Domotex 2011, Hannover
Das Jahr des Maschinenwebteppichs?
Die Hersteller von Maschinenwebteppichen waren die großen Gewinner der Domotex 2011. Vor allem die günstigen Preise, die Lieferfähigkeit und kreative Neuentwicklungen sind die Pluspunkte der Teppichweber. Die aktuelle Preisentwicklung bei Rohstoffen geht allerdings auch an diesem Produktbereich nicht vorbei, bei handgefertigter Ware hingegen kommen noch stark gestiegene Lohnkosten und rückläufige Produktionskapazitäten hinzu. Das Angebot bei Knüpfteppichen war denn auch geringer als in den Vorjahren. Gefragt waren hier neben den kreativen modernen Teppichen vor allem feine Orientteppiche. Deutlich wurde auch, dass verkaufsfertige Konzepte und exzellenter Service immer wichtiger werden.
Dauerhaft gut besuchte Stände, stets ins Gespräch vertiefte Mitarbeiter, viele Geschäftsabschlüsse, eine fast greifbare Euphorie - auf den zahlreichen Ständen der Maschinenwebteppichhersteller herrschte zum Teil Goldgräberstimmung. Und zwar nicht nur bei den immer stärker werdenden Anbietern aus der Türkei, sondern auch bei einigen alteingesessenen Produzenten aus Belgien und Ägypten. Die große Nachfrage kommt nicht von ungefähr, wird doch die Qualität dieser Produktgruppe immer besser. Entwickler zeigten klassich gemusterte Maschinenwebteppiche mit einer Rückenkonstruktion, die es Laien fast unmöglich macht, sie von handgefertigter Ware zu unterscheiden. Selbst Knüpffehler, wie sie bei der Handarbeit schon mal entstehen, können absichtlich eingebaut werden. Zudem werden von den Webern niedrige und mittlere Preisklassen bedient, was bei handgefertigten Teppichen wegen der starken Lohnerhöhungen und der reduzierten Knüpfkapazität immer schwerer zu realisieren ist.
Das Thema Preisentwicklung spielt aber auch bei den Maschinenwebern eine Rolle, benötigte Rohmaterialien werden immer teurer. Beispiel: Kurz vor der Domotex gab es bei Polypropylen eine Preissteigerung von 15% bis 30% - die kurzfristig bei Gestaltung der Messepreisliste berücksichtigt werden musste. Der Kostenfaktor Lohn ist hier allerdings nur sekundär. Viele Maschinenweber haben ihre Preise im vergangenen Jahr nicht erhöht, sondern anderweitig an der Kostenschraube gedreht, zum Beispiel Prozesse verschlankt.
Bei handgefertigter Ware ist das nur bedingt möglich. Die schwierige Situation in Ursprungsländern wie Iran, Indien, Nepal und Pakistan war ein allerorten diskutiertes Thema. Höhere Löhne, in andere Branchen abwandernde Knüpfer und stark steigende Lebenshaltungskosten machen den Produzenten dort das Leben schwer. Folge: Die Mengen werden deutlich geringer, die Preise deutlich höher. Handgeknüpfte Teppiche werden so wieder eine Wertigkeit bekommen müssen, die ihm in den letzten Jahren etwas abhanden gekommen ist. Garantierte Preise für einen bestimmten Zeitraum dürften zumindest in den kommenden Jahren nur schwer zu realisieren sein. Trotzdem: "Höhere Preise werden sich nicht 1:1 im Handel durchsetzen lassen. Vielleicht müssen dort die Margen etwas reduziert werden, um zumindest auf gleichem Niveau zu verkaufen", so die Prognosen einiger Anbieter. Mondpreise mit hohen Rabatten, da ist man sicher, werden bald der Vergangenheit angehören.
Verschärft wird die Situation bei hochwertigen Knüpfteppichen noch durch einen eigentlich sehr positiven Aspekt: Die Nachfrage in dieser Warengruppe zieht zurzeit wieder an. Das trifft auf moderne Knüpfteppiche ebenso zu, wie auf klassisch gemusterte Teppiche. Wobei auf der Domotex klar sichtbar wurde, dass sich die Anbieter moderner Ware rasant weiterentwickeln. Besonders durch Anbieter wie Jan Kath, Rugstar oder Knots Rugs wurden immens viele Produkte mit hohem Designanspruch gezeigt. Auch andere Aussteller rund um die Sonderschau des Souk Deluxe in Halle 20 glänzten mit kreativen Neuentwicklungen.
Starker Nachfrage erfreuten sich die vollkommen naturbelassenen, ungefärbten Teppiche, wie sie unter anderem MB Manfred Barfuss und OCI anbieten; auf den Ständen dieser beiden Anbieter war dauerhaft großer Andrang. Helle Farbkombinationen in Creme, Beige und Hellgrau meliert waren hier die Renner.
Wichtig für den Messeerfolg war auch ein authentischer Auftritt: So hat sich MB Manfred Barfuss auf reine Naturprodukte spezialisiert und zieht diese Linie konsequent beim Shopsystem durch, in dem beispielsweise Shop und Präsenter aus Holz gefertigt sind. Das auch ein breites Sortiment vorbildlich präsentiert werden kann, zeigte OCI: "Unsere verkaufsfertigen Konzepte, den Endverbraucher ansprechende Produktpräsentationen für die Teppichabteilungen und unser sehr schneller Nachlieferservice haben viele Einkäufer überzeugt", berichtet Hendrik Janning.
Der auffälligste Messetrend im Teppichbereich kam in diesem Jahr aus dem Orientteppichbereich. Überfärbte, klassische Orientteppiche: Auf alt getrimmte Stücke, Patchworks aus Knüpfteppichen und Flachgeweben sowie die Kombination aus all diesen Spielarten waren der Renner. Fast alle Anbieter waren nach Messeschluss in diesem Bereich ausverkauft. Wie lange der Trend anhalten wird, zeigt die Zukunft. Sicher ist aber, dass Wohnpresse und Innenarchitekten ihren Gefallen daran gefunden haben.
Leider ist auch zu berichten, dass die Zahl der Anbieter aus dem klassichen Orientteppichbereich auch in diesem Jahr wieder zurückgegangen ist. Augenfällig wurde das vor allem in Halle 21. Hier gab es viel Leerstand. Trotzdem: Hochwertige Orientteppiche aus allen Ursprungsländern wurden gut verkauft. Seien es feine Nain, hochwertige Ziegler oder der Dauerbrenner Loribaft. Kommerzware wurden hingegen kaum nachgefragt.
Fröhliche Gesichter sah man bei den Anbietern von Handtuft- und Handwebteppichen. Zwar ist die Zahl der Aussteller recht überschaubar geworden. Wer in diesen Produktbereichen aber permanent weiterentwickelt wie zum Beispiel Arte Espina, Wecon / Esprit Home, Jambros, Paulig oder Tisca, durfte sich über ein gutes Geschäft freuen.
Unterm Strich zeigten sich viele Aussteller mit dem Geschäft auf der Messe, aber auch mit dem Nachmesseverlauf, sehr zufrieden. Dr. Ali R. Ipektchi, Vorsitzender der European Carpet-Importers Association (EUCA) brachte es auf der Abschlusspressekonferenz auf den Punkt: "Die Domotex war erneut eine Veranstaltung auf höchstem Niveau. Auch in diesem Jahr hat die Orderbereitschaft des Handels im Vergleich zum Vorjahr noch mal spürbar zugenommen. Besonders erfreulich ist, dass qualitativ hochwertige Ware verstärkt nachgefragt wird."
Souk Deluxe
Auch in diesem Jahr war die Sonderfläche Souk Deluxe in Halle 20 wieder ein Publikumsmagnet. Das Konzept der 250 m
2 großen Fläche kam vom Bochumer Designer Jan Kath. Angelehnt war der Aufbau an den Marrakesh Bazar des Tapis, auf dem die zum Verkauf stehenden Teppiche nebeneinander ausgelegt werden und sich so zu einem großen Patchwork-Teppich zusammenfügen. Ausgestellt wurden unter anderem klassische und moderne handgefertigte Teppiche verschiedener Aussteller.
aus
Carpet Magazin 02/11
(Wirtschaft)