27. TKB-Fachtagung, Frankfurt/Main

"Wir nähern uns den Fragestellungen der Fußbodentechnik ganzheitlicher"

Für Sachverständige, Bodenbelags- und Verlegewerkstoffindustrie sowie wenige Verlegebetriebe ist und bleibt die TKB-Fachtagung eine jährliche Pflichtveranstaltung. Exakt 204 Teilnehmer konnte die Klebstoffindustrie in der Industrie- und Handelskammer in Frankfurt/Main begrüßen. Die Fachthemen reichten von der Sanierung von Altuntergründen, die Bewertung von Parkettklebstoffen bis zum Trocknungsverhalten von Estrichen. Erstmalig verzichtete man auf thematische Blöcke, um bei der Vortragszusammenstellung freier zu sein.

In der 27. Ausgabe hat die TKB-Fachtagung einen neuen Titel erhalten: Erstmals trug sie nicht mehr den Zusatz "Klebstoffe in der Fußbodentechnik", sondern nur noch "Fußbodentechnik". Tagungsleiter Dr. Frank Gahlmann erklärte: "Wir haben diesmal nur noch ein Klebstoffthema auf der Agenda und nähern uns den Fragestellungen der Fußbodentechnik ganzheitlicher." Der Untergrund sei eines der bestimmenden und technisch anspruchsvollsten Themen, ihm waren drei Vorträge gewidmet.

Die Unternehmen, die sich in der TKB engagieren, seien ja keine Klebstoffhersteller im engeren Sinne mehr, sondern Verlegewerkstoffhersteller, die sämtliche Systemkomponenten für die Fußbodentechnik entwickeln und vertreiben. Das habe sich alles ein bisschen geändert.

Nicht geändert hat sich leider die geringe Teilnahme des Handwerks an der TKB-Fachtagung. Wieder einmal lag ihr prozentualer Anteil bei 204 Teilnehmern unter zehn Prozent. Auch wenn die Veranstaltung nach wie vor ein beliebter und lohnenswerter Branchentreff ist, so erreicht man die Zielgruppe der Verarbeiter nur in sehr geringem Maße. Die Themenauswahl und die teilweise sehr wissenschaftliche Ausrichtung der Vorträge ist auch nicht dazu angetan, daran etwas zu ändern. Diese Meinung war im Anschluss an die Tagung von zahlreichen Teilnehmern zu hören. Einige erboste Besucher meinten gar, es wäre ehrlicher, das Handwerk beim nächsten Mal auszuladen. So weit muss man sicher nicht gehen, aber man sollte die Zielgruppe bei aller Vorliebe für wissenschaftliche Themen nicht aus den Augen verlieren.

Erfolgreich hat sich die TKB um neue Gesichter bei den Referenten bemüht: Von den acht Referenten waren fünf Gastreferenten, nur drei kamen aus der TKB. Es waren drei Referenten dabei, die noch nie in Frankfurt aufgetreten waren. FussbodenTechnik fasst einige der Fachvorträge zusammen:


Vortrag 1


Altuntergründe richtig renovieren: Mechanische Vorbereitung und neuer Aufbau

Referenten: Hartmut Urbath, Henkel; Frank Wehrmann, Uzin Utz

These: Wenn es Unsicherheiten bei der Renovierung von Altuntergründen gibt, sollte man eine anwendungstechnische Beratung der Bodenbelags-, Verlegewerkstoff- oder Werkzeughersteller einholen

Zusammenfassung:
Das Renovieren und Sanieren von Altuntergründen ist keine Sache für Anfänger. Gerade die Beurteilung der vorliegenden Baustellensituation, sowie die Bewertung und Planung der Arbeiten und des neuen Aufbaus erfordern Erfahrung und Sachkunde. Es ist keine Schande, die Unterstützung und Erfahrung der technischen Berater der Verlegewerkstoffhersteller zu nutzen, denn der Teufel steckt bekanntlich im Detail. Mit modernen Verlegewerkstoffen und dem dazugehörigen Know-how sind viele technisch sichere und wirtschaftlich interessante Problemlösungen in die Praxis umsetzbar.

Praxis-Tipps:
Die notwendigen Arbeiten immer bei einem Objektbesuch ermitteln
Die Bewertung und Bearbeitung von Altuntergründen erfordern Erfahrung und Sachkunde
Richtige mechanische Vorbereitung im System mit modernen Verlegewerkstoffen macht sichere und wirtschaftlich interessante Problemlösungen möglich
Zu leichtsinniges Vorgehen führt oft zu vermeidbaren Schäden bei der späteren Nutzung



Vortrag 2


Emicode - fit für die Zukunft

Referent: Jürgen Gehring, Bostik

These: Die Klasse Emicode EC 1 Plus kennzeichnet besonders emissionsarme Verlegewerkstoffe, die das derzeit technisch Machbare kennzeichnen.

Zusammenfassung:
Emicode ist die markenrechtlich geschützte Bezeichnung für ein Klassifizierungssystem, mit dem sich Verlegewerkstoffe, Klebstoffe und Bauprodukte nach ihrem Emissionsverhalten in die drei folgenden Klassen einstufen lassen: Emicode EC1Plus, Emicode EC1 und Emicode EC2 (oder Emicode EC1Plus R bis EC2 R = entspricht "reguliert"). Die Einstufung nach Emicode beruht auf analytisch ermittelten Messdaten und konkreten Einstufungskriterien, gemessen nach einer definierten Prüfmethode. Da der Begriff "emissionsarm" an sich weder genormt noch eindeutig definiert ist, bietet der Emicode eine verbindliche Basis für die Beurteilung und Auswahl von Verlegewerkstoffen, Klebstoffen und Bauprodukten.

Der Emicode verzeichnet steigende Mitgliederzahlen: 39 nationale Unternehmen und 61 international operierende Unternehmen sind dem Klassifizierungssystem beigetreten. Der Flyer "Fragen und Antworten" rund um das Thema Emissionen und die GEV ist überarbeitet worden und unter www.emicode.com erhältlich.


Vortrag 3


Bewertung von Parkettklebstoffarten aus Arbeitsschutzsicht

Referent: Dr. Reinhold Rühl, BG Bau

These: Die Verwendung von stark lösemittelhaltigen Vorstrichen und Klebstoffen für den Bodenbereich ist grundsätzlich nicht mehr notwendig - dies besagt auch offiziell die Aktualisierung der TRGS 610.

Zusammenfassung:
In den 90er Jahren ereigneten sich beim Einsatz stark lösemittelhaltiger Bodenbelagsklebstoffe regelmäßig Explosionen. Bei Bodenbelagsarbeiten sind diese Klebstoffe schon lange überflüssig, bei Parkettarbeiten gab es Rahmenbedingungen, bei denen Lösemittel-Kunstharz-Parkettklebstoffe von einigen Parkettlegern lange noch für notwendig gehalten wurden.

Auf der Suche nach einer Alternative untersuchte die BG Bau mögliche Belastungen von Parkettlegern durch Silan- (Giscode RS 10) und lösemittelfreie PU-Klebstoffe (Giscode RU0,5 und1) - die neue Generation der Parkettklebstoffe.. Da es bei Parkettlegearbeiten zu Hautkontakt mit dem Klebstoff kommen kann, wurden dabei nicht nur die Konzentrationen von Gefahrstoffen in der Luft betrachtet. "Schwarze Finger" ist ein geflügeltes Wort im Parkettlegerhandwerk. Deswegen wurden durch Biomonotoring mögliche Belastungen im Körper der Parkettleger ermittelt. Es wurden sowohl in der Luft als auch im Körper der Parkettleger keine bzw. nur sehr geringe Belastungen festgestellt.

Vertreter des Zentralverbandes Parkett und Fußbodentechnik, der Klebstoffindustrie, des Verbandes der Parkettindustrie sowie Arbeitsschützer konnten so 2010 die TRGS 610 aktualisieren. Auf Basis der erwähnten Untersuchungen kamen sie in der TRGS 610 zu folgendem Schluss: "Die Verwendung von stark lösemittelhaltigen Vortrichen und Klebstoffen für den Bodenbereich ist grundsätzlich nicht mehr notwendig." Denn mit D-, RS10, RU0,5- und RU1-Klebstoffen gibt es Alternativen, die die ganze Bandbreite des Parkettlegens abdecken.


Vortrag 4


Trocknungsverhalten von Estrichen

Referent: Prof. Dr. Reinhard Trettin, Universität Siegen

These: Man muss die Zusammensetzung einer Rezeptur kennen, um einen Estrich hinsichtlich seines Trocknungsverhaltens bewerten zu können.

Zusammenfassung:
In dem sehr anspruchsvollen Vortrag berichtete der Referent über das gemeinsame Projekt mit der TKB. Ziel ist es, ein besseres Verständnis des Trocknungsprozesses von Estrichen zu erlangen - insbesondere bei CEM II-Estrichen. Auf diese Weise soll der Zeitpunkt für eine Belegereife der Estriche in Kombination mit verschiedenen Bodenbelägen besser eingeschätzt werden können. Die Universität Siegen hat eine umfangreiche Versuchsreihe an Estrichen durchgeführt, die unterschiedlich lange vorgelagert wurden, bevor sie trocknen durften und dabei die Esrichfeuchte mittels CM-Messung, Darr-Messung und "Luftfeuchte im Beutel"-Messung bestimmt. Die Zementchemie ist sehr komplex und weist zahlreiche Einflussfaktoren auf. Aus diesem Grund ist es laut Prof. Trittin notwendig, die Rezeptur eines Estrichs zu kennen, um ihn hinsichtlich seines Trocknungsverhaltens bewerten zu können.


Vortrag 5


Verlegereife und Feuchte - Die Trocknung von Estrichen, Vorstellung von Messergebnissen der Uni Siegen

Referent: Dr. Thomas Brokamp, Bona

These: Stark wasserreduzierte Estriche sind komplett anders als konventionelle Estriche, da sie sehr trocken eingebaut werden und nach dem Einbau relativ schnell anfangen, Wasser aus der Umgebung zu ziehen.

Zusammenfassung:
Der Vortrag von Dr. Thomas Brokamp beschäftigte sich ebenfalls mit dem Forschungsauftrag der Universität Siegen. Aus den Messdaten der Estrichprismen wurden verschiedene Kennwerte ermittelt, mit denen eine modellmäßige Beschreibung der Trocknung bestimmter Estrichtypen möglich ist. Trotz der unterschiedlichen Chemie der CEM I- und CEM II-Zemente gibt es bezüglich der Belegreife keine Unterschiede. Stark wasserreduzierte Schnellestriche verhielten sich auffällig. Brokamps Empfehlung für stark wasserreduzierte Schnellestriche lautet, zusätzlich zur CM-Messung die Messung der korrespondierenden Luftfeuchte durchzuführen. Auf diese Weise soll man eine eindeutigere Aussage bezüglich des Feuchtepotentials eines Estrichs erhalten. Die letztjährige Aussage zur erforderlichen korrespondierenden Luftfeuchte wurde auf Nachfrage von Parkettlegermeister und ZVPF-Vorstand Peter Fendt modifiziert. Es ist ein Wert über 80% Luftfeuchte anzustreben.


Vortrag 6


Klebersysteme für Designbeläge - Unterschiedliche Systeme im Vergleich und Konsequenzen für den bodenverlegenden Handwerker

Referent: Frank Wittkowski, Uzin Utz

These: Handwerk und Industrie profitieren gleichermaßen, wenn offen über die Vorteile und Grenzen von Verklebemethoden für Designbeläge gesprochen wird

Zusammenfassung:
Der Referent stellte die Möglichkeiten zur Verklebung von Designbelägen mit Vorteilen und Grenzen vor: Ausführlich genannt wurden Trockenklebstoff, Rollklebstoff/Fixierung und Nassklebstoff.


Tipps für das bodenverlegende Handwerk:
Hinweise der Hersteller/Lieferanten beachten, dabei durchaus die kritischen Punkte offen ansprechen.
Klebstoffempfehlungen von Bodenbelägen und Klebstoffanbietern stimmen nicht immer überein.
Positivlisten hinterfragen.
Schulung und Seminare mit Bezug auf die Praxis besuchen
Technische Kommunikation der Fachpresse und Sachverständigen nutzen.
Baustellendokumentation und Notizen machen, Datenblätter und Aufbauempfehlungen nutzen.
Produkte einsetzen, die den derzeitigen Stand von Normen und Kennzeichen berücksichtigen.
aus FussbodenTechnik 03/11 (Wirtschaft)