Tatsächlich entwickelte sich die Branche dann auch rückläufig. Mit entsprechend gemischten Gefühlen sind wir auch in die Heimtextil 2010 hineingegangen. Bereits am ersten Tag konnten wir dann einen sehr starken Besucherstrom registrieren, und erste Reaktionen von Ausstellern wie Besuchern waren sehr positiv. Nachträglich hat sich durch die Auswertung der Besucher- und Ausstellerbefragungen ergeben, dass sich die konjunkturellen Erwartungen im Vergleich zu 2009 deutlich verbessert hatten.
Haustex: Wie haben Sie das gemessen?
Schmidt: Wir stellen auf der Messe unter Besuchern und Ausstellern regelmäßig die Frage nach der Einschätzung der künftigen Branchenkonjunktur. Im Januar 2009 bewerteten 56 Prozent die Erwartungen positiv bis halbwegs gut, ein Jahr später betrug der Anteil 71 Prozent, also eine deutliche Verbesserung. Das hat sich auf der diesjährigen Heimtextil gezeigt. Die Branche sieht die Heimtextil als internationale Plattform. Wir hatten eine Stabilisierung bei der Zahl der inländischen Besucher. Und was uns besonders freut, ist das Plus von mehr als sechs Prozent ausländischen Besuchern hier in Frankfurt. Also war es nach unserer Auffassung eine insgesamt positive Veranstaltung, aber auch nach dem, was wir auf Seiten der Aussteller und Besucher gehört haben.
Kern: Wir hatten natürlich sehr kritisch darauf geschaut, wie die neue Halle 11 angenommen wird. Sie ist architektonisch sehr ansprechend gestaltet und ermöglicht der Messe einen weiteren Eingang. Während der Heimtextil haben wir beobachtet, dass dieser Eingang noch nicht so akzeptiert wurde, wie wir uns das gewünscht hätten. Wir mussten das zur Kenntnis nehmen und haben daraus für die weiteren Veranstaltungen gelernt. Zur Heimtextil 2011 werden wir diesen Eingang stärker bewerben und auch die Beschilderung verbessern.
Haustex: Die rund 71.000 Besucher, die auf der Heimtextil registriert wurden, waren reines Fachpublikum, im Gegensatz zu anderen Messen, bei denen Fachbesucher und Endverbraucher kommen und statistisch zusammengefasst werden. Die Qualität der Besucher auf der Heimtextil ist von daher doch besonders hoch.
Schmidt: Ich teile Ihre Einschätzung. Wir haben uns entschieden, die Heimtextil als reine Fachmesse zu veranstalten, andere Messegesellschaften rücken hiervon ab. Wir hatten vor Jahren versucht, die Messe dem breiteren Publikum zu öffnen. Die Resonanz war allerdings nicht so, dass man diesen Versuch weiterführen wollte. Die Heimtextil ist und bleibt eine Business-Plattform und keine Plattform für Endverbraucher. Dieses Konzept wird von der Ausstellerschaft eindeutig mitgetragen.
Haustex: Vor Wochen hatte die Messe bekannt gegeben, dass sich die aktuellen Buchungszahlen besser entwickeln als vor Jahresfrist. Wie sieht es aktuell beim Vermietungsstand aus?
Schmidt: Die Buchungssituation ist im Vergleich zum gleichen Zeitpunkt vor einem Jahr besser. Im Vergleich zum Vorjahr haben wir bereits jetzt über 95 Prozent der belegten Fläche erreicht. Das zeigt uns, wie stark uns die Heimtextilbranche sieht. Das zieht sich durch alle Produktbereiche. Man muss allerdings auch sagen, dass wir vor rund zwölf Monaten aufgrund der unsicheren Wirtschaftslage eine zurückhaltende Buchungslage hatten. Aus der frühzeitigen Anmeldung der Unternehmen lesen wir ein klares Bekenntnis der Industrie zur Heimtextil 2011.
Haustex: Wie sieht es bezogen auf die vermietete Fläche aus? Nicht jeder Aussteller wird zwangsläufig wieder den gleichen großen Messestand zeigen wie im Vorjahr.
Kern: Wir haben beide Entwicklungen. Es gibt Firmen, die verkleinern ihren Stand, andere aber, zum Beispiel auch in der Halle 8, vergrößern ihren Stand sogar.
Haustex: Kommen wir auf die Belegung der Hallen mit Haustextilien zu sprechen. Sie erwähnten bereits die Halle 11, die erstmals von der Heimtextil mit Haustextilien belegt wurde. Daneben gab es die fast schon traditionelle Halle 8 und die 9.0. Bleibt es auch im kommenden Jahr dabei, dass die etwas weiter entfernte 11 Haustextilien zeigen wird?
Kern: Konzeptionell ändern wir in diesem Jahr, nach den Veränderungen zur Heimtextil 2010, im Haustextil-Bereich bewusst nichts. Die Halle 11 hat sich als neues Zuhause für "More Style" und "More Clarity" bewährt, was wir auch bei den Buchungszahlen sehen. Ebenso sind die Hallen 9.0 und 8 für Haustextilien die herausragende Plattform. Wir haben zur Heimtextil 2011 unsere Marketingmaßnahmen für die Besucherwerbung nochmals verstärkt.
Haustex: Könnte man den Besatz der 9.0 nicht in andere Hallen verlegen, um einen besseren Lauf zu erzielen?
Kern: Das ist leider nicht möglich. Nach derzeitiger Planung wird die gesamte 9.0 voll belegt werden. Wir brauchen diese Fläche einfach, denn welche sinnvolle Alternative sollen wir sonst den dortigen Ausstellern anbieten? Die Halle 8 oder 11 bietet keine Möglichkeit, da die Fläche nicht ausreichen würde.
Haustex: Die längeren Wege können Sie somit den Besuchern nicht ersparen?
Kern: Natürlich stellen wir Überlegungen an, wie wir den Besuchern den Weg zwischen den Hallen 9.0, 8 und 11 erleichtern können. In welcher Form das geschieht, werden wir in den kommenden Monaten entscheiden. Seien Sie jedoch sicher, dass wir die Situation verbessern werden.
Haustex: Wenn man sich während der Heimtextil bei den Ausstellern in der Halle 8 umhört, wird dort häufig die über Jahre rückläufige Zahl an Fachbesuchern bemängelt. Was unternehmen Sie, um dieser Tendenz entgegenzusteuern?
Kern: Wir als Messe können uns nicht gegen die allgemeine Marktentwicklung stemmen. Es ist leider so, dass die Zahl der Fachhändler im Markt immer weniger wird. Aber natürlich tun wir alles, um unsere Aussteller in diesem Bereich durch Marketingmaßnahmen zu unterstützen. Im letzten Jahr hatten wir erstmals 1.000 Gratis-Eintrittskarten für Fachhändler reserviert. Die positive Resonanz darauf hat uns darin bestärkt, dieses Programm noch auszuweiten. Das Vorteilsprogramm für deutsche Bettenfachhändler heißt zur Heimtextil 2011 "bed'n excellence" und ist konzeptionell angelehnt an das erfolgreiche Programm für Raumausstatter, das wir in diesem Jahr unter "Heimtextil Insider" gestartet haben. Mit "bed'n excellence" laden wir Bettenfachhändler aus Deutschland zu einem kostenlosen Eintritt und einem Begrüßungspaket in der Halle 8 ein, um ihnen den Messebesuch so angenehm und interessant wie möglich zu gestalten.
Haustex: Laden Sie die Bettenfachhändler ein, oder kann man sich als Fachhändler initiativ um das Paket bewerben?
Kern: Sowohl als auch. Man kann sich als Bettenfachhändler ab 1. Oktober bis Ende des Jahres auf unserer Homepage www.heimtextil.messefrankfurt.com registrieren und damit für das Programm anmelden. Dann erhält man von uns eine Eintrittskarte mit Garderobengutschein. In der Halle 8 am Forum "Lets talk about it!" werden wir eine exklusive Begrüßungslounge einrichten, wo der Fachhändler sein Begrüßungspaket mit verschiedenen Bestandteilen in Empfang nehmen kann. Natürlich werden die Fachhändler auch zur Haustextil-Party "After Work@heimtextil" einladen, die wir in diesem Jahr das erste Mal veranstaltet hatten, im Anschluss an die Preisverleihung für die Bettenfachhändler des Jahres durch die Haustex. Wir wissen, dass die Party in diesem Jahr noch nicht so gut besucht war, aber im nächsten Jahr werden wir mit der Kommunikation früher starten, wodurch wir mehr Aufmerksamkeit bekommen werden. Denn wir wollen den Abend weiter zu der Branchenplattform entwickeln, und dazu gehören natürlich auch die Bettenfachhändler. Dass die Idee richtig ist, haben uns diejenigen bestätigt, die an der Party teilnahmen, denn sie haben sich dort wirklich wohl gefühlt. Darüber hinaus stellen wir den Bettenfachhändlern unseren Green Directory zur Verfügung, in dem Firmen aufgelistet sind, die nachhaltige Produkte herstellen.
Haustex: Das Thema Nachhaltigkeit schwebt schon seit einigen Jahren mehr oder weniger deutlich über der Industrie. Nun greift die Heimtextil das Thema erstmals auf und stellt es prominent in den Vordergrund. Offenbar sind Sie der Meinung, dass Nachhaltigkeit sich zu einem Trend verfestigt.
Schmidt: Die Heimtextil bildet diesen Trend bereits seit mehreren Jahren ab, diesmal nur in einer anderen Form. Es gibt Aussteller, die sich sogar auf diese Produkte spezialisieren. Das ist allerdings die absolute Minderheit. Die meisten Unternehmen haben ergänzend nachhaltige Produkte in ihrem Programm. Die Heimtextil hat vor einigen Monaten eine Studie in Auftrag gegeben, die untersuchen sollte, wie groß das Marktvolumen in diesem Bereich ist. Im Ergebnis betreffen rund 1,5 bis 2 Prozent des Umsatzes im Heim- und Haustextilbereich dieses Segment. Das hört sich zunächst recht gering an. Auf der anderen Seite, wenn man das Gesamtvolumen sieht, ist dies nicht unbedeutend.
Hinzu kommt, dass der Markt nachhaltiger Produkte in diesem Sektor ein starkes und überproportionales Wachstum verzeichnet. Besonders interessant ist es bei Produktgruppen, die mit dem Körper direkt in Berührung kommen, also beispielsweise Bettwäsche und Frottierwaren. Weniger sind es Deko- und Möbelstoffe. Nach unserer Auffassung sind nachhaltige Produkte ein Markt, der in den nächsten Jahren noch stärker kommen wird, auch wenn er nie ein Massenmarkt werden dürfte. Bei über 2.500 Ausstellern dürfte es daher einige geben, die entsprechende Produkte auf der Messe anbieten. Wir haben uns gefragt, wie wir es einem Einkäufer leichter machen können, dass er diese Produkte auch findet. Wir werden daher den Green Directory auflegen, in dem alle betreffenden Unternehmen aufgelistet sind. Mittels eines qualifizierten Fragebogens werden wir erheben, welche Zertifikate die Unternehmen haben und in welcher Form sie in dem Bereich engagiert sind. So hat der Einkäufer die Möglichkeit, schnell und einfach die entsprechenden Firmen zu finden. Das Ganze ist angelehnt an unsere internationalen Textilmessen. Abgerundet wird das Thema durch den zweiten Tag im Forum "Lets talk about it!", wo Referenten dieses Thema aus unterschiedlichen Perspektiven beleuchten werden.
Haustex: Ähnelt der Green Directory dem Booklet für Contract Creations, in dem Firmen mit ihren Produkten aufgelistet sind, die für das Objektgeschäft geeignet sind?
Schmidt: Nein, wir halten diese Auflistung bewusst schlank. Hier handelt es sich um eine reine Auflistung von Unternehmen mit Standnummer und der Information, über welche Zertifikate sie verfügen. Da wir nicht das Know-how haben, um die Ausrichtung selber bewerten zu können, arbeiten wir mit einer professionellen Agentur in Berlin zusammen. Die Agentur ist auf diesem Gebiet ein absoluter Spezialist. Wie sich der Inhalt des Directory weiter entwickelt, werden wir nach der Heimtextil 2011 neu bewerten.
Haustex: Die Heimtextil zeichnet sich auch dadurch aus, dass sie ergänzend zu der ausgestellten Ware der Firmen viel Wert auf Rahmenprogramme und Showcases legt. Was darf man in dieser Hinsicht im nächsten Jahr erwarten?
Kern: Neben dem Heimtextil Insider und dem "bedn excellence", unserem Contract Guide und den Vorträgen in Halle 8 werden wir eine Produktsonderschau zum Thema Nachhaltigkeit in der Halle 11 präsentieren. Derzeit arbeiten wir an zwei weiteren Projekten. Hierüber werden wir schon bald berichten können.
Schmidt: Von der Besucherstruktur haben wir völlig unterschiedliche Interessengruppen wie Einkäufer, Designer oder Architekten auf der Messe. Daher gibt es nicht ein Programm, das für alle passt und wir stellen Inhalte zusammen, die auf die unterschiedlichen Zielgruppen ausgerichtet sind. Wir wollen uns aber auch nicht verzetteln und bieten daher Schwerpunktthemen und versuchen Foren fortzuführen, die sich in der Vergangenheit bewährt haben. Wir werden also ganz klar weitergehen mit unserem Objektbereich Contract Creations. Sehr erfolgreich sind auch unsere Vortragsareale, weil wir damit Einkäufer und Aussteller ansprechen, die sich über Themen informieren. Das ist eine Leistung, die von uns kostenfrei angeboten wird.
Haustex: Für den Aufwand und die Qualität der Referenten, die Sie dort auffahren, ist die Resonanz allerdings doch ein wenig dürftig. Könnte man die Teilnehmerzahl vielleicht durch eine prominentere Lage des Vortragsareals steigern?
Kern: Man braucht für dieses Areal auch ein bisschen Ruhe im Umfeld. Wir werden aber gerade das Vortragsprogramm in Halle 8 stärker bewerben, zusätzlich zum Hallenrahmen-Programm durch eigene Flyer und das Internet. Allerdings brauchen wir zukünftig noch mehr Zulauf, denn sonst wird es schwer, es auch in Zukunft in dieser Form aufrecht zu erhalten. Im nächsten Jahr werden wir unter anderem Ikea zum Thema Nachhaltigkeit da haben, und da wünsche ich mir natürlich ein volles Haus.
Haustex: Geht die Messe Frankfurt demnach mit breiter Brust in die Endphase der Vorbereitungen für die Heimtextil?
Schmidt: Man sagt der Messe zwar manchmal gegenüber, dass wir mit breiter Brust agieren würden, aber das tun wir ganz sicher nicht. Wir wollen lieber zurückhaltend sein, denn eine gute Veranstaltung gelingt nur, wenn die Akzeptanz der Branche vorhanden ist. Also um es klar zu sagen: Wir wollen eine Messe mit und vor allem für die Branche machen. Wir überprüfen direkt nach jeder Messe und auch regelmäßig während eines Jahres, was konzeptionell verändert werden sollte und was sich bewährt hat. Bei einer Messe mit über 2.500 Ausstellern und der Internationalität wie bei der Heimtextil ist es klar, dass die Interessenlagen nicht immer homogen sind. Wir sind daher gefordert, eine Messe zu managen, die die meisten Erwartungshaltungen erfüllen kann, aber eben nicht jede. Das ist uns bewusst und macht uns auch nicht immer glücklich, aber so ist leider die Realität. Die Resonanz aus den letzten 40 Jahren zeigt uns jedoch, dass wir das im Großen und Ganzen gut hinbekommen haben. Auch im Hinblick auf die dramatischen Veränderungen, die in der Textilindustrie vor allem in den letzten 20 Jahren stattgefunden haben.
Haustex: Welche Firmen kann die Heimtextil im nächsten Jahr neu oder nach einer Pause wieder begrüßen?
Kern: Es freut uns natürlich, dass die großen deutschen Markenfirmen wie unter anderem Irisette, Bierbaum, Fleuresse, Gebr. Sanders, Frankenstolz und Häussling, um hier nur einige zu nennen, wieder an der Heimtextil teilnehmen werden. Es konnten im Bereich der Haustextilien allerdings auch neue internationale Firmen gewonnen werden, wie z.B. die Firma Olivier Desforges aus Frankreich mit der Marke Hugo Boss, Linen House aus Australien und Fujitaka aus Japan. Einige Firmen, mit denen wir im Kontakt stehen, entscheiden sich unmittelbar nach der Sommerpause. Wieder dabei sein wird auch der Matratzen-Gemeinschaftsstand unter dem neuen Namen Sleepfactory, um der Internationalität der Teilnehmer gerecht zu werden. Wir haben auch sein Gestaltungskonzept verbessert, um die Wertigkeit der Produkte stärker in den Vordergrund zu stellen. Die Akquise ist bereits im vollen Gange und die nächsten Monate werden zeigen, wer sich an diesem Showcase Gemeinschaftsstand beteiligen wird. Wir sind hier sehr zuversichtlich.
Haustex: Auf jeder Heimtextil wird gerne das Thema Messetermin angeschnitten und unter den Ausstellern diskutiert, denn es gibt ja auch Industriezweige, für die die Heimtextil entweder zu früh oder zu spät stattfindet. Warum findet die Heimtextil also im Januar statt?
Schmidt: Sie sagen es: Das Thema Termin wird von verschiedenen Seiten auch uns gegenüber immer wieder angesprochen. Aber zum Schluss stellt man fest, dass man den Termin dort belässt, wo er ist, im Januar. Warum? Sie finden auf der Heimtextil Hersteller aus verschiedenen Produktgruppen und alle haben unterschiedliche Orderrhythmen. Zwangsläufig haben wir darum nicht für jede Produktgruppe das optimale Messedatum. Aber wenn wir auf ein anderes Datum wechselten, hätten wir wieder an anderer Stelle ein Terminproblem. Außerdem bildet die Heimtextil den Branchenauftakt, das ist in nunmehr 40 Jahren gelernt und akzeptiert, so dass sich viele Aussteller und Besucher auf diesen Termin eingestellt haben. Eine Veränderung würde nach unserer Auffassung dazu führen, dass die Kontinuität unterbrochen wird, mit der Gefahr, dass einzelne Branchen nicht mehr zur Heimtextil kommen könnten. Das sieht die Mehrzahl der Aussteller und Besucher ebenso. Auch über Tagesfolgen und Öffnungszeiten wird geredet. Aber wir sehen hierzu keine klare und einheitliche Meinung, die sagt, was besser als der derzeitige Stand ist. Darum sind wir in dem Punkt sehr vorsichtig. Was nicht heißt, dass wir dieses Thema immer wieder neu bewerten.
Kern: Wir nehmen dieses Thema auch regelmäßig mit in den Fachbeirat und lassen es dort diskutieren, mit dem Ergebnis, dass es sinnvoll ist, es so zu belassen.
Haustex: Würde sich aus textiler Sicht nicht ein Zusammengehen mit der Ambiente anbieten?
Kern: Das ginge schon rein flächenmäßig nicht, denn die Ambiente belegt das komplette Messegelände und die Heimtextil nahezu das gesamte Gelände. Eine Zusammenlegung passte also nicht.
Schmidt: Zudem handelt es sich bei der Ambiente um eine Konsumgütermesse mit einer zur Heimtextil differenzierten und sehr erfolgreichen, aber anderen Ausrichtung. Zur Heimtextil gibt es mit ihrem ausgefeilten Konzept in Hinsicht auf Aussteller- und Besucherzielsetzung im Textilbereich weltweit in dieser Form keine Alternative.
Haustex: Stichwort Fachbeirat. Wie ist er zusammengesetzt und was ist seine Aufgabe?
Schmidt: Er deckt mit seinen Mitgliedern das komplette Angebotsspektrum der Messe ab und umfasst auch internationale Beiratsmitglieder. Im Beirat finden Austauschgespräche statt, die eingehen in die Entwicklung und konzeptionelle Ausrichtung der Veranstaltung. Dieses Forum ist für uns enorm wichtig und ohne Alternative. Darüber hinaus haben wir natürlich auch intern, national wie international, Kolleginnen und Kollegen, die uns regelmäßig Input geben. Es ist wichtig, nah am Puls und an der Branche zu sein, um entsprechende Informationen zu bekommen.
Kern: Ich hoffe, es wird durch unsere Erklärungen klar, dass wir ein Messekonzept nicht allein zusammenköcheln und durchaus auf andere hören. Wir beziehen stets Expertenwissen in unsere Planungen mit ein. Wir versuchen schon, jede Anregung zu berücksichtigen, aber das ist leider nicht immer vollständig möglich. Dafür prallen zu viele unterschiedliche Interessen aufeinander. Und obendrein haben wir von der Messe auch noch das wirtschaftliche Interesse. Das alles unter einen Hut zu bringen, ist ein hartes Stück Arbeit mit vielen positiven Herausforderungen.
Schmidt: Wünsche nach Veränderungen bedeuten in der Umsetzung auch immer Umplanungen und Standortverlagerungen für einzelne Aussteller. Und dann sieht es mit der Akzeptanz der Veränderungen schnell wieder anders aus. Wir müssen darum auch immer sehr behutsam vorgehen, um die Belastbarkeit unsere Kunden nicht überzustrapazieren. Denn wenn ein neuer Stand gebaut werden muss, kostet das gleich viel Geld. Wir machen eine Messe für und zusammen mit der Branche, das ist uns wichtig.
Messe Frankfurt Telegramm
Messe Frankfurt GmbH Ludwig-Erhard-Anlage 1, 60327 Frankfurt am Main Tel.: 069/75 75-0, Fax: 069/75 75-64 33
Geschäftsführung: Wolfgang Marzin (Vorsitz), Detlef Braun (u.a. Textilmessen), Uwe Behm
Messen (2009): 37 im Inland, 54 im Ausland
wichtige Messen in Frankfurt: Ambiente, Tendence, Heimtextil, Light & Building, ISH, Automechanika, Frankfurter Buchmesse, IAA, uvm.
Mitarbeiterzahl: 1.665 weltweit
Umsatz 2009: 424 Mill. EUR
aus
Haustex 09/10
(Wirtschaft)