Fußbodentechnik auf Domotex und BAU

Verlegewerkstoff- und Profilersteller profitieren vom Boom bei Designbelägen

Einen Messemarathon wie in diesem Jahr erlebt die Bodenbranche nur alle sechs Jahre: In der zweiten Januar-Hälfte die Domotex in Hannover und damit überschneidend die BAU in München, und kaum vier Wochen später die Euroshop in Düsseldorf. Immer mehr Aussteller entscheiden sich für eine Messe, die Zahl der Doppelaussteller sinkt deutlich. Bei den Neuheiten ging es vielfach um die erfolgreichen Designbeläge. Im Geschäftsfeld Fußbodentechnik wurden passend dazu Verlegewerkstoffe und Profile vorgestellt. Aber auch die "Verlegung im Stehen" bleibt ein Thema. Auffällig war eine deutlich entspanntere Stimmung in der Branche, nachdem das Jahr 2010 bei vielen Ausstellern besser verlief als anfangs befürchtet.

Auf den Leitmessen Domotex und BAU konnte man dem Thema Nachhaltigkeit kaum entgehen. Jeder postuliert es, jeder schmückt sich mit einem ökologischen Gewissen. Aber mancher scheint mit "Green Washing" nur auf einer Trendwelle mitreiten zu wollen, während andere verstanden haben, dass die Zukunft der Branche darin liegt. So manch einer benutzt das Schlagwort immer noch im Sinne von dauerhaft. Wer allerdings glaubt, sich mit vagen Ankündigungen und lauwarmen Zusicherungen begnügen zu können, der verkennt die Lage. "Es ist falsch, den Endverbraucher für blöd zu halten, indem man etwas verspricht, was erst in einigen Jahren sein wird", warnte Vorwerk-Geschäftsführer Johannes Schulte in diesem Zusammenhang.

Verlegewerkstoffe: Designbelagskleber, Gütesiegel und Lösemittelverzicht

Wo gab es echte Neuheiten? Einige Hersteller präsentieren weitere speziell auf PVC-Designbeläge abgestellte Kleber, da die Absatzmengen dieser Bodenbelagsart weiter wachsen. Manche setzen dabei auf das Thema stehende Verlegung mit Rollklebern oder -fixierungen, andere favorisieren die Verklebung mit konventionell aufgezahnten Klebern. Das Thema ergonomisches Arbeiten, also die Verlegung im Stehen, ist nach wie vor in aller Munde: Nach dem Optispread von Bona im vergangenen Jahr setzt jetzt Schönox mit dem Akku betriebenen I-Line auf das aufrechte Arbeiten.

Auf dem Domotex-Messestand "Aktion Sicheres Handwerk" des Sachverständigen Richard Kille zeigten Verleger eindrucksvoll, das selbst eine Linoleumverlegung im Stehen möglich ist. Allein die Macht der Gewohnheit könnte dafür sorgen, dass es bis zur tatsächlichen Umsetzung noch ein weiter Weg ist.

Ein dominantes Thema bleibt die Zertifizierung der Verlegewerkstoffe mit den Gütesiegeln EC 1 Plus und Blauer Engel, wobei beide Siegel in der Regel einen kleinen Premiumbereich der Hersteller abbilden. Auch bei den Parkettklebern kommen die Sortimente in Bewegung: Die Entwicklung bei den silan-modifizierten (SMP)-Klebern setzt sich weiter fort. Bis auf zwei bekennen sich mittlerweile alle bekannten Verlegewerkstoffhersteller zu einem Lösemittelverzicht und setzen deshalb auf die neue Parkettkleber-Generation. Zu dem Lösemittelverzicht passt auch eine echte Innovation von Uzin: Der erste lösemittelfreie Neoprenekleber für die Verklebung auf Treppen und von Sockelleisten. Das Thema wird FussbodenTechnik demnächst ausführlich behandeln.

Genau wie in den vergangenen Jahren bleibt auch die Schnelligkeit auf der Baustelle ein großes Thema. Die Verlegewerkstoffe erhalten immer weniger Zeit zur Trocknung zugestanden und darauf reagiert die Industrie mit weiteren "Turbo-Produkten".

Leisten und Profile folgen Bodenbelägen

Die Hersteller von Leisten und Profilen folgen in diesem Jahr wieder den Entwicklungen, die die Belagsindustrie ihnen vorgibt. Da auch die Zubehöranbieter von dem Boom der PVC-Designbeläge profitieren wollen, kommen einige Neuheiten aus diesem Bereich. Passend zu besonders dickem Parkett und Dielen wurden außerdem Profile für besonders große Belagsdicken vorgestellt.

Auffällig ist auch, dass einige ehemals reine Bodenprofilhersteller ihr Sortiment um Trittschallschutz und Bodenunterlagen erweitert haben - eine Diversifizierung, die sinnvoll erscheint. Das Ausweiten der Sortimente ist im Geschäftsfeld Fußbodentechnik besonders auffällig: Warum soll ein Kunde ergänzende Produkte nicht auch gleich bei seinem Hauptlieferanten beziehen? So bieten Verlegewerkstoffhersteller jetzt auch Fließestrich und farbige Estiche, Profilhersteller Trittschallschutz und Parkettsiegelhersteller die passenden Klebstoffe. Gleich zwei Mörtelhersteller runden ihr Portfolio neuerdings mit Spachtel- oder Ausgleichsmassen ab.

Werkzeuge und Maschinen - Kampf gegen Altbeläge und -kleber

Wie schon im vergangenen Jahr haben einige Verarbeiter bei der Bodenbelagsentfernung große Probleme, wenn z.B. elastische Parkettklebstoffe ausgebaut werden müssen. Die Klebstoffe haben sich in den vergangenen Jahren in puncto Klebekraft immer weiter verbessert - das wird beim Ausbau zum Nachteil. Albträume bekommen Verleger auch, wenn Norament mit Polyurethan verklebt wird oder sich beim Entfernen von Teppichböden mit Vliesrücken dieser abspaltet und am Boden kleben bleibt.

Die Anbieter von Strippern und Co. haben zügig Maschinen entwickelt, die die unangenehme Abbrucharbeit erleichtern. Ob nun "Panzer" im Miniatur-Format oder Meißelstripper: "Die Zeit war mehr als reif für neue Lösungen", betont Jürgen Büssow von Witte. Für jeden Bodenleger, der schon einmal zentimeterweise einen Altbelag aus dem Objekt "gekratzt" hat, werden die neuen Maschinen ein Segen sein.

Spannungsverhältnis Domotex und BAU - Fronten verhärtet

Wir werden nicht müde, alle zwei Jahre die sich verschärfende Konkurrenz zwischen den Wettbewerbs-Messen Domotex in Hannover und Bau in München anzuprangern, die auf dem Rücken der Aussteller ausgetragen wird. Und der Graben wird tiefer zwischen Domotex-Fürsprechern und BAU-Sympathisanten.

Verlierer ist, da kann man nicht herumreden, die Domotex. Gar nicht mal die Messe insgesamt, denn der Bereich der abgepassten Teppiche scheint zu boomen. Dr. Ali Ipektchi, Präsident des einschlägigen Importeur-Verbandes, sprach von Rekordumsätzen in diesem Jahr und einem Plus von 25 % beim Auslandsbesuch. Auch die stark exportorientierten Anbieter bei klassischen Bodenbelägen erlebten eine gute Messe mit durchaus orderfreudigen Einkäufern - Zeichen dafür, dass sich die Auslandsmärkte allmählich aus der Schockstarre der globalen Wirtschaftskrise befreien. Der aufmerksame Blick auf die ethnische Vielfalt des Messepublikums zeigte, wo in den nächsten Jahren Geschäft zu machen ist: Indien, China und Brasilien.

Insofern braucht sich die Deutsche Messe keine Gedanken darum zu machen, dass die Domotex generell in ihrer Existenz gefährdet ist. Das ist sie keinesfalls. Und die immer wieder zu hörende Forderung nach einem Zwei-Jahres-Rhythmus der Veranstaltung blendet aus, dass Deutschland nicht der Nabel der Bodenbelagswelt ist, gleichwohl ein wichtiger Markt. Wobei die Domotex für den deutschen Markt bzw. deutsche Anbieter tatsächlich an Bedeutung eingebüßt hat. Und es ist auch kaum wahrscheinlich, dass sie ihren früheren Stellenwert wieder erlangt. Dazu haben sich die Marktstrukturen auf Industrie- und Kundenseite zu sehr verändert, teilweise auch die Prioritäten der Anbieter.

Inzwischen ist klar: Wer Objekt-Kontakte will, muss nach München. Trotz aller Anstrengungen ist es der Domotex nicht gelungen, in diesem relevanten Segment Kompetenz aufzubauen. Offenbar kann nichts die Architekten, die zum Contractworld Congress oder Contractworld Award in Halle 4 anreisen, dazu bewegen, sich mit den Produkten auseinanderzusetzen, die auf den umliegenden Ständen präsentiert werden - geschweige denn, sich in eine andere Messehalle zu begeben. Die Ignoranz, fast Arroganz, mit der Architekten hier der Bodenbelagsbranche begegnen, macht schon manchmal wütend. Und nicht wenige Anbieter ziehen ihre Konsequenzen daraus und orientieren sich verstärkt Richtung Süden, wo der Besucheranteil von Architekten, Planern, GUs und anderen Objektentscheidern höher ist. Bei elastischen Belägen war diese Tendenz schon vor zwei Jahren erkennbar, nun ziehen auch vermehrt textile Beläge nach. Das heißt nicht unbedingt, dass sie der Domotex komplett den Rücken kehren, doch werden die Unternehmen vermehrt alternierend in Hannover und München ausstellen und auf die teure Doppel-Präsenz verzichten.

Domotex plant 2012 Themenschwerpunkte

Erschwerend hinzu kommt, dass die Verantwortlichen in Hannover nicht immer glücklich agieren. Mal sparen sie an der falschen Stelle, mal setzen sie die Akzente unsensibel; so sollen ab 2012 auf der Domotex jährlich wechselnde Themenschwerpunkte besonders hervorgehoben und ausgewählte Produktgruppen in den Mittelpunkt gerückt werden. Prinzipiell ist das eine gute Idee. Doch umarmt die Messeleitung im nächsten Jahr Parkett, Laminat und andere Holzböden mit dem "Woodflooring Summit" und düpiert damit textile und elastische Beläge.
aus FussbodenTechnik 02/11 (Wirtschaft)