Ein Jahr der Umstrukturierung bei Nybron - Interview mit CEO Stefan Jacobsson

"Unser Interesse zielt auf Marken und Märkte - nicht einfach auf Menge"

Seit März 2002 steht der Schwede Stefan Jacobsson an der Spitze der Holding Nybron Flooring International (NFI). Er ist angetreten, die NFI für eine Reihe ehrgeiziger Ziele zu strukturieren und aufzustellen. Bisher ist Jacobsson nach draußen wenig in Erscheinung getreten. Als "Mann für alles, was sich unter Vision und Mission subsummieren lässt", berichtete er erstmals in einem Gespräch mit dem ParkettMagazin über bisherige Ergebnisse, konkrete Zukunftspläne und die anstehenden Umstrukturierungen innerhalb der Nybron-Gruppe.

Unauffällig liegt das Nybron-Hauptquartier in Jona am Zürichsee. Das auffallend "schlanke" Führungsteam besteht aus Stefan Jacobsson als CEO/Präsident, Per Skarner als CFO, Per von Mentzer als Vicepresident Marketing/Sales, Per Ericsson als Vicepresident Supply Chain Mangagement sowie den Geschäftsführern der Nybron-Unternehmen Bauwerk (Dieter Betz), Kährs (Folke Becker) und Marty (z.Z. vakant).

ParkettMagazin: Seit ihrer Gründung 1999 hat die Nybron-Holding wiederholt Schlagzeilen gemacht. Das Jahr 2002 mit Führungswechseln und einer Flut neuer Konzepte war besonders bewegt. Ein Jahr der Selbstfindung, ein Jahr verbindlicher Zielbestimmung?

Stefan Jacobsson: 2002 erzielte die NFI einen Umsatz von 424 Millionen EUR. Davon entfielen auf Kährs 49 %, Bauwerk 34 % und Marty 17%. Das Gesamtergebnis fiel hinter 2001 zurück. Die NFI konnte zwar von Vorteilen wie starken Marken und einer starken Marktposition profitieren, und sie behauptete sich als führende Gruppe im Bereich der Holzfußbodenproduktion in Europa. Aber diese positiven Voraussetzungen reichten nicht aus, um die schwierige Lage auf vielen Märkten abzufedern.

ParkettMagazin: Damit begann "die Ära Jacobsson"; Ihre Aufgabe ist es, intern bessere Voraussetzungen zu schaffen, die die NFI auf eine rationalisierte und profitable Basis stellen. Nur: Die Probleme des deutschen Marktes, aber auch in anderen Ländern, stehen Ihnen weiterhin entgegen. Welche Maßnahmen und Konzepte entwickelten Sie für diesen "Kampf an zwei Fronten"?

Stefan Jacobsson: Zeiten von Marktschwäche stellen immer auch besondere Herausforderungen dar. Aber ohnedies stand die NFI vor der Notwendigkeit einer Neustrukturierung und Neuausrichtung. Also konzentrierte man sich in erster Linie darauf. Der Managementwechsel war Teil des Aufbruchs. Das neue Team formulierte ein Aktionsprogramm, das nicht weniger als 97 Punkte umfasste.

Inzwischen sind damit Durchbrüche und wesentliche Verbesserungen erzielt worden. Um die Kapital- und Kostenreduzierung zu erreichen, die im Interesse eines soliden Fundaments, der Leistungsfähigkeit und des Shareholdervalues liegen, musste vieles in Frage und auf den Prüfstand gestellt werden. Dann folgten die Eingriffe. Ohne Härten ging das nicht. Inzwischen hat es etliche Trennungen gegeben.

ParkettMagazin: Welche konkreten Maßnahmen wurden seit 2002 eingeleitet bzw. schon zum Abschluss gebracht?

Stefan Jacobsson: Die Zahl der Produktionsstandorte, Auslieferungslager und Verkaufsgesellschaften wird reduziert und auf große Einheiten konzentriert. Bei meinem Amtsantritt im September 2002 verfügte die NFI-Gruppe über 20 Produktionsstätten in Schweden, Norwegen, Deutschland, Schweiz und Frankreich, in diesen Ländern ferner über 26 Auslieferungslager und darüber hinaus über 17 Verkaufsgesellschaften. Mittlerweile sind fünf Produktionsstätten stillgelegt bzw. sie stehen vor der Auflösung, Und in der Logisitik haben wir eine Konzentration in Bearbeitung. Wir treiben die Entwicklung zu großen Produktionseinheiten und
Logisitikstandpunkten somit stark voran.

ParkettMagazin: Ist es richtig interpretiert, dass auf Dauer nur drei Produktionsstätten - Kährs in Nybro/Schweden, Bauwerk in St. Margrethen und Marty in Curzon - absolut sicher sind, also nicht zur Disposition stehen?

Stefan Jacobsson: Wichtig für unsere Kunden und Mitarbeiter ist zu wissen, dass wir unsere Produktionskapazität bei gleichzeitiger Steigerung der Produktivität und Effizienz erhöhen werden. Unsere Produktivität und Effizienz ist schon jetzt deutlich verbessert und sie wird sich noch steigern. Und durch die Planungen für die Weiterentwicklung der Logistiklösungen wird die Servicequalität für unsere Kunden optimiert.

ParkettMagazin: Gibt es Pläne für Outsourcing? Nach Stillegungen/Produktionsverlagerungen in Schweden (Kraftwerk, zwei Sägewerke, Blomstermala), in Deutschland (Bodelshausen) und in der Schweiz (Ermating, demnächst Wittnau) zeigt die Komplett-Auslagerung der Bauwerk-Mosaikparkettproduktion nach Kroatien eine neue Dimension auf.

Stefan Jacobsson: Bei den genannten Standorten gibt es offensichtlich Missverständnisse. Das Kraftwerk haben wir nicht stillgelegt, sondern veräußert, weil es nicht zu unserer Kernkompetenz zählt. Die Blomstermola-Endfertigung wird nach Nybro verlegt, um die Kapazität der Endstufe auszubauen. Wittnau wird nach St. Margrethen verlegt, also auch dort eine Konzentration. Es geht also um Effizienz durch Konzentration, nicht um Kapazitätsabbau bei Endprodukten - im Gegenteil. Die Mosaikparkettproduktion wird weitergeführt mit einem Partner in einer Region, wo man Mosaikparkett noch kostendeckend produzieren kann.

Outsourcing ist grundsätzlich immer zu untersuchen und keine völlig weltfremde Perspektive. Sicher ist, dass die Konzentration im Einkauf auch in der Industrie fortschreitet. Es werden sich verstärkt Kooperationen herausbilden. Das gilt für den Einkauf ebenso wie für die Distribution.

ParkettMagazin: Ist die Parkettindustrie vergleichbar mit der Autoindustrie? Anders gefragt: Gibt es über Auslagerungen ins Ausland und Einkaufskooperationen hinaus noch weitere Möglichkeiten, die sich lohnen würden oder stößt Outsourcing in der Parkettproduktion auf produktbedingte Grenzen?

Stefan Johansson: Es gibt noch viele Möglichkeiten. Es ist immer - beispielsweise auch in der Produktentwicklung - davon auszugehen, dass noch bei weitem nicht alle Möglichkeiten ausgereizt sind. Was kommt, ist selten im vornherein zu erkennen und zu wägen. Das ist auch nicht unbedingt meine Aufgabe. Ich habe dafür zu sorgen, dass sich NFI zu einer weniger kapitalintensiven Gruppe hin entwickelt. In diesem Sinne wird NFI alle real gegebenen Möglichkeiten und alle sich ergebenden Chancen nutzen.

ParkettMagazin: Sie haben einen klaren Fahrplan aufgestellt. Konzepte und Strategien beginnen zu greifen, Etappenziele sind erreicht. Das Ziel des Börsengangs 2007 rückt näher. Ihren Hinweis auf "sich ergebenden Chancen" könnte man auf die erklärte Absicht der NFI beziehen, weitere Unternehmen zu akquirieren. Würde der geplante Ablauf dadurch gestört und zeitlich verzögert? Oder ließe sich ein Newcomer relativ reibungslos in die Gesamtstrategie integrieren?

Stefan Jacobsson: Wir wollen größer werden. Wir verfolgen eine offensive Zielsetzung. Dazu stehen wir. Aber wir verstehen darunter nicht nur die Ausweitung von Produktionskapazitäten. Diese Art der Expansion entspricht einem Denkansatz, der sich als Folge der Geschichte herausbildete. In 20 "fetten" Jahren reduzierte sich das Streben auf Kapazitätserweiterung. Heute stehen die Stärkung der Kernkompetenz, die Optimierung von Produkten und Spezialisierung, Marktpenetrierung und wachsende Marktanteile im Focus.

Wenn NFI also Ausschau hält nach weiteren Unternehmen, sehen wir auf die Marke und die Märkte, die wir damit gewinnen können, vielleicht auch darauf, ob ein Spezialist das Gesamunternehmen abrunden kann. In Europa hat NFI derzeit einen Markt-anteil von 20 %. Um auf die angestrebten 25 % zu kommen, müssen wir nicht notwendigerweise zusätzliche Kapazitäten gewinnen. Die dafür erforderlichen Reserven sind nach der Erweiterung bei Kährs in Nybro bereits vorhanden.

ParkettMagazin: Gibt es Wunschpartner? Oder besser: Wie müsste der ideale Partner beschaffen sein?

Stefan Jacobsson: Solche Fragen kommentieren wir nicht. Grundsätzlich nur soviel: Die Globalisierung hat zur Folge, dass sich auch die Welt der Parketthersteller sehr viel schneller und einschneidender verändern wird als in den letzten zehn Jahren. Unser Blick geht über Westeuropa hinaus. Akquisitionen in Osteuropa sind ebenso denkbar wie in Asien und USA. Alles in allem: Wir denken nicht in Regionen und innerhalb von Grenzen. Prinzipiell ist für uns die ganze Welt interessant. Uneingeschränkt ideal wird kein Partner von vornherein sein. Aber wir würden keine Chance verfallen lassen. Es ist die Aufgabe des Managements, mögliche Partner zu bewerten, ob sie passen, wie sie sich in die NFI-Konzepte einfügen lassen, ob sie die Gesamtstrategie voranbringen.

ParkettMagazin: Kämen auch Laminathersteller in Betracht?

Stefan Jacobsson: Definitv nein. Wir sind auf Holzfußböden focussiert.

ParkettMagazin: Und wie würde eine Erweiterung der Gruppe den Zeitrahmen berühren? Die schwedische Nordic Capital, neben der Schweizer HIAG wesentlicher Kapitalgeber der NFI, hat den Börsengang der NFI für 2007 vorgegeben. Danach will sich die Nordic Capital aus der NFI zurückziehen.
Stefan Jacobsson: Die Vorgabe lautet auf "drei bis fünf Jahre". Aber es wird kein Druck ausgeübt. Die NC hat zugesagt, so lange wie nötig zu bleiben. Sie geht erst, wenn ein guter Zeitpunkt für den Börsengang da ist.

ParkettMagazin: Bleibt also noch Zeit, die Unternehmen in der NFI und die NFI-Gruppe als solche fit zu machen.

Stefan Jacobsson: Ja. Und es wird uns gelingen. Es war schon eine Mammutleistung, im Jahr 2002 die insgesamt 97 Punkte des Maßnahmenkatalogs "abzuhaken". Das bedeutet nicht, dass heute im Jahr 2003 wirklich schon alles unter Dach und Fach ist. Aber dieses Jahr war bereits deutlich besser als 2002. Erstmals fließen die Resultate der Umstrukturierung in das Jahres-ergebnis 2003 ein und legen damit auch die Basis dafür, dass wir 2004 ein Zuwachsjahr erwarten.

ParkettMagazin: Nach welchen Vorgaben ist der Vertrieb der Kährs-, Bauwerk- und Marty-Produkte in Deutschland jetzt geregelt?

Stefan Johansson: Jede Marke führt ihr unternehmerisches Eigenleben und trägt insoweit Eigenverantwortung. Die Hauptabsatzmärkte für Kährs-Produkte liegen in Europa und USA, für Bauwerk in Zentraleuropa und für Marty in Frankreich und den Benelux-Ländern. Im Interesse der Sortimentsabrundung für den Kunden und innerbetrieblicher Synergien werden die Sortimente wechselseitig bereichert. Die in das jeweils andere Marken-Sortiment integrierten Produkte nehmen dessen Markennamen an. Aber die Vertriebswege bleiben wie bisher getrennt. Das hat sich bewährt.


Ziele der Nybron-Gruppe

Der Maßnahmenkatalog, den das neue NFI-Management 2002 auflegte und abzuarbeiten begann, umfasst 97 Positionen. In einem 12-Punkte-Programm werden die Ziele dargelegt:

1. Die Voraussetzungen dafür schaffen, dass der shareholder value jährlich über dem Durchschnitt liegt
2. Die EBITA-Marge erhöhen
3. Die Effektivität des Kapitals zu steigern
4. Ein Umsatzwachstum über Marktdurchschnitt erreichen
6. Den Anteil am Parkett-Gesamtumsatz in Westeuropa steigern
7. Akquisitionen weiterer Unternehmen für die NFI
8. Bewirken, dass die Mehrzahl der Verbraucher die NFI-Marken als Marktführer in Design und Produktinnovation wahrnimmt
9. Die Zeit zwischen Produkt- und Designentwicklung und Marktreife halbieren
10. Die Entwicklung und Identifikation der Mitarbeiter weiterhin fördern
11. Vor 2007 bereit sein für die Börsennotierung
12. Die Umwelt-Standards gemäß den Marktanforderungen weiter erhöhen.
aus Parkett Magazin 06/03 (Wirtschaft)