Karl August Siepelmeyer, Präsident Bundesverband Farbe Gestaltung Bautenschutz, über das Malerhandwerk, "die Wirtschaftsmacht von nebenan"

"Maler stehen vor großen Herausforderungen"


Für das Maler- und Lackiererhandwerk wird das laufende Jahr mit einem positiven Ergebnis abschließen. Der Präsident des Bundesverbands Farbe Gestaltung Bautenschutz prognostizierte auf der GHF-Tagung ein Umsatzplus von 3,1 % gegenüber dem Vorjahr. "Die Finanzkrise hat in unserem Handwerk nicht stattgefunden", sagte Karl-August Siepelmeyer. Pessimistischer blickt er auf das kommende Jahr. Es sei zweifelhaft, ob Einbußen durch das Auslaufen der Konjunkturpakete sowie Reduzierungen beim Gebäudesanierungsprogramm und der Städtebauförderung durch private Investitionen kompensiert würden. Dennoch gebe es positive Ansätze wie den anhaltenden Trend zur Energieeinsparung, zeigte Siepelmeyer im Vortrag "Die Wirtschaftsmacht von nebenan - Markt machen in sich wandelnden Märkten" auf. Unterstützung erhoffe er sich durch die Innovationskraft der Industrie und ein breites Angebot beim Großhandel.

In diesem Jahr profitiert das Maler- und Lackiererhandwerk laut Siepelmeyer noch von den Konjunkturpaketen. Zur positiven Entwicklung der Branche trage zudem der Steuerbonus auf Handwerkerleistungen bei. Diese Steuerersparnis sei für viele Kunden ein Anreiz, Malerarbeiten nicht von Schwarzarbeitern durchführen zu lassen. "Von der weiteren Entwicklung der öffentlichen Haushalte wird es sicherlich abhängig sein, ob diese Förderung dem Rotstift zum Opfer fällt", meinte der Verbands-Präsident. Er verwies darauf, dass staatliche Maßnahmen zu einer stabilen Beschäftigungslage und einem Abflauen der Insolvenzzahl beigetragen hätten.

Als viel versprechend wertet Siepelmeyer den Trend zur Energieeinsparung, der durch politische Zielvorgaben in den kommenden Jahren noch verstärkt werde. Das Energiekonzept der Bundesregierung sieht unter anderem vor, den Wärmebedarf des Gebäudebestands bis 2020 um 20 % zu reduzieren, bis 2050 um 80 %, die energetische Sanierungsrate bei Gebäuden jährlich von etwa 1 auf 2 % zu steigern und verspricht auch neue steuerliche Förderungsmöglichkeiten. Dies habe allerdings dem SHK-Handwerk (Sanitär, Heizung, Klima) bisher größere Zuwachsraten beschert als den Malern. "Das macht deutlich, dass wir als Branche in der Kette Industrie-Handel-Handwerk Versäumnisse haben, wenn es darum geht, die Wärmedämmung als energetische Fassadentechnik beim Kunden zu positionieren", meinte der Präsident nicht ohne Selbstkritik.

Ein weiteres Problem sieht Siepelmeyer in den technischen Herausforderungen, vor die seine Branche im Rahmen der energiepolitischen Ziele gestellt werde. "In vielen Bereichen wird der alleinige Fassadenanstrich nicht mehr ausreichen. Die energetische Sanierung wird dringend sein", mutmaßt er und fordert die Industrie auf, neue Produkte auf den Markt zu bringen. "Wir werden schwerlich dem Kunden vermitteln können, dass Dämmstoffdicken von 30 cm und mehr künftig notwendig sind, um eine Fassade zu dämmen." Hier sei auch ein Ende der saisonalen Abhängigkeiten nötig hin zu neuen Aufgabenfeldern im Innenraum und neuartigen Produkten, die auch außen witterungsunabhängig verarbeitet werden könnten, betonte Siepelmeyer in Richtung Industrie.

Mit Sorgen betrachtet er, dass sich Verbandsmitglieder wieder aus dem wachsenden Marktsegment WDVS verabschiedeten, wenngleich dieses Feld nur ein Arbeitsgebiet eines Teils der zum Verband gehörenden Betriebe darstelle. Sie seien nicht bereit, nur mit Subunternehmern oder Leihkräften zusammenzuarbeiten. "Auf der anderen Seite zwingt uns der Preisdruck am Markt, diese für uns unüblichen Wege zu gehen." Nichts desto trotz sei das Energiekonzept der Bundesregierung zur CO2-Reduzierung in Gebäuden, das WDVS stärke, eine Chance für Maler. Allerdings müssten finanzielle Anreize geschaffen statt gestrichen werden. Zudem fordert Siepelmeyer in Bezug auf die Energieeinsparverordnung Verlässlichkeit von der Regierung, um Vertrauen bei den Investoren aufzubauen.

Insgesamt sei das Tätigkeitsspektrum der Maler breit angelegt und einem immer schnelleren Wandel unterlegen. Darauf müssen nach Ansicht Siepelmeyers die Großhändler mit einem umfangreichen Produktsortiment und entsprechender Bevorratung reagieren. "Wobei ich hier nicht die sechs unterschiedlichen Produkte einer waschbeständigen Dispersionsfarbe unter 2,20 EUR meine", merkte er an und machte auf die Wirtschaftsmacht der Branche aufmerksam. Die Handwerksrolle zählt derzeit mehr als 42.300 Maler- und Lackiererbetriebe, davon agieren 38.000 Malerbetriebe am Markt.

"Als besonders personalintensives Handwerk erwartet uns ein erheblicher Wandel auf dem Arbeitsmarkt, den Sie letztlich auch in den Absatzzahlen spüren werden, wenn es uns nicht gelingt, diese Herausforderung zu meistern", hob Siepelmeyer gegenüber den Großhändlern und Industrievertretern hervor. Der demografische Wandel der Gesellschaft habe zur Folge, dass die Zahl junger erwerbstätiger Menschen sinke und Fachkräfte fehlten. Hier helfe die Imagekampagne des Deutschen Handwerks, die aufzeige, welche Perspektiven die Branche biete. "Wir werden künftig bei der Fachkräftesicherung noch stärker im Wettbewerb zu anderen Berufen stehen. Der Druck zu höheren Löhnen wachse, was die Situation nicht leichter mache. Derzeit sei aber noch ausreichend Personal vorhanden.

Große Anstrengungen kommen auf die Maler und Lackierer nach Ansicht Siepelmeyers mit der ab Mai 2011 geltenden Freizügigkeit für die osteuropäischen EU-Länder zu. Zum Vergleich: In Polen verdient ein Maler derzeit 3,41 EUR/h, in (West-)Deutschland ein Malergeselle nach Tarif 13,68 EUR. Hier habe der Verband als Berufsgemeinschaft die Aufgabe, sich für faire Wettbewerbsbedingungen einzusetzen. "Wir haben bisher mit der Festschreibung von Mindestlöhnen gute Erfahrungen gemacht", meinte der Verbandspräsident. Damit sollten aber nicht Märkte abgeschottet, sondern den unterschiedlichen Einkommens- und Lebensstandards in Europa Rechnung getragen werden. "Wir müssen uns dem Markt stellen, auf dem leider die Wertigkeit einer mit den Händen erbrachten Leistung nicht die Anerkennung erhält, die ihr gebührt." Er befürchtet, dass sich Preiskampf und Wettbewerbsdruck erhöhen. "Das wird sich auch auf die Betriebsstrukturen auswirken.'

In diesem Zusammenhang ging Siepelmeyer auch kurz auf allgemeine Mindestlöhne ein. "Wer sie will, muss sich auch dafür einsetzen, dass deren Einhaltung geprüft wird", forderte er. Dazu sei ein Bündnis gegen Schwarzarbeit im Maler- und Lackiererhandwerk geschmiedet worden, das in Kürze vorgestellt werde. "Wir wollen damit auch deutlich machen, dass wir keine Lohndumping-Branche sind", machte Siepelmeyer deutlich.

Abschließend stellte der Verbandspräsident einen Film vor, der im Rahmen der Image-Kampagne des Deutschen Handwerks entstand ist und die ganze Bandbreite der Tätigkeiten vorstellt. Er macht auf humorige Weise deutlich, wie groß die Einbußen an Lebensqualität wären, wenn es kein Handwerk gäbe. Der Applaus bewies: Diese Kampagne ist gelungen.


Dass Jörg L. Jordan, geschäftsführender Gesellschafter des gleichnamigen Großhandelshauses, die "Erfolgfaktoren für den Großhandel' optimal umsetzt, ist an der rasanten Entwicklung und stabilen Expansion seines Unternehmens abzulesen. Dass er sie nicht dem interessierten Wettbewerb - und auch nicht seinen Lieferanten - bis ins Detail offenbaren will, weder unverständlich noch ehrenrührig.

Insofern machte er von Anfang keine Hehl daraus, dass er bei seinem Vortrag nicht aus dem Nähkästchen plaudern, sondern dass Thema eher allgemein betrachten würde.

Die Industrie erfuhr zumindest, dass der Preis bei der Kaufentscheidung eines Großhändlers nicht die Hauptrolle spielt - und kann das dann bei den nächsten Listungsgesprächen prüfen

Für die Mitbewerber war hingegen das Ergebnis einer Kundenbefragung aufschlussreich, bei der Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit als mit Abstand wichtigste Kriterien genannt wurden - vor der Produktqualität und der Servicequalität. Der Preis liegt weit dahinter.

Branchendaten Maler-Lackiererhandwerk 2009


- 28 Mio. qm Hausfassade gedämmt
- 67 Mio. qm Wände tapeziert
- 144 Mio. qm Bodenbeläge verlegt
- Mit 300 Mio. l Farben/Lacken gestaltet

Betriebe: 42.376 (+ 0,2%) davon ca.
- 20.000 Alleinmeister
- 3.500 Fahrzeuglackierer

Beschäftigte: ca. 196.000 cavon
- 36.592 Auszubildende
- 17.000 Zeitarbeitskräfte

Umsatz: 11,4 Mrd. EUR

Entwicklung 2010
Umsatz 2. Quartal: + 3,1 %
Beschäftigte 2. Quartal: + 2,3 %
aus BTH Heimtex 11/10 (Wirtschaft)