BTH-Heimtex / BBE-Kundenbarometer 2010

Elastische Beläge: Wo kauft der Fachhandel am liebsten ein?

Jahrelang schien der Markt elastischer Beläge im Fachhandels-Bereich relativ stabil verteilt. Beim BTH Heimtex/BBE-Kundenbarometer 2010 machen sich im Vergleich zu früher aber einige Verschiebungen bemerkbar. Bei dieser wichtigen Kundengruppe an Bedeutung gewonnen haben Armstrong, Forbo und - wieder - IVC, verloren hat Tarkett, gut behaupten konnten sich Objectflor, Project Floors, Gerflor und Debolon. Dazu werden heute neue Namen bekannt, die noch vor gar nicht langer Zeit überhaupt keine Rolle gespielt haben wie Design Flooring, M-Flor und Windmöller Flooring.

Elastische Beläge, eigentlich langfristig ein relativ stabiler Marktfaktor, hatten im schwierigen Jahr 2009 zu kämpfen. Zumindest die Produktgruppen, die hauptsächlich im klassischen Objektgeschäft zu Hause sind, das aufgrund der globalen Wirtschaftskrise unter einer Flaute litt. Projekte wurden verzögert oder gar ganz ausgesetzt. Davon betroffen waren primär homogene PVC-Beläge, etwas weniger stark Heterogen-Produkte, Linoleum und am stärksten Kautschuk. PVC-Designbeläge, die inzwischen allgemein "neudeutsch" unter LVT (= Luxury Vinyl Tiles) vermarktet werden, setzten dagegen ihren Siegeszug fort und dürften sogar zweistellig zugelegt haben.

Nachteil des LVT-Booms ist der zunehmende Preisdruck. "Die Preise befinden sich im freien Fall, die Nutzschicht wird immer dünner", malt einer ziemlich schwarz, aber vermutlich nicht weit von der Realität entfernt. Tatsächlich drängen immer mehr Anbieter auf den Markt. Das ist insofern kurios, als es weltweit nur wenige Hersteller dieser Produktgattung gibt - also praktisch alle ihre Beläge aus der gleichen Handvoll Quellen beziehen. Wer nicht allein auf den Preis schielt - und gleich einen ganzen Container kaufen will -, sondern Wert legt auf gute Qualität, zuverlässige Strapazierfähigkeit, ausgearbeitete Exklusiv-Dekore, die man nicht in jeder Grabbelkiste findet, und professionellen Service, ist gut beraten, sich an die seriösen, etablierten Lieferanten zu halten. Genau die konnten übrigens auch ihren Marktanteil ausbauen.

Spannend wird es, wenn IVC seine LVT-Produktion in Belgien in Betrieb nimmt. Das könnte schon im nächsten Jahr der Fall sein. Noch existiert das nach dem Willen von IVC-Eigner Filiep Balcan komplett "grüne" Werk nur auf dem Papier, doch soll inzwischen die Baugenehmigung für den Standort Avelgem erteilt und damit die bürokratischen Hürden genommen worden sein. Und: Balcaen ist schnell und konsequent, wenn er ein Ziel vor Augen hat...das hat er schon erfolgreich bei CV-Belägen bewiesen.

Stichwort CV: Etwas überraschend ist die positive Entwicklung bei diesem traditionellen Segment der elastischen Belägen, denn die marktrelevanten Kollektionen befinden sich in der Mitte oder gar am Ende ihrer Laufzeit, sind also nicht mehr taufrisch. Mag sein, dass der Markt die Anstrengungen der einschlägigen Hersteller honoriert, die ihre Produkte optisch und technisch immer mehr aufrüsten - und damit auch ihre Chancen im Semi-Objekt verbessern.

Unsere Einschätzung des aktuelles Marktes spiegelt sich weitgehend im diesjährigen BTH Heimtex/ BBE-Kundenbarometer elastische Beläge wider. Zunächst zur Verbreitung: Hier stellt sich im Vergleich zur letzten Umfrage 2008 Armstrong als Gewinner heraus.

Obgleich die Mannschaft in Bietigheim-Bissingen wie ein unglücklicher Appendix an der US-Mutter hängt und von deren Wohlwollen abhängig ist, zudem gebeutelt wird von ständigen Verkaufsgerüchten, die Markt und Kunden verunsichern, leistet sie offenbar beste Arbeit bei der Produktentwicklung und auch im Vertrieb.

Sukzessive ist das gesamte Sortiment in den letzten Jahren erneuert worden, wobei die Bedürfnisse der Kunden breite Berücksichtigung fanden. Besonders gut angenommen wurden die Neuheiten und Erweiterungen im LVT-Programm Scala, das aus eigener Fertigung stammt, und bei Linoleum.
Abgesehen von einem halbherzigen - und auch nicht von Erfolg gekrönten - Versuch in Richtung Baumarkt hat Forbo stets unbeirrt an seiner Fachhandelstreue festgehalten - das schließt selbstverständlich auch den Großhandel ein. Und die Kunden danken dies ihrerseits mit unverbrüchlicher Loyalität. Kommt hinzu, dass Forbo über hervorragende Produkte und ein ebensolches Image verfügt. Das ist maßgeblich Verdienst von Deutschland-Geschäftsführer Martin Thewes (inzwischen auch für die Schweiz verantwortlich), der sich dennoch nie in den Vordergrund spielt.

Tarkett ist von einstiger Marktstärke mittlerweile ein ganzes Stück entfernt. Das ist die Quittung, die der Fachhandel für die Veränderungen in der Vertriebspolitik ausgeschrieben hat, zu denen unter anderem eine Kundenselektion gehört. Betriebswirtschaftlich ist es zweifellos richtig, sich auf weniger, größere Abnehmer zu konzentrieren. Hier wird jedoch deutlich, dass das auch Marktanteile und Imagepunkte kosten kann.

Wer ist der sympathischste Anbieter von Elastischen Belägen?



Im zweiten Teil des BTH Heimtextil/BBE-Kundenbarometers geht es nicht um die Marktposition der Lieferanten elastischer Beläge, sondern um Akzeptanz, Image und Beliebtheitsgrad einzelner Unternehmen, die über eine gewisse Verbreitung verfügen müssen, damit ausreichende Repräsentanz der Aussagen des Fachhandels gewährleistet ist. Genau genommen wird für sieben ausgewählte Firmen eine Art Kundenzufriedenheitsanalyse durchgeführt. Den Kunden-"Oscar" errang dabei Objectflor, die vor allem mit einem kompetenten Team, hervorragendem Lieferservice und klarer Vertriebspolitik punkten, dicht gefolgt von Forbo, bei denen der Fachhandel vor allem Freundlichkeit und Lieferzuverlässigkeit lobt, was die Paderborner zu den größten Sympathieträgern des gesamten Feldes avancieren lässt.

And the winner is......Objectflor!" Würde der deutsche Fachhandel so etwas wie einen "Oscar" verleihen, könnten sich in diesem Jahr die Kölner damit schmücken. Gleich in acht Kategorien lassen sie den Wettbewerb hinter sich.

Dass sich die hohen Investitionen in Lager und Logistik in den letzten Jahren rechnen, belegt der 1. Platz bei der Liefergeschwindigkeit. Und in der Lieferzuverlässigkeit muss sich Objectflor nur ganz knapp Forbo geschlagen geben, ist hier immerhin "Vizemeister". Auch weiterhin hat der 1a-Lieferservice bei der Tochter der britischen Halstead-Gruppe höchste Priorität...

Kaum überraschend die Bestplatzierung bei der klaren Vertriebspolitik. Eberhard Lotz, der vor zwei Jahren als Geschäftsführer abdankte und heute als Stratege für die Europa-Aktivitäten der Mutter wirkt, hat sich von Anfang an eindeutig zu Fachhandel und Großhandel bekannt. Nachfolger Stephan Wolff hat wohl seinen eigenen - erfolgreichen - Weg gefunden, rüttelt aber wohlweislich nicht an den Grundfesten von Objectflor, die das Gedeihen des Unternehmens sichern.

Das ist im Übrigen auch die Mannschaft im Innen- und wie Außendienst. Allerdings musste Objectflor unlängst einen unerwarteten Schlag hinnehmen; Uwe Burkhardt, Vertriebsleiter Süd und für mehr Verantwortung auserkoren, erlitt Anfang April einen tragischen Tod - und hinterließ fachlich wie menschlich eine große Lücke. Bis zur Drucklegung dieser Ausgabe war noch kein Nachfolger offiziell bekann, doch sollen entsprechende Gespräch relativ weit fortgeschritten sein.

Würden Medaillen verteilt, ginge "Silber" an Forbo. Die Paderborner legen eine durchaus beachtliche Performance hin mit besonderen Stärken bei den "Soft skills", sprich im menschlichen Bereich.

Das Team kommt kompetent und vor allem extrem freundlich an, die Lieferzuverlässigkeit stimmt und auch mit der Reklamationsbearbeitung sind die Kunden höchst zufrieden. Summa summarum attestieren sie Forbo den größten Sympathiewert - und wenns um die Entscheidung zwischen zwei Lieferanten geht, dürfte die Sympathie eine große Rolle spielen...

Armstrong hat in den letzten Jahren die früheren Ressentiments des Fachhandels gegen sich überwunden - Platz 2 beim Sympathiewert - und sich eine solide Position aufgebaut. Für das Unternehmen spricht offensichtlich "made in Germany", dokumentiert durch die Bestnote bei der Produktqualität. Außerdem haben Innen- und Außendienst einen guten Draht zur Kundschaft. Die wünscht sich nur Armstrong etwas kulanter und sieht auch noch Potenzial bei der Verkaufsförderung. Ist diese vielleicht zu sehr auf die Architekten fokussiert ?

Tarkett hat zwar wie auf Seite 24 beschrieben aufgrund vertriebsstrategischer Überlegungen an Verbreitung im Fachhandel verloren, doch scheint man das dort nicht wirklich übel zu nehmen und attestiert den Frankenthalern eine "klare Vertriebspolitik".

Überdurchschnittlich schneidet Tarkett außerdem in der Liefergeschwindigkeit, den Konditionen und der Kulanz ab. Innen- und Außendienst haben allerdings beim Fachhandel an Ansehen und Beliebtheit eingebüßt, was auch den Sympathiewert gedrückt haben mag.

IVC ist mal wieder nicht zu toppen bei Preis-Leistungs-Verhältnis und Verkäuflichkeit der Ware. Ansonsten bewegt sich der frühere CV-Spezialist, der jetzt erstmal mit Handelsware, demnächst auch mit Qualitäten aus eigener Produktion im boomenden LVT-Markt startet - und dort sicher für Bewegung sorgen wird -, fast durchweg im Mittelfeld. Nicht zum ersten Mal ist die Lieferzuverlässigkeit eine Schwachstelle, die Verkaufsförderung sowieso. Und der Innendienst hatte aus Sicht der Kunden auch schon bessere Tage.

Amticos Produktqualität ist ausgezeichnet, die Verkaufsförderung spitze und die Zukunftsperspektiven glänzend... das ist aber auch schon alles, was der Fachhandel an dem Designbelags-Anbieter schätzt, der einst diesem Marktsegment in Deutschland mit in den Sattel half.

Trotz des modernisierten Auftritts und des überarbeitetem Sortiments erntet Kautschuk-Marktführer Nora Systems keine Lorbeeren beim Fachhandel - sondern kassiert letzte Plätze bei Produktqualität,Warenver-käuflichkeit, Liefergeschwindigkeit, der Qualität der Mitarbieter in Innen- und Außendienst sowie Verkaufsförderung, Fortschrittlichkeit und Zukunftsperspektiven ein.

Da muss man sich fast die Frage stellen, was dem Management in Weinheim wichtiger ist: Shareholder-Value oder Kundenzufriedenheit...



BTH/BBE-Handelsumfrage Panel und Methodik



Das BTH/BBE-Kundenbarometer wird in zwei Schritten durchgeführt. Im ersten wird recherchiert, bei welchen Anbietern die Fachhändler überhaupt einkaufen - oder andersherum: wie hoch der Verbreitungsgrad der einzelnen Lieferanten beim Fachhandel ist. Diese Befragung erfolgt gestützt, aber offen. Die Probanden können also zusätzliche Bezugsquellen als die von uns vorgegebenen Unternehmen nennen.

Im zweiten Schritt beurteilen die gleichen Händler detailliert einzelne Anbieter mit Noten von 1 (sehr gut) bis 6 (schlecht). Für jeden werden 16 Benchmarks abgefragt, darunter objektiv messbare wie Lieferschnelligkeit und Konditionen, aber auch subjektiv empfundene wie der Sympathiewert, die Kulanz oder die Qualität von Innen- und Außendienst. Aus den Antworten hat die BBE eine Durchschnittsnote für das jeweilige Kriterium errechnet.

Befragt wurden Anfang 2010 108 klassische Fachhändler - darunter auch Raumausstattungsbetriebe mit Ladengeschäft - und Fachmärkte in ganz Deutschland, die alle elastische Beläge führen, sich regional verteilen auf Nord und Süd, Ost und West, alte und neue Bundesländer, sowohl selbstständige Händler als auch Filialisten mit einem Jahresumsatz von mindestens 500.000 EUR.

Die Daten werden in der Gesamtheit abgebildet und darüber hinaus zusätzlich differenziert nach West (Händler mit Hauptsitz in Westdeutschland) und Ost (Händler mit Hauptsitz in Ostdeutschland), sowie nach Selbstständigen und Filialisten.
aus BTH Heimtex 05/10 (Wirtschaft)