Interview des Monats: Jürgen Roggemann, Holzimport Enno Roggemann
Holzimport Enno Roggemann übernimmt Engelhard Holz in München
Der Bremer Holzhändler Enno Roggemann gehörte schon vor der Übernahme von Engelhard mit weiteren sieben Standorten zu den großen deutschen Holzhändlern. Mit Ausnahme der Niederlassung im fränkischen Georgensgmünd konzentrierte sich das Unternehmen eher auf die nördlichen Bundesländer. Mit der Übernahme von Egelhard drängen die Bremer nunmehr mit den Standorten in München und Bad Reichenhall auch nach Ober- und Niederbayern. Der geschäftsführende Gesellschafter Jürgen Roggemann nimmt im Interview mit ParkettMagazin Stellung zu den Gründen, die zu dieser Übernahme führten, zur weiteren Strategie und zur Lage im Holzhandel.
ParkettMagazin: Zunächst einmal gratulieren wir Ihnen zu der erfolgreichen Firmenübernahme.
Jürgen Roggemann: Die Übernahme der Engelhard-Aktivitäten hat sich aus einer guten Kollegialität im Holzring entwickelt. Frau Engelhard-Neu konnte so die langfristige Zukunft des Unternehmens sichern und wir möchten lokal den Engelhard-Markt so weiter bedienen, wie wir in Westfalen mit Sperrholz Koch und in Hamburg/Schleswig Holstein mit Frank & Timmann erfolgreich agieren. Unsere Aktivitäten sind lokal auf die Mentalität der jeweiligen Region ausgerichtet.
PM: Sind Sie jetzt Deutschlands größter Holzhändler oder waren Sie es auch schon vor der Übernahme?
Roggemann: Wir zählen gewiss zu den größeren Holzhändlern in Deutschland, aber Größe ist nicht unser Unternehmensziel, sondern der langfristige Erfolg. Die Grundbedingung dafür ist das Vertrauen unserer Kunden, Lieferanten und nicht zuletzt unserer Mitarbeiter.
PM: Konzentrations- oder Konsolidierungsprozesse gibt es nicht nur in der Industrie, sondern auch im Handel. Treibt Sie in erster Linie der Wunsch nach Wachstum oder zwingen die Großvertriebsformen des Einzelhandels Ihr Unternehmen zur Flächenexpansion?
Roggemann: Motivation zum Engagement bei Engelhard war nicht der Wunsch nach Wachstum, die Übernahme von Engelhard hat sich aus der partnerschaftlichen Verbindung ergeben. Die Großvertriebsformen des Einzelhandels agieren nach anderen Gegebenheiten als ein klassischer Holzgroßhandel mit dem Handwerk als Kunden.
PM: Hessen, Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg sind noch weiße Flecken auf der Landkarte Ihrer Standorte. Liefern Sie trotzdem in diese Regionen und streben Sie mittelfristig die Errichtung oder Übernahme zusätzlicher Standorte im Südwesten der Republik an?
Roggemann: Unser Grundsatz ist nicht Wachstum um jeden Preis und auch nicht die zielgerichtete Übernahme, sondern die Partnerschaft mit Kunden und auch Kollegen. Sie möchten wir pflegen und weiterentwickeln. Ersetzen Sie einfach das Wort Wachstum durch Entwicklung.
Wenn Sie die erfolgreichen Unternehmen betrachten, glänzen sie nicht nur durch Wachstum, sondern auch durch eine solide Entwicklung. Eine solide Entwicklung beinhaltet in manchen Jahren auch moderate Umsatzrückgänge bei guten Erträgen.
PM: Ist es nicht eigentlich der Sinn einer Einkaufskooperation, dass sich regional operierende Händler, die nur in Grenzbereichen miteinander konkurrieren, zusammen schließen, um Synergie-Effekte zu generieren?
Roggemann: Inzwischen arbeiten in Einkaufskooperationen auch Handelsunternehmen zusammen, die das gleiche Absatzgebiet bearbeiten. Denn eine Einkaufskooperation besteht nicht nur aus Einkaufsverhandlungen, sondern ist umfassender zu sehen. Erst dann ist sie wirklich erfolgreich.
PM: Wir gehen davon aus, dass Sie in den Vertriebssegmenten Industrie, Einzelhandel und Handwerk tätig sind. Wie gewichten Sie diese Kundengruppen und ergab sich im Laufe der letzten Jahre eine Verschiebung?
Roggemann: Hier muss ich darauf hinweisen, dass wir keinen Einzelhandel betreiben, sondern nur an gewerbliche Abnehmer, Handwerk, Industrie und Handel liefern. Dabei sind Handwerksbetriebe in ihrer unterschiedlichen Ausrichtung neben dem Handel die wichtigste Kundengruppe. Die Logistikfunktion des Großhandels wird immer wichtiger. Dadurch gewinnen wir und übrigens auch unsere Kollegen zusätzliche Kundengruppen.
PM: Erwarten Sie für die Zukunft grundlegende Änderungen hinsichtlich der Bedeutung der verschiedenen Kundengruppen?
Roggemann: Das Handwerk in seiner Vielfalt bleibt gewiss unsere Hauptkundengruppe. Dabei wird sich die Struktur des Handwerks - wie auch schon in der Vergangenheit - laufend verändern. Bestehende Kunden wachsen, andere Kunden reduzieren ihre Beschäftigtenzahl und zusätzlich kommen neue Handwerkerkunden - Stichwort "Werkstattlose Handwerker und Verlegebetriebe" - hinzu.
PM: Ist für Ihr Unternehmen die Importquote im Vergleich zum Durchschnitt aller Holzhändler wesentlich höher? Hinsichtlich des im März 2013 vollständig in Kraft tretende EU-Holzhandelsgesetz sind Sie verpflichtet, Legalitätsnachweise des importierten Holzes aus Drittländern vorzulegen. Gelingt Ihnen dies schon heute?
Roggemann: Bei dieser Frage liegt der Teufel im Detail und man muss zunächst die deutsche Durchführungsverordnung abwarten. Wir beachten den Verhaltenskodex des GD Holz und können FSC und PEFC zertifizierte Ware anbieten und liefern. Unsere Kooperation beschäftigt sich auch mit dem Thema.
PM: Glauben Sie, dass dieses Gesetz zu reduzierten Importen aus Übersee führen wird?
Roggemann: Importe werden sich verändern und immer, wenn auch vielleicht in veränderter Form, eine wichtige Rolle für die Holzwirtschaft spielen.
PM: Unsere Leser interessiert in erster Linie die Produktgruppe der Holzfußböden. Worin sehen Sie die Ursache für die aus unserer Sicht abgeschwächten Nachfrage nach Parkett?
Roggemann: In den letzten Jahren ist der Fußbodenmarkt so stark gewachsen, dass man einen leichten Umsatzrückgang auch nicht überbewerten sollte. Das hat es immer gegeben, dass sich ein Geschäft nicht linear, sondern wellenförmig entwickelt.
PM: Was müsste geschehen, um die Nachfrage zu beleben?
Roggemann: Dazu gibt es sehr viel zu sagen und das würde vielleicht über das Interview hinaus gehen. Gewiss ist gute Information der Verbraucher neben einer guten Werbung wichtig, um einen Markt weiter zu entwickeln. In unserer Gruppe errichten wir derzeit das sechste Ausstellungshaus, das ausschließlich zur Unterstützung der Handwerker bei ihren Kunden eingerichtet und betrieben wird.
PM: Wie sehen Sie die Wettbewerbssituation bei Parkett und Laminatböden deutscher Hersteller, die sowohl Ihr Haus als auch teilweise Ihre Kunden direkt bedienen? Bevorzugen Sie aus diesem Grund Importe?
Roggemann: Unsere Lieferanten sind überwiegend inländische Hersteller und Markenproduzenten, mit denen wir nicht wirklich bei unseren Kunden im Wettbewerb stehen. Einige Hersteller nutzen die Lager- und Logistikkapazitäten des Großhandels. Wir bevorzugen also keine Importe, weil unsere Lieferanten uns auch nicht dazu veranlassen.
Enno Roggemann in Kürze
Holzimport Enno Roggemann GmbH & Co. KGAhrensstraße 4, 28197 Bremen
Tel.: 0421 51850
Internet: www.roggemann.de
Geschäftsführer: Jürgen Roggemann, Max Roggemann
Mitarbeiteranzahl: ca. 460
Jahresumsatz 2010: ca. 185 Mio.
Standorte: 10 - Bremen (Stammsitz), Ellerbek, Lüneburg, Coesfeld, Harsum, Niemberg, Berlin, Georgensgmünd, München, Bad Reichenhall
Sortiment: Fensterholz, Treppenholz, Gartenholz, Holzbausortimente, Dämmstoffe, Hobelware, Holzwerkstoffe, Sperrholz, Furniere, , Mineralwerkstoffe, Leimholz, Arbeitsplatten, Türen und Bauelemente.
Fußbodensortimente: Massivdielen (Lärche, Fichte, Tanne, Eiche), roh belassen, geschliffen, Nut und Feder, z.T gefast; Mehrschichtparkett (zwei- und dreischichtig, Schiffsböden, Einstab-Dielen) Laminatböden (u.a. von Hamberger, Parador und Gründorf)
Zielgruppe: Handwerk, Handel und Industrie - ohne Einzelhandel.
Eigenmarken: Floorentino-Fußbodensortimente, Das Ausstellungshaus, Plus-Partner-Konzept, ROG-gardenline (incl. div. "ROG-Sortimente"), Strandyboard, div. Großhandelssortimente.
Einkaufskooperation: Holzring
Verbandszugehörigkeit: GD Holz
aus
Parkett Magazin 02/11
(Wirtschaft)