Välinge forciert neuen Belagstyp
Verdrängt Wood Fibre Floor den Laminatboden?
Mit Aussagen wie "Wood Fibre Floors werden in zehn Jahren den Laminatboden verdrängen" lässt Välinge-CEO Darko Pervan aufhorchen. Konsequent haben die Schweden die Entwicklung des neuen, pulverbasierten Belagestyps vorangetrieben, mit Tarkett, Kronotex und den Meisterwerken gibt es namhafte Lizenznehmer. Müssen sich die Hersteller von Laminatböden nun warm anziehen oder ist das alles nur viel Lärm um nichts?Es sind starke Worte, die aus der Unternehmenszentrale von Välinge an die Bodenbelagswelt gerichtet werden: "Unsere Wood-Fibre Produkte werden den Laminatboden verdrängen" und "In fünf bis zehn Jahren werden weltweit mindestens 1 Mrd. m
2 Holzfaserböden in der Pulvertechnologie abgesetzt". Diese Sätze stammen vom Chef höchst persönlich, Darko Pervan. Und der könnte es wissen, lag er doch schon einmal richtig: Mit den Patenten für Klick-Systeme zur leimfreien Verlegung verdient sein Unternehmen Millionen.
Aber der Reihe nach. Auf der Domotex 2009 stellte Välinge seinen Wood Fibre Floor (WFF) erstmals einer breiten Öffentlichkeit vor. Dessen Nutzschicht besteht aus Holzfasern, Korund, Pigmenten und Bindern. Diese Bestandteile werden vermischt und anschließend ähnlich dem DPL-Verfahren auf einem Träger verpresst.
Waren es anfangs lediglich Stein- und Keramiknachbildungen, ist man inzwischen schon weiter und hat heute auch Holz- oder Fantasiedekore im Angebot. Das Pulver ermöglicht Strukturen bis zu 0,7 mm Tiefe. Farben und Schattierungen werden durch Pigmente erzeugt. Und ein Roboterarm sorgt während des Mischvorgangs dafür, dass zufällige Muster entstehen und Wiederholungen so gut wie ausgeschlossen sind. Selbst Digitaldruck in das lose Mehl noch vor der Verpressung ist möglich.
Bei Välinge verweist man zudem darauf, dass WFF- gegenüber Laminatböden bessere Trittschalleigenschaften und höhere Abriebwiderstände vorweisen können. Auch bei der Resistenz gegen Feuchtigkeit schneide der Wood Fibre Floor besser ab. Und umweltverträglich sei er ebenfalls, denn schließlich besteht das Holzmehl aus zermahlenen HDF-Platten, zukünftig vielleicht sogar aus recycelten Laminatböden.
Für potenzielle Lizenznehmer interessant: Die neue Technologie garantiere eine hohe Flexibilität in der industriellen Fertigung und erfordere nur geringe Investitionskosten, weil im Wesentlichen die gleichen Maschinen wie bei der Laminatboden-Herstellung zum Einsatz kommen. Auch keramischen und elastischen Bodenbelägen, ja selbst Parkett will Pervan Marktanteile abnehmen.
60 Mio. EUR sind bis heute in die Entwicklung des neuen Belags geflossen, nennenswerte Einnahmen bislang allerdings noch nicht zu verzeichnen. Allerdings haben mit Tarkett, Kronotex und den Meisterwerken inzwischen drei namhafte Hersteller Lizenzverträge zur Nutzung der Pulvertechnologie abgeschlossen. Zur Not würde Välinge die Holzfaserböden auch selbst produzieren und dann die Bodenbelagsindustrie beliefern. Eine Anlage zu Demonstrationszwecken steht bereits.
Auf jeden Fall will Pervan aber die Herstellung des Pulvers und die Versorgung der Lizenznehmer inklusive aller notwendigen Additive im eigenen Haus behalten. Neben der Fabrik in Schweden wird über zusätzliche Kapazitäten in Zentraleuropa, Nordamerika und Asien nachgedacht.
Was bedeutet das nun für den Bodenbelagsmarkt im Allgemeinen und das Segment Laminatböden im Besonderen? Erst einmal abwarten, lautet die Devise. Wenn die Visionäre und Tüftler von Välinge so viel Geld in die Hand nehmen, muss an der neuen Technologie etwas dran sein. Ob sie sich aber am Markt durchsetzen wird, ist eine ganz andere Frage. So ist derzeit noch nicht klar, ob genug Hersteller mitziehen werden, um dem Produkt die nötige Breitenwirkung beim Verbraucher zu geben. Denn auch wenn teilweise vorhandene Maschinen für die WFF-Produktion genutzt werden können - ohne Investitionen wird es nicht gehen. Und ob die unter Druck stehende Branche ihre finanziellen Mittel ausgerechnet in völlig neue und bislang noch unkalkulierbare Sortimente steckt, ist zumindest fraglich. Der Branchenverband der europäischen Laminatbodenindustrie hat sich jedenfalls äußerst zurückhaltend geäußert. Die Zeit wird es zeigen.
Thomas Pfnorr
aus
BTH Heimtex 05/11
(Wirtschaft)