Südwest: Interview mit Hans-Jörg von Rhade und Michael Killing

"Wir wollen möglichst breit aufgestellt sein"

Südwest Lacke + Farben hat eine erfolgreiche Bilanz vorzuweisen: Im vergangenen Jahr konnte das Unternehmen den Umsatz um 5 % steigern und sieht sich damit für die Zukunft gewappnet. Jetzt sollen die Auslandsaktivitäten verstärkt werden. BTH Heimtex-Redakteurin Cornelia Küsel sprach mit Geschäftsführer Hans-Jörg von Rhade und Marketingleiter Michael Killing über Pläne und Perspektiven.

BTH Heimtex: Der Wettbewerb in der Farbenindustrie wird immer schärfer. Wie besteht Südwest in dieser schwierigen Situation?

Hans-Jörg von Rhade: Wir haben ein ganz erfolgreiches Geschäft in den vergangenen Jahren hingelegt mit einem Plus von 5 % im vergangenen Jahr, womit wir besser dastehen als der Markt. Allerdings ist dies vor allem auf die Entwicklung im Inland zurückzuführen, im Export lief es eher gemischt. Doch der spielt bei uns ohnehin eine untergeordnete Rolle.

BTH Heimtex: Der deutsche Markt ist Ihr Schwerpunkt?

Michael Killing: Wir leben vom deutschen Markt. Entsprechend bieten wir unseren Kunden Verlässlichkeit. Sie wissen, Südwest muss diesen Weg auch in Zukunft gehen. Wir fangen nicht morgen an, plötzlich Autolacke zu produzieren. Für andere Hersteller dagegen ist der deutsche Markt unbedeutender, deshalb nehmen sie auf ihn weniger Rücksicht.

BTH Heimtex: Hat sich Südwest inzwischen von dem Tief erholt, in das das Unternehmen nach der Übernahme durch die Sto AG gestürtzt war ?

Von Rhade: Viele hatten 2001 den Verdacht, Südwest würde komplett bei Sto integriert. In der Folge haben wir fast 30 % im Markt verloren. Doch inzwischen können wir mit Stolz sagen, dass wir sowohl als Marke als auch rein technisch gesprochen als Kompetenzzentrum Lacke/Lasuren in der Gruppe unumstritten besser dastehen als zuvor. Allerdings bilden Lacke und Lasuren nur noch 18 bis 20 % der Materialien, die ein Maler verarbeitet. 60 % sind Farben. Deshalb arbeiten wir daran, Dispersionen noch weiter nach vorne zu bringen, obwohl der Markt für Dispersionsfarben im Profibereich von 2005 bis 2009 volumenmäßig um 7 % rückläufig war. Zum Vergleich: Im gleichen Zeitraum haben wir auf diesem Gebiet ein Plus von 30 bis 35 % eingefahren. Insgesamt liegt unser Umsatzverhältnis Lacke zu Farben bei 50:50.

BTH Heimtex: Sie sagten Sie gelten als Kompetenzzentrum Lacke/Lasuren in der Gruppe. Wie verteilen sich die weiteren Zuständigkeiten ?

Von Rhade: Sto legt seinen Schwerpunkt auf Wärmedämmverbundsysteme. Das ist deren Alleinstellungsmerkmal. Mehr als 80 % des Geschäfts wird an der Fassade gemacht. Südwest produziert dagegen eigenständig Lacke, Holzschutz und Bodenfarben. Im Bereich Dispersionsfarben, den wir ausweiten wollen, bedienen wir uns der starken Gruppe.

Killing: Umgekehrt greift die Gruppe aber auch auf Südwest zurück. Wobei wir nicht 1:1 zu übernehmen, genausowenig wie Sto. Wir formulieren aus dem Markt heraus die Bedürfnisse, beispielsweise neu entwickelte Dispersionsfarben.

Von Rhade: Das ist eine sehr fruchtbare Zusammenarbeit.

BTH Heimtex: Welche Synergien haben noch ergeben?

Von Rhade: Wir haben einen Produktaustausch in beide Richtungen, wir produzieren für die Gruppe, die Gruppe für uns. Das hat beide Seiten gestärkt. So konnten wir bei Südwest in den vergangenen acht Jahren den Farbenumsatz verdreifachen.

Wobei wir Südwest sind und auch weiterhin bleiben wollen. Wir sehen uns selbst als mittelständische Firma, deren Zukunftsfähigkeit gesichert ist, weil wir die Eigentümerfamilie Stotmeister im Hintergrund haben. Wir wollen nicht verleugnen, zu wem wir gehören, wir sind aber auch eine eigene Marke. Wir verfolgen unsere eigene Produktpolitik, auch wenn wir manchmal gemeinsam Produkte entwickeln. Konkret bilden Sto und Südwest eine gleichberechtigte Partnerschaft mit jeweils eigener Finanzbuchhaltung, Vertriebsmannschaft, Marketing sowie Forschungs- und Entwicklungsabteilung.

Killing: Wir profitieren mehrfach von der Gruppe: von der großen Marktforschungsabteilung, dem Produktions- und dem Entwicklungsbereich. Das alles könnten wir uns alleine nicht leisten. Trotz allem sehen wir unseren Kunden im Fokus und handeln entsprechend.

BTH Heimtex: Laufen auch die Vertriebswege von Sto und Südwest getrennt? Sie sind ein sogenannter Häfa, Sto ein klassicher Kofa...

Killing: Sto ist tendenziell sehr stark bei großen Malerbetrieben, die schwerpunktmäßig im Wärmedämmgeschäft tätig sind. Unsere Maler haben dagegen eher den privaten Kunden im Visier. Entsprechend ist unser Vertrieb aufgebaut, der klassisch zweistufig ist.

Von Rhade: Das Sto-Programm wird direkt vertrieben. Südwest bedient dagegen über den Großhandel den Handwerker. Entscheidend ist, dass wir Vertrieb, Verantwortlichkeit und Erfolg von Südwest sauber von der Gruppe trennen.

BTH Heimtex: Welche Anforderungen müssen Ihre Großhändler erfüllen ?

Von Rhade: Wir versuchen, uns nach dem Prinzip der Leithändler auszurichten, die unser ganzes Sortiment anbieten. Die Umsatzgröße muss hier im sechsstelligen Bereich liegen. Der Leithändler soll Produktvorteile wie Qualität kommunizieren und die Produkte vermarkten. Uns nützen keine Kunden, die Preisbrecher sind und sich dafür rühmen, die billigsten zu sein. Darauf ist unsere Strategie nicht ausgerichtet. Denn wir gehen ganz klar in Richtung Qualität. Die Ansprüche, die wir an uns stellen, stellen wir auch an unsere Kunden. Sie müssen den Qualitätsgedanken mittragen.

Killing: Wenn ich mich nur über den Preis vermarkte, bin ich austauschbar. Dennoch spielen wir in allen Ligen mit, auch was die Preispositionierung betrifft. Es gibt teure und günstige Wandfarben. Unser Handel braucht diese Bandbreite, um bestimmte Kunden bedienen zu können. Was zählt, ist unser Gesamtsortiment. Jedes Produkt hat in seiner Klasse seine Wertigkeit. Kunden mit Qualitätsanspruch, gutem Außendienst und intensiver Marktbearbeitung werden die Händler sein, die überleben.

BTH Heimtex: Und was bieten Sie Ihren Händlern?

Von Rhade: Im Gespräch mit potenziellen Händlern machen wir deutlich, dass wir einen gewissen Gebietsschutz vereinbaren können. Da gibt es verschiedene Varianten. Wenn jemand allerdings bundesweit aktiv ist, können wir ihm natürlich nicht jedes Gebiet garantieren. Wir sprechen mit dem Händler auch darüber, wo wir das Preisniveau sehen, das er aber selbst bestimmen kann. Und wir treffen Vereinbarungen über Schulungen, gemeinsame Aktivitäten wie Hausmessen und das Malerfrühstück. Es wird also ein ganzes Paket geschnürt, das Langfristigkeit und Differenzierung in den Mittelpunkt stellt. Denn Südwest ist keine Marke, die es an jeder Ecke gibt. Der fünfte in einer Stadt zu sein, bringt nichts. Das sagen wir auch möglichen neuen Kunden. Dann verweisen wir auf unsere langjährigen Partner, da muss man konsequent sein.

BTH Heimtex: Wo liegt aus Ihrer Sicht der Vorteil des Großhandelsvertriebs gegenüber der Direktvermarktung?

Von Rhade: Unser Ziel ist es, den Großhandel zu schützen, den Markt mit ihm gemeinsam zu entwickeln und ihm eine auskömmliche Marge zu gewährleisten. Damit wollen wir zwei Dinge erreichen: Zufriedene Kunden und lukrative Aufträge. Hier leistet der Großhandel seinen Beitrag. Mit den richtigen Partnern gibt es auf beiden Seiten Zukunftsperspektiven. Allerdings würden wir uns nie erdreisten, dem Handel vorzuschreiben, nur uns zu vertrieben. Der Händler braucht ein vielfältiges Sortiment. Mit einer Monomarke ist er kein Handel mehr. Insgesamt verfügt der Handel über eine bessere Feinlogistik, er bringt ein ganzes Sortiment aus verschiedenen Marken zusammen. Das könnte ein Direktvermarkter nicht leisten.

Killing: Der Hersteller kann den Handel nicht ersetzen, er hat andere Stärken, sollte sich auf sein Kerngeschäft konzentrieren. Vom Handelsgeschäft versteht er zu wenig. Das beherrscht nur der Händler - sofern er sich auskennt. Dann hat er auch gute Perspektiven.

Von Rhade: Südwest und Sto werden nie im Handel aktiv werden. Denn wir können nicht so flexibel und schnell agieren, wie es ein Händler muss.

BTH Heimtex: Wie ist Ihr Vertrieb organisiert?

Killing: Im Mittelpunkt steht die Handwerkerausbildung, denn unser Außendienst steht für unsere Produkte. In diesem Fach muss er sich als Ansprechpartner für Handel und Handwerk auskennen.

Von Rhade: Wir haben heute 15 Mann im Außendienst und stocken in diesem Jahr noch personell auf - vor allem in Regionen, in denen wir neue Kunden gewonnen haben.

Killing: Unser Außendienst und der des Großhandels arbeiten harmonisch zusammen. Beide haben ihre Aufgaben. Unser Außendienst denkt in der Welt der Produkte und Systeme, erläutert dem Verarbeiter deren Vorteile, während der Handel eher über kaufmännisches Wissen verfügt. Beide Kernkompetenzen addiert, machen das Gespann aus, das am Markt gut funktioniert.

BTH Heimtex: Welche Rolle fällt in diesem System dem Maler zu, dessen Kunde der Endverbraucher ist?

Killing: Der Maler tut sich nach wie vor schwer, sich selbst zu vermarkten. Auch er muss das Produkt bzw. seine Leistung verkaufen und beim Endverbraucher dafür argumentieren. Allerdings gibt es auch Maler, die ihre Produktauswahl danach ausrichten, ob sie sich damit von ihren Wettbewerbern differenzieren. Damit kann man am Markt sehr erfolgreich sein.

BTH Heimtex: Mit welchen Produkten könnte sich der Maler denn vom Wettbewerb differenzieren?

Killing: Es gibt leider nur wenige Produkte, bei deren praktischer Anwendung man zeigen kann, was sie leisten. Wichtig ist, dass ich beweisen kann, was ein Produkt kann. Hier bietet sich unsere Silikonharzfarbe Lotusan an. Der Maler kann zeigen, wie der selbstreinigende Lotuseffekt unseres Highlight-Produkts funktioniert. Wer pfiffig ist, weiß, dass er sich über solche Produkte differenziert. Er hebt sich nicht über den Preis ab, sondern über die Leistung. Betrieben, die das praktizieren, geht es gut.

Von Rhade: Wir nutzen es im Marketing, ein Highlight-Produkt wie Lotusan zur Verfügung zu haben, und wollen es in diesem Jahr noch forcieren. Eine weitere Chance zur Differenzierung gibt es mit der VOC-Umstellung. Ein unabhängiger Lacktest bei der Hamburger Mega hat ergeben, dass unsere VOC-Lacke mindestens von so guter Verarbeitungsqualität sind wie herkömmliche Lacke. Der Maler kann darauf vertrauen. Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht.

BTH Heimtex: Was unterscheidet Sie von Ihren Mitbewerbern?

Killing: Produktqualität, Flexibilität und Geschwindigkeit - und wir haben als mittelständisches Unternehmen mit Sto einen starken Partner im Hintergrund.

BTH Heimtex: Welche Ziele haben Sie sich mittelfristig gesetzt?

Von Rhade: Wir sind in den vergangenen Jahren in den Export gegangen. Hier wollen wir auch stärker werden, wenngleich das derzeit europaweit nicht ganz einfach ist. Bisher liegt unser Inlandsanteil am Umsatz bei 90 % und der deutsche Markt soll auch der Schwerpunkt bleiben. Wir wollen hier möglichst breit aufgestellt sein und dem Maler und Großhändler die Möglichkeit eröffnen, mit uns als strategischen Alternativlieferant gemeinsam zu wachsen.
aus BTH Heimtex 06/10 (Wirtschaft)