Mattes & Ammann

Kontrolle ist besser

Meßstetten - 5.000 bis 10.000 Tonnen Textil produziert der schwäbische Textilhersteller Mattes & Ammann alljährlich. Textilien, die während des gesamten Herstellungsprozesses permanent geprüft werden, und damit ihre 100-prozentige und lückenlose Kontrolle garantieren. Und diese Garantie lässt sich das Unternehmen einiges kosten.

Tag und Nacht laufen die Maschinen, oft auch samstags und sonntags. Die Mitarbeiter leisten Schichtarbeit, in den Produktionshallen ein alltägliches Treiben - doch die wenigsten wissen: Auch im Labor herrscht kontinuierlich Hochbetrieb, denn die Textilien durchlaufen rund um die Uhr zahlreiche Prüfungen. "Die Qualität muss einfach stimmen. Wir überlassen daher nichts dem Zufall, sondern prüfen jede einzelne Rolle, entsprechend festgelegter Projekte, auf unterschiedliche Merkmale", berichtet Prokurist Werner Moser. Auf diese Weise entstand in den vergangenen Jahren unter der Leitung des stellvertretenden Qualitätssicherungs-Abteilungsleiters Michael Bermes ein perfekt ausgestattetes Labor. Der Laborleiter testet seitdem übers Jahr verteilt mit drei Mitarbeiterinnen die komplette Tonnage der vielen tausend Rollen aus der Produktion. Oder anders ausgedrückt: bis zu 55 Millionen Quadratmeter Ware. Hochleistungsprüfung.

Vertrauenssache

Ob Heimtexbereich, Automobil- oder Flugzeugindustrie: Die Anforderungen an die jeweils benötigten Stoffe sind hoch. Bestellt der Kunde ein besonders elastisches, scheuerbeständiges, atmungsaktives oder körperverträgliches Textil, bekommt er es auch. Aber: "Bei der Warenauslieferung ist im Grunde nicht zu erkennen, ob dem tatsächlich so ist. Der Kunde schenkt uns also sein Vertrauen!" Um das nicht zu enttäuschen, nimmt das Unternehmen regelmäßig viel Geld in die Hand, denn jedes Gerät und jede Prüfung kostet - dabei testen die Textilprofis zumeist freiwillig und prophylaktisch. Allein der Wert des in einem Jahr verprüften Materials für die Automobilbranche liegt bei knapp 160.000 Euro. Abfall im Gesamtwert eines gereiften Oberklasse-Fahrzeugs - und im Sinne der guten Sache. "Das alles tun wir, um zu ermitteln, ob unser Material den hohen Ansprüchen auch wirklich genügt", so Bermes. Spezifikationen finden so auch ihren dokumentierten Nachweis. Dafür steht dem 34-Jährigen mittlerweile ein exzellenter Prüfgerätepark zur Verfügung. Herzstücke des Labors bilden dabei die Dehnungszugprüfgeräte, mit denen eine definierte Elastizität nachgewiesen werden kann. Diese ist vor allem für Matratzenstoffe von Bedeutung, denn der Liegekomfort hängt stark mit der Dehnung zusammen. Vier dieser Maschinen sind seit Jahren im Dauereinsatz und jüngst (Ende 2010) erneuert worden. Bermes: "Die alten Geräte funktionierten technisch einwandfrei, erfüllten aber einfach nicht mehr unsere gestiegenen Erwartungen an die Prüfungen. Außerdem hätten wir auf Dauer Schwierigkeiten in der Ersatzteilversorgung fürchten müssen." Ein untragbares Risiko.

Es fehlt an nichts

Das Labor besteht bereits seit 1987, die rasante Entwicklung hin zu den heutigen Maßstäben nahm jedoch erst mit der ISO 9001-Zertifizierung 1994 ihren Lauf, denn es war zu beobachten, dass gute Qualität immer mehr zu einem wichtigen Verkaufsargument avancierte. "Als wir das erkannten, handelten wir entsprechend", erklärt Bermes, der 1999 als Mitarbeiter der QS ins Team einstieg und die Entwicklung grundlegend mitgetragen hat. Nach Aussagen eines des größten Automobilherstellers in Deutschland gibt es heute keinen Meterwarenhersteller, der ein besser ausgestattetes Labor besitzt. Passgenau zur Unternehmens-Philosophie, ausschließlich makellose Ware an den Kunden zu bringen, was sich auch in dem Öko-Tex 100-Zertifikat sowie der Zusammenarbeit mit der Fördergemeinschaft Körperverträglicher Textilien (FKT) zeigt. Aus diesem Grund stehen neben den Klassikern der Textilprüfungen - Pilling- und Martindaleprüfung - außerdem Avivage-Messungen auf dem Programm. Ein aufwendiges chemisches Verfahren mittels einer Soxhlet-Bank enttarnt dabei inhomogene Garne, die unter Umständen zu Hautreizungen führen können. Außerdem Teil der Labor-Ausstattung: jeweils eine Brenn- und Lichtkammer, ein Tera-Ohmmeter zur Messung des Oberflächenwiderstandes sowie Maschinen zur Effektiv-Titer-Bestimmung (Garndicke-Bestimmung), Belichtungsprüfgeräte und solche zur Prüfung der Steifigkeit als Hilfsparameter für die Nähindustrie. Selbstverständlich sind auch optische und USB-Mikroskope vorhanden, um Fehlerstellen schnell zu erkennen und speichern zu können.

Auf zwei Etagen verteilen sich die 300 Laborquadratmeter, in denen seit 2010 dank einer Klimaanlage nun auch durchweg ein perfektes Prüfklima herrscht: 20 Grad Celsius bei einer Luftfeuchtigkeit von 65 Prozent, ständig überwacht von externen Fühlern. Optimale Prüfvoraussetzungen. Eine Seltenheit.

Zukunftsprognose

"Einen maßgeblichen - und beinahe banalen - Parameter stellt auch das Gewicht einer Rolle dar. Deswegen wiegen wir diese, sobald sie eingetroffen sind. Respektive: Es wird vollautomatisch über das QS Programm KT überprüft", so Bermes. Stimmt das Gewicht nicht, ist davon auszugehen, dass auch eine Vielzahl weiterer Parameter nicht in Ordnung ist. 250 Positionen werden deswegen von jeder einzelnen Rolle gespeichert (life cycle), sind anhand der Stücknummer jederzeit abrufbar und garantieren eine lückenlose Rückverfolgung. Und das, obwohl Reklamationen selten sind. Oder gerade deshalb. Nur fünf Rückfragen gab es im vergangenen Jahr - bei ca. 55 Millionen erzeugten/gelieferten Quadratmetern. Verantwortlich für diesen Erfolg ist sicher auch die 1995 eingeführte Paretoanalyse: Jede Reklamation wird an Tafeln veranschaulicht, die am Ende des Jahres eine Übersicht bieten, ob Reklamationen zu- oder abgenommen haben. Das Ergebnis ist eindeutig: Waren - bezogen auf den Heimtextilienbereich - 1999 noch 2,52 Fehler pro Rolle zu beobachten, sank die Zahl im ersten Halbjahr 2010 auf 0,17 Fehler. Demnach ist der Qualitätsfaktor heute 15 Mal besser als 1999. Und das Labor findet auch diese wenigen Fehler. Damit verlässt nur einwandfreie Ware das Haus. Das ist der Sinn der Sache.

Zeit für eine Zukunftsprognose: "Der Erfolg gibt uns Recht, auch weiterhin in das Labor zu investieren und den hohen Qualitätsstandard beizubehalten", erzählt Michael Bermes. Zudem werde es weiterhin regelmäßige Mitarbeiterschulungen geben und auch für Nachwuchs sei gesorgt. "Qualität wird noch mehr an Bedeutung gewinnen. Europaweit. Dieser Anforderung stellen wir uns gerne."
aus Haustex 03/11 (Wirtschaft)